Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Anforderungen an Verkehrswertgutachten nach dem Vergleichswertverfahren

Anforderungen an Verkehrswertgutachten nach dem Vergleichswertverfahren


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 19.07.2017
Aktenzeichen 3 K 3047/17 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 198 BewG, § 15 Abs 1 S 2 ImmoWertV

Leitsatz

1. Für Verkehrswertgutachten nach dem Vergleichswertverfahren sind Vergleichsgrundstücke nur geeignet, wenn sie sich in einem preislich homogenen Vergleichsraum befinden, was im Gutachten darzulegen ist.

2. Die bloß virtuelle Außenbesichtigung der Vergleichsobjekte ist nicht ausreichend.

3. Die Anonymisierung der Vergleichsgrundstücke im Gutachten (keine Angabe der Anschrift) ist schädlich.

4. Gebäude mit ausgebautem und mit unausgebautem Dachgeschoss sind nicht vergleichbar. Ist der Ausbaustand eines Vergleichsobjekts nicht bekannt, ist dieses nicht geeignet.

5. Wird zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts ausnahmsweise ein Kaufvertrag herangezogen, der mehr als ein Jahr vor oder nach dem Bewertungsstichtag geschlossen wurde, kann der Kaufpreis trotzdem nur unverändert übernommen werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten bei einer Bedarfsbewertung für die Erbschaftsteuer vor allem um die Plausibilität eines nach dem Vergleichswertverfahren erstellten Sachverständigengutachtens.

I.1.

Aufgrund Todes der Erblasserin am 12.05.2015 erbte die Klägerin das mit einem freistehenden Einfamilienhaus bebaute Grundstück in Berlin, B…-straße (Grundstücksfläche 760 m², Gebäude Baujahr 1936, mit Erdgeschoss, einfach ausgebautem Dachgeschoss und Spitzboden, bebaute Fläche 97,68 m², Bruttogrundfläche [streitig] 291 m² bzw. 284 m²).

2.

Die Klägerin beabsichtigte, das Hausgrundstück zu verkaufen, und holte als Grundlage ihrer Verkaufsverhandlungen beim von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken Architekt D…, der auch Mitglied der Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin ist, ein Verkehrswertgutachten ein. Dieser gelangte aufgrund einer Besichtigung des Bewertungsgrundstücks am 21.03.2016 in seinem Gutachten vom 28.03.2016 nach dem Vergleichswertverfahren zum Wertermittlungsstichtag 21.03.2016 zu einem Verkehrswert von 230.000 € (FG-A Bl. 149-208). Am 26.07.2016 veräußerte die Klägerin das Grundstück zum Kaufpreis von 250.000 €.

3.a)

Für steuerliche Zwecke erstattete derselbe Sachverständige ein Gutachten auf den Wertermittlungsstichtag 12.05.2015. Dieses Gutachten vom 19.12.2016 gelangt, ebenfalls im Vergleichswertverfahren, zu einem Verkehrswert von 190.000 € (Bewertungsakte Bl. 42-59, FG-A Bl. 59-121 sowie Beistück zur Bewertungsakte).

b)

Aufgrund von Einwänden des beklagten Finanzamts – FA – gegen das Gutachten sowie aufgrund von Hinweisen des Berichterstatters gab der Sachverständige ergänzende Stellungnahmen ab (vom 20.01.2017 Bewertungsakte Bl. 65-66, vom 27.06.2017 FG-A Bl. 211-214, vom 29.06.2017 FG-A Bl. 143-144).

c)

Aus dem Gutachten und den ergänzenden Stellungnahmen ergibt sich Folgendes:

Der Gutachter hat 8 Vergleichsobjekte genannt (Gutachten hinter Seite 19, FG-A Bl. 77). Diese liegen alle im Bezirk E…, aber in unterschiedlichen Ortsteilen. Von ihnen ist zwar jeweils die Straße angegeben, aber nicht die Hausnummer, so dass sie für einen Leser des Gutachtens, wie FA oder Gericht, nicht individualisierbar sind. Die Verkaufsfälle liegen zwischen Juli 2014 und März 2015 (drei im Juli 2014, einer im September 2014, zwei im Dezember 2014, einer im Februar 2015, einer im März 2015). Der Gutachter hat zwar das Bewertungsobjekt persönlich besichtigt, die Vergleichsobjekte aber nur mittels einer „virtuellen Außenbesichtigung“ unter Nutzung des Onlinedienstes „Bing Maps“, dort auch mittels der Funktion „Vogelperspektive“. Im Gutachten ist der ermittelte Vergleichspreis mit der Geschossfläche von (gerundet) 98 m² multipliziert worden.

Zum Bauzustand ist im Gutachten ausgeführt, das kleine Haus habe eine solide Bausubstanz (Seite 10 unten, FG-A Bl. 68). Die technische Ausstattung und der Grundriss seien jedoch überwiegend nicht mehr zeitgemäß. Im 1. Dachgeschoss seien die niedrigen Abseiten teilweise einfach ausgebaut. Der Keller sei sehr niedrig. Der Grundriss mit kleinen Räumen sei kaum nachgefragt und nicht mehr zeitgemäß. Die Ausstattung sei kaum geschmacksneutral. Das Gebäude besitze die einfache energetische Ausstattung der ursprünglichen Bauzeit. In der ersten ergänzenden Stellungnahme ist ausgeführt, das Dachgeschoss sei nur teilausgebaut und sehr einfach bis primitiv und kaum werthaltig ausgestattet und könne kaum zeitgemäß genutzt werden.

Der Gutachter hat auf Nachfrage weiter erläutert: Den Vergleichsraum E… habe er deswegen gewählt, um die notwendige Anzahl von Vergleichsobjekten (mindestens 7-8) zu erhalten (FG-A Bl. 143). Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfe er im Gutachten Vergleichsdaten nur anonymisiert verwenden; nur ein berechtigter Personenkreis, zu dem er gehöre, dürfe die Objekte grundstücksscharf einsehen. Zum Vergleichszeitraum (nur vor dem Stichtag) verweist der Gutachter auf den Aufsatz von Vogel, Wie lang ist ein Stichtag?, in: Grundstücksmarkt und Grundstückswert – GuG –, 2004, 295 (FG-A Bl. 145-148). Bei der virtuellen Besichtigung mit der Funktion „Vogelperspektive“ habe er alle Vergleichsobjekte, auch wenn sie bei Google Streetview verpixelt gewesen seien, von vier Seiten mit guter Auflösung „zeitnah“ betrachten können. Die Dachgeschossfläche habe unberücksichtigt bleiben müssen, weil sie auch bei den Vergleichsobjekten unberücksichtigt geblieben sei (Systemkonformität). Die Daten der Vergleichsobjekte entstammten der Datei des Gutachterausschusses, diesem sei der Zustand der Dachausbauten der Vergleichsobjekte aber unbekannt, da der Gutachterausschuss keine Innenbesichtigungen durchgeführt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahmen wird auf diese Bezug genommen.

4.

Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin beschließt regelmäßig Vergleichsfaktoren für Ein- und Zweifamilienhäuser, vor dem Bewertungsstichtag 12.05.2015 zuletzt veröffentlicht am 30.12.2014 (FG-A Bl. 221-236). Diese differenzieren u. a. nach dem baulichen Unterhaltungszustand (gut, normal, schlecht). In den Vorbemerkungen sind diese auszugsweise wie folgt definiert:

normal:

Normaler, im Wesentlichen durchschnittlicher baulicher Unterhaltungszustand. Geringe oder normale Verschleißerscheinungen, geringer oder mittlerer Instandhaltungs- und Reparaturstau (z.B. malermäßige Renovierung der Fassaden/Fenster, Klempnerarbeiten).

schlecht:

Schlechter, weitgehend desolater baulicher Unterhaltungszustand. Stärkere bis sehr hohe Verschleißerscheinungen, hoher Reparaturstau, umfangreichere Instandsetzung der Substanz notwendig (z.B. an Fassaden, Dächern, Versorgungsanlagen, Mauerwerk).

Wegen der Ermittlung der Bruttogrundfläche ist auf DIN 277 Bezug genommen.

5.

Der Datenzugriff auf die Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin ist aufgrund § 30a des Berliner Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs (FG-A Bl. 269) in § 18 der Berliner Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuchs – DVO-BauGB – (FG-A Bl. 271) näher geregelt. Die dort genannten Voraussetzungen für Auskünfte aus der Kaufpreissammlung werden auf der Website des Gutachterausschusses sinngemäß wiedergegeben (FG-A Bl. 250-267).

6.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig und dem Senat ist amtsbekannt, dass im Zeitraum um den Bewertungsstichtag die Grundstückspreise in Berlin kontinuierlich gestiegen sind.

II.1.

Das FA hat mit Bescheid vom 30.09.2016 den Grundbesitzwert für die Erbschaftsteuer auf 250.000 € festgestellt (Bewertungsakte Bl. 16 = FG-A Bl. 5). Es hat das Grundstück dabei zunächst im Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG) bewertet und gelangt, ausgehend von einer Bruttogrundfläche von 291 m² und, ein Gebäude im normalen Bauzustand zugrunde legend, einem Vergleichsfaktor von 1.064,10 €/m², zu einem Grundbesitzwert von 309.653 € (Berechnung im Einzelnen Bewertungsakte Bl. 17-18 = FG-A Bl. 7-8), sieht jedoch durch den Verkauf vom 26.07.2016 einen niedrigeren gemeinen Wert in Höhe von 250.000 € als nachgewiesen an.

2.

Die Klägerin legte am 07.10.2016 Einspruch ein.

Sie machte zunächst geltend, der Gebäudezustand sei nicht normal, sondern schlecht. Das Gebäude sei seit seiner Errichtung im Jahr 1937 nicht nennenswert instandgesetzt worden. Somit bestehe ein erheblicher Reparaturstau, u. a. an Fassade, Dach und Versorgungsanlagen. Deswegen sei nach den Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses der dort vorgesehene Abschlag von 247 €/m² (vgl. FG-A Bl. 225) zu berücksichtigen. Außerdem betrage die Bruttogrundfläche nicht 291 m², sondern nur 284 m², weil die vier Kammern im Obergeschoss nicht in voller Höhe eingerechnet werden könnten, da die Höhe von 1,25 m nicht vollflächig erreicht werde. Bereits danach ergebe sich ein Vergleichswert von 235.720 €.

Außerdem müsse bei Heranziehung des tatsächlich erfolgten Verkaufes 14 Monate nach dem Bewertungsstichtag die zwischenzeitlich erfolgte Preissteigerung rückgerechnet werden. Die Bodenrichtwerte seien vom 01.01.2015 zum 01.01.2016 um rund 23 % gestiegen. Die Rückrechnung des tatsächlich erzielten Verkaufspreises von 250.000 € ergebe daher eine Grundbesitzwert zum Bewertungsstichtag von 212.000 € (Berechnung im Einzelnen Bewertungsakte Bl.21 = FG-A Bl. 10).

Mit Schreiben vom 19.12.2016 führte das FA aus, aufgrund der Fotos und des Ausstattungsbogens sei kein weitgehend desolater baulicher Unterhaltungszustand erkennbar. Dagegen spreche im Übrigen auch der tatsächlich erzielte Kaufpreis. Bei der Ermittlung der Brutto-Grundfläche spielten die Dachschrägen keine Rolle.

Mit Schreiben vom 21.12.2016 legte die Klägerin das (oben bereits wiedergegebene) Gutachten des Sachverständigen D… vom 19.12.2016 vor und begehrte unter Verweis auf dieses Gutachten eine Herabsetzung des Grundbesitzwerts auf 190.000 €.

3.

Mit Einspruchsentscheidung vom 09.02.2017 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück (Bewertungsakte Bl. 70 = FG-A Bl. 38). Soweit zeitnahe Verkäufe als Nachweis eines geringeren gemeinen Werts herangezogen werden, finde eine Anpassung aufgrund zwischenzeitlicher Veränderungen am Grundstücksmarkt grundsätzlich nicht statt. Das Gutachten des Sachverständigen sei unschlüssig, weil in diesem die Fläche des Dachgeschosses unberücksichtigt geblieben sei.

III.

Am 01.03.2017 erhob die Klägerin Klage, mit der sie ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zur Schlüssigkeit des Gutachtens bezieht sie sich auf die ergänzenden Stellungnahmen des Sachverständigen. Sie führt ergänzend aus, zwar habe der Gutachter aus datenschutzrechtlichen Gründen die Vergleichsobjekte (Hausnummern) nicht nennen dürfen, die Finanzbehörden seien jedoch berechtigt, Auskünfte aus der Kaufpreissammlung zu erheben. Sie hätten daher eine Suchabfrage mit den gleichen Kriterien wie der Gutachter durchführen und so die Vergleichsobjekte in Erfahrung bringen können.

Die Klägerin beantragt,

den Grundbesitzwertfeststellungsbescheid auf den 12.05.2015 vom 30.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.02.2017 dahingehend zu ändern, dass als Grundbesitzwert 190.000 € festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gutachten sei nicht plausibel, weil die Vergleichsobjekte nicht auf Vergleichbarkeit überprüft werden könnten. Außerdem sei das ausgebaute Dachgeschoss im Gutachten nicht berücksichtigt worden.

IV.

Die „Zusatzakte Bedarfsbewertung zur Einheitswert- und Grundsteuerakte“ St. Nr. …, einschließlich der 1. Ausfertigung des Gutachtens D… vom 19.12.2016 im gebundenen Original, lag vor.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Der sich aus §§ 182 bis 196 Bewertungsgesetz – BewG – ergebende Wert liegt höher als der im Bescheid festgestellte Grundbesitzwert (nachfolgend I.). Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 BewG) als der im Bescheid festgestellte Grundstückswert ist der Klägerin nicht gelungen; weder ergibt sich ein solcher niedrigerer Wert aus dem Verkauf nach dem Erbfall (nachfolgend II.) noch aus dem Gutachten, denn dieses ist nicht plausibel (nachfolgend III.).

I.

Bei der typisierenden Bewertung gemäß §§ 182 bis 196 BewG ist das Einfamilienhaus (als zur Grundstücksart Ein- und Zweifamilienhaus gehörig, § 181 Abs. 2 BewG) im Vergleichswertverfahren zu bewerten (§ 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG) und damit gemäß § 183 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BewG nach den Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses.

Die Berechnung des FA (Bewertungsakte Bl. 17-18 = FG-A Bl. 7-8) ist hinsichtlich Methode und Parametern zutreffend.

1.

Insbesondere liegt im Sinne der Vergleichsfaktoren des Gutachterausschusses ein normaler baulicher Unterhaltungszustand vor.

Die Definitionen des Gutachterausschusses stellen nicht auf eine zeitgemäße technische Ausstattung ab, sondern allein auf den Unterhaltungszustand als solchen. Eine Kategorisierung als schlecht setzt daher einen weitgehend desolaten baulichen Unterhaltungszustand voraus. Der Gutachter hat jedoch ausgeführt, das Haus habe eine solide Bausubstanz. Auch aus den Bildern im Anhang des Gutachtens werden zwar eine teilweise sehr einfache Ausstattung, aber kaum Mängel der Bausubstanz sichtbar. Der von der Klägerin behauptete schlechte Gebäudezustand mit erheblichem Reparaturstau ist daher nicht nachgewiesen.

2.

Ob die Bruttogrundfläche zutreffend 291 m² oder 284 m² beträgt, kann der Senat offenlassen, da sich auch bei Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten kleineren Fläche noch immer ein Wert weit über dem im Bescheid festgestellten Grundbesitzwert ergibt. Die kleinere Fläche hätte nur Auswirkung, wenn zugleich ein schlechter baulicher Unterhaltungszustand vorläge.

II.

Der tatsächlich erzielte Kaufpreis ist bei der Führung des Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 BewG) nicht wegen zwischenzeitlicher Marktschwankungen nach unten zu korrigieren. Dies folgt aus der Methodik dieser Nachweisführung.

1.

Der niedrigere Verkehrswert kann durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommenen Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück nachgewiesen werden (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 198 Rn. 12 m. w. N.). Käufe oder Verkäufe außerhalb der Zeitspanne von einem Jahr sind grundsätzlich nicht zum Nachweis geeignet, ausnahmsweise dann, wenn zugleich nachgewiesen wird, dass die den Verkehrswert beeinflussenden Faktoren seit dem Bewertungsstichtag unverändert geblieben sind, also insbesondere keine Änderung der allgemeinen Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt eingetreten ist (a. a. O. Rn. 13 m. w. N.).

Dem liegt damit ersichtlich die Annahme bzw. Fiktion zugrunde, dass es innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag grundsätzlich keine relevanten Änderungen der Marktverhältnisse gibt. Dementsprechend kann bei dieser Nachweismethode der innerhalb eines Jahres erzielte Kaufpreis grundsätzlich auch in keine Richtung angepasst werden. Er ist vielmehr als solcher unverändert zu übernehmen.

2.

Hier hat das FA, obwohl zwischen Bewertungsstichtag und Kauvertragsdatum 14 Monate und damit mehr als ein Jahr lagen, ohne Nachweis einer fehlenden Veränderung der allgemeinen Wertverhältnisse – den die Klägerin auch schwerlich hätte führen können, da die Preise auf dem Grundstücksmarkt kontinuierlich gestiegen sind – den erzielten Kaufpreis gleichwohl anerkannt. Dies ist insofern nur zugunsten der Klägerin, als es bei Nichtanerkennung bei dem wesentlich höheren Wert gemäß § 183 BewG hätte bleiben müssen.

Wird aber zugunsten des Steuerpflichtigen ein zeitlich weiter entfernt liegender Kaufpreis anerkannt, obwohl dies eigentlich gar nicht geboten war, muss auch dieser Kaufpreis dann unverändert übernommen werden.

III.

Das Gutachten D… vom 19.12.2016 ist nicht schlüssig und daher nicht zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts geeignet.

1.

Der Nachweis des geringeren gemeinen Werts kann nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (auch) durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Grundstücksbewertung erfolgen. Ein solches Gutachten ist zunächst vom FA, ggf. nachfolgend vom Gericht auf Schlüssigkeit (Plausibilität) zu prüfen. Diese Prüfung muss ohne Zuhilfenahme weiterer Sachverständiger erfolgen können. Ist das Gutachten unplausibel, ist der Nachweis des geringeren gemeinen Werts nicht gelungen. Ist das Gutachten plausibel und entspricht es der Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV –, ist der im Gutachten angegebene Wert anzusetzen. Eine Beweisaufnahme, insbesondere die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, kommt bei der Prüfung der Plausibilität des vom Steuerpflichtigen vorgelegten Gutachtens aufgrund der Art des Verfahrens nicht in Betracht. Denn den Steuerpflichtigen trifft nicht nur die Darlegungs-, sondern auch die Nachweislast (BFH, Beschluss vom 14.12.2006 II B 53/06, BFH/NV 2007, 403, Juris Rn. 7 m. w. N.; BFH, Urteil vom 11.09.2013 II R 61/11, BStBl II 2014, 363, Juris Rn. 31).

Ob das Gutachten inhaltlich den geforderten Nachweis erbringt, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Gerichts (BFH-Urteile in BStBl II 2005, 259 und in BStBl II 2009, 403). Abschläge, Spanneneinordnungen, Beträge und dergleichen müssen vom Gutachter objektivierbar und grundstücksbezogen begründet sein, und zwar nicht nur dem Grunde nach, sondern auch hinsichtlich der Höhe (BFH, Urteil vom 11.09.2013 II R 61/11, BStBl II 2014, 363, Juris Rn. 32). Etwaige Lücken im Gutachten können vom Gericht selbst geschlossen werden, wenn und soweit dies ohne Sachverständige im üblichen Rahmen einer Beweiswürdigung möglich ist (BFH-Beschluss vom 09.09.2009 II B 69/09, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2009, 1972).

2.

Nach diesen Grundsätzen ist das Gutachten aus mehreren Gründen unschlüssig, von denen jeder für sich zur vollständigen Unplausibilität führt.

a)

Der örtliche Vergleichsraum ist unplausibel.

Beim Vergleichswertverfahren sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV Kaufpreise solcher Grundstücken heranzuziehen, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen (Vergleichsgrundstücke).

Ein ganz wesentliches, da den Wert beeinflussendes Merkmal in diesem Sinne ist die Lage des Grundstücks.

Dem Senat ist bekannt, dass gerade in Berlin Verkehrswerte von Ortsteil zu Ortsteil bei im Übrigen gleichen Grundstücken und Gebäuden erheblich schwanken, ja manchmal schon von einem Straßenzug zum nächsten oder bei langen Straßen von einem Ende zum anderen. Beim Vergleichswertverfahren kommt daher der Vergleichbarkeit der Lage zwischen dem Bewertungsgrundstück und dem Vergleichsgrundstück herausragende Bedeutung zu.

Zu beurteilen, ob die Lage vergleichbar ist, ist primär Aufgabe des Gutachters. Er muss die Heranziehung oder Nichtheranziehung von Kauffällen aufgrund ihrer Lage, also die Abgrenzung des Vergleichsraumes, jedoch nachvollziehbar begründen.

Hier wären verschiedene, damit auch verschieden große Vergleichsräume in Frage gekommen, z. B. ganz Berlin, der frühere Westteil Berlins, der nördliche Siedlungsraum Berlins, der Bezirk E…, der Ortsteil C… nebst angrenzender Ortsteile mit vergleichbarer Siedlungsstruktur, z. B. F…, G…, C… und H…, nur der Ortsteil C… allein, ein Teil des Ortsteils C… . Die Abgrenzung des Vergleichsraums ist nach der Homogenität vorzunehmen, d. h. so zu treffen, dass darin befindliche, abgesehen von der Lage in etwa gleiche Grundstücke gleiche Kaufpreise erzielen.

Aus dem Gutachten ist in keiner Weise erkennbar, dass der Sachverständige die Abgrenzung überhaupt bewusst getroffen bzw. an diesem Kriterium ausgerichtet hätte, es findet sich auch keinerlei Begründung oder Erläuterung.

Die erst auf Nachfrage gegebene Begründung in der dritten ergänzenden Stellungnahme, er habe den gesamten Bezirk E… gewählt, um unter Berücksichtigung der übrigen Parameter genügend Vergleichsobjekte zu erhalten, ist sachfremd. Aus ihr folgt nicht, dass der Bewertungsraum „Bezirk E…“ im Hinblick auf Einfamilienhausgrundstücke die notwendige Homogenität aufweisen würde.

Dem Senat ist vielmehr bekannt, dass der Bezirk E… als Ganzes betrachtet (Einwohnerzahl über 260.000 Einwohner) sehr inhomogen ist (verschieden dicht besiedelte Gebiete, verschiedene soziale Bevölkerungsstruktur, sehr unterschiedliche Entfernung in die Innenstadt von Berlin, verschieden gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr). Im Übrigen ist im Gutachten selbst ausgeführt (Seite 5 des Gutachtens), dass der Ortsteil C… durch den I… Damm in zwei Bereiche geteilt werde, der nördliche und westliche Teil eine zum angrenzenden G… ähnliche villen- und landhausartige Bebauung aufweise, während der östliche Teil von Hochhäusern wie im nahgelegenen Märkischen Viertel geprägt sei. Wenn aber der Sachverständige selbst darauf hinweist, dass schon der Ortsteil C… aus zwei verschiedenartigen Teilen besteht, also nicht insgesamt homogen ist, gilt dies für den (viel größeren) Bezirk E… umso mehr.

b)

Die bloß virtuelle Außenbesichtigung der Vergleichsobjekte ist nicht genügend.

Entscheidend ist die Vergleichbarkeit von Bewertungsgrundstück und Vergleichsgrundstück (vgl. bei a). Vom Ansatz her völlig zu Recht geht der Gutachter daher davon aus, dass es zumindest einer Außenbesichtigung der Vergleichsgrundstücke bedarf, um die Vergleichbarkeit beurteilen zu können.

Der Gutachter hat ausgeführt, er habe „über Bing“ über den Modus „Vogelperspektive“ alle Objekte von vier Seiten „mit guter Auflösung“ „zeitnah“ betrachten können.

Es bleibt bereits offen, wie alt die über diesen Onlinedienst einsehbaren Bilder waren, ob dort überhaupt angegeben war, von wann die Aufnahmen stammten. „Zeitnah“ ist für die hiesigen Zwecke zu vage.

Auch was unter „guter Auflösung“ zu verstehen ist, ist nicht näher spezifiziert.

Davon abgesehen sind bloße Luftaufnahmen, gleich aus welcher Perspektive und mit welcher Auflösung, grundsätzlich nicht geeignet, den persönlichen Eindruck durch eine Besichtigung der Realität vor Ort zu ersetzen, denn bei einer realen statt einer virtuellen Besichtigung können z. B. der Lärmpegel, die soziale Struktur der Umgebung, die Lagegegebenheiten, das gesamte Erscheinungsbild etc. sehr viel besser erfasst und daher hinsichtlich der Vergleichbarkeit beurteilt werden.

Der Senat kann offenlassen, ob selbst eine reale Außenbesichtigung der Vergleichsobjekte ausgereicht hätte oder ob zur Beurteilung der Vergleichbarkeit nicht stets eine Innenbesichtigung der Vergleichsobjekte erforderlich ist.

c)

Die Anonymisierung der Vergleichsgrundstücke ist schädlich.

aa)

Der Sachverständige geht – zu Recht – selbst davon aus, dass zur Beurteilung der Vergleichbarkeit (zumindest) eine Außenbesichtigung (hier dahingestellt, ob real oder virtuell) notwendig ist.

Dann ist es aber zur Prüfung der Plausibilität des Gutachtens auch notwendig, dem FA und nachfolgend dem Gericht eine solche Außenbesichtigung zu ermöglichen, was die Individualisierung der Vergleichsgrundstücke voraussetzt. Anderenfalls liefe die Begutachtung darauf hinaus, dass der Sachverständige mitteilt, er habe die Vergleichsgrundstücke (außen-)besichtigt und dabei für vergleichbar befunden, dieser Befund aber in keinerlei Weise – auch nicht auf bloße Plausibilität – überprüfbar wäre.

Auch im Zivilprozess werden Gutachten, die auf Vergleichspreisen beruhen, ohne die Vergleichsobjekte zu benennen, nicht zugelassen (BGH, Urteil vom 15.04.1994 V ZR 286/92, NJW 1994, 2899, Juris Rn. 9).

Darf ein Gutachter aus Gründen seiner Rechtsverhältnisse (z. B. Datenschutz, Amtsverschwiegenheit, standesrechtliche Schweigepflicht o. ä.) ein Grundstück nicht individualisieren, so ist das Grundstück als Vergleichsgrundstück nicht geeignet.

bb)

Daran ändert auch die Anfragemöglichkeit für mit der Grundstücksbewertung beauftragte Bedienstete von Behörden beim Gutachterausschuss nichts.

aaa)

Ein Gutachten muss aus sich heraus verständlich und auf Plausibilität überprüfbar sein, nicht erst durch ergänzende Ermittlungen und Erhebungen (des FA oder des Finanzgerichts). Dies folgt schon aus § 198 BewG, wonach der Steuerpflichtige den niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen hat. Es ist nicht Aufgabe des FA oder des Gerichts, ein für sich genommen unplausibles (weil hinsichtlich der Vergleichsobjekte anonymisiertes) Gutachten erst plausibel zu machen, indem Bemühungen unternommen werden, durch eigene Ermittlungen die Lage der Vergleichsgrundstücke (die Hausnummern) in Erfahrung zu bringen.

bbb)

Dies gilt umso mehr, als das automatisierte Abrufverfahren in Berlin ein vorheriges Antrags- und Freischaltungsverfahren voraussetzt (FG-A Bl. 254, § 18 Abs. 5 Sätze 1, 4, 5 und 6 DVO-BauGB Berlin), was zu durchlaufen das Finanzgericht bisher noch keinen Anlass hatte. Auch das beklagte FA hat in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, bisher keinen Zugriff zu haben.

ccc)

Auskunft wird erteilt zur rechtmäßigen Erfüllung ihrer Grundstücksbewertungsaufgaben den mit der Grundstücksbewertung beauftragten Bediensteten von Behörden und Einrichtungen, die unter der Aufsicht von Landes- und Bundesbehörden stehen (§ 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 DVO-BauGB Berlin). Das Finanzgericht ist jedoch nicht für die Grundstücksbewertung, sondern für die Rechtsprechung zuständig, es ist fraglich, ob es daher noch in diese Gruppe fällt.

ddd)

Selbst wenn man das FA oder das Gericht für verpflichtet hielte, durch eigenen Bemühungen die Hausnummern und damit die Lage der Vergleichsobjekte in Erfahrung zu bringen, und das FA oder das Gericht bereits Zugriff auf die Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses, etwa aus vorheriger anderer Befassung, hätten, dürften die Vergleichsobjekte gleichwohl nicht abgefragt werden. Eine solche grundstücksbezogene Auskunft wäre nur für das Bewertungsobjekt, jedoch nicht auch für die Vergleichsobjekte zulässig. Denn die grundstücksbezogenen Auskünfte (also mit Lagedaten, § 18 Abs. 1 DVO-BauGB Berlin) werden (nur) im Einzelfall erteilt (§ 18 Abs. 2 Satz 1 DVO-BauGB Berlin), die Verantwortung für den Abruf trägt die abrufende Stelle (§ 18 Abs. 5 Satz 7 DVO-BauGB Berlin). Wenn aber der Gutachter aus Datenschutzgründen die Vergleichsobjekte nicht nennen darf, unmittelbar nicht gegenüber seiner Auftraggeberin, der Klägerin, und damit mittelbar auch nicht gegenüber FA und Finanzgericht, würde dies durch eine Abfrage seitens des Gerichts unterlaufen werden. Das Gericht ist aufgrund des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs verpflichtet, alle Erkenntnisse den Beteiligten, also der Klägerin und dem FA, zur Stellungnahme zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin unterliegt keinerlei Schweigepflicht. Die Rechtssache wird regelmäßig in öffentlicher Sitzung des Gerichts, also ggf. vor Publikum, erörtert. Es ist daher widersprüchlich, wenn die Klägerin geltend macht, der Sachverständige dürfe zwar aus Datenschutzgründen die Vergleichsobjekte in seinem Gutachten nicht benennen, insbesondere nicht gegenüber der Klägerin und mittelbar nicht gegenüber der Öffentlichkeit, zugleich aber das Gericht für verpflichtet hält, die Vergleichsobjekte zu ermitteln mit der Folge, dass sie gegenüber der Klägerin und ggf. gegenüber der Öffentlichkeit bekannt würden.

d)

Der Vergleichszeitraum ist nicht plausibel gewählt.

Wenn, wie hier, ein stetiger Preisanstieg innerhalb eines gewissen Zeitraums gegeben ist, gibt der Durchschnitt mehrerer Kauffälle, die sich in einem gegebenen Zeitraum verteilen, aus mathematisch-statistischen Gründen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Durchschnittspreis in der Mitte des Zeitraums wieder.

Da nur äußerst selten mehrere vergleichbare Kauffälle genau am Bewertungsstichtag vorliegen, besteht die Notwendigkeit, Kauffälle aus einem Zeitraum zu wählen, der sich genauso lange vor wie nach dem Bewertungsstichtag erstreckt (z. B. 6 Monate vor und nach dem Bewertungsstichtag oder 12 Monate vor und nach dem Bewertungsstichtag). Die mögliche Länge auf beiden Seiten hängt von der Stärke der Bewegung auf dem Grundstücksmarkt ab, je größer die Bewegung, desto enger muss der Zeitraum gewählt werden.

Wählt man jedoch, wie hier der Gutachter, als Vergleichszeitraum die Zeit vom 12.05.2014 bis 12.05.2015, erhält man – aus naheliegenden mathematischen Gründen – als Durchschnittswert den Wert vom 12.11.2014, nicht den vom 12.05.2015 (Bewertungsstichtag). Dies ist unplausibel.

Die vom Gutachter durch Verweis auf den Aufsatz von Vogel, GuG 2004, 295 (FG-A Bl. 145-148), vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Grundsätzlich ist es zulässig, auch erst nach dem Bewertungsstichtag, aber vor dem Tag der Gutachtenerstellung entstandene Erkenntnisquellen zu nutzen (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.03.2016 3 K 3009/16, DStRE 2016, 1168, Juris, zur Anwendbarkeit von Liegenschaftszinssätzen, die vom Gutachterausschuss erst nach dem Bewertungsstichtag beschlossen und veröffentlicht worden sind, dort insbesondere Rn. 76: „Einem Grundstückssach-verständigen, der auf einen bestimmten (zurückliegenden) Stichtag (Qualitätsstichtag, Wertermittlungsstichtag) einen Grundstückswert ermitteln, also den Verkehrswert möglichst realitätsnah bestimmen soll, käme es aber gar nicht in den Sinn, statt der materiell zutreffenden, also der Realität am nächsten kommenden Werte bewusst unzutreffende Werte heranzuziehen, nur weil die materiell zutreffenden Werte am Wertermittlungsstichtag noch nicht beschlossen bzw. veröffentlicht waren, sondern erst zwischen Wertermittlungsstichtag und dem Zeitpunkt der Erstellung seines Gutachtens bekannt geworden sind.“, Revision anhängig, BFH II R 13/16). Entgegen der Auffassung von Vogel bedeutet das Stichtagsprinzip (nur), dass der Wert auf einen bestimmten, genauen, ggf. (lange) zurückliegenden Zeitpunkt zu ermitteln ist, aber nicht, dass erst nach dem Stichtag entstandene Erkenntnisquellen bewusst ausgeblendet werden müssten. Der von Vogel gezogene Vergleich mit wertbegründenden und wertaufhellenden Tatsachen bei der handelsrechtlichen Bilanzierung überzeugt nicht, weil die Bilanzierung andere Zwecke und andere Rechtsgrundlagen hat als die Verkehrswertermittlung für die steuerliche Bedarfsbewertung.

e) aa)

Schließlich ist auch die Außerachtlassung der Fläche im ausgebauten Dachgeschoss (nicht der Spitzboden) unplausibel.

Der Senat ist davon überzeugt, dass ein Einfamilienhaus, das nur aus einem Erdgeschoss mit einem unausgebauten (also nur als Trockenboden oder unbeheizter Abstellraum nutzbaren) Dachgeschoss besteht, einen anderen Wert hat als ein Einfamilienhaus mit einem zu Wohnzwecken ausgebauten Dachgeschoss (bei gleicher Grundfläche und auch sonst gleichen Merkmalen). Dies gilt auch hier, wie sich aus den Fotoaufnahmen in der Anlage zum Gutachten („Dachgeschoss WC“, „Spüle in Abseite im Dachgeschoss“, „Zimmer im Dachgeschoss“, nicht jedoch „Spitzboden Waschbecken“) ergibt. Es handelt sich bei den Räumen im Dachgeschoss um grundsätzlich als Wohnräume nutzbare Räume.

Ob die Dachgeschossfläche voll oder, etwa wegen Schrägen oder schlechtem Ausbauzustand, z. B. Isolierung, nur teilweise zu berücksichtigen ist bzw. wie sie zu bewerten ist, ist primär Angelegenheit des Sachverständigen. Es ist allerdings unplausibel, sie schlicht unberücksichtigt zu lassen.

Wenn der Gutachter bei Auswertung der Zahlen aus der Datenbank des Gutachterausschusses nur einen Preis je Grundfläche des Hauses berücksichtigt bzw. bei dem Preis je Geschossfläche diese gleich der Grundfläche setzt, unterstellt er faktisch, dass alle Vergleichsgrundstücke ein unausgebautes Dachgeschoss haben. Diese Annahme ist unrealistisch. Nach aller Erfahrung ist heute die große Mehrheit der Dachgeschosse von Einfamilienhäusern in Berlin ausgebaut.

Soweit der Gutachter ausführt, der Zustand der Dachausbauten der Vergleichsobjekte sei unbekannt, weil der Gutachterausschuss keine Innenbesichtigung durchgeführt habe, führt dies, da wie ausgeführt ein Wertunterschied zwischen Einfamilienhäusern mit ausgebautem und unausgebautem Dachgeschoss besteht, zur mangelnden Vergleichbarkeit der Vergleichsgrundstücke, nicht etwa dazu, dass wegen Systemkonformität die Fläche des Dachgeschosses des Bewertungsgrundstücks außer Betracht bleiben könnte. Einfamilienhäuser einerseits mit ausgebautem und andererseits mit unausgebautem Dachgeschoss sind (bei gleicher Grundfläche und auch sonst gleichen Merkmalen) eben nicht vergleichbar. Die Unkenntnis vom Ausbauzustand des Vergleichsobjektes führt somit zu mangelnder hinreichender Übereinstimmung.

bb)

Auch dieser Fehler kann vom Gericht nicht „herausgerechnet“ werden.

Bereits wenn vom Dachgeschoss nur die Flächen mit einer Höhe über 2,30 m berücksichtigt werden, ergäbe sich 97,68 m² + 76,36 m² = 174,04 m²; 174 m² x 1.938 €/m² = 337.212 € und damit mehr als bisher im Bescheid festgestellt (250.000 €).

Eine das Maß der Schrägen und den Ausbauzustand des Dachgeschoss bewertende, nur anteilige Berücksichtigung des Dachgeschosses ist dem Gericht nicht möglich, da es sich nicht um die bloße Herausrechnung eines Fehlers, sondern um eine eigene Bewertung handeln würde.

IV.1.

Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO.

Zwar erfolgt die Plausibilitätsprüfung eines Verkehrswertgutachtens, das zum Nachweis eines geringeren gemeinen Werts bei der Bedarfsbewertung gemäß § 198 BewG vorgelegt wird, im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. oben III.1.), die Frage der Plausibilität ist daher im Allgemeinen eher eine tatsächliche Frage des Einzelfalles. Allerdings können sich auch bei der Plausibilitätsprüfung grundsätzliche methodische Fragen stellen, die sich so auch bei einer großen Vielzahl anderer Verkehrswertgutachten stellen werden.

Der BFH hatte bisher, soweit ersichtlich, noch keine Gelegenheit, zu den Voraussetzungen des Vergleichswertverfahrens bei Verkehrswertgutachten gemäß § 198 BewG Stellung zu nehmen. Es erscheint insbesondere klärungswürdig und klärungsbedürftig,

-nach welchen Kriterien der örtliche Vergleichsraum abzugrenzen ist und wie weitgehend das Gutachten die Wahl des Vergleichsraums begründen muss,
-ob eine bloß virtuelle Außenbesichtigung der Vergleichsgrundstücke ausreicht, um die Vergleichbarkeit zu beurteilen,
-ob die Individualisierung der Vergleichsgrundstücke im Gutachten erforderlich ist,
-wie der Vergleichszeitraum zu wählen ist und
-ob Einfamilienhäuser mit ausgebautem und unausgebautem Dachgeschoss vergleichbar sind und ggf. ob die Unkenntnis des Ausbaustandes eines Vergleichsobjekts zu dessen mangelnder Vergleichbarkeit führt.

Von der Beantwortung dieser Fragen dürfte sogar abhängen, ob das Vergleichswertverfahren in der Begutachtungspraxis für steuerliche Zwecke überhaupt eine nennenswerte Rolle wird spielen können.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.