Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Zulassungsbegehren; Kindesnachzug; Vietnam; nichteheliches Kind; alleinige...

Zulassungsbegehren; Kindesnachzug; Vietnam; nichteheliches Kind; alleinige Personensorge; Vater; Geburtsurkunde; Anerkennung; Zeugen im Ausland; Würdigung; angeblich vorgelagerte schwierige rechtliche und tatsächliche Fragen; vietnamesisches Recht; besondere Härte


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 12.09.2013
Aktenzeichen OVG 7 N 71.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 86 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 1 VwGO, § 119 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 244 Abs 5 S 2 StPO

Leitsatz

Zweifel an der alleinigen Personensorgeberechtigung der Mutter eines den Nachzug begehrenden außerhalb einer Ehe geborenen Kindes aus Vietnam können sich daraus ergeben, dass der eigentliche Eintrag in das Geburtsregister verschollen ist, im Visumverfahren eine zeitnah ausgestellte Geburtsurkunde ohne Angabe eines Vater vorgelegt und behauptet wird, auch die zuerst ausgestellten Geburtsurkunden hätten keinen Vater ausgewiesen, später aber eine solche Geburtsurkunde auftaucht, die einen Vater ausweist (Einzelfallentscheidung).

Kann ein Tatbestandsberichtigungsantrag, dessen Inhalt sich auf den Fristenlauf nicht auswirkt, wegen Verhinderung des erstinstanzlichen Richters bei Entscheidungsreife des Zulassungsantrages nicht beschieden werden, hindert dies eine Entscheidung über die Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung nicht. Ist das Berichtigungsbegehren auch Gegenstand des Zulassungsantrages, hat das Oberverwaltungsgericht selbst zu prüfen, ob das Urteil auf eine aktenwidrig aufgenommene Tatsachenbehauptung gestützt ist.

Tenor

Der Antrag der Klägerinnen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. April 2012 wird abgelehnt.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme möglicher außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerinnen auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die von ihnen geltend gemachten Zulassungsgründe der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie eines Verfahrensfehlers, der der Prüfung durch das Berufungsgerichts unterliegt und auf dem das Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), sind nicht dargelegt bzw. liegen nicht vor. Der Sache nach sind mit dem Zulassungsvorbringen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) begründet.

1. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Anspruch der Klägerin zu 1. auf ein Visum für den Nachzug von Vietnam zu ihrer Mutter, der Klägerin zu 2., in das Bundesgebiet verneint und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es zusammenfassend ausgeführt, dass es keine Überzeugung davon gewinnen könne, dass die Klägerin zu 2. das alleinige Sorgerecht für die Klägerin zu 1. besitze. Das geltende Recht der Republik Vietnam unterscheide bei dem beiden Elternteilen zugewiesenen Sorgerecht nicht nach ehelichen und unehelichen Kindern, so dass beiden gemeinsam das Sorgerecht zustehe. Ob dies bereits nach dem früheren, bei Geburt der Klägerin zu 1. in Kraft befindlichen Recht gegolten habe, könne offenbleiben, weil nicht auszuräumende Zweifel an der Behauptung der Klägerinnen, es gebe keinen rechtlichen Vater, bestünden. Die Klägerinnen hätten zunächst angegeben, dass in der erst 1997 für die bereits 1994 geborene Klägerin zu 1. ausgestellten Geburtsurkunde kein Vater angegeben sei, diese Geburtsurkunde ebenso wie das Geburtsregister des betreffenden Jahrgangs seien verschollen. Mit dem Visumantrag hätten sie eine im Oktober 2008 ausgestellte Geburtsurkunde vorgelegt, in der kein Name des Kindesvaters verzeichnet sei. Ihre Darlegung, diese Geburtsurkunde entspreche der ursprünglich ausgestellten Geburtsurkunde, habe sich als falsch erwiesen, weil in der später aufgefundenen Abschrift der Vater mit dem Namen „Nguyen Thanh Hung“ angegeben sei. Die dafür gegebene Erklärung, bei der vom Großvater der Klägerin zu 1. zwecks Aufnahme in den Kindergarten bewirkten Eintragung handele sich um eine erfundene Person mit dem gleichen Nachnamen der Großmutter der Klägerin zu 1., fehle jeder Beleg. Die Klägerin zu 2. habe im weiteren Verfahren den Namen des leiblichen Vaters der Klägerin zu 1. mit „Duong Thanh Hung“, der in Lang Giang lebe, angegeben; in der mündlichen Verhandlung habe sie dies dahin korrigiert, dass sie nicht wisse, wo er lebe. Die Angaben zum Vater in der Geburtsurkunde von 1997 stimmten bis auf den Nachnamen mit denjenigen der Klägerin zu 2. zum Kindesvater überein, so dass auch sie den Namen „Duong“ erfunden haben könnte, um ihrer ursprünglichen Erklärung, ihre Tochter habe den abweichenden Namen ihrer Großmutter erhalten, eine gewisse Glaubhaftigkeit zu verleihen. Denkbar sei aber auch, dass der leibliche Vater der Klägerin zu 1. in der Geburtsurkunde zutreffend bezeichnet sei. Die von den Klägerinnen dargelegte Diskriminierung lediger Mütter in Vietnam sei kein hinreichender Beleg für den Wahrheitsgehalt ihres Vortrages. Hiernach könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Vater der Klägerin zu 1. existiere und auch sorgeberechtigt sei.

Eine Vernehmung der Großmutter der Klägerin zu 1. und ihrer Tante als Zeuginnen hat das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt, weil sie durch die Aufklärungspflicht nicht geboten sei; es sei anzunehmen, dass die Zeuginnen aufgrund ihrer familiären Verbundenheit ihre Aussagen dem Verfahrensstand anpassen würden und die Version der Klägerinnen bestätigen würden, ihnen aber nicht geglaubt werden könne.

2. Das Zulassungsvorbringen zeigt mit seinen Angriffen gegen diese Würdigung besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht auf. Hierzu bedarf es der Formulierung entscheidungserheblicher tatsächlicher oder rechtlicher Fragen, die sich im Rahmen des Zulassungsverfahrens nicht verlässlich beantworten lassen und die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (vgl. zu den Anforderungen etwa Beschluss des Senats vom 15. Februar 2013 – OVG 7 N 54.13 -, juris Rn. 8). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Klägerinnen zur Darlegung des Zulassungsgrundes nicht gerecht.

a) Das Vorbringen der Klägerinnen zielt nach seiner Struktur darauf, dass das Verwaltungsgericht zu begründeten Zweifeln an einem alleinigen Sorgerecht der Klägerin zu 2. nur hätte gelangen dürfen, wenn es sich zuvor Klarheit über die rechtlichen Voraussetzungen verschafft habe, unter denen ein gemeinsames Sorgerecht zustande komme. Insoweit hätte es der Frage nachzugehen gehabt, welcher Mitwirkung in rechtlicher Hinsicht es in Vietnam seitens des Vaters zur Begründung des Verwandtschaftsverhältnisses und eines Mitsorgerechts nach der bei Geburt der Klägerin zu 1. geltenden Rechtslage bedurfte. Insbesondere habe es klären müssen, ob eine Anerkennung des Kindes durch einen Mann nach dem einschlägigen vietnamesischen Recht zu einem Sorgerecht hätte führen können, wenn die Rechtslage einem außerehelich geborenen Kind nur dieselben Rechte und Pflichten wie einem in der Ehe geborenen zubilligt und auch im Falle der Scheidung ein alleiniges Sorgerecht möglich war und eine Übertragung („Guardianship“) durch bloße Vereinbarung zwischen den Eltern auch auf Dritte erfolgen konnte. Insoweit werfen die Klägerinnen die Frage auf, ob tatsächlich in der vietnamesischen Rechtswirklichkeit noch nach sechzehn Jahren von einem Mitsorgerecht eines Mannes auszugehen sein solle, der nie mit der Mutter verheiratet war, sie vielmehr schon während der Schwangerschaft verlassen habe, und weder bei der Geburt noch späterhin in Erscheinung getreten sei. Die Zweifel des Gerichts an der Alleinsorge der Klägerin erschienen danach so weit entfernt liegend, dass das Urteil schon geradezu „abgründig“ wirke.

b) Damit wenden sich die Klägerinnen der Sache nach auch gegen die Würdigung ihres Vorbringens in dem angefochtenen Urteil. Dies wird auch deutlich in dem Teil der Begründung des Zulassungsantrages, der sich mit dem Gegenstand des bislang nicht beschiedenen Tatbestandsberichtigungsantrages befasst. Damit begehren die Klägerinnen die Streichung des Satzes aus dem Tatbestand, wonach sie behauptet hätten, die 2008 ausgestellte Geburtsurkunde habe denselben Inhalt wie die frühere, jetzt nicht mehr vorhandene Geburtsurkunde, die das Gericht als tatsächlich unzutreffend gewürdigt hat, weshalb es meint, die Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der zunächst vorgelegten Geburtsurkunde seien nach der jetzt vorgelegten Abschrift der 1997 ausgestellten Geburtsurkunde aus dem Jahr 2000 nicht mehr ausräumbar. Dieses Begehren zielt darauf, der Würdigung ihre Grundlage insoweit zu entziehen, als sie berücksichtigt, dass sich das Vorbringen der Klägerinnen zum Inhalt der ursprünglichen Geburtsurkunde als falsch erwiesen habe. Dass der Tatbestandsberichtigungsantrag bislang infolge Verhinderung des dafür zuständigen Richters nicht abschließend beschieden werden konnte, hindert den Senat an einer Entscheidung über das Zulassungsbegehren nicht. Zum einen bilden die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegenden Gründe und die Entscheidungsgründe des Urteils den Prüfungsgegenstand und zum anderen ist die beanstandete Formulierung und die daran anknüpfende Würdigung von den Klägerinnen zum Gegenstand des Zulassungsvorbringen gemacht worden, so dass darüber unabhängig vom Ausgang des Tatbestandsberichtigungsverfahrens entschieden werden kann; Auswirkungen der Entscheidung über die Tatbestandsberichtigung auf das Verfahren im Übrigen sind nicht ersichtlich (vgl. zur Entscheidungsbefugnis bei offenem Tatbestandsberichtigungsantrag: BGH, Beschluss vom 12. Februar 2004 – V ZR 125/03 – NJW-RR 2004, 712, juris Rn. 12).

aa) Soweit das Zulassungsvorbringen danach die Richtigkeit des Urteils in seinem Ergebnis anzweifelt, ist es dem – allerdings nicht benannten – Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen. Es reicht indessen nicht aus, um diesen Zulassungsgrund auszufüllen. Dazu bedarf es einer Gegenargumentation, mit der ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und sich ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht beantworten lässt, ob das Urteil in seinem Ergebnis aus anderen Gründen richtig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 – 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 - NVwZ-RR 2004, 542). Allein damit, dass Tatsachenfeststellungen oder die Würdigung des Klagevorbringens und daraus gezogene Schlussfolgerungen in Zweifel gezogen werden, lässt sich die Richtigkeit eines Urteil jedoch nicht in Frage stellen; hierzu bedarf es der Darlegung gewichtiger Anhaltspunkte dafür, dass hinsichtlich entscheidungserheblicher Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen wurde oder die gerichtliche Beweiswürdigung die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschreitet, beispielsweise auf gedanklichen Lücken oder Ungereimtheiten beruht, so dass Zweifel an der (Ergebnis-)Richtigkeit des Urteils vorliegen (vgl. Urteil des BVerwG vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 -, juris Rz. 27 f., sowie Beschlüsse des OVG Berlin-Brandenburg vom 5. Dezember 2012 - OVG 11 N 57.11 -, vom 15. November 2012 - OVG 12 N 74.12 - und vom 30. April 2012 - OVG 2 N 16.11 -, juris).

bb) Solche Anhaltspunkte sind der Zulassungsbegründung nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass die zuerst ausgestellte Geburtsurkunde Angaben zu einem Vater der Klägerin zu 1. enthielt, während die im Visumverfahren vorgelegte, im Jahre 2008 ausgestellte Urkunde solche Angaben nicht enthält, stellen die Klägerinnen nicht in Abrede, sondern versuchen diese Abweichung nachträglich zu erklären. Mit diesen Erklärungen hat sich das Verwaltungsgericht allerdings auseinandergesetzt und insoweit erläutert, dass auch andere Abläufe den jetzt vorliegenden Befund erklären können.

Diese Würdigung ist zunächst nicht deshalb zu beanstanden, weil die mit dem Tatbestandsberichtigungsantrag gerügte Aufnahme der Behauptung aktenwidrig wäre und deshalb der Entscheidungsfindung nicht zugrunde gelegt werden durfte. Denn diese Behauptung ist sinngemäß im Schriftsatz der Klägerseite vom 24. Juni 2011 unter zudem eingehender Erläuterung aufgestellt worden. Wie es dazu gekommen ist, kann dahinstehen. Wenn die Klägerin zu 2. ihren Bevollmächtigten insoweit unzutreffend informiert haben sollte, muss sie sich daran festhalten lassen.

Das Verwaltungsgericht hält es insbesondere für möglich, dass die 2008 ausgestellte Geburtsurkunde ohne Angaben zum Vater beschafft und vorgelegt wurde, um jede Diskussion über die alleinige Sorgeberechtigung der Klägerin zu 2. im Ansatz zu vermeiden. Nach Vorlage der im August 2000 gefertigten Abschrift der zuerst ausgestellten Geburtsurkunde aus dem Jahre 1997 ist für das Verwaltungsgericht offen, ob darin der biologische Erzeuger des Kindes oder ein anderer Mann bezeichnet ist, der sich als Vater bezeichnet hat. Die Erklärungen der Klägerinnen, es sei ein Phantasiename und der Großvater der Klägerin zu 1. habe die Ausstellung der Urkunde mit dem unzutreffenden Eintrag motiviert durch den Aberglauben, das Kind dürfe nicht den Namen der unglücklichen Mutter tragen, damit ihm selbst ein solches Schicksal erspart bleibe, bewirkt, als eine solche Urkunde für den Besuch eines Kindergartens benötigt wurde, hält es für zweifelhaft. Es stützt sich dabei darauf, dass die Klägerinnen zunächst erklärt hatten, die Klägerin zu 1. trage aus diesen Gründen den Namen der Großmutter und ein Vater sei auch in der Erstausfertigung der Geburtsurkunde nicht angegeben und der gesamte Vorgang habe die uneheliche Abkunft der Klägerin zu 1. kaschieren sollen. Das Verwaltungsgericht hält es danach auch für zweifelhaft, wenn die Klägerin zu 2. später erklärt hat, der ihr bekannte biologische Vater der Klägerin zu 1. heiße tatsächlich „Duong“; es sei genauso möglich, dass in der Geburtsurkunde der wahre Vater richtig bezeichnet sei. Das Verwaltungsgericht geht – übrigens in Übereinstimmung mit den Erläuterungen der Klägerin zu 2. zur damaligen Rechtspraxis in Vietnam im Schriftsatz vom 24. Juni 2011 - weiter davon aus, dass die Angabe eines Vaters in der zuerst ausgestellten Geburtsurkunde die Möglichkeit eröffne, dass dies infolge dessen Mitwirkung durch eine Anerkennung des Kindes geschehen sein könne, die aus der Geburtsurkunde selbst nicht ersichtlich sei, wohl aber aus dem - inzwischen verschollenen - Geburtsregister, das der Ausstellung der Geburtsurkunde regelmäßig zugrundeliege.

cc) Diese Würdigung hält der Senat im Gegensatz zu den Klägerinnen weder für fernliegend, noch gemessen an den genannten Kriterien für fehlerhaft. Das prozessuale Verhalten der Klägerinnen gibt Anlass, ihr Vorbringen kritisch zu würdigen. Insoweit kann der Senat nicht unberücksichtigt lassen, dass bereits vor der Mitteilung, dass eine Abschrift der ursprünglich für die Klägerin zu 1. ausgestellten Geburtsurkunde aufgefunden wurde (Schriftsatz vom 7. Februar 2012), vorgetragen worden ist (Schriftsatz vom 25. Januar 2012), dass in dieser ersten Geburtsurkunde ein Vater unter Angabe von dessen Namen verzeichnet war, was darauf schließen lässt, dass zumindest der Klägerin zu 2. dieser Umstand bekannt gewesen sein muss. Dafür spricht auch, dass sie selbst vorgetragen hat, diese erste Geburtsurkunde nach der durch ihren Vater veranlassten Ausstellung besessen und Kopien gefertigt zu haben (Sitzungsniederschrift vom 30. August 2011, S. 5). Später ist auch vorgetragen worden, dass der biologische Vater und die Klägerin zu 1. einander kennen. Diesen Vortrag hat die Klägerin zu 2. in der mündlichen Verhandlung allerdings als unrichtig bezeichnet und zur Erklärung ausgeführt, dass ihr Rechtsanwalt sie an dieser Stelle offensichtlich missverstanden hätte. Das ist insofern bemerkenswert, als dieser auf den Aspekt, dass bei einer Benennung des – ihr namentlich bekannten - leiblichen Vaters durch die Klägerin zu 2. die Klägerin zu 1. erstmals erfahren könnte, um wen es sich handele, wegen eines möglichen Interessengegensatzes besonderes Gewicht gelegt hatte und die Klägerin zu 2. deshalb nochmals zur Besprechung einbestellen wollte (Schriftsatz vom 9. Januar 2012), so dass ein offensichtliches Missverständnis in einem für den Bevollmächtigten wichtigen Punkt als hinreichende Erklärung unwahrscheinlich ist. Die sonst abgegebenen Erklärungen sind vor dem Hintergrund, dass der Umstand der Nennung eines Vaters in der ursprünglichen Geburtsurkunde jedenfalls nicht von Anfang an offengelegt wurde, entsprechend vorsichtig zu würdigen und darauf zu prüfen, ob sie einen anderen Hergang überzeugend ausschließen. Das ist nicht der Fall. Es ist möglich, dass die Klägerin zu 2. den Namen „Duong“ für den biologischen Vater erfunden hat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der biologische Vater oder ein anderer Mann namens „Nguyen“ in der Geburtsurkunde deshalb als Vater aufgeführt ist, weil er das Kind anerkannt hat. Dann aber ist auch nicht auszuschließen, dass er – selbst wenn er das Sorgerecht nicht ausgeübt, sondern seine Ausübung der Kindesmutter und deren Verwandten überlassen hätte - weiterhin sorgeberechtigt für die Klägerin zu 1. ist.

c) Unter dem Aspekt einer nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO begehrten Zulassung des Rechtsmittels kann auch der Annahme der Zulassungsbegründung, für diese Würdigung hätte es zuvor einer umfassenden Klärung der Voraussetzungen nach vietnamesischem Recht bedurft, die bei Geburt eines Kindes außerhalb der Ehe für die Begründung eines Verwandtschaftsverhältnisses mit dem Vater und der Begründung des Sorgerechts für das Kind erfüllt sein mussten, nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht ist – in Übereinstimmung mit dem klägerischen Vorbringen – auch davon ausgegangen, dass es dafür nach dem bei Geburt der Klägerin zu 1. geltenden maßgeblichen vietnamesischen Recht jedenfalls der Mitwirkung der betreffenden Person bedurft hätte. Offen gelassen hat es insoweit nur, ob die tatsächliche Rechtslage nach dem im Zeitpunkt der Geburt der Klägerin zu 1. geltenden Recht bereits der von ihm dargestellten Gesetzeslage ab dem Jahr 2000 entsprach. Geht man weiter mit dem Zulassungsvorbringen davon aus, dass es in Vietnam möglich ist, durch Vereinbarung die tatsächliche Ausübung des Sorgerechts einem Elternteil oder sogar Dritten zu überlassen, muss der Umstand, dass die Klägerin zu 2. bzw. ihre Mutter die Klägerin zu 1. allein aufgezogen hat, nicht ausschließen, dass die in der Geburtsurkunde als Vater genannte Person gleichwohl Inhaber des Sorgerechts ist. Weitere Fragen vietnamesischen Rechts stellen sich nach dem Begründungsgang des Urteils nicht als für die Entscheidung klärungsbedürftig dar, so dass es auf besondere Schwierigkeiten, die neben der Ermittlung des Gehalts des geschriebenen ausländischen Rechts mit Feststellungen zu seiner tatsächlichen Anwendung verbunden wären, für die Entscheidung nicht ankommt. Das Zulassungsvorbringen zeigt insoweit auch keine neuen Tatsachen auf, etwa in Bezug auf den leiblichen Vater oder die in der Geburtsurkunde als Vater benannte Person, nach denen es auf die Klärung solcher Fragen in einem Berufungsverfahren ankommen könnte. Die Kritik, das Verwaltungsgericht vermenge Fragen des Sorgerechts mit der Abstammung und unterscheide wenig hilfreich zwischen dem „rechtlichen“ und dem „leiblichen“ Vater, erscheint nicht berechtigt. Das Verwaltungsgericht hat mit der Unterscheidung zwischen dem rechtlichen und dem leiblichen Vater auch keine Begriffsverwirrung gestiftet, sondern ist sich durchaus bewusst gewesen, dass es für die Frage des alleinigen Sorgerechts der Klägerin zu 2. darauf ankommt, ob ein „rechtlicher“ Vater existiert. Zum leiblichen Vater hat es nur ausgeführt, dass dieser nach dem maßgeblichen vietnamesischen Recht von Gesetzes wegen oder infolge Anerkennung Inhaber des Sorgerechts für ein außerhalb einer Ehe geborenes Kind sein könne (S. 8 d. Urteilsabdrucks); im Übrigen hat es den Begriff nur im Zusammenhang mit der durch die Klägerin zu 2. genannten Person verwendet (S. 10 des Urteilsabdrucks).

3. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten sind auch nicht im Zusammenhang mit der Prüfung einer besonderen Härte nach § 32 Abs. 4 AufenthG dargetan.

a) Die Prüfung des Verwaltungsgerichts geht von der höchstrichterlichen Auslegung des Merkmals der besonderen Härte aus, für die es einschlägige Rechtsprechung zitiert (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26. August 2008 - 1 C 32.07-, juris Rn. 31; Urteil vom 29. März 1996 - BVerwG 1 C 28.94-, NVwZ-RR 1997, 126; Beschluss vom 24. Januar 1994 – 1 B 181.93 - InfAuslR 1994, 183). Sie behandelt insoweit die durch das Vorbringen aufgeworfene Frage nach der Veränderung der Betreuungssituation der Klägerin zu 1. durch ohne Substanz behauptete gesundheitliche Einschränkungen ihrer Großmutter, die angesichts des Alters der Klägerin zu 1., die bei Antragstellung bereits fast die Schule abgeschlossen hatte und im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils bereits volljährig war, ohnehin als wenig tauglich für die Begründung einer besonderen Härte erscheint. Dies wird mit der Zulassungsbegründung nicht weiter gerügt, so dass darin nach dem Stand des Zulassungsverfahrens keine schwierige offene Frage gesehen werden kann.

b) Soweit die Zulassungsbegründung in der Situation als nichteheliches Kind in Vietnam und in der insoweit bestehenden Beweisnot eine besondere Härte sehen will, so bestehen dagegen schon deshalb Bedenken, weil die geltende Rechtslage in Vietnam jedenfalls nicht mehr diskriminierend erscheint und die Beweissituation eher den Einzelfall der Klägerinnen kennzeichnet. Es spricht nämlich einiges dafür, dass in Fällen nichtehelicher Kinder, in denen der biologische Vater (behördlich) unbekannt ist, der Nachweis eines alleinigen Sorgerechts nach der bis zum Jahre 2000 geltenden Rechtslage sogar eher möglich sein wird als in allen anderen Fallkonstellationen. Dass dies im Fall der Klägerinnen anders ist, mag damit zusammenhängen, dass sie mit der Vorlage der 2008 ausgestellten Geburtsurkunde diese günstige Position für sich ausnutzen wollten, mit der Urkunde aber zugleich Zweifel ausgelöst haben, die sie im weiteren Verfahren nicht mehr überzeugend entkräften konnten. Darin kann keine besondere Härte gesehen werden, zumal wenn den Klägerinnen eigentlich klar sein musste, dass die zuerst ausgestellte Geburtsurkunde einen Vater der Klägerin zu 1. auswies.

4. In der Zurückweisung des Beweisantrages liegt kein Verfahrensfehler. Die Beweiserhebung zielte darauf, die Großmutter der Klägerin zu 1. und die Schwester der Klägerin zu 2. als auswärtige Zeuginnen zum Beweis dafür zu vernehmen, dass es sich bei dem in der Geburtsurkunde benannten Vater um eine fiktive Person handelt, die niemals unter der in der Urkunde angegebenen Adresse gewohnt habe. Das Verwaltungsgericht hat sie abgelehnt, weil es davon ausgegangen ist, dass die Zeuginnen diese Behauptung bestätigen würden, dies aber ohne Auswirkung auf das Ergebnis seiner Würdigung des Vorbringens der Klägerinnen bleiben würde, weil die Zeuginnen in deren Lager stünden und ihre Aussage deshalb keine hinreichende Beweiskraft besitze. Die Vorschrift des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO, auf die die Ablehnung des Beweisantrages gestützt ist, findet im Verwaltungsprozess entsprechende Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 2012 – 2 A 11.10 – juris, Rn. 53). Danach kann ein Beweisantrag auf die Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn er nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Für ihre Anwendung ist maßgebend, ob die Erhebung des beantragten Beweises ein Gebot der Aufklärung ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 StR 745/93 -, BGHSt 40, 60; zur Verfassungsmäßigkeit: BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. August 1996 – 2 BvR 1304/96 -, NJW 1997, 999 f.). Dabei ist es dem Richter erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht. Die Entscheidung über die Beweiserhebung darf davon abhängig gemacht werden, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie sie zu würdigen wären. Auf dieser Grundlage durfte das Verwaltungsgericht annehmen, dass eine Bestätigung der Beweisbehauptung durch die Zeuginnen zwar wahrscheinlich sei, aber letztlich auch keine Überzeugungsbildung dahin ermögliche, dass das Vorhandensein eines rechtlichen Vaters der Klägerin auszuschließen sei, weil die Zeuginnen Verwandte der Klägerinnen seien und selbst ein Interesse an einem positiven Ausgang des Verfahrens für die Klägerin zu 1. besäßen. Diese Sichtweise ist vertretbar. Auch wenn es keinen Erfahrungssatz des Inhalts gibt, dass Verwandte einer Partei das Gericht belügen werden, schließt das im Einzelfall nicht aus, der Zeugenaussage von Verwandten keinen Beweiswert beimessen zu können, zumal wenn der Gegenstand der Beweiserhebung Bestandteil eines Geschehens ist, in dem den Zeugen eine bestimmte Rolle zugewiesen ist, wie das hier bei der Großmutter der Klägerin zu 1. der Fall ist, oder – wie hier ebenfalls vorhanden - ein starkes familiäres Interesse am Obsiegen der Partei erkennbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).