Gericht | VG Potsdam 2. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.02.2021 | |
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Aktenzeichen | 2 K 1083/19 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2021:0217.2K1083.19.00 | |
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 13 Abs 1 BeamtVG BB, § 48b BesG BB |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand zum 1. März 2018 als Leitender Regierungsdirektor (A 16 mit Amtszulage) im aktiven Dienst des beklagten Landes. Die Beteiligten streiten darüber, ob der dem Kläger im November 2017 ausgezahlte Attraktivitäts-Zuschlag von 800 Euro nach § 48b des Brandenburgischen Besoldungsgesetzes (BBgBesG) bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge als ruhegehaltsfähig in Ansatz zu bringen ist.
Mit Bescheid der Zentralen Bezügestelle (ZBB) vom 22. Januar 2018 setzte der Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers ohne Berücksichtigung des Attraktivität-Zuschlages fest. Den dagegen vom Kläger am 7. Februar 2018 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 22. März 2019 mit im Wesentlichen folgender Begründung zurück: Die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge seien in § 13 Abs. 1 des Brandenburgischen Beamtenversorgungsgesetzes (BbgBeamtVG) abschließend aufgezählt, nämlich das Grundgehalt, sonstige Dienstbezüge, die nach dem Besoldungsrecht ruhegehaltsfähig sind, und bestimmte Leistungsbezüge. Der Attraktivitäts-Zuschlag gemäß § 48b BbgBesG falle nicht darunter. Dies bestätige auch ein einschlägiges Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen.
Mit seiner am 25. April 2019 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung macht er geltend, es handele sich bei dem Attraktivitäts-Zuschlag um sonstige ruhegehaltsfähige Dienstbezüge im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgBeamtVG. Dies werde schon daraus deutlich, dass die Regelung über den Attraktivitäts-Zuschlag in Abschnitt 4 des Besoldungsgesetzes – „Sonstige Besoldungsbestandteile, Ausgleich bei Verringerung der Dienstbezüge“ – und dort im Unterabschnitt 1 „Sonstige Besoldungsbestandteile“ aufgenommen worden sei. Der Gesetzgeber habe den Attraktivitäts-Zuschlag danach als Bestandteil der Besoldung ausgestaltet. In Bezug auf andere entsprechende Besoldungsbestandteile würden sich dort ausdrückliche Hinweise auf eine nicht bestehende Ruhegehaltsfähigkeit finden, so etwa in § 45 für die Erschwerniszulage, in § 48 für die Sonderzuschläge zur Sicherung der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit, in § 48a für den Zuschlag bei Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand und – durch die Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 Satz 1 – in § 48c für den Zuschlag zur Gewinnung von IT-Fachkräften. Demgegenüber enthalte § 48b BbgBesG keine Bestimmung zu einer nicht gegebenen Ruhegehaltsfähigkeit. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BbgBeamtVG sei – im Gegensatz zur bundesrechtlichen Regelung – auch keine ausdrückliche Bezeichnung der Bezüge als ruhegehaltsfähig gefordert. Ausführungen des Ministeriums der Finanzen in einem bloßen Rundschreiben seien nicht maßgeblich. In § 48b Abs. 3 BbgBesG werde zudem klargestellt, dass die Absätze 1 und 2 auch für Versorgungsempfänger entsprechend geltend sollen. Daraus folge, dass diese den Attraktivitäts-Zuschlag erhalten sollten, zudem lasse sich daraus der Umkehrschluss ziehen, dass der Attraktivitäts-Zuschlag auch bei der Ruhegehaltsberechnung zu berücksichtigen sei.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung des von ihm bezogenen Attraktivitäts-Zuschlags nach § 48b BbgBesG als Teil der ruhegehaltsfähigen Bezüge zu gewähren und den Bescheid der ZBB vom 22. Januar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2019 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es handele sich bei dem Attraktivitäts-Zuschlag nicht um einen Dienstbezug im Sinne des § 1 Abs. 3 BbgBesG und damit auch nicht im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgBeamtVG. Dies ergebe sich auch daraus, dass der Attraktivitäts-Zuschlag einen Anspruch auf Besoldung voraussetze, was zeige, dass es sich dabei um einen Zuschlag eigener Art und nicht um Besoldung im Sinne der vorgenannten Vorschriften handele. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgBeamtVG setze voraus, dass sich die Ruhegehaltsfähigkeit positiv aus dem Gesetzeswortlaut – wie bei § 41 Abs. 2 BbgBesG – ergeben müsse. Ein Unterschied zum Bundesrecht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG) bestehe insoweit nicht. Dass in manchen Bestimmungen eine ausdrücklich negative Aussage zur Ruhegehaltsfähigkeit getroffen worden sei, lasse keine andere Schlussfolgerung zu. Außerdem habe dem Kläger der Attraktivitäts-Zuschlag für 2017 auch nicht, wie es § 13 Abs. 1 Satz 1 BbgBeamtVG voraussetze – zuletzt im Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand zugestanden, sondern bereits vier Monate zuvor, nämlich einmalig Ende Oktober mit der Bezügezahlung für den Monat November 2017. Auch daran scheitere die Ruhegehaltsfähigkeit des Zuschlags. Mit dem Grundgedanken des Versorgungsrechts, nämlich dem Erdienen des Ruhegehalts, sei es im Übrigen unvereinbar, einen Zuschlag, der befristet für vier Jahre als einmalige Zahlung vorgesehen sei, als ruhegehaltsfähig zu bewerten mit der Folge, dass die vom Gesetzgeber befristet gewollte Begünstigung der im aktiven Dienst stehenden Beamten zu einer dauerhaften Erhöhung des Ruhegehalts führen würde. § 48b Abs. 3 BbgBesG regele gerade einen eigenen befristeten Anspruch der Versorgungsempfänger auf eine Attraktivitätszulage. Für die Ruhegehaltsfähigkeit besage dies nichts; eher lasse sich daraus schließen, dass der Gesetzgeber für die (in dem fraglichen Zeitraum in den Ruhestand tretenden) Beamten keine doppelte Berücksichtigung des Attraktivitäts-Zuschlags vorsehen wollte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
Die zulässige Klage, über die aufgrund des Übertragungsbeschlusses vom 18. Januar 2021 der Berichterstatter als Einzelrichter anstelle der Kammer entscheidet, ist unbegründet.
Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass der ihm im November 2017 gewährte Attraktivitäts-Zuschlag bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge in Ansatz gebracht wird. Er kann daher keine gegenüber dem angegriffenen Festsetzungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides höhere Festsetzung seiner Versorgungsbezüge beanspruchen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Attraktivitäts-Zuschlag nach § 48b BbgBesG gehört nicht zu den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen des Klägers.
Dies folgt schon daraus, dass der Zuschlag ihm nicht im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 BbgBeamtVG „zuletzt“ – nämlich bei seinem Eintritt zum 1. März 2018 in den Ruhestand – „zugestanden“ hat. Der Attraktivitäts-Zuschlag für 2017 in Höhe von 800 Euro (§ 48b Abs. 4 Satz 1 BbgBesG) stand dem Kläger bei seinem Eintritt in den Ruhestand nicht mehr zu, denn diesen konnte er bereits zum 1. November 2017, nicht jedoch danach, beanspruchen; die Auszahlung dieses Zuschlags ist daher bereits mit den laufenden Bezügen für den Monat November 2017 erfolgt (§ 48b Abs. 2 i. V. m. § 48b Abs. 1 Satz 2 BbgBesG). Den Attraktivitäts-Zuschlag 2018 konnte der Kläger bei Eintritt in den Ruhestand nicht beanspruchen, da ihm dieser erst – und dann als Versorgungsempfänger in Höhe von 50 Prozent von 600 Euro (§ 48b Abs. 4 Satz 1 und 2 BbgBesG) – am 1. November 2018 zustand.
Außerdem gehört der Attraktivitäts-Zuschlag auch nicht zu den sonstigen Dienstbezügen im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgBeamtVG. Der Zuschlag ist nämlich nicht, wie danach vorausgesetzt, nach dem Besoldungsrecht ruhegehaltsfähig.
Aus dem Umstand, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgBeamtVG – anders als das Bundesrecht – nicht verlangt, dass die Dienstbezüge als ruhegehaltsfähig „bezeichnet sind“ (so § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG) kann – allenfalls – abgeleitet werden, dass sonstige Dienstbezüge auch ohne eine diesbezügliche ausdrückliche Bezeichnung ruhegehaltsfähig sein könnten. Auf den Attraktivitäts-Zuschlag nach § 48b BbgBesG trifft dies jedoch nicht zu.
Entgegen der Annahme des Klägers kann aus dem Umstand, dass eine Reihe von Bestimmungen im Abschnitt 4 des Brandenburgischen Besoldungsgesetzes eine negative Aussage zur Ruhegehaltsfähigkeit von bestimmten anderen Besoldungsbestandteilen enthalten, während der Gesetzgeber nur ganz vereinzelt (wie in § 41 Abs. 2 BbgBesG) ausdrücklich positive diesbezügliche Festlegungen getroffen hat, nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, alle übrigen in dem genannten Abschnitt normierten Besoldungsbestandteile, für welche der Gesetzgeber – wie für den Attraktivitäts-Zuschlag nach § 48b BbgBesG – keine ausdrückliche diesbezüglich negative Aussage getroffen hat, seien ruhegehaltsfähig.
Es verhält sich vielmehr so, dass der Gesetzgeber ausdrücklich negative Aussagen zur Ruhegehaltsfähigkeit ersichtlich primär in Bezug auf solche Besoldungsbestandteile getroffen hat, bei denen sich die fehlende Ruhegehaltsfähigkeit – wie beispielsweise bei Erschwerniszulagen (§ 45 BbgBesG) – nicht von selbst versteht, also diesbezügliche Unklarheiten ohnedies hätten aufkommen können.
In Bezug auf den Attraktivitäts-Zuschlag nach § 48b BbgBesG konnte eine solche Unklarheit, die Anlass zu einer (klarstellenden) Aussage zur fehlenden Ruhegehaltsfähigkeit hätte geben können, hingegen von vornherein nicht aufkommen. Dies folgt schon daraus, dass es sich bei dem Zuschlag um einen „Sonderzuschlag“ (§ 48b Abs. 4 Satz 1 BbgBesG) handelt, der lediglich – in absinkender Höhe – für die Jahre 2017, 2018, 2019 und 2020 – jeweils einmalig mit den Novemberbezügen – gezahlt wurde. Die Annahme, diesen Sonderzuschlag für alle Beamten – und nur für diese –, die im Zeitraum 2017 bis 2020 in den Ruhestand treten, auf die gesamte Dauer ihres Ruhestandes – mithin lebenslang – zu perpetuieren, ist so fernliegend, dass der Gesetzgeber keinen Anlass zu einer diesbezüglich klarstellenden Aussage sehen musste. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass auch für die Versorgungsempfänger selbst – wenn auch auf 50 Prozent abgesenkte – Sonderzuschläge (allein) für die genannten Jahre begründet worden sind (§ 48b Abs. 4 Satz 2 BbgBesG). Für die Annahme, es habe für Beamte wie den Kläger – neben den ihnen als Versorgungsempfänger gewährten Sonderzuschlägen für einzelne Jahre – zusätzlich lebenslang ein Anspruch auf (durch eine Ruhegehaltsfähigkeit des ihnen zuletzt im aktiven Dienst gezahlten Sonderzuschlags) erhöhte Versorgungsbezüge begründet werden sollen, spricht nichts. Eine solche Annahme liefe vielmehr dem Charakter der auf einzelne bestimmte Jahre begrenzten Sonderzuschläge erkennbar zuwider.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe i. S. d. § 124 Abs. 2 VwGO für eine Berufungszulassung liegen nicht vor.
B e s c h l u s s:
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 42 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes auf
2.391,50 Euro
festgesetzt, wobei für die künftigen zusätzlich beanspruchten Versorgungsbezüge 1.721,88 Euro (47,83 Euro x 36 Monate) und für die bei Klageerhebung als fällig beanspruchten Versorgungsbezüge 669,62 Euro (47,83 Euro x 14 Monate) in Ansatz gebracht wurden.