Gericht | VG Potsdam 4. Kammer | Entscheidungsdatum | 08.11.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 4 K 979/09 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheids zur Errichtung einer straßenseitigen Überbauung einer Zufahrt.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ... 3 in ... (... ... ). Es liegt im Geltungsbereich der „Erhaltungssatzung ... Vorstadt “ und der „Denkmalbereichssatzung ... Vorstadt “.
Ausweislich der Feststellungen im Ortstermin weist die ... eine im Wesentlichen geschlossene 4- bis 5-geschossige Bebauung aus der Gründerzeit auf mit einheitlicher Bauflucht, die nur eine schmale Vorgartenzone zulässt. Zwischen den Grundstücken ... 3 und 5 befindet sich eine von der vorherrschenden Blockstruktur abweichende Bebauung. Die dort befindliche zweigeschossige klassizistische Landhausvilla aus der frühen zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts steht frei und zu der üblichen Bauflucht deutlich zurückgesetzt. Sie ist wesentlich kleiner als die benachbarte Bebauung. Die Villa hat noch die ursprünglichen Maße und Gliederung, ist zu DDR-Zeiten aber glatt verputzt worden. Sie ist kein Einzeldenkmal. Der ehemalige Gartenraum der Landhausvilla ist unbebaut, allerdings zu großen Teilen nicht mehr gärtnerisch gestaltet. Das historische Grundstück wird rechts und links von den Brandmauern der Gebäude auf der ... 3 und 5 eingerahmt, wobei der Abstand zum Gebäude ... 5 ca. 2 m kürzer ist als zum Gebäude ... 3.
Am 10. März 2004 beantragte der Kläger einen Vorbescheid zu folgenden Fragen:
1. Zustimmung zur Erhöhung der GFZ von bisher 0,77 um 0,13 auf 0,9
2. Zustimmung zur Erhöhung der GRZ von bisher 0,42 um 0,04 auf 0,46
3. Zustimmung zur Grenzbebauung in geschlossener Bauweise an der Grenze Zum Haus ... 4
4. Zustimmung zu Abstandsflächen auf dem benachbarten Grundstück … 4
5. Zustimmung zu der vorgesehenen Geschosszahl von 2 Vollgeschossen und
und einem zu Wohnzwecken ausgebauten Dachgeschoss
Mit Bescheid vom 16. Januar 2009 lehnte der Beklagte der Erteilung des begehrten Vorbescheids ab. Zur Begründung führte er aus, die Fragen 1 und 2 seien nicht beantwortbar. Die Frage 3 sei zu verneinen, da die Schutzziele der Erhaltungssatzung durch das Vorhaben beeinträchtigt seien und die nach § 172 BauGB erforderlich Genehmigung zu versagen sei. Aus diesen Gründen könnten auch die Fragen 4 und 5 nicht bejaht werden.
Der Kläger legte am 6. Februar 2009 Widerspruch ein mit der Begründung, der Vorbescheid sei schon formell rechtswidrig, da er vor dessen Erlass nicht angehört worden sei. Die Entscheidung sei für ihn überraschend gekommen, weil bei Vorgesprächen, bei denen auch Vertreter der Denkmalschutzbehörde anwesend gewesen seien, eine Bebauung nicht grundsätzlich ausgeschlossen worden sei. Im Übrigen seien seine Eigentümerinteressen höher zu bewerten als die nur marginal betroffenen Belange der Erhaltungssatzung und des Denkmalschutzrechts.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2009 wies der Beklagte den Widerspruch unter Vertiefung der Begründung im Vorbescheid zurück. Insbesondere führt er aus, ein positiver Vorbescheid als vorweggenommener Teil einer Baugenehmigung könne nicht erteilt werden, da dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen stünden. Es verstoße gegen die Erhaltungssatzung. Diese solle der Bewahrung der konstituierenden Bestandteile der Siedlungsstruktur, des Stadtraumes und der Bebauung dienen. Bei Errichtung des beantragten Anbaus komme es zu einer wahrnehmbaren Veränderung der städtebaulichen Gestalt. Die städtebauliche Besonderheit des Grundstücks ... 4 mit seiner Bebauung in offener Bauweise und den bisher unverstellten Bauwichen stelle eines der noch wenigen vorhandenen Zeugnisse der ehemaligen Siedlungsentwicklung in diesem Bereich dar. Nur durch den Kontrast zu der umliegenden Bebauung könne die prägende Wirkung des Gebäudes sich entfalten. Infolge des Heranrückens der geschlossenen Hauszeile komme das Landhaus in Bedrängnis und werde in seiner städtebaulichen Wirkung als freistehendes Haus stark beeinträchtigt.
Der Kläger hat am 18. Juni 2009 Klage erhoben. Er trägt vor, die fehlende Anhörung vor Erlass des Vorbescheids minimiere seine Rechte, da er bei vorheriger Anhörung seine gestalterischen Vorstellungen hätte nachbessern können. Das Vorhaben füge sich in die Umgebung ein. Auch die Erhaltungssatzung stehe diesem nicht entgegen, da diese anders als der Denkmalschutz das Freihalten von Flächen nicht ermögliche. Die Versagung einer Bebauung sei das äußerste Mittel. Keineswegs vermittle die Erhaltungssatzung ein Bauverbot, welches im Übrigen unverhältnismäßig sei. Er sei bereit, gestalterischen Vorgaben zu entsprechen. Die Villa auf dem Grundstück ... 4 sei kein Einzeldenkmal. Fehlerhaft behandele der Beklagte diese aber wie ein solches. Nicht die Villa genieße einen besonderen Schutz, sondern die gesamte Vielfältigkeit des von der Erhaltungssatzung erfassten Gebiets. Das Gesamtbild werde durch den völlig untergeordneten Anbau an das Haus ... 3 nicht gestört. Die Durchfahrtssituation bliebe erhalten. Durch den abgeschrägten Anbau werde auch eine Symmetrie im Vergleich zum Abstand zum Gebäude ... 5 hergestellt. Die Situation werde vielmehr aufgewertet, da zum einen auch die heutige bauliche Entwicklung ablesbar wäre und zum anderen dieser Bereich durch den Anbau verschönert werde.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bauvorbescheids vom 16. Januar 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2009 zu verpflichten, einen positiven Bauvorbescheid zur Errichtung einer straßenseitigen Überbauung der Zufahrt ... 3 in ... zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide. Ergänzend trägt er vor, dass nach der jetzigen Rechtslage berücksichtigt werden müsse, dass auch denkmalschutzrechtliche Belange dem Vorhaben entgegen stünden. Insbesondere der Luftraum zwischen den Brandwänden auf den Grundstücken ... 3 und 5 sei denkmalrechtlich von besonderer Bedeutung. Das freistehende Gebäude auf dem Grundstück ... 4 symbolisiere im Zusammenhang mit den umgebenden Freiräumen eine frühere Bauepoche. Wie Grundstücke damals bebaut worden seien, sei bei einer Verdichtung der Bebauung auch im oberen Bereich nicht mehr ablesbar.
Hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Das Verfahren ist der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden, die Beweis durch Inaugenscheinnahme erhoben hat.
Die Kammer konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da sie dieser gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Ablehnung des begehrten positiven Vorbescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 59 Abs 1 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) auf den Vorbescheid, da ihm insoweit das Sachbescheidungsinteresse fehlt. Die Bejahung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Bauvoranfragen vermittelt dem Kläger keinen rechtlichen Vorteil, da der geplanten Grenzbebauung offensichtlich denkmalrechtliche Vorschriften des § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz (BbgDSchG) i.V.m. der Denkmalbereichssatzung „Innere ... Vorstadt “ (dazu unter 1.) sowie erhaltungsrechtliche Vorschriften des § 172 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Baugesetzbuch (BauGB) i.V.m. § 2 Satz 4 der Erhaltungssatzung ... Vorstadt (dazu unter 2.) entgegenstehen. Dabei kann offen bleiben, ob durch Fehlen einer vorherigen Anhörung die Möglichkeit des Klägers, seinen Antrag noch zu ändern, rechtswidrig beschnitten worden ist. Denn einstraßenseitiger Anbau an das Gebäude ... 3 in Richtung der ... 4 ist insgesamt unzulässig. Unter diesen Bedingungen fehlt daher dem Kläger das Sachbescheidungsinteresse für die Bauvoranfrage hinsichtlich der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens (vgl. OVG NW, Urteil vom 16. September 2009 - 10 A 3087/07 -, BRS 74 Nr. 155; OVG Lüneburg, Urteil vom 29. April 2008 - 12 LC 20/07 -, BRS 73 Nr. 102).
1. Dem Vorhaben stehen denkmalschutzrechtliche Gründe im Sinne des § 9 BbgDSchG entgegen, weil die Gebäude ... 3 und 4 konstituierender Bestandteil des Denkmalbereichs „Innere ... Vorstadt “ (Denkmalbereichssatzung vom 7. November 2001, ABl. vom 4. April 2002) sind und durch die Errichtung des Anbaus an das Gebäude ... 3 schützenswerte Teile des Denkmalbereichs in ihrem Erscheinungsbild verändert würden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BbgDSchG), ohne dass private Interessen an der Errichtung des Anbaus überwiegen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse diese Maßnahme verlangt.
Nach § 67 Abs. 1 Satz 2 Brandenburgische Bauordnung (BbgBO) i.V.m. § 20 Abs. 1 BbgDSchG sind die Belange des Denkmalschutzes im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren mit zu beachten.
Das Vorhabengrundstück liegt im Denkmalbereich „Innere ... Vorstadt „. Ein Denkmalbereich ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BbgDSchG unter anderem eine Mehrheit baulicher Anlagen, die insbesondere Zeugnisse der Siedlungsgeschichte, des Städtebaus und der Garten- und Landschaftsgestaltung sind, und zwar auch dann, wenn nicht jeder einzelne Teil des Denkmalbereichs ein Denkmal ist. Ein Denkmalbereich in Form eines Ensembles liegt vor, wenn es sich bei den baulichen Anlagen um eine historisch oder städtebaulich-gestalterisch gewachsene Einheit mit einem sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort, wie etwa bei einem Stadtviertel, handelt. Solche baulichen Anlagen können unabhängig voneinander entstanden sein, müssen aber verbindende, einheitsstiftende Merkmale hinsichtlich der Bauform oder bestimmter Gestaltungselemente aufweisen und insoweit als historisch überlieferter Bestand in städtebaulicher Hinsicht Lebensformen vergangener Zeitschnitte. Hierbei müssen die einheitsstiftenden Elemente einen „übersummativen“ Aussagewert für die städtebauliche Entwicklung an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aufweisen (vgl. OVG Bln-Bbg, Urteil vom 8. November 2006 - OVG 2 B 13.04 -, BRS 70 Nr. 202).
Danach liegt hier ein Ensemble von städtebaulicher Bedeutung vor, denn das Gebäude ... 3 bildet zusammen mit den übrigen entlang der ... errichteten Mietwohnhäusern einen Ausschnitt aus dem Denkmalbereich „Innere ... Vorstadt “, in dem sich auf engem Raum Mietwohnhäuser erhalten haben, die für die Errichtungszeit exemplarisch die orts- und baugeschichtliche Entwicklung im Verlaufe von nur wenigen Jahren seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts anschaulich vermitteln. Die städtebauliche Bedeutung des Ensembles liegt in den ablesbaren Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen den Häusern mit ihren zeittypischen Merkmalen, die den gesteigerten Zeugniswert des Ganzen ausmachen. Die städtebauliche Bedeutung erfasst die baulichen Anlagen regelmäßig als räumlich-kubische Einheit einschließlich der Baustruktur, die das Verhältnis von Überbauung und Freifläche bestimmt. Während die Gebäude ... 3 und 5 die noch heute vorherrschende, Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Blockrandbebauung aufweisen, steht das Gebäude ... 4 frei und zur Blockrandbebauung zurückgesetzt. Auch wenn nicht mehr alle Merkmale eines klassizistischen Gebäudes vorhanden sind, handelt es sich um das Originalgebäude, welches nachweislich zumindest seit 1878 bewohnt wurde. Wie der Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde in der mündlichen Verhandlung vor Ort überzeugend ausgeführt hat, ist es damit ein typisches Beispiel der schon in der frühen zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgten Bebauung der ... Vorstadt mit einer klassizistischen Landhausvilla, da zudem der ehemalige Garten der Landhausvilla erhalten und bisher unbebaut ist. Die Brandwände der benachbarten Blockrandbebauung begrenzen noch heute exakt den Raum des ehemaligen Gartens. Damit ist an diesen baulichen Anlagen, wie die Einzelrichterin bei der Ortsbesichtigung am 8. November 2011 hat nachvollziehen können, die Entwicklung der Siedlungsstruktur im 19. Jahrhundert ablesbar. Es ist im vorderen Teil der ... das einzige vollständig erhaltene Beispiel der Bebauung vor Errichtung der Blockrandbebauung in der Gründerzeit.
Durch den Anbau an das Gebäude ... 3 würde der Freiraum deutlich eingeschränkt und die damalige Größe der Grundstücke wäre nicht mehr ablesbar. Nach den Feststellungen im Ortstermin kann auch der Behauptung des Klägers, der Anbau sei sinnvoll, um die Symmetrie herzustellen, nicht zu folgen. Zum einen ist die Herstellung der Symmetrie der Freiräume rechts und links der Villa nicht möglich, zum anderen entspricht die derzeitige Situation den damaligen Grundstücksgrenzen. Die Größe der damaligen Grundstücke im Vergleich zu dem bebauten Teil ist bei Errichtung eines Anbaus nicht mehr uneingeschränkt wahrnehmbar. Dies gilt auch, wenn – wie vom Kläger vorgeschlagen – der Anbau aus Glas ist und sich deutlich als neu von der bisherigen Bebauung absetzt.
Der Erhalt des Freiraumes um das Gebäude ... 4 ist mithin für die ablesbare bauliche Entwicklung der ... Vorstadt unverzichtbar, auch wenn er heute nicht mehr gärtnerisch genutzt wird und teilweise als Zufahrt zum Blockinnenbereich dient.
Die Eigentumsinteressen des Klägers stellen kein überwiegendes privates Interesse dar, das dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung der Freiräume um die Landhausvilla entgegenstehen könnte (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 BbgDSchG). Der Ausschluss der Bebauung des kleinen, als Überfahrt hinzugekauften Grundstücks stellt in Anbetracht der vorhandenen Bebauung keine unzumutbare Härte da.
2. Der beabsichtigte Anbau ist zudem aufgrund der Erhaltungssatzung nicht zulässig.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann durch die Erhaltungssatzung im Einzelfall auch die Freihaltung von Flächen von jeglicher Bebauung gesichert werden. Die Erhaltungssatzung ist vom Gesetzgeber als ein eigenständiges, der Bewahrung der städtebaulichen Gestalt eines Gebietes dienendes Instrument konzipiert worden (BTDrucks 10/6166 S. 137). § 172 Abs. 3 Satz 2 BauGB gestattet als insoweit einschlägige Rechtsgrundlage u.a. die Freihaltung von Flächen von jeglicher Bebauung. Die Versagung der Genehmigung hat dann die Wirkung eines Bauverbots. Es darf unabhängig davon verhängt werden, ob das Vorhaben nach den §§ 30 ff. BauGB genehmigungsfähig wäre, denn diese Vorschriften bleiben von § 172 BauGB unberührt (BTDrucks 10/4630 S. 140). Mit dem Institut der Erhaltungssatzung lässt sich mithin erreichen, dass eine Baugenehmigung für ein Vorhaben zu versagen oder nicht in Aussicht zu stellen ist, das zwar planungsrechtlich zulässig ist, jedoch als Fremdkörper den Zielen der Erhaltungssatzung widerstreiten würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 4 B 47/02 -, BRS 65 Nr. 234).
So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat zu Recht ausgeführt, dass die nach § 172 Abs. 1 Satz 2 BauGB erforderliche Genehmigung zur Errichtung eines grenzständigen Anbaus an das Gebäude ... 3 zu versagen ist. Nach § 172 Abs. 3 Satz 2 BauGB darf die Genehmigung der Errichtung einer baulichen Anlage nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird. Zur Überzeugung des Gerichts führt der beabsichtigte Anbau im vorderen Bereich des Grundstücks ... 3 zu einer Beeinträchtigung der städtebaulichen Gestalt des Gebiets.
Ob dieser Grund gegeben ist, muss für jeden Einzelfall unter Berücksichtigung der mit der Satzung verfolgten städtebaulichen Erhaltungsziele und mit Blick auf das Interesse des Eigentümers an der genehmigungspflichtigen Maßnahme (Art. 14 Abs. 1 GG) entschieden werden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. April 2007 - 10 A 305/05 -, BRS 71 Nr. 217).
Nach dem Wortlaut und der Begründung der Erhaltungssatzung und dem mit der Genehmigungspflicht verfolgten Ziel soll mit dieser die städtebauliche und bauliche Eigenart der ... Vorstadt aufgrund ihrer besonderen Gestalt gesichert werden, die durch die prägenden Gebäude mit ihrer besonderen Gliederungs- und Gestaltmerkmalen sowie durch die städtebauliche Struktur wie Proportion und Gestalt der Straßenräume, Bauweise, Geschossigkeit und Abfolge von Gebäuden entsteht. Durch die überwiegend ungestörte städtebauliche Struktur mit ihren prägnanten Gebäuden unterschiedlicher Epochen kann die Siedlungsentwicklung zwischen dem 18. und frühen 20. Jahrhundert klar abgelesen werden und hat damit besondere Bedeutung für die Gesamtstadt ... .
Im Bereich des geplanten Anbaus ist die Siedlungsentwicklung in einem besonderen Maß ablesbar. Das freistehende Landhaus auf dem Grundstück ... 4 setzt sich deutlich von der jüngeren Umgebungsbebauung ab und wirkt damit stadtbildprägend. Die von dem Beklagten in den angegriffenen Bescheiden insoweit getroffene Einschätzung, dass die städtebauliche Gestalt bei Hinzutreten eines weiteren Gebäudes in diese Freiräume beeinträchtigt würde, wird durch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Ortstermin bestätigt. Gerade die Individualität dieses Gebäudes, die die Entstehung des Wohnquartiers aus vielen Einzelparzellen - im Unterschied zu einheitlich durchgestalteten Baublöcken - erkennen lässt, macht deutlich, dass die für das Satzungsgebiet typische Verbindung von Homogenität und Vielfalt bei Hinzutreten eines Gebäudes beeinträchtigt würde. Gerade weil die Größe, der Zuschnitt und die Bebauung des historischen Grundstücks derzeit deutlich erkennbar sind, bildet der Bereich zwischen den Brandmauern ... 3 und 5 einen Beleg für die vorherrschende Siedlungsstruktur bis Ende des 19. Jahrhunderts. Zwar werden die Freiräume nicht mehr insgesamt gärtnerisch genutzt, sondern bilden heute teilweise die Zufahrten zu den hinteren Bereichen der Grundstücke ... 3 und 5. Da sie aber unbebaut sind, lässt sich die ehemalige städtebauliche Struktur deutlich ablesen. Dies ist bei einer Verdichtung durch einen Anbau an das Gebäude ... 3 erheblich beeinträchtigt, so dass die Genehmigung versagt werden kann.
Die durch den Beklagten in Aussicht gestellte Versagung der Genehmigung wäre auch nicht ermessenfehlerhaft im Sinne von § 114 VwGO. Insbesondere liegt keine Ermessensüberschreitung vor, da die Ablehnung der Genehmigung verhältnismäßig wäre. Das Grundstück des Klägers ist im straßenseitigen vorderen Teil bis auf die Durchfahrt mit einem viergeschossigen Wohngebäude in geschlossener Bauweise vollständig bebaut. Auch der hintere Teil des Grundstücks weist Bebauung auf. Der Beklagte hat zudem signalisiert, dass eine Verdichtung der Bebauung im hinteren Teil in einem gewissen Maß genehmigungsfähig wäre. Die Ablehnung des Überbaus der Zufahrt führt daher nicht zu einer unzumutbaren Einschränkung der Eigentumsrechte des Klägers. Vielmehr überwiegt das öffentliche Interesse am Erhalt der städtebaulichen Struktur in diesem Bereich, zumal vergleichbare Beispiele nicht mehr vorhanden sind bzw. nicht mehr nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 167 VwGO.
Die Berufung ist nicht zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO), da die Kammer in ihrer Entscheidung nicht von einer Entscheidung des BVerwG oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes und des Bundesverfassungsgerichts abweicht und die Sache keiner grundsätzliche Bedeutung hat.
Beschluss
Der Streitwert des Verfahrens beträgt 10.000 €.
Gründe
Die Streitwertzumessung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes, wobei das Gericht das Interesse des Klägers an diesem Verfahren in Anlehnung an die Nrn. 9.1.1 und 9.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit dem festgesetzten Betrag bewertet hat.