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Altersrente - Zeit der Fach- und Hochschulausbildung - Rentenauskunft kein Verwaltungsakt


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 22. Senat Entscheidungsdatum 04.02.2015
Aktenzeichen L 22 R 185/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 109 Abs 4 SGB 6, § 74 S 1 SGB 6, § 74 S 2 SGB 6, § 58 SGB 6

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Altersrente unter Bewertung der Zeit der Fach- und Hochschulausbildung vom 1. April 1968 bis 30. September 1975 mit 6,9750 persönlichen Entgeltpunkten.

Mit Bescheid vom 28. September 1995 hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) gegenüber dem am 24. September 1948 geborenen Kläger nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis 31. Dezember 1988, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind, verbindlich festgestellt. Im Versicherungsverlauf wurde die Zeit vom 1. April 1968 bis 30. September 1971 als Fachschulausbildung und die Zeit vom 15. Oktober 1971 bis 25. November 1975 (mit der Feststellung, dass ab dem 1. Oktober 1975 die Höchstdauer überschritten ist) als Hochschulausbildung ausgewiesen.

In der Rentenauskunft ebenfalls vom 28. September 1995 hatte die Beklagte eine Anwartschaft aus allen Zeiten bei 42,9924 persönlichen Entgeltpunkten und bei 0,8750 persönlichen Entgeltpunkten (Ost) ermittelt. Sie hatte dabei die Zeit vom 1. April 1968 bis 30. September 1975 mit 6,9750 Punkten (0,1333 x 93 : 100 = 0,1240, höchstens 0,0775 x 90 Monate) bewertet.

Auf seinen Rentenantrag gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27. April 2011 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1. Juni 2011 unter Berücksichtigung eines Versorgungsausgleichs bei 37,7588 persönlichen Entgeltpunkten und 7,8867 persönlichen Entgeltpunkten Ost. Sie bewertete dabei die Zeit vom 1. April 1968 bis 31. März 1971 mit 2,2500 Punkten (0,1344 x 75 : 100 = 1,1008, höchstens 0,0625 x 36 Monate). Die übrige Zeit der Fach- und Hochschulausbildung wurde nicht mit Punkten bewertet.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem geltend gemacht wurde, nach dem Bescheid vom 28. September 1995 seien die beitragsfreien Fach- und Hochschulausbildung mit 6,9750 Entgeltpunkten festgestellt worden, so dass nunmehr noch die Differenz zu berücksichtigen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. August 2011 zurück: Die Berechnung entspreche den gesetzlichen Vorschriften. Bei der Rentenauskunft handele es sich um keinen Verwaltungsakt mit Bindungswirkung. In § 109 Abs. 4 SGB VI sei daher ausdrücklich geregelt, dass Rentenauskünfte nicht rechtsverbindlich seien. Darüber hinaus habe die Rentenauskunft den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass die Rentenanwartschaft nach den gegenwärtig geltenden Bestimmungen errechnet worden sei und sich unter anderem aus künftig wirksam werdenden neuen Rechtsvorschriften Änderungen ergeben könnten.

Dagegen hat der Kläger am 14. September 2011 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.

Er hat gemeint, der Bescheid vom 28. September 1995 enthalte keine Rentenauskunft.

Mit Urteil vom 28. Januar 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) seien Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren. Dabei würden drei Jahre als bewertete und bis zu 5 Jahre als unbewertete Anrechnungszeiten berücksichtigt (§ 74 Satz 3 SGB VI). Die Beklagte habe hiernach zutreffend die Zeit der Fachschulausbildung vom 1. April 1968 bis 31. März 1971 im Umfang von 36 Monaten mit höchstens 0,0625 Entgeltpunkten (§ 74 Satz 2 SGB VI), mithin in Höhe von 2,2500 Punkten bewertet. Für die vom Kläger begehrte Bewertung von 6,9750 Entgeltpunkten für insgesamt 90 Monate Anrechnungszeiten fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Soweit sich der Kläger auf die Auskunft vom 28. September 1995 beziehe, sei darauf hinzuweisen, dass die dort vorgenommene Berechnung der Anwartschaft auf den für das Jahr 1995 geltenden Rechtsvorschriften beruhe. Nach § 109 Abs. 4 SGB VI in der vom 1. Januar 1992 bis 31. Juli 1996 geltenden Fassung seien Rentenauskünfte schriftlich zu erteilen, sie seien nicht rechtsverbindlich. Soweit der Kläger den geltend gemachten Anspruch aus dem Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI vom 28. September 1995 herleite, gehe dies fehl. In den allgemeinen Hinweisen werde deutlich gemacht, dass über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden werde. Dies entspreche der gesetzlichen Regelung in § 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI. Folglich weise der Versicherungsverlauf als Anlage zum Bescheid vom 28. September 1995 für die festgestellten Zeiten der Fachschul- und Hochschulausbildung eine Bewertung mit Entgeltpunkten nicht aus.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 8. März 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 25. März 2013 eingelegte Berufung des Klägers.

Er meint, die Beklagte habe mit Bescheid vom 28. September 1995 Pflichtbeiträge für Beitragszeiten der Berufs- und Fachschulausbildung mit 6,9750 Entgeltpunkten für 90 Monate festgestellt. Dieser Bescheid sei in Bestandskraft erwachsen. Mit dem Rentenbescheid würden die zuvor festgestellten Entgeltpunkte, auf die er vertraut habe, erheblich geschmälert. Er habe Anwartschaften erworben, die nicht nachträglich gekürzt werden könnten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2011 zu verurteilen, höhere Altersrente unter Berücksichtigung von 6,9750 Entgeltpunkten für 90 Monate Anrechnungszeiten vom 1. Juli 1968 (gemeint vom 01. April 1968) bis 30. September 1975 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Den Beteiligten ist mit Verfügungen vom 30. Oktober 2014 und 12. Dezember 2014 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme unter nochmaliger Fristverlängerung bis zum 30. Januar 2015 gegeben worden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben, nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 27. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2011 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte höhere Altersrente unter Bewertung der Zeit vom 1. April 1968 bis 30. September 1975 mit 6,9750 Entgeltpunkten gewährt.

Nach § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn 1. die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, 2. der Rentenartfaktor und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Die persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente ergeben sich, indem die Summe aller Entgeltpunkte für u. a. beitragsfreie Zeiten mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an Entgeltpunkten, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen (§ 71 Abs. 1 SGB VI).

Die Zeiten der Fach- und Hochschulausbildung sind zwar, wie das Sozialgericht zutreffend unter Bezugnahme auf § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI ausgeführt hat, als Anrechnungszeiten beitragsfreie Zeiten, denn beitragsfreie Zeiten sind nach § 54 Abs. 4 SGB VI Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Allerdings bestimmt § 74 Sätze 3 und 4 erste Alternative SGB VI: Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme werden insgesamt für höchstens drei Jahre bewertet, vorrangig die Zeiten der Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme. Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung werden nicht bewertet.

Der sich aus der Gesamtleistungsbewertung ergebende Wert wird für jeden Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf 75 v. H. begrenzt. Der so begrenzte Gesamtleistungswert darf für einen Kalendermonat 0,0625 Entgeltpunkte nicht übersteigen (§ 74 Sätze 1 und 2 SGB VI).

Die Beklagte hat diese Vorschriften, wie bereits vom Sozialgericht dargelegt, zutreffend angewandt.

Entgegen der Ansicht des Klägers gibt es keinen bestandskräftigen Bescheid, mit dem ihm für die Zeit vom 1. April 1968 bis 30. September 1975 6,9750 persönliche Entgeltpunkte zuerkannt worden wären.

Der Bescheid vom 28. September 1995 nach § 149 Abs. 5 SGB VI mit dem beigefügten Versicherungsverlauf enthält zwar den genannten Zeitraum mit der Zeit der Fach- und Hochschulausbildung; eine Bewertung mit Entgeltpunkten ist darin jedoch nicht vorgenommen.

Dies entspricht der diesem Bescheid zugrunde liegenden Norm des § 149 Abs. 5 Sätze 1 und 3 SGB VI. Danach gilt: Hat der Versicherungsträger das Versicherungskonto geklärt oder hat der Versicherte innerhalb von 6 Kalendermonate nach Versendung des Versicherungsverlaufes seinem Inhalt nicht widersprochen, stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als 6 Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden.

Der Bescheid vom 28. September 1995 weist darauf unter der Überschrift „allgemeine Hinweise“ auch ausdrücklich hin.

Ein weiterer Bescheid wurde unter dem 28. September 1995 nicht erteilt. Unter dem 28. September 1995 erteilte die Beklagte vielmehr, wie dort eingangs auch ausgeführt, lediglich eine Auskunft über die zugrunde gelegten rentenrechtlichen Zeiten und der sich daraus ergebenden Entgeltpunkten.

Die Rentenauskunft, die – begrifflich als Auskunft – kein Verwaltungsakt ist und die im Zusammenhang mit dem oben genannten Bescheid vom 28. September 1995 für das Familiengericht nach § 109 Abs. 3 SGB VI in der damaligen Fassung erteilt wurde, gab die Rentenhöhe auf der Grundlage des damaligen Rechts wieder, ist jedoch, wie § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB VI klarstellend ausführt, nicht rechtsverbindlich. § 109 Abs. 4 SGB VI lautete: Rentenauskünfte sind schriftlich zu erteilen. Sie sind nicht rechtsverbindlich.

Nichts anderes ergibt sich aus der Rentenauskunft vom 28. September 1995.

Nach alledem ist eine Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren nicht vorhanden.

Die dargestellte Rechtslage ist auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere werden keine Grundrechte des Klägers verletzt.

Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG), der das Eigentum gewährleistet, wobei Inhalt und Schranken durch die Gesetze bestimmt werden, ist nicht gegeben.

Die vom Kläger in der Zeit bis zum In-Kraft-Treten der oben genannten Vorschriften erworbene Rentenanwartschaft, die vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst wird, wurde zwar durch diese Vorschriften beeinträchtigt. Es handelt sich dabei jedoch um eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzgeberische Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, denn diese diente einem Gemeinwohlzweck und war verhältnismäßig.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem grundlegenden Urteil vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77 u. a. (abgedruckt in BVerfGE 53, 257) zum Umfang des Schutzes von Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeführt:

Die Anwartschaft auf eine Rente aus eigener Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Die konkrete Reichweite dieses Schutzes ergibt sich aber erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Für dessen Gestaltungsfreiheit sind Eigenart und Funktion des Eigentumsobjekts von maßgeblicher Bedeutung, die zu einer gewissen Stufung des Schutzes führen: Dem Gesetzgeber sind enge Grenzen gezogen, soweit es um die Funktion des Eigentums als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit des Einzelnen geht. Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhaltsbestimmung und Schrankenbestimmung umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht. Diesen Grundsätzen entspricht es, wenn Eigentumsbindungen stets verhältnismäßig sein müssen.

Aus dem genannten sozialen Bezug mit seiner bedeutsamen sozialen Funktion lässt sich die Berechtigung des einzelnen "Eigentümers" von den Rechten und Pflichten anderer nicht lösen. Sie ist vielmehr eingefügt in einen Gesamtzusammenhang, der auf dem Gedanken der Solidargemeinschaft und des "Generationenvertrages" beruht: Es ist zu einem wesentlichen Teil die im Berufsleben stehende Generation, welche die Mittel für die Erfüllung der Ansprüche der älteren Generation aufzubringen hat und die ihrerseits von der folgenden Generation das gleiche erwartet. Der soziale Bezug wird auch darin deutlich, dass die Rentenversicherungen durch staatliche Zuschüsse, also aus Mitteln der Allgemeinheit, mitfinanziert werden. Daraus folgt: Bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Dies gilt im Besonderen für Regelungen, die dazu dienen, die Funktionsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherungen im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Insoweit umfasst Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG auch die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken; sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Leistungen zu kürzen, den Umfang von Ansprüchen oder Anwartschaften zu vermindern oder diese umzugestalten. Allerdings verengt sich seine Gestaltungsfreiheit in dem Maße, in dem Rentenansprüche oder Rentenanwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistung des Versicherten geprägt sind. Insoweit entspricht der Höhe dieses Anteils ein erhöhter verfassungsrechtlicher Schutz: An die Rechtfertigung eines Eingriffs sind strengere Anforderungen zu stellen als an die Änderung einer Rechtslage, die mit der eigenen Leistung des Versicherten nichts zu tun hat.

In dem damit sich ergebenden Umfang sind rentenversicherungsrechtliche Positionen der erörterten Art durch Art 14 Abs. 1 GG geschützt. Gegenstand des Schutzes sind der Anspruch oder die Anwartschaft, wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben.

Eine diesen Grundsätzen folgende Anwendung des Art 14 Abs. 1 GG auf rentenversicherungsrechtliche Positionen bedeutet nicht, dass die Eigentumsgarantie Umgestaltungen des Rentenversicherungssystems oder Anpassungen an veränderte Bedingungen verhindert, die im Interesse der Verbesserung oder Erhaltung der Funktionsfähigkeit und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung unerlässlich erscheinen. Solche Veränderungen lässt Art 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu; er bindet sie freilich an Voraussetzungen, die es ausschließen, allein auf das Versicherungssystem als Ganzes zu blicken und darüber die individuellen Rechte der Versicherten außer Betracht zu lassen. Ebenso wenig führt eine solche Anwendung zu einer Entwertung oder Aushöhlung der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Es würde eher zu einem weitgehenden, mit dem Schutz des Eigentums im sozialen Rechtsstaat schwerlich zu vereinbarenden Funktionsverlust dieser grundlegenden Gewährleistung führen, wenn sie vermögensrechtliche Positionen nicht umfasste, die für die große Mehrzahl der Bevölkerung die wichtigste und oft einzige Grundlage ihrer Daseinssicherung sind, und wenn der Schutz der Garantie auf die im Zuge der dargelegten Entwicklung geringer gewordene Zahl überkommener Eigentumspositionen beschränkt bliebe.

Gegenstand der Eigentumsgarantie sind somit Ansprüche und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in ihrem Gesamtbestand, wie sie sich aus dem funktionalen Zusammenwirken der verschiedenen Elemente nach der jeweiligen Gesetzeslage ergeben, nicht hingegen einzelne Anspruchs- bzw. Berechnungselemente (Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 19. April 2011 – B 13 R 27/10 R, abgedruckt in BSGE 108, 126 = SozR 4-2600 § 74 Nr. 3; BSG, Urteil vom 18. April 1996 – 4 RA 36/94, abgedruckt in SozR 3-2600 § 71 Nr. 1 = BSGE 78, 138; BSG, Urteil vom 23. Mai 1995 – 13/4 RA 13/94, zitiert nach juris).

Das BVerfG hat in seinem weiteren Beschluss vom 01. Juli 1981 – 1 BvR 874/77, 1 BvL 10/81 u. a. (abgedruckt in BVerfGE 58, 81) zur Befugnis des Gesetzgebers, inwieweit er Inhalt und Schranken einer unter die Eigentumsgarantie fallenden Position bestimmen darf, betont, dass dies nicht unabhängig davon ist, inwieweit der Eigentümer eine solche Position durch eigene Leistung erworben hat. Es hat im Weiteren ausgeführt:

In dieser Hinsicht sind Ausfallzeiten < jetzt Anrechnungszeiten > besonders dadurch geprägt, dass sie dem Versicherten angerechnet werden, ohne dass er dafür Beiträge bezahlt. Damit beruhen Ausfallzeiten überwiegend auf staatlicher Gewährung und sind Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge. Ein gegenüber der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit verstärkter Schutz der durch Ausbildungs-Ausfallzeiten bestimmten Rentenanwartschaft lässt sich nicht damit begründen, dass auch Ausbildungszeiten Zeiten "persönlicher Arbeitsleistung" seien. Denn Art und Umfang der Ausbildung bleiben im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der Rentenversicherung erhöhen will. Auch wenn der Gesetzgeber bei dem Zugriff auf die Ausbildungs-Ausfallzeiten einen weiten Gestaltungsspielraum hat, muss doch der Eingriff in eine für den Versicherten bestehende Position in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Eingriff verfolgten Zweck stehen.

Schon die Fälle der Beschwerdeführer zeigen, dass die Anwendung der Neuregelung im Allgemeinen selbst dann nicht übermäßig nachteilig wäre, wenn die Rentenfälle bereits ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten eingetreten wären. In diesem Fall läge der Rentenverlust für die Beschwerdeführer nach den Berechnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zwischen 28,90 DM und 323,10 DM und prozentual zwischen 2,4 % und 30,1 % ihrer Renten.

Soweit dabei die Minderung der Anwartschaften bei den Beschwerdeführern zu 4), 6), 9) und 10) < mit Kürzungen um 149,50 DM = 10,1%, um 166,20 DM = 15,6%, um 130,40 DM = 12,0% und um 323,10 DM = 30,1% >, die am 31. Dezember 1978 unter 55 Jahren waren, in der Höhe dadurch beeinflusst wird, dass zusammen mit der geringeren Bewertung ihrer Ausbildungs-Ausfallzeiten auch die Zurechnungszeiten mittelbar betroffen werden, sind diese Werte für die Beurteilung der Schwere des Eingriffs nicht maßgeblich.

Die nur sehr geringen Rentenminderungen in den Fällen des Beschwerdeführers zu 7) < um 28,90 DM = 2,4% > und des Klägers des Ausgangsverfahrens in 1 BvL 11/81 < um 63,40 DM = 2,7% > sind vornehmlich dadurch bedingt, dass sie nur 25 Monate und 39 Monate an Ausbildungs-Ausfallzeiten nachweisen können.

Bei den anderen Beschwerdeführern < mit Kürzungen um 132,10 DM = 6,7 %, um 23,90 DM = 2,6 %, um 138,- DM = 8,3 %, um 161,10 DM = 10,1%, um 120,30 DM = 6,9 % > und dem Kläger des Ausgangsverfahrens in 1 BvL 10/81 < mit einer Kürzung um 137,- DM = 7,9% >, die eine abgeschlossene Hochschulausbildung haben, liegen die Ausbildungs-Ausfallzeiten zwischen 83 und 108 Monaten und führen dementsprechend zu einer erheblich stärkeren rechnerischen Verminderung ihrer Positionen.

Zur nicht mehr rentensteigernden Bewertung von Anrechnungszeiten wegen (Schul- und) Hochschulausbildung ab dem 01. Januar 2005 infolge des § 74 Satz 4 SGB VI - was jedoch nicht bedeutet, dass diesen Zeiten keinerlei Bedeutung mehr zukäme, denn auch künftig wirken sie dadurch rentenerhöhend, dass sie im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung als "nicht belegungsfähige Kalendermonate" berücksichtigt werden und insoweit eine Versicherungslücken schließende Funktion haben (§ 72 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m § 54 Abs. 4 SGB VI; BSG Urteil vom 02. März 2010 - B 5 KN 1/07 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 72 Nr. 3; unter Hinweis auf: zur Rechtsentwicklung: BSG, Beschluss vom 27. August 2009 - B 13 R 6/09 S, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 26. Januar 2005 - B 12 RA 3/03 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 58 Nr. 6) - hat das BSG im Urteil vom 19. April 2011 – B 13 R 27/10 R ausgeführt:

Vor dem Hintergrund der sich immer deutlicher abzeichnenden Auswirkungen des sich verändernden demografischen Aufbaus der Bevölkerung und einer schwierigen finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung, die Beiträge langfristig bezahlbar und die Renten so sicher zu machen, diente die gesetzliche Neuregelung des § 74 Satz 4 SGB VI der Sicherung der Funktion der gesetzlichen Rentenversicherung. Zur Erreichung dieses Ziels war die gesetzliche Neuregelung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Die Schul- und Hochschulausbildung <aber auch die Fachschulausbildung> begründet als solche allein noch keinen personalen Bezug zur Rentenversicherung. Sie stellt für sich genommen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Eigenleistung des Versicherten dar, die der Rentenversicherung zu Gute kommt, sondern dient seiner eigenen Qualifizierung und liegt in seinem Verantwortungsbereich. Insofern ist es konsequent, die Ausbildung vorwiegend dem Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen zuzuordnen, deren besondere Honorierung dem System der Rentenversicherung jedenfalls nicht immanent ist, weil es grundsätzlich an den Eintritt in das Arbeitsleben anknüpft. Demgegenüber fallen die mit § 74 Satz 4 SGB VI verfolgten Ziele erheblich ins Gewicht, da sie auf eine Verbesserung der Finanzlage und der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung, auf die Herstellung von Generationengerechtigkeit sowie auf eine Begrenzung der Lohnzusatzkosten mit dem Ziel der Förderung eines hohen Beschäftigungsstandes gerichtet sind, erheblich ins Gewicht. Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der ebenfalls im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen ist, ist diese Vorschrift nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat zumindest ausgehend von der zeitlichen Geltung des § 74 Satz 4 SGB VI ab 1. Januar 2005 für rentennahe Jahrgänge die Auswirkungen dieser Vorschrift durch die Übergangsvorschrift des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI mit ihrem vierjährigen Abschmelzungsprogramm abgemildert. Ob sich bei der wechselvollen Geschichte der Ausfall- und Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung <aber auch wegen Fachschulausbildung> überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen auf deren rentensteigernde Wirkung entwickeln konnte, mag offenbleiben. Allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz einer vorhandenen Rechtsposition verfassungsrechtlich jedenfalls nicht geboten.

Angesichts dessen tangiert die Nichteinbeziehung des Klägers in die Übergangsvorschrift des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI, da er als seinerzeit nicht rentennaher Jahrgang dazu nicht mehr rechnet, auch nicht sein Eigentum.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die höchstmögliche Minderung nach Wegfall der Bewertung der Hochschulausbildung durch § 74 Satz 4 SGB VI höchstens 2,2500 Entgeltpunkte (36 Kalendermonate x 0,0625 Entgeltpunkte) beträgt. Dies entsprach in den alten Bundesländern bei einem Rentenbeginn am 1. Juni 2011 61,20 Euro monatlich (2,2500 Entgeltpunkte x 27,20 Euro aktueller Rentenwert nach § 1 Abs. 1 Rentenwertbestimmungsverordnung 2010) und in den neuen Bundesländern 54,29 Euro monatlich (2,2500 Entgeltpunkte x 24,13 Euro aktueller Rentenwert [Ost] nach § 1 Abs. 2 Rentenwertbestimmungsverordnung 2010).

Die Vorschrift des § 74 Satz 4 SGB VI verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln sind.

Dies gilt insbesondere insoweit, als Versicherte mit einer Hochschulausbildung gegenüber Versicherten mit einer Fachschulausbildung ungleich behandelt werden, denn diese unterschiedliche Behandlung wird durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Das BSG hat im Urteil vom 19. April 2011 – B 13 R 27/10 R dazu ausgeführt:

Der Gesetzgeber durfte insbesondere von der typisierenden Annahme ausgehen, dass Absolventen von Hochschulen im späteren Erwerbsleben im Vergleich zu Absolventen von Fachschulen durch ihre höhere berufliche Qualifikation im Regelfall bessere Verdienstmöglichkeiten haben und deswegen höhere Rentenanwartschaften und Renten aufbauen können. Vor diesem Hintergrund liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund vor. Dass der Gesetzgeber beim Abbau dieser auf dem Gedanken der staatlichen Fürsorge beruhenden Vergünstigung bei denjenigen Versicherten ansetzt, die die dadurch bedingte Minderung ihrer Rentenanwartschaften und Renten finanziell voraussichtlich besser verkraften können, ist nicht zu beanstanden.

Die entscheidende Minderung der Rentenanwartschaft des Klägers trat im Übrigen bereits zum 01. Januar 1997 ein.

Die Anrechnungsvoraussetzungen von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung wurden nämlich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI i. d. F. des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25. September 1996 (WFG; BGBl I 1996, 1461) mit Wirkung vom 01. Januar 1997 begrenzt. Danach waren Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu drei Jahren. Für einen Rentenbeginn zwischen 1997 und 2000 erhöhte § 252 Abs. 4 SGB VI i. V. m. Anlage 18 diese Höchstgrenze übergangsrechtlich. Diese Regelung galt bis 31. Dezember 2001.

Zu dieser Rechtslage bestanden nach dem Urteil des BSG vom 02. März 2010 – B 5 KN 1/07 R keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dazu hat das BSG ausgeführt:

Bei der Ausgestaltung und rentenrechtlichen Bewertung von Ausbildungszeiten hat der Gesetzgeber unabhängig von der Frage, ab welchem Zeitpunkt eine rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition so verfestigt ist, dass sie durch Art 14 Abs. 1 GG geschützt ist, eine größere Gestaltungsfreiheit als bei auf Beiträgen beruhenden Berechnungsgrößen, weil diese Zeiten auf einem allgemeinen fürsorgerischen Gedanken beruhen. Das mit der Verkürzung der Anrechnung schulischer Ausbildungszeiten auch verfolgte Ziel der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung (Bundestag-Drucksache 13/4610 Seite 1) ist von hoher Bedeutung und damit geeignet, die gemachten Einschränkungen zu rechtfertigen. Ein besonderer Schutz für den Fall eines Rentenbeginns zwischen 1997 und 2000 wurde zudem durch die in § 252 Abs. 4 SGB VI in der Fassung des WFG getroffene Übergangsregelung geschaffen. Allein aufgrund eines bestimmten Lebensalters ist ein gesteigerter Bestandsschutz verfassungsrechtlich nicht geboten.

In dem weiteren Urteil vom 26. Januar 2005 - B 12 RA 3/03 R (abgedruckt in SozR 4-2600 § 58 Nr. 6) hat das BSG zu den Auswirkungen des WFG ausgeführt:

Der Kläger hebt allerdings zu Recht hervor, dass durch die Regelungen des WFG mit Wirkung vom 1. Januar 1997 seine in Zukunft zu erwartende Rente wegen einer Schlechterbewertung seiner Ausbildungsanrechnungszeiten erheblich gemindert wurde. Er weist ferner zutreffend darauf hin, dass ab Januar 2005 diese Zeiten als Anrechnungszeiten überhaupt nicht mehr rentensteigernd bewertet werden. Als der Kläger im Februar 1988 die Antragspflichtversicherung begann, war die Entrichtung von Pflichtbeiträgen zusammen mit der sog Halbbelegung (§ 36 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz <AVG>) Voraussetzung dafür, dass im Versicherungsfall Ausfallzeiten, zu denen Schul- und Hochschulausbildungszeiten gehörten, angerechnet werden konnten. Ausfallzeiten wegen Ausbildung waren im Höchstfall für neun Jahre zu berücksichtigen. Für sie waren 7,5 Werteinheiten je Kalendermonat zu Grunde zu legen (§ 36 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 32a Abs. 3 Satz 3 AVG). Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 AVG anrechenbare (Ausbildungs-)Ausfallzeiten von 96 Monaten zurückgelegt. Hierdurch wären bei ihm 720 Werteinheiten für die relative Rangstelle innerhalb der Versichertengemeinschaft bei Eintritt des Versicherungsfalls zu berücksichtigen gewesen. Eine Änderung der Anrechnungsvoraussetzungen und erste Minderung der Bewertung trat bereits mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 1. Januar 1992 ein. Seit Einführung des SGB VI waren einerseits weder Pflichtbeiträge noch die Halbbelegung Voraussetzung für die Anrechenbarkeit von Ausbildungsanrechnungszeiten (den früheren Ausfallzeiten), andererseits wurde deren Anrechenbarkeit auf sieben Jahre und außerdem die mögliche Höchstbewertung von Ausbildungsanrechnungszeiten auf 0,0625 Entgeltpunkte (EP) je Kalendermonat begrenzt (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 74 Satz 2 SGB VI i. d. F. des Rentenreformgesetzes 1992 <RRG 1992> vom 18. Dezember 1989, BGBl I 1989, 2261). 100 Werteinheiten i. S. des AVG entsprechen dabei einem EP i. S. von § 58 SGB VI. Bereits diese beiden Begrenzungen führten beim Kläger zu einer Minderung des möglichen Höchstwertes von Ausbildungsanrechnungszeiten auf 5,25 EP, d. h. um 27 v. H. des bis 1991 möglichen Wertes (maximaler Wert nach dem SGB VI 0,0625 x 84 = 5,25 EP 73 v. H. von 7,2 EP). Mit der vom Kläger beanstandeten Regelung im WFG griff der Gesetzgeber dann noch weitergehend in die Bewertung von Ausbildungsanrechnungszeiten ein. Nunmehr wurde die Höchstdauer der wertmäßigen Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung auf 36 Kalendermonate verkürzt (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI i. d. F des Art 1 Nr. 11 Buchst a Buchst aa des WFG), sodass höchstens 2,25 EP (0,0625 x 36) für Ausbildungsanrechnungszeiten zu berücksichtigen waren. Bezogen auf die bis zum Inkrafttreten des SGB VI beim Kläger zu berücksichtigenden 720 Werteinheiten (= 7,2 EP) bedeutete dies eine Minderung der Ausbildungsanrechnungszeiten auf höchstens 4,95 EP, d. h. um mehr als zwei Drittel. Ein unmittelbarer Geldwert dieser EP besteht nicht, da er erst bei Eintritt des Versicherungsfalls festgestellt werden kann. Bezogen auf einen fiktiven Versicherungsfall am 1. Januar 1997 hätte sich bei Beachtung des damaligen aktuellen Rentenwerts (Wert des EP) von 46,67 DM eine "Rentenminderung" von 231,01 DM (4,95 x 46,67 DM) ergeben. Selbst die tatsächliche durch Ausbildungsanrechnungszeiten vermittelte Rangstelle, d. h. die Summe der EP für Anrechnungszeiten, kann seit 1992 wegen der mit dem SGB VI eingeführten Gesamtleistungsbewertung (§§ 71 ff SGB VI) allerdings erst bei Eintritt des Versicherungsfalls festgestellt werden. Diese Höhe kann für Ausbildungsanrechnungszeiten erheblich niedriger als der angegebene Höchstwert sein, da die je Kalendermonat der Anrechnungszeit zu berücksichtigenden EP u. a. von der Höhe der zu berücksichtigenden Entgelte abhängig sind. Ob die von der Beklagten vorgelegten Berechnungen, die für Ausbildungsanrechnungszeiten von nur 0,0188 EP je Kalendermonat bei einem Versicherungsfall im Jahr 2024, aber Beitragszahlungen nur bis zu den Jahren 1992, 1996 oder 2002 ausgehen, in diesem Zusammenhang realistisch sind, kann wegen der zum 1. Januar 2005 eingetretenen Rechtsänderung hier offen bleiben. Seit dem 1. Januar 2005 sind Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung bei der Gesamtleistungsbewertung ohnehin nicht mehr zu bewerten (§ 74 Satz 4 SGB VI i. d. F. des Art 1 Nr. 13 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21. Juli 2004, BGBl I 1791), d. h. ihnen wird kein EP zugeordnet. Bezogen auf den aktuellen Rentenwert ab 1. Januar 2005 (26,13 € je EP) bedeutet dies gegenüber dem Rechtszustand bis zum Inkrafttreten des SGB VI eine Minderung der zu erwartenden Rente beim Kläger um 188,14 € (7,2 x 26,13 €). Dieser Verlust tritt beim Kläger bei einem Versicherungsfall des Alters im Jahr 2024 selbst unter Berücksichtigung der Übergangsregelung in § 263 Abs. 3 SGB VI (i. d. F. des Gesetzes vom 21. Juli 2004 <BGBl I 1791>) ein.

Auch wenn man zu Gunsten des Austrittsbegehrens des Klägers diesen völligen Verlust des Wertes der Ausbildungsanrechnungszeiten berücksichtigt, ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Kläger an seiner Entscheidung für den Beitritt zur Pflichtversicherung festgehalten wird.

Zum 1. Januar 2002 erfolgte zwar wieder die Ausweitung der Anrechnungsvoraussetzungen von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung auf nunmehr acht Jahre nach § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI (bis 31. Dezember 1996 waren es höchstens sieben Jahre; Gesetz vom 18. Dezember 1989, BGBl. I 1989, 2261, I 1990, 133). Zugleich wurde jedoch die Bewertung der Zeiten schulischer Ausbildung auf höchstens drei Jahre durch § 74 Satz 3 SGB VI begrenzt (jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 19. Februar 2002; BGBl I 2002, 774). Eine wesentliche Rechtsänderung im Hinblick auf die Rentenanwartschaft aus Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung war somit dadurch nicht verbunden.

Die Berufung muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.