Gericht | VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer | Entscheidungsdatum | 04.11.2019 | |
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Aktenzeichen | 3 K 4135/17 | ECLI | ECLI:DE:VGFRANK:2019:1104.3K4135.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger betreibt unter der Anschrift F... in 1... unter der Firma E... ein Gewerbe.
Er meldete unter dem 17. Januar 2003 für diese Firma in der dazugehörigen Betriebsstätte ein Radio und ein Fernsehgerät an, für das er in der Folgezeit Rundfunkgebühren und ab dem 1. Januar 2013 Rundfunkbeiträge unter der Beitragsnummer 481 209 676 zahlte.
Im Zuge der Umstellung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von Rundfunkgebühren auf Rundfunkbeiträge führte der Beklagte eine Abfrage des Melderegisters durch und stellte fest, dass der Kläger seit 2008 unter der Anschrift der von ihm geführten Firma auch mit einer Wohnung gemeldet war.
Er schrieb den Kläger daher unter der Anschrift F... an und bat ihn darum, Angaben zu seiner Wohnung zu machen. Der Kläger erteilte auf dem ihm hierzu übersandten Formular keine Angaben zur Anschrift seiner Wohnung, sondern erklärte: „Die Firma zahlt für diesen Container bereits Rundfunkbeiträge. Es besteht auf dem Gelände keine Wohnung. Es gibt nur einen Container und ein Büro.“
Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 20. Dezember 2014 mit, dass ihm eine Antwort mit den erforderlichen Informationen nicht vorliege. Es sei deshalb ab dem 1. Januar 2013 die Anmeldung der Wohnung unter der Anschrift F...,1... vorgenommen worden. Der Kläger wurde zur Zahlung der seit dem 1. Januar 2013 angefallenen Beiträge aufgefordert.
Er reagierte mit einem nicht datierten Schreiben und erklärte, er habe bereits mitgeteilt, dass es auf dem Gelände keine Wohnung gebe. Es gebe nur ein Büro und einen Container. Unter der Anschrift bestehe lediglich die Firma E..., deren Geschäftsführer er sei. Diese Firma zahle unter einer anderen Beitragsnummer Rundfunkbeiträge. Er bitte, von weiteren Forderungen Abstand zu nehmen.
Der Beklagte wies darauf hin, dass der Kläger nach Mitteilung des Einwohnermeldeamtes seit Januar 2013 unter der Adresse seiner Firma eine Wohnung angemeldet habe. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unterscheide zwischen der Beitragspflicht für die Wohnung und für die Betriebsstätte. Aus diesem Grund habe der Kläger unterschiedliche Beitragskonten. Eine Abmeldung der Wohnung sei nur dann möglich, wenn der Kläger eine Meldebescheinigung übersende, aus der hervorgehe, unter welcher Adresse er jetzt wohnhaft sei.
Der Kläger wiederholte in der Folgezeit unverändert seine Einwände und der Beklagte forderte mehrfach die offenen Rundfunkbeiträge für den Zeitraum seit dem 1. Januar 2013 an.
Da der Kläger die Beitragsforderungen gleichwohl nicht beglich, erging unter dem 4. März 2016 ein erster Festsetzungsbescheid für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Oktober 2015 über 615,96 €. Mit einem weiteren Festsetzungsbescheid vom 1. April 2016 setzte der Beklagte Rundfunkbeitragsforderungen für den Zeitraum vom 1. November 2015 bis 31.Januar 2016 i.H.v. 52,50 € und einen Säumniszuschlag i.H.v. 8 €, insgesamt also 60,50 € fest.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 1. April 2016 Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 4. März 2016 und mit weiterem Schreiben vom 2. Mai 2016 Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. April 2016 ein. Zur Begründung verwiesen seine Verfahrensbevollmächtigten wiederum darauf, der Kläger unterhalte unter der Anschrift F... keine Wohnung. Es handele sich um das Betriebsgrundstück der E..., die Rundfunkbeiträge entrichte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2017 (zugestellt gegen Empfangsbekenntnis am 3. November 2017) wies der Beklagte die Widersprüche des Klägers zurück. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Kläger seit Oktober 2008 eine Wohnung unter der Anschrift von vor der C... angemeldet habe. Bei dem Container auf dem Betriebsgelände handele es sich um eine Wohnung im Sinne von § 3 Abs. 1 RBStV. Denn der Container sei baulich abgeschlossen und werde von dem Kläger zum Wohnen und Schlafen genutzt. Der Kläger sei Inhaber dieser Wohnung und als solcher rundfunkbeitragspflichtig. Die von ihm geschuldeten Rundfunkbeiträge seien auch nicht bereits durch die Zahlungen der Firma E... erfüllt. Denn diese zahle für eine Betriebsstätte und nicht für eine Wohnung.
Der Kläger hat am 4. Dezember 2017 (Montag) Klage erhoben.
Zur Begründung vertritt er die Auffassung, die von dem Kläger bewohnten Räume seien keine Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages. Die fraglichen, in Containern befindlichen Aufenthaltsräume verfügten über keinen separaten Eingang, sondern seien nur über den Werkstattbereich des Autohandels zugänglich und seien diesem angegliedert. Sie verfügten über keine eigenen sanitären Einrichtungen und über keine eigene Küche. Allein der Umstand, dass der Kläger unter dieser Anschrift gemeldet sei und dass sich dort Räumlichkeiten befänden, die überhaupt als Aufenthaltsraum geeignet seien, führe nicht dazu, dass eine beitragspflichtige Wohnung angenommen werden könne.
Der Kläger hat Lichtbilder zur Gerichtsakte gereicht, die die von ihm dort zu Wohnzwecken genutzten Räume zeigen.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 04. November 2019 auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Festsetzungsbescheide des Beklagten vom 4. März 2016 und vom 1. April 2016 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2017 aufzuheben.
Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Der Vortrag des Klägers, er wohne in einer Autowerkstatt, ohne dass sich in diesen Räumlichkeiten eine separate Raumeinheit befinde, sei unglaubwürdig. Die von dem Kläger bewohnten Räume seien eine Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages. Insbesondere handele es sich nicht um ein Zimmer innerhalb einer anderen Wohnung. Der Wohnbereich verfüge vielmehr über einen separaten Eingang. Im Übrigen wies der Beklagte darauf hin, dass er die – dem Kläger neben der Wohnung zugeordnete – Betriebsstätte ab Februar 2016 abgemeldet habe, da ihm die Einwohnermeldebehörde am 8. September 2016 mitgeteilt habe, dass die Firma E... zum 31.Dezember 2014 abgemeldet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die – soweit wesentlich – Gegenstand der Entscheidung des Einzelrichters waren.
I. Der Einzelrichter konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten mit Schriftsatz vom 26. September 2019 und Erklärung vom 27. September 2019 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
II. Die Klage gegen die Festsetzungsbescheide vom 4. März 2016 und vom 1. April 2016 und den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid ist zulässig, aber unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Der Kläger ist zur Zahlung der darin festgesetzten Rundfunkbeiträge verpflichtet, denn er erfüllte in dem fraglichen Veranlagungszeitraum die in den wirksamen Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages (RBStV) festgelegten tatbestandlichen Voraussetzungen der Rundfunkbeitragspflicht.
Die Regelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages wurden in Brandenburg durch das vom Landtag beschlossene „Gesetz zu dem Fünfzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge“ mit Wirkung zum 1. Januar 2013 verbindlich in Kraft gesetzt (GVBl. I Nr. 9 S. 1 ff.). Nach § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV ist Inhaber einer Wohnung jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Nach Satz 2 wird als Inhaber jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist.
Der Kläger war im streitigen Veranlagungszeitraum nach dem Melderecht unter der Anschrift F... . 1... gemeldet und es ist auch unstreitig, dass er dort gewohnt hat.
Umstritten ist allein, ob die von ihm bewohnten Räume eine Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages darstellen.
Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 RBStV ist „Wohnung“ unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die
1. zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und
2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann.
Die von dem Kläger bewohnten Räume erfüllen diese Voraussetzungen.
1. Der Kläger hat Lichtbilder vorgelegt, die den Raum zeigen, in dem er schläft und wohnt. Diese Bilder zeigen, dass dieser Wohnraum mit einer Tür abgeschlossen werden kann und somit über einen eigenen Eingang verfügt.
2. Der sinngemäße Einwand des Klägers, der Wohnraum könne nicht unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen betreten werden, greift nicht durch.
§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RBStV ist vielmehr – ausgehend von seinem Wortlaut, seiner Funktion und unter Berücksichtigung des Regelungsgefüges des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages – dahingehend auszulegen, dass er die Beitragserhebung nur für solche Wohnräume ausschließt, die in anderen Wohnungen liegen und deshalb auch nur über eine andere Wohnung betreten werden können (im Ergebnis ebenso VG München, Urteil vom 17. Juli 2015 – M 6a K 15.409 –, juris Rn. 42).
Wohnräume, die nicht in anderen Wohnungen liegen, aber gleichwohl nicht direkt von außen, sondern nur über andere Räume betreten werden können, bleiben hingegen beitragspflichtig. Diese anderen – den Zugang zur eigentlichen Wohnung vermittelnden – Räume, die ihrerseits keine Wohnung darstellen, sind jeweils als „Vorraum“ im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.
Ausgehend hiervon stellt auch der Werkstattraum, über den der Kläger in seinen Wohnraum gelangt und der seinerseits unstreitig keine Wohnung darstellt, einen „Vorraum“ im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RBStV dar.
Im Ergebnis hat der Beklagte die Beitragspflicht des Klägers zu Recht damit begründet, dass sein Wohnraum nicht in einer anderen Wohnung liegt, sondern lediglich neben einem Werkstattraum.
3. Darauf, dass Kochstelle und Sanitärräume außerhalb dieses Raumes liegen, kommt es nach der oben zitierten Legaldefinition der Wohnung im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag nicht an.
4. Wohnungen, die in Betriebsstätten liegen, sind nur dann beitragsfrei, wenn sie die Voraussetzungen einer der in § 3 Abs. 2 RBStV aufgezählten Fallgruppen erfüllen. Dies ist bezogen auf die vom Kläger bewohnte Raumeinheit nicht der Fall.
5. Dass der Kläger im umstrittenen Veranlagungszeitraum als Inhaber eines Gewerbebetriebes auch im nicht privaten Bereich beitragspflichtig war, ist für die – in diesem Klageverfahren allein vorzunehmende – Beurteilung der Rechtmäßigkeit seiner Beitragspflicht im privaten Bereich ohne Belang.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.