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Jugendhilfe; Hilfe zur Erziehung; Heimunterbringung; Prozesskostenhilfe; Bedürftigkeit; hinreichende Erfolgsaussichten; Festsetzung eines Kostenbeitrages nach §§ 91 ff. SGB VIII; örtliche Zuständigkeit; Zuständigkeitswechsel; fortdauernde Leistungserbringung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 16.05.2012
Aktenzeichen OVG 6 M 82.12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 166 VwGO, § 114 ZPO, §§ 27ff SGB 8, § 86 Abs 1 S 1 SGB 8, § 86c S 1 SGB 8, § 86c S 2 SGB 8, § 89c SGB 8, § 91 Abs 1 SGB 8, § 94 Abs 3 S 1 SGB 8

Leitsatz

Die Zuständigkeit zur Erhebung eines Kostenbeitrags nach den §§ 91 ff. SGB VIII knüpft an die Erbringung der Leistungen an, für die der Kostenbeitrag erhoben wird. D.h., derjenige Jugendhilfeträger, der eine die Kostenbeitragspflicht auslösende Jugendhilfeleistung erbringt, ist - ungeachtet der Erstattungsregelung in § 89c SGB VIII - auch berechtigt, den Kostenbeitrag zu erheben.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 15. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Dabei kann auf sich beruhen, ob der Kläger seine Bedürftigkeit ausreichend belegt hat. Denn jedenfalls ist die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO - biete, nicht zu beanstanden.

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung eines Kostenbeitrages nach §§ 91 ff. SGB VIII durch den Beklagten. Das Verwaltungsgericht hat hinreichende Erfolgsaussichten mit der Begründung verneint, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Heranziehung zum Mindestkostenbeitrag nach § 94 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII seien erfüllt. Auch als vorläufige Weiterleistung von Jugendhilfe nach § 86c SGB VIII liege eine Vollzeitpflege nach § 91 Abs. 1 SGB VIII zu Gunsten des Sohnes des Klägers durch den Beklagten vor. Hieran - und nicht an die endgültige Zuständigkeit - knüpfe die Kostenbeitragspflicht an. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es beschränkt sich auf die Darlegung der Voraussetzungen für die Bedürftigkeit des Klägers, setzt sich aber mit der Frage der hinreichenden Erfolgsaussichten nicht auseinander.

Die vom Kläger im Klageverfahren namentlich aufgeworfene Frage nach der örtlichen Zuständigkeit des Beklagten für die Erhebung des Kostenbeitrags hat das Verwaltungsgericht zutreffend beurteilt. Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten für die Erhebung des Kostenbeitrags ist insbesondere nicht durch den Umzug des Klägers nach B… entfallen. Die Zuständigkeit zur Erhebung eines Kostenbeitrags nach den §§ 91 ff. SGB VIII knüpft an die Erbringung der Leistungen an, für die der Kostenbeitrag erhoben wird. D.h., derjenige Jugendhilfeträger, der eine die Kostenbeitragspflicht auslösende Jugendhilfeleistung erbringt, ist - ungeachtet der Erstattungsregelung in § 89c SGB VIII - auch berechtigt, den Kostenbeitrag zu erheben. Zuständiger Leistungserbringer war hier der Beklagte.

Bei Hilfeleistungen nach dem SGB VIII ist der örtliche Jugendhilfeträger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Das wäre hier an sich das Land B…. Gestritten wird um einen Kostenbeteiligungsbeitrag ab dem 1. Januar 2010 (vgl. den Bescheid vom 1. Februar 2010). Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seinen Wohnsitz bereits nach B… verlegt. Er war ausweislich der vorliegenden Anmeldebestätigung bereits am 28. April 2009 nach B… gezogen. Dieser Umzug führte jedoch nicht ohne weiteres dazu, dass nunmehr das Land B… als Jugendhilfeträger zur Erbringung der Jugendhilfeleistungen für den Sohn des Klägers zuständig wurde. Nach § 86c Satz 1 SGB VIII bleibt bei einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit der bisher zuständige örtliche Träger solange zur Gewährung der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung fortsetzt. Die Vorschrift bezweckt zu verhindern, dass es für den Hilfeempfänger zu einer Diskontinuität der Leistungsgewährung kommt. Für die fragliche Leistungsgewährung war gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ursprünglich der Beklagte zuständig. Er leistet gegenüber dem Sohn des Klägers kontinuierlich seit dem 24. März 2009 Hilfe zur Erziehung nach § 27 ff. SGB VIII. Zu diesem Zeitpunkt lebte der Kläger noch in O…. Die Gewährung der Leistungen hat das Jugendamt des Bezirksamtes R… erst ab dem 1. Juli 2011 übernommen (vgl. den Bescheid des Jugendamtes vom 22. Juli 2011). Bis zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte daher verpflichtet, die Leistungsgewährung an den Sohn des Klägers fortzusetzen. Das gilt ungeachtet der Frage, ob der Beklagte seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Unterrichtung des nunmehr örtlich zuständigen Jugendhilfeträgers über den Zuständigkeitswechsel nach § 86c Satz 2 SGB VIII nachgekommen ist.

Der angefochtene Bescheid vom 1. Februar 2010 enthält zwar keine Befristung der Kostenbeteiligung des Klägers. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat jedoch davon aus, dass der Beklagte lediglich eine Kostenbeteiligung bis zur Übernahme des Hilfefalles durch das zuständige B… Jugendamt, also bis zum 1. Juli 2011, gegenüber dem Kläger beansprucht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).