Gericht | LG Cottbus 6. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 16.10.2014 | |
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Aktenzeichen | 6 O 152/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Klägerin macht durch eine Teil-Klage gegen die Beklagten Schadensersatz wegen mangelhafter Erfüllung eines Architektenvertrages (Fehler der Bauüberwachung) geltend.
Die Klägerin beauftragte die Beklagten mit Leistungen der Planung und Bauüberwachung bei der Rekonstruktion und Sanierung der Grundschule ...
Die Beauftragung erfolgte durch den Architektenvertrag vom 14.01.2002 (Bl. 29) im Wege einer stufenweisen Übertragung. Zunächst wurden die Leistungsphasen 1-4 gemäß § 15 HOAI a. F. übertragen und durch den Vertragsnachtrag vom 02.04.2004 (Bl. 43) weitere Leistungsphasen, u. a. die Bauüberwachung
Die Beklagten erstellten die Ausschreibungsunterlagen, Leistungsbeschreibung und Leistungsverzeichnis; auf deren Grundlage das dann beauftragte Bauunternehmen (WeRO-Bau GmbH) sein Angebot unterbreitete.
Während der Bauausführung wurde das Gebäude in 3 Raumgruppen aufgeteilt; die Raumgruppen 1 und 2 sind Klassenräume mit Holzbalkendecken, die Raumgruppen 3 und 4 haben Massivdecken. Der Klassenraum 102 gehört zur Raumgruppe 1. In der Allgemeinen Leistungsbeschreibung heißt es zu den Deckenarbeiten in der Grundschule:
„Die Decken verbleiben, bekommen aber eine untergehängte Gipskartondecke entsprechend auf F 90 ausgelegt, d.h. mindestens 20 mm mit eingelegter 80 mm Dämmung".
In der LV-Position 039.02.0001 ist die Leistung wie folgt beschrieben:
„Gipsfaserplatten-Decke, abgehängt, bestehend aus:
− | Unterkonstruktion aus einem Trag-Rost aus CD-Profilen als Grund- und Tragprofil an der bestehenden geraden Rohdecke mit Schnellabhängern, Draht mit Öse, befestigt |
− | Bekleidung aus Gipsfaserplatten, Fugen und Schraubenköpfe verspachteln, als Grundlage für Maler- bzw. Tapezierarbeiten |
− | Abhängehöhe: 200 mm" |
Auf der Bauberatung vom 18.11.2003, an welcher von Seiten der Klägerin Frau ... vom Hochbauamt teilnahm (Protokoll Bl. 46), wurde zunächst festgelegt, dass die Trockenbaudecken in den Klassenräumen einen Höhenunterschied infolge der hohen Fenster bekommen und über den Fenstern die Deckenausbildung bis zur Sturzkante auf einer Breite von 50 cm erfolgt, im gesamten Raum werden dann entsprechend Erfordernis 2 Feuerschutzplatten 12,5 mm + Unterkonstruktion +100 mm Mineralwolle angebracht. Unter Ziffer 9. heißt es: „nachmittags wurde durch Herrn G (Mitarbeiter der Beklagten) entschieden, dass die F 90-decken wie folgt auszuführen sind:
− | Tragprofile Metall |
− | Rockwool- Dämmung mit = 40 kg/m3 100 mm, Volldecken |
− | Feuerschutzplatte 2 x 12,5 mm auf Folie |
Ausgleichend wird die Dämmung zwischen den Holzbalken von 160 mm auf 140 mm reduziert."
Mit Schreiben vom 15.03.2004 (Bl. 48) teilte das Bauunternehmen den Beklagten mit, dass die am 18.11.2003 gewählte Ausführungsart „dem System Lafarge Unterdecken unter Holzbalkendecken entspricht und damit die Forderungen der Feuerwiderstandsklasse F 90 B erfüllt" bei diesen Systemen kämen Grund- und Tragprofile CD 60-06 mit den Systemabständen zum Einsatz. Ein Prüfzeugnis war beigefügt.
Mit Schreiben vom 28.03.2006 (Bl. 49) an das Bauordnungsamt erklärten die Beklagten, dass in einer gemeinsamen Beratung im März 2004 der Ausführung der abgehängten Decken gemäß Prüfzeugnis P-MPA-E-98-007 zugestimmt wurde und die Brandschutzqualität der vorhandenen Decken auf F 90-B verbessert werden konnte.
Weiter heißt es: „aufgrund der von unserem Büro durchgeführten Bauüberwachung können wir die ordnungsgemäße Ausführung der Brandschutzverkleidung bestätigen".
Die Bauarbeiten begannen im August 2003, die Nutzungsaufnahme erfolgte im August 2005. Die Klägerin hat das Honorar der Beklagten vollständig bezahlt.
Am 10.01.2012 kam es im Klassenraum 102 der Grundschule zu einem Absturz der gesamten Deckenkonstruktion, welche durch die Beklagten geplant und überwacht und durch die ... errichtet wurde.
Die Klägerin ließ nach dem Deckenabsturz durch den Sachverständigen ... ein Gutachten erstellen, in welchem folgende Ursachen für den Einsturz aufgeführt werden:
a) | die als Verankerungselement verwendeten Senkkopfspanplattenschrauben unterschritten mit einem Nenndurchmesser von 4,15 mm und einen Kopfdurchmesser von 8,81 mm die Vorgaben aus der DIN 18 168 Teil 2 |
b) | die Grundprofile der Unterkonstruktion erfüllten hinsichtlich des Abstandes der Tragprofile nicht die Vorgaben des bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses P-MPA- E-98-007 |
c) | das Unterdeckenmaterial (Befestigungsmittel) erfüllte hinsichtlich der Länge der Schrauben nicht die Anforderungen des genannten bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses |
Im Gutachten wird drauf hingewiesen, dass die unter den gleichen Voraussetzungen und vom gleichen Montagebetrieb hergestellten Decken jederzeit in den Verankerungspunkten zwischen Deckenanker und Tragprofil versagen und abstürzen können.
Die Klägerin hat daraufhin, nach ihrer Auffassung als Gefahrenvorsorge und zur Mängelbeseitigung, die Deckenkonstruktion im Klassenraum 102 erneuern und in den übrigen Räumen mit identischer Deckenkonstruktion die Decken ersetzen lassen. Für die notwendigen und erforderlichen Arbeiten zur Beseitigung des Schadens und des Mangels im Raum 102 in weiteren Rollen seien Kosten in Höhe von 346.858,01 € aufgewandt worden.
Hiervon macht die Klägerin zunächst einen Teilbetrag von 5.001,00 € geltend.
Die Klägerin trägt vor, der Absturz der Deckenkonstruktion sei auf eklatante Fehler der Bauausführung zurückzuführen.
Da die Beklagten auch die Bauüberwachung geschuldet haben, hätten sie diese Fehler bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung bemerken können und müssen und damit verhindern können bzw. für Abhilfe sorgen müssen. Die Unterkonstruktion der abgehängten Decke sei ein tragendes Teil und hätte einer besonders aufmerksamen Bauüberwachung bedurft. Zwar sei die „normale" Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche von 5 Jahren abgelaufen, die Beklagten könnten sich dennoch nicht auf die Verjährung berufen, weil sie den Mangel arglistig verschwiegen haben. Sie haben den Mangel entweder bemerkt und bei Ablieferung des Werkes verschwiegen oder sie haben keine Bauüberwachung, jedenfalls nicht betreffend die Unterkonstruktion der abgehängten Decken, durchgeführt und hätten daher bei Ablieferung offenbaren müssen, keine bzw. eine nur unvollständige Bauüberwachung durchgeführt zu haben. Die tragende Konstruktion der abgehängten Decke sei jedenfalls weder überwacht, noch kontrolliert oder überprüft worden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 5.001,00 € zuzüglich gesetzlicher Zinsen seit dem 9.5.2013 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor, das Bauunternehmen habe im Februar 2004 begonnen, die Unterkonstruktion mit der Dämmung zu füllen und anschließend mit Platten zu beplanken. Im Rahmen ihrer Bauüberwachung hätten sie festgestellt, dass der Bauunternehmer nicht die beauftragten Gipsfaserplatten, sondern die Platten eines anderen Herstellers, nämlich Lafarge, verwendet.
Die ... GmbH sei deshalb aufgefordert worden, nachzuweisen, dass mit den verwendeten Materialien die brandschutztechnischen Anforderungen erfüllt werden. Das habe das Bauunternehmen bestätigt und das genannte Prüfzeugnis vorgelegt. Danach wurde die Ausführung der abgehängten Decken bestätigt.
Der Wechsel zum System Lafarge sei erst nach Fertigstellung der Unterkonstruktion erfolgt. Allein aus diesem Grund weicht die Unterkonstruktion teilweise von den Vorgaben des bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses und den Systemvorgaben ab. Sie akzeptieren den Vorwurf, dass sie nach dem Wechsel des Herstellers hätten prüfen müssen, ob die bereits montierte Unterkonstruktion auch den Vorgaben des neuen Herstellers Lafarge entspricht. Das sei leider nicht geschehen, dieser Fehler sei ihnen aber nicht bewusst gewesen.
Sie berufen sich deshalb auf Verjährung.
Sie bestreiten weiter,
− | dass sich die Feststellungen hinsichtlich der Decke des Raums 102 auf alle anderen Räume beziehen lassen, |
− | dass die verwendeten Abhänger nur der Tragfähigkeitsklasse F= 0,15 KN zuzuordnen sind, vielmehr der Klasse F= 0,25 KN; diese Klasse reiche auch aus, F = 0,40 KN sei nicht erforderlich (Bl. 303), |
− | das Deckengesamtgewicht sei nicht zutreffend ermittelt worden, weil unberücksichtigt gelassen wurde, dass die Grundprofile auf den wandseitigen Ankerschienen auf Lagern und zwar mit jeweils 11 Auflagerpunkten aufliegen. |
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Zwar hat der Klägerin möglicherweise (bzw. sogar sehr wahrscheinlich) ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen mangelhafter Bauüberwachung zugestanden. Der Anspruch ist jedoch verjährt, so dass die Beklagten die Leistung verweigern können.
Die Verjährungsfrist für Mängel und Fehler bei der Bauüberwachung beträgt gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB 5 Jahre, die Frist beginnt mit der Abnahme. Zwar trägt keine Partei den konkreten Zeitpunkt einer Abnahme vor, auch der Zeitpunkt der Bezahlung der Schlussrechnung (als mögliche Abnahmehandlung) ist nicht vorgetragen. Beide Parteien gehen jedoch übereinstimmend davon aus, dass die „normale" Verjährungsfrist von 5 Jahren bereits abgelaufen ist und der Kammer ist nicht ersichtlich, dass diese Auffassung unzutreffend sein könnte.
Zu einer „Verlängerung" der Verjährungsfrist gemäß § 634a Abs. 3 BGB ist es nicht gekommen, weil die Voraussetzungen hierfür (arglistiges Verschweigen eines Mangels) nicht vorliegen bzw. jedenfalls nicht feststellbar sind.
Zwar ist den Beklagten wohl anzulasten, dass sie die ordnungsgemäße und hinreichende Befestigung der Tragkonstruktion für die abgehängte Decke nicht, jedenfalls nicht ausreichend, überwacht bzw. kontrolliert haben. Die Befestigung einer abgehängten Decke ist aber, nicht zuletzt wegen der Sicherheit der sich im Raum aufhaltenden Personen, eine besonders überwachungspflichtige Tätigkeit; wie überhaupt alle Arbeiten, welche statische Erfordernisse tangieren. Das gilt insbesondere deshalb, weil der Bauunternehmer bei der Herstellung nicht im System (Tragkonstruktion, Gipskartondecke, Dämmung vom gleichen Hersteller) geblieben ist, sondern nicht systemkonform gearbeitet hat. Die nicht hinreichende Wahrnehmung der Überwachung einer besonders kritischen Tätigkeit ist allerdings nicht mit arglistigem Verschweigen gleichzusetzen. Arglistig handelt der Architekt, der einen ihm bekannten Mangel bei Ablieferung (Abnahme) des Werkes verschweigt. Dazu ist es erforderlich, dass der Architekt bzw. Werkunternehmer nicht nur die objektive Erscheinung des Mangels kennt, sondern diese Erscheinung auch subjektiv als Mangel bzw. Fehler erkennt. Grundsätzlich muss der Besteller die Voraussetzungen der „verlängerten" Verjährungsfrist darlegen und gegebenenfalls beweisen; wobei er seiner Darlegungslast genügt, wenn er Tatsachen vorträgt, nach denen der Unternehmer oder die hierfür von ihm eingesetzten Gehilfen, den Mangel erkannt, aber nicht offenbart haben (BGH NJW 1992, 1754; BGH IBR 2010, 574). Das behauptet zwar die Klägerin und trägt so vor, dieser Sachvortrag erweist sich jedoch als nicht nachweisbar.
Eine positive Kenntnis des Mangels durch die Beklagten ist nicht feststellbar. Es gibt keinerlei Umstände und/oder Anhaltspunkte dafür, dass den Beklagten bewusst war, dass die Abweichung im System auch wegen der Tragfähigkeit nicht zulässig ist und dass sie die Befestigung der Tragkonstruktion hätten speziell überwachen und kontrollieren müssen.
Offenbarungspflichtig durch die Beklagten in ihrer Eigenschaft als planende und bauüberwachende Architekten wäre allerdings auch gewesen, wenn sie überhaupt keine Bauüberwachung vorgenommen hätten oder nur eine sehr lückenhafte; wobei in beiden Konstellationen dem Architekten das auch bewusst gewesen sein muss (was im Falle überhaupt keiner Bauüberwachung natürlich nicht zweifelhaft sein kann). Der Architekt, welcher sich bewusst unwissend hält, weil er keine Bauüberwachung durchführt, soll genauso gestellt sein, wie der Architekt, der den Mangel kennt, aber verschweigt (BGH IBR 2004,543). Diese Erwägungen gelten auch dann, wenn der Architekt bestimmte Teile der Bauleistung (entweder bestimmte Bauteile oder bestimmte Gewerke) nicht überwacht (BGH BauR 2010, 1966).
Der Architekt, der weiß, dass er keine oder auch aus seiner Sicht nur eine sehr lückenhafte, quasi rudimentäre, Bauüberwachung vorgenommen hat, soll nicht durch Unwissenheit geschützt werden. Jedoch liegen auch hierfür keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Die von den Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Bautagebüchern und Baubesprechungsproto¬kollen dokumentieren zwar nicht, dass konkret die Befestigung der Tragwerkskonstruktion überwacht und/oder nachgeprüft wurde, vermitteln aber insgesamt den Eindruck, dass im allgemeinen eine ordnungsgemäße Bauüberwachung durchgeführt wurde (was natürlich nicht ausschließt, dass im Einzelfall, wie bei der Tragwerkskonstruktion, Versäumnisse aufgetreten sind). Es kommt hinzu, dass die Beklagten sehr sorgfältig beim Systemwechsel die wichtige Feuerwiderstandsklasse geprüft haben und sich durch Prüfzeugnisse haben nachweisen lassen. Diese Sorgfalt haben die Beklagten - leider - bei der Überprüfung der Befestigung der Unterkonstruktion nicht gezeigt; jedoch folgt daraus nicht, dass ihnen bewusst war, Versäumnisse bei der Bauüberwachung zugelassen zu haben.
Aus der vorhergehenden Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast folgt, dass die Klägerin Tatsachen darlegen und beweisen muss, aus denen sich entweder die positive Kenntnis der Beklagten vom offenbarungspflichtig Mangel oder die Tatsache, dass eine Bauüberwachung gar nicht oder nur rudimentär (und den Beklagten das bewusst war) stattgefunden hat.
Die von der Klägerin im nachgereichten Schriftsatz angeführte Entscheidung des BGH hilft nicht weiter. Diese befasst sich zunächst mit dem Organisationsverschulden, was im Streitfall nicht weiterhilft, denn die Beklagten haben ihre Aufgaben weitgehend selbst wahrgenommen und keine Gehilfen beauftragt. Auch hier trägt der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Organisationsverschuldens; dies Verschulden wird jedoch vermutet, wenn ein besonders schwerer, schlechthin unentschuldbar, Mangel vorliegt. Es handelt sich dann quasi um den Beweis des 1. Anscheins, bei einem besonders schweren Baumangel wird das Organisationsverschulden vermutet. Diese Grundsätze sind auch auf die positive Kenntnis des Mangels und damit die Architektenhaftung zu übertragen, bei Vorliegen eines solchen Mangels wird die Kenntnis und die Arglist des Architekten vermutet und er muss sie widerlegen. Um einen solchen besonders schweren Mangel handelt es sich nicht, sondern vielmehr um einen „normalen" Fehler (um alltägliche Schlamperei am Bau). In der von der Klägerin aufgeführten Entscheidung hat der BGH den schwerwiegenden Mangel bejaht, weil die Pfetten „deutlich sichtbar zu kurz waren" und die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten von Bauarbeitern sogar auf diese sichtbare Lücke hingewiesen worden sind. Das ist jedoch mit dem Streitfall nicht vergleichbar.
Im 1. Fall war der Mangel schlechthin nicht zu übersehen, im Streitfall hätte selbst eine visuelle Kontrolle nicht gereicht, es hätte nachgemessen werden müssen und anhand der Lieferscheine auf Konformität kontrolliert werden müssen. Es ist jedoch nicht feststellbar, dass dieses Unterlassen vorsätzlich oder auch nur bedingt vorsätzlich erfolgt ist, vielmehr liegt Fahrlässigkeit in Form von Unkenntnis vor.
Auch können die Auswirkungen des Fehlers (Einsturz der Decke) und die möglichen Weiterungen (Verletzung von Personen) nicht zu Beurteilung der Schwere des Fehlers an sich herangezogen werden; denn auch leichte Fehler können schwerste Folgen nach sich ziehen; genauso wie schwere Fehler nur geringe Folgen verursachen können. Es ist daher nicht zulässig, aus der Schwere der Schadensfolgen bzw. möglichen Folgen Rückschlüsse auf die Schwere des dem zugrunde liegenden Fehlers oder auf den Grad des Verschuldens zu ziehen.
Zusammenfassend ist zu rekapitulieren, dass die Beklagten im allgemeinen eine ordnungsgemäße Bauüberwachung durchgeführt haben, den Systemwechsel bei den abgehängten Decken bemerkt haben und (leider nur hinsichtlich der Feuerwiderstandsklasse) kritisch hinterfragt und gründlich und sorgfältig geprüft haben, ihnen aber ein Versäumnis unterlaufen ist, weil sie nicht geprüft haben, ob die vorgesehene Befestigung auch unter Beachtung des Systemwechsels und der fehlenden Systemkonformität geeignet ist. Es ist aber nicht feststellbar, dass Ihnen dieser Fehler bewusst war und/oder dass ihnen bewusst war, hier nochmals besonders überprüfen zu müssen und deshalb die unterlassene Überwachung bei Ablieferung hätten offenbaren müssen.
Das Gericht ist sich bewusst, dass es für einen Bauherrn äußerst misslich ist, wenn es zu solchen schweren Folgen wie den Absturz einer Decke erst nach Ablauf der Verjährungsfrist kommt. Dennoch ist zu beachten, dass die Verjährungsfrist 5 Jahre beträgt und diese Verjährungsfrist die Regel ist und sein soll. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass bei jedem Ausführungsfehler, welcher bei ordnungsgemäßer Überwachung hätte bemerkt werden müssen (und das dürften fast alle Fehler sein), der Vorwurf der Arglist gemacht wird und die Verjährungsfrist bei arglistigen Verschweigen zur Regel wird.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.