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Entscheidung 26 VI 188/13


Metadaten

Gericht AG Bernau Entscheidungsdatum 05.01.2015
Aktenzeichen 26 VI 188/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

In der Nachlasssache

...

wird der durch Beschluss vom 25.09.2013 des Amtsgerichts in Bernau bei Berlin bestellte Nachlasspfleger, Herr Rechtsanwalt X. aus der Kanzlei A. & A. Rechtsanwälte, gemäß §§ 1886, 1915 BGB aus dem Amt des Nachlasspflegers entlassen.

Gründe

Durch Beschluss vom 25.09.2013 wurde eine Nachlasspflegschaft für die zu einem Viertel (¼) unbekannten Erben angeordnet. Zum Nachlasspfleger wurde Rechtsanwalt X. bestellt. Der Aufgabenkreis wurde für die Bereiche

- Sicherung und Verwaltung des ¼ - Anteil des Nachlasses

- Ermittlung der zu einem Viertel unbekannten Erben

bestimmt.

Der Nachlasspfleger reichte am 02.09.2014, unter Beifügung seiner Handakte, einen Schriftsatz zum Verfahren und beantragte seine Erklärungen im Grundstückskaufvertrag des Notars Dr. B., UR-Nr. sowie in der Grundschuldbestellung, ebenfalls beurkundet durch den Notar Dr. B., UR-Nr., nachlassgerichtlich zu genehmigen. Die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses gemäß §§ 1962, 1802 BGB erfolgte durch den Nachlasspfleger nicht.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 04.11.2014 wurde um Aufklärung gebeten, durch welche Maßnahmen der Nachlasspfleger sichergestellt hat, dass der genannte Kaufpreis den bestmöglichen Kaufpreis für die Immobilie darstellt. Der Handakte des Nachlasspflegers konnte hierzu nichts entnommen werden. Insbesondere konnte der Handakte des Nachlasspflegers nicht entnommen werden, wie sich die Käufersuche gestaltete.

Mit Schreiben vom 11.11.2014 führte der Nachlasspfleger aus, dass Fragen zur Käufersuche nicht beantwortet werden können, weil die Aufgabe des Nachlasspflegers doch wohl vor allem darin bestünde, dafür Sorge zu tragen, dass ein Grundstücksgeschäft nicht zum Nachteil der unbekannten Erben verläuft. Da im vorliegenden Fall der erzielte Kaufpreis deutlich über dem gutachterlich ermittelten Verkehrswert liege, wurde der Beurkundung des Kaufvertrages zu den vorliegenden Konditionen zugestimmt. Weiterhin konnte auch eine drohende Zwangsversteigerung abgewendet werden.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 17.11.2014 wurde um weitere Aufklärung gebeten. Insbesondere wurde der Nachlasspfleger gebeten darzulegen, worauf er seinen Standpunkt begründe, dass der Grundstücksverkauf nicht zum Nachteil der unbekannten Erben abgeschlossen werde. Hierzu sollte der Nachlasspfleger darlegen, dass ein höherer Kaufpreis nicht erzielbar gewesen sei.

Mit Schreiben vom 09.12.2014 führte der Nachlasspfleger auf die gerichtliche Verfügung vom 17.11.2014, dem Nachlasspfleger am 19.11.2014 zugegangen, aus, dass er als Verkäufervertreter gegenüber den Käufern bestimmte vertragliche Verpflichtungen eingegangen sei und es für unverantwortlich halte, wochenlang nach Beurkundung des Kaufvertrages sinnlose Diskussionen über Höhe und Zustandekommen eines Kaufpreises zu führen, bei dem feststeht, dass er deutlich über dem Verkehrswert liege und bei dessen Zustandekommen auch keine Rechtsverstöße festzustellen seien. Für den Nachlasspfleger sei die Angelegenheit ausdiskutiert.

Gemäß §§ 1962, 1886 BGB ist der Nachlasspfleger zu entlassen, wenn die Fortführung des Amtes, das Interesse der unbekannten Erben gefährden könnte. Ein Verschulden des Pflegers ist nicht Voraussetzung für seine Entlassung; es genügt vielmehr die objektive Gefährdung der Interessen der unbekannten Erben, die schon dann vorliegt, wenn eine Schädigung möglich oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 28.03.1991, BReg 3 Z 107/90).

Vorliegend kann eine Schädigung des Nachlasses nicht ausgeschlossen werden, sie ist vielmehr zu erwarten. Der Nachlasspfleger Rechtsanwalt X., aus der Kanzlei A. & A., verweigerte den Nachweis darüber, dass der höchstmögliche erzielbare Kaufpreis in einem Kaufvertrag niedergeschrieben wurde. Hierzu wurden gerichtliche Verfügungen nicht oder nur ausweichend beantwortet.

Schlussendlich führte der Nachlasspfleger aus, dass er keine „sinnlosen“ Diskussionen über die Höhe und das Zustandekommen eines Kaufpreises mit dem Gericht führen werde.

Das von dem Nachlasspfleger, Herrn Rechtsanwalt X., aus der Kanzlei A. & A. vorgebrachte Argument der „sinnlosen Diskussionen“ mit dem Gericht findet seine Begründung in § 3 Nr. 2c Rechtspflegergesetz. Der Rechtspfleger wird bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben des Nachlassgerichts nicht nur in der Wahrnehmung allgemein staatlicher Aufsichtsbelange tätig, sondern hat dabei auch fremde Vermögensinteressen, nämlich die der unbekannten Erben, wahrzunehmen. Daraus folgt, dass sich der Rechtspfleger bei seinen Entscheidungen allein von den mutmaßlichen Interessen der unbekannten Erben leiten zu lassen hat (OLG Koblenz, Beschluss vom 28.06.1985, 1 Ws 318/85).

Folglich hat das Gericht auch zu ermitteln, ob der Kaufpreis den mutmaßlichen Interessen der unbekannten Erben entspricht. Unzweifelhaft kann angenommen werden, dass der Nachlasspfleger, Herr Rechtsanwalt X. aus der Kanzlei A. & A., sich nicht um die Veräußerung der Immobilie sowie die Findung eines Kaufpreises bemüht hat. Vielmehr überließ der Nachlasspfleger diesen Teil der Pflegschaft dem im Parallelverfahren 26 VI 187/13 bestellten Rechtsanwalt Y. Der Nachlasspfleger gab damit einen wesentlichen Teil seines Aufgabengebietes an einen Dritten ab und unterließ jegliche Kontrolle.

Folglich war zum Schutz der Interessen der unbekannten Erben der Nachlasspfleger Rechtsanwalt X., aus der Kanzlei A. & A., zu entlassen und ein für das Verfahren geeigneter Nachlasspfleger zu bestellen.