I.
Die gem. §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe c, Abs. 6; 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache hat die Berufung der Beklagten jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis und grundsätzlich in der Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht Potsdam der Kündigungsschutzklage stattgegeben, weil die Kündigung vom 29.09.2009 sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam gem. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg folgt dem Arbeitsgericht Potsdam und sieht von einer nur wiederholenden Begründung gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Nur im Hinblick insbesondere auf die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2010 wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Die Kündigung vom 29.09.2009 ist bereits wegen einer unrichtigen Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, da sie sozial ungerechtfertigt ist. Denn gem. § 1 Abs. 3 KSchG ist die Kündigung trotz einer zu Gunsten der Beklagten als zutreffend unterstellten aus dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgesprochenen Kündigung unwirksam, weil die Beklagte bei der Auswahl des Klägers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt hat. Denn insbesondere gegenüber den Arbeitnehmern T. H. und J. G. ist der Kläger sozial schutzwürdiger: Er ist im Gegensatz zu den beiden anderen Arbeitnehmern verheiratet; er ist älter als die beiden Arbeitnehmer, nämlich ca. 2 Jahre älter als Herr G. und ca. 5 Jahre älter als Herr H.. Seine Betriebszugehörigkeit berechnet sich entgegen der Meinung der Beklagten auch seit dem 02.04.1990, womit er auch länger im Unternehmen der Beklagten beschäftigt ist als die beiden anderen Arbeitnehmer. Dabei geht die Kammer von der Unternehmenszugehörigkeit des Klägers seit dem 02.04.1990 aus, da im Arbeitsvertrag zwar die Unternehmenszugehörigkeit nur im Hinblick auf die Betriebsrente geregelt ist, jedoch nicht nur auf der Entgeltabrechnung vom 23.06.2010 (vergl. Bl. 229 d. A. in Kopie) und dem Zwischenzeugnis vom 30.09.2009 (vergl. in Kopie Bl. 188 d. A.) sondern gerade auch in der Vereinbarung der Namensliste vom 27.08.2009 mit dem örtlichen Betriebsrat in F. vom Ersteintritt des Klägers am 02.04.1990 ausgegangen wird (vgl. dazu die Vereinbarung in Kopie in der Namensliste Bl. 64 d. A.). Insofern wird darauf hingewiesen, dass nach § 1 Abs. 3 KSchG zwar die „Betriebszugehörigkeit“ in die soziale Auswahl mit einzubeziehen ist, dies aber nach ganz herrschender Meinung die Unternehmenszugehörigkeit, also die Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber meint (vgl. nur KR-Griebeling, 9. Aufl. 2009, § 1 KSchG Rz. 671 f. m. w. N.). Dabei sind auch frühere Beschäftigungszeiten bei nahtlosem Übergang von einem Unternehmensteil zum anderen wie bei der Berechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zu berücksichtigen (vgl. BAG 06.02.2003 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 51; BAG 02.06.2005 EzA a. a. O., Nr. 61, zu II 2 b der Gründe).
2. Die soziale Auswahl ist nicht gem. § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG nur auf ihre grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Dafür müssten die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, also hier der Kläger, gem. § 1 Abs. 5 S. 2 KSchG in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet worden sein. Daran fehlt es vorliegend:
a) Zwar ist der Name des Klägers in der Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem örtlichen Betriebsrat in F. vom 27.08.2009 enthalten. Diese Vereinbarung wird auch als „Interessenausgleich“ bezeichnet. Sie stellt aber in Wirklichkeit nur eine Namensliste, keinen Interessenausgleich dar und ist im Übrigen auch deshalb unwirksam, weil sie nicht vom zuständigen Gesamtbetriebsrat abgeschlossen worden ist.
b) Wie das Arbeitsgericht Potsdam zu Recht entschieden hat, stellt die Vereinbarung vom 27.08.2009 keinen Interessenausgleich, sondern nur eine Namensliste dar. Dafür spricht schon der Wortlaut der Vereinbarung, der Sinn und Zweck und die Systematik, insbesondere der Zusammenhang mit dem Interessenausgleich „Zukunftsperspektive F.“ vom 28.08.2009 zwischen der Beklagten und dem GBR:
aa) Zwar heißt es einerseits „… wird gem. § 1 Abs. 5 KSchG als Interessenausgleich... vereinbart“, andererseits heißt es in der Überschrift oben rechts „Vereinbarung Interessenausgleich Namensliste“. Genau eine solche wird dann „gem. § 1 Abs. 5 KSchG“ vereinbart und zwar „in Ergänzung und als integraler Bestandteil des Interessenausgleichs ’Zukunftsperspektive F.’ “. Dagegen fehlt es an jeglichen sonstigen Inhalten eines Interessenausgleichs, nämlich bei einer Umstrukturierung und einem Arbeitsplatzabbau wie vorliegend der Beantwortung der Fragen nach dem Ob, dem Wann und dem Wie der Betriebsänderung (vgl. zur Auslegung eines Interessenausgleichs die Entscheidung der erkennenden Kammer vom 04.06.2010 - 13 Sa 832/10 - zur Veröffentlichung bestimmt, zu II 1 b bb der Gründe).
bb) Sinn und Zweck dieser Vereinbarung ist damit die „Ergänzung“ des Interessenausgleichs zwischen der Beklagten und dem GBR durch eine Namensliste, die nach „individueller Abwägung“ der Sozialdaten aufgestellt wurde.
cc) Auch von der Systematik ist diese Vereinbarung nur als Namensliste auszulegen, da der Interessenausgleich „Zukunftsperspektive F.“ unter C 1.2.2 a) auf S. 3 dies gerade so gewollt hat:
„Außerdem bleibt ihnen [den lokalen Betriebsparteien] vorbehalten, die Auswahl der von der Maßnahme betroffenen Beschäftigten und Umsetzung der Maßnahmen gem. §§ 95, 99, 102 BetrVG, 1 Abs. 5 KSchG zu regeln.“
c) Eine derartige Splittung in einen Interessenausgleich zwischen dem hier zuständigen, da über mehrere Betriebe des Unternehmens der Beklagten einen Interessenausgleich vereinbarenden Gesamtbetriebsrat und der Beklagten und einer Namensliste, abgeschlossen zwischen der Beklagten und dem örtlichen Betriebsrat, ist nicht möglich. Im Unterschied zu der Zuständigkeit für einen Sozialplan, die sich tatsächlich von der für den Interessenausgleich unterscheiden kann (vgl. BAG 11.12.2001 EzA § 50 BetrVG 1972 Nr. 18, zu II 1 c der Gründe), ist die Namensliste Teil des Interessenausgleichs. Für eine einheitliche beteiligungspflichtige Maßnahme ist nach dem betriebsverfassungsrechtlichen Grundsatz der Zuständigkeitstrennung eine Kompetenzaufspaltung nicht möglich, auch wenn die Maßnahme Detailfragen aufwirft, die für sich in den einzelnen Betrieben unterschiedlich geregelt werden könnten. Die §§ 50 Abs. 1; 58 Abs. 1 BetrVG betreffen die jeweilige Angelegenheit im Sinne des Betriebsverfassungsrechts insgesamt (BAG 14.11.2006 EzA BetrVG 2001 § 50 Nr. 6, zu B I 1 c cc (1) (b); GK-BetrVG/Kreutz § 50 Rz. 20 sowie § 58 Rz. 20). Zudem ist die Festlegung der zu entlassenen Arbeitnehmer bei einem betriebsübergreifenden Interessenausgleich keineswegs rein betriebsbezogen, sondern integraler Bestandteil der unternehmens- oder konzernweiten Gesamtregelung. Nur auf dieser Ebene kann geklärt werden, welche Arbeitnehmer entlassen und welche - ggf. nach betriebsübergreifenden Versetzungen - in welchem Betrieb weiterbeschäftigt werden sollen. Die erforderlichen Kenntnisse über die betrieblichen Verhältnisse werden durch die Entsendung gem. §§ 47 Abs. 2; 55 Abs. 1 S. 2 BetrVG gewährleistet und müssen erforderlichenfalls durch Nutzung der Informationsrechte nach § 80 Abs. 2 BetrVG ergänzt werden (so zutreffend KR-Griebeling, a. a. O., § 1 KSchG Rz. 703 f. m. w. N.).
III.
Die Beklagte trägt daher die Kosten ihrer erfolglosen Berufung gem. § 97 Abs. 1 ZPO.
IV.
Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.