Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Entscheidung

Entscheidung 4 U 202/10


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 16.11.2011
Aktenzeichen 4 U 202/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 9. Dezember 2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam (Az.: 2 O 186/10) abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin, die Bauleistungen in den Gewerken Fassaden-, Wand-, Glas- und Bodenbau erbringt, nimmt den Beklagten, der Geschäftsführer der inzwischen insolventen B… Baugesellschaft mbH (Im Folgenden: Schuldnerin) war und ist, im Wege der Teilklage auf Schadensersatz in Höhe von 40.000,00 € mit der Begründung in Anspruch, dieser hafte gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 BauFordSiG, weil die Schuldnerin empfangene Baugelder nicht zur Befriedigung einzelner am Bauvorhaben „Seniorenpflegeheim …“ in E… beteiligter Baugeldgläubiger verwendet habe.

Der Schuldnerin oblag als Generalunternehmerin der Neubau des Seniorenpflegeheims „…“ in E…. Sie erbrachte die Leistung „Lüftung, Heizung und Sanitär“. Mit der Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems einschließlich Riemchen beauftragte sie mit VOB/B-Bauvertrag vom 20. März 2009 die Klägerin zum Pauschalpreis von 200.000,00 € netto.

In § 6 des Bauvertrages regelten die Vertragsparteien, dass der Auftragnehmer seine Arbeiten am 9. März 2009 zu beginnen und spätestens am 8. Mai 2009 fertig zu stellen hatte. Darüber hinaus wurden Zwischenfertigstellungsfristen vereinbart, und zwar für die Achse Q-U/13-8 und für die Achse I-O /3-6 jeweils bis zum 27. März 2009, für die Achse Q-A/7-13 bis zum 10. April 2009, für die Achse A/9-4 bis zum 17. April 2009, für die Achse A/4-1 bis zum 24. April 2009, für die Achse A-1/1-2 bis zum 1. Mai 2009 und für die Achse O-U/2-3 bis zum 8. Mai 2009. Nach dem gemäß § 16 des Bauvertrages zum Vertragsgegenstand gemachten Zahlungsplan sollte die Klägerin folgende Abschläge jeweils abzüglich eines 10 %-igen Einbehalts erhalten:

1. Abschlagsrechnung in Höhe von 12.500,00 € mit der Fertigstellung der Achse Q-U/13-8,

2. Abschlagsrechnung in Höhe von 20.000,00 € mit der Fertigstellung der Achse I-O/3-6,

3. Abschlagsrechnung in Höhe von 7.000,00 € mit der Fertigstellung der Achse U/3-8,

4. Abschlagsrechnung in Höhe von 50.000,00 € mit der Fertigstellung der Achse Q-A/7-13,

5. Abschlagsrechnung in Höhe von 5.000,00 € mit der Fertigstellung der Achse A/9-4,

6. Abschlagsrechnung in Höhe von 10.000,00 € mit der Fertigstellung der Achse A/4-1,

7. Abschlagsrechnung in Höhe von 36.000,00 € mit der Fertigstellung der Achse A-I/1-2 und

8. Abschlagsrechnung in Höhe von 39.500,00 € mit der Fertigstellung der Achse O-U/2-3.

Der danach verbleibende Schlussbetrag von 20.000,00 € sollte mit der Schlussrechnung nach mangelfreier Abnahme gezahlt werden.

Die Schuldnerin empfing Baugeld in Höhe von insgesamt 4.842.943,89 €.

Am 9. April 2009 legte die Klägerin ihre erste Abschlagsrechnung „für bisher ausgeführte Arbeiten“ über 49.050,00 € (Nr. 31090563), die der Schuldnerin am 12. April 2009 zuging, ohne dass darin der erreichte Bautenstand und die erbrachten Leistungen bezeichnet wurden.

Am 15. April 2009 wies die Schuldnerin die Klägerin darauf hin, dass die Arbeiten an der Fassade Achse Q–U 13-8, 1-0, 3-6, U/3-8 und Q-A /7-13 bislang nicht fristgerecht fertig gestellt worden seien und sich die Klägerin in Abweichung von den in § 6 des Bauvertrags geregelten Ausführungsfristen um „5 bis 19 Tage“ im Rückstand befinde. Zugleich forderte sie die Klägerin dazu auf, die ausstehenden Leistungen bis zum 17. April 2009 fertig zustellen und verband diese Fristsetzung mit der Androhung, der Klägerin für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs den Auftrag zu entziehen.

Am 29. April 2009 forderte die Klägerin von der Schuldnerin die Stellung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB und am 30. April 2009 legte sie eine weitere Abschlagsrechnung „für bisher ausgeführte Arbeiten“ über 67.950,00 € (Nr. 31090805), die der Schuldnerin am 3. Mai 2009 zuging und die wiederum keine Aufschlüsselung der erbrachten Leistungen und des erreichten Bautenstandes enthält.

Am 30. April 2009 entzog die Schuldnerin der Klägerin unter Berufung auf § 8 Ziffer 3 VOB/B den Auftrag, wobei sie sich zur Begründung der Auftragsentziehung auf die Nichteinhaltung vertraglich vereinbarter Zwischenfertigstellungsfristen berief, während die Klägerin behauptet, Auslöser des Auftragsentzugs sei ihre vorangegangene Forderung vom 29. April 2009 nach Stellung einer Bauhandwerkersicherheit wegen ausstehender Abschlagszahlungen gewesen.

Am 12. Mai 2009 fand eine Abnahmebegehung statt, in deren Ergebnis die Schuldnerin eine Abnahme der klägerischen Leistungen unter Berufung auf gravierende Mängel und den Auftragsentzug vom 30. April 2009 verweigerte und die Klägerin aufforderte, die Mängel des Gewerks bis zum 22. Mai 2009 zu beseitigen.

Unter Berücksichtigung der infolge der vorzeitigen Beendigung des Werkvertrages ersparten Aufwendungen legte die Klägerin am 13. August 2009 zu den von ihr ausgeführten Arbeiten Schlussrechnung, die mit einem Betrag von 143.405,61 € schloss. An ersparten Aufwendungen rechnete sich die Klägerin 53.365,17 € an.

Aufgrund Eigenantrages der B… Baugesellschaft mbH vom 10. August 2009 eröffnete das Amtsgericht Potsdam mit Beschluss vom 1. November 2009 (Az.: 35 IN 703/09) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und ordnete mit Beschluss vom 11. August 2009 Eigenverwaltung gemäß § 270 InsO unter Aufsicht des Sachwalters Rechtsanwalt S… an. Im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens wurde gemäß der §§ 217 ff. InsO ein Insolvenzplan aufgestellt, der von den Gläubigern angenommen und vom Insolvenzgericht - rechtskräftig geworden aufgrund Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 13. Juli 2010 - bestätigt wurde. Im Gestaltenden Teil (E) des Insolvenzplans - das Insolvenzplanverfahren ist durch Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 30. August 2010 (Az.: 35 IN 703/09) aufgehoben worden - heißt es neben anderem unter Ziffer 1.1.1. (S. 62 des Insolvenzplans):

„Die Insolvenzgläubiger treten sämtliche ihre nach Abzug der Planquote gemäß Ziffer 1.1 verbleibenden restlichen Forderungen, auch soweit sie nicht zur Tabelle angemeldet und/oder festgestellt worden sind, nebst aller damit verbundenen Rechte und Nebenforderungen auflagenfrei an die durch den Sanierungstreuhänder, Herrn (...), bestimmte S… GmbH, als Liquidationstreuhänder gegen Zahlung eines Entgelts von EUR 1,00 je Gläubiger ab (Forderungskauf) und verzichten auf etwaige rechtlich nicht abtretbaren Restforderungen (...)“.

Nach Ziffer 1.2.2. „Besserungsschein II“ des Insolvenzplans stellt der Beklagte „zur Abgeltung aller Ansprüche gegen Herrn J… B… - gleich aus welchem Rechtsgrund - (...) „aus Drittmitteln einen Betrag von 1 Mio. € zur Verfügung, dessen Auszahlung „nur Zug-um-Zug gegen rechtsverbindliche Unterzeichnung einer entsprechenden, gesonderten Verzichtserklärung (...)“ der Gläubiger erfolgen soll.

Die Klägerin meldete wegen ihrer bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben erbrachten Leistungen beim Sachwalter Forderungen in Höhe von 159.670,00 € zur Tabelle an. Nachdem dieser die Forderung zunächst bestritten hatte, einigte er sich schließlich am 3. Mai 2010 mit der Klägerin in einem von ihr angestrengten Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam (Az.: 2 O 29/10) vergleichsweise auf die Feststellung einer Werklohnforderung in Höhe von 130.000,00 € zur Tabelle. Diese Forderung wird nach Verteilung des im Rahmen der Abwicklung des Insolvenzplans zur Verfügung stehenden Betrages auf die Insolvenzgläubiger zu voraussichtlich maximal 15% befriedigt werden.

Die Klägerin hat gemeint, ihr stehe gegen den Beklagten wegen Baugeldveruntreuung ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ 1 und 2 BauFordSiG zu. Mit der Feststellung ihrer Forderung in Höhe von 130.000,00 € zur Insolvenztabelle stehe fest, dass sie eine fällige Forderung im Sinne des BauFordSiG gegen die Schuldnerin habe. Es sei von einer nicht ordnungsgemäßen Verwendung des seitens der Schuldnerin empfangenen Baugeldes von 4.842.943,89 € auszugehen. Den Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Baugeldverwendung habe der Beklagte als Geschäftsführer der Schuldnerin zumindest billigend in Kauf genommen, so dass er für den daraus resultierenden Schaden einzustehen habe. Ihr Schaden betrage 95.000,00 €, von dem sie im Wege der Teilklage einen Betrag von 40.000,00 € geltend mache.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 40.000,00 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2010 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, die empfangenen Baugelder in Höhe von 4.842.943,89 € bestimmungsgemäß durch Auszahlungen wie folgt verwendet zu haben:

Baustelleneinrichtung:

        

 87.441,78 €

Miete Maschinen:

        

 181.298,51 €

Materialeinkauf:

        

 987.915,10 €

Fremddienstleistungen:

        

 171.596,82 €

Nachunternehmer:

        

 2.630.691,91 €

Summe:

        

 4.058.944,12 €

Eigenleistungen:

        

 1.262,759,60 €

Gesamtaufwendungen

        

 5.211.705,72 €

Der Beklagte hat insbesondere behauptet, die Schuldnerin habe baustellenbezogene Eigenleistungen im Umfang von 1.262,759,60 € erbracht, die sich aufteilten in „Eigenleistungen BBG Baugewerk“ mit 555.478,80 € und „Eigenleistungen BBG HLS“ mit 707.280,85 €. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Eigenleistungen der Schuldnerin seien mit Inkrafttreten der Neufassung des BauFordSiG am 4. August 2009 in ihrem vollen Wert zu berücksichtigen, so dass eine nominelle Unterdeckung von 478.759,83 € vorgelegen habe.

Er hat gemeint, der Klägerin habe keine fällige Werklohnforderung im Sinne des BauFordSiG zugestanden. Die Abschlagsrechnungen hätten aufgrund kündigungsbedingter Schlussrechnungsreife ihre Fälligkeit verloren. Trotz bestehender Baufreiheit am 9. März 2009 habe die Klägerin die vertraglich vereinbarten Zwischenfertigstellungsfristen 27. März 2009 und 3. April 2009 - entgegen der Nachfristsetzung vom 15. April 2009 - nicht eingehalten, weshalb der Werkvertrag am 30. April 2009 aus wichtigem Grunde wirksam gekündigt worden sei. Die Schlussrechnungsforderung sei mangels Abnahme nicht fällig. Die zur Tabelle festgestellte Forderung sei keine Forderung der Klägerin im Sinne des BauFordSiG, weil die Schuldnerin an dem der Feststellung zur Tabelle vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam und dem dort geschlossenen Vergleich (Az.: 2 O 29/10) nicht beteiligt gewesen sei. Der Vergleich und die Feststellung zur Tabelle könnten keine Wirkung gegenüber der Schuldnerin und dem Beklagten entfalten. Schließlich hätten die Insolvenzgläubiger, unter Einschluss der Klägerin, im Insolvenzplan ihre über die dort festgelegte Quote hinausgehenden Ansprüche gegen die Schuldnerin an die Sanierungstreuhänderin, die S… GmbH, abgetreten; die Klägerin sei danach nicht mehr Inhaber etwaiger Werklohnforderungen gegen die Schuldnerin, so dass damit auch einer etwaigen Haftung nach dem BauFordSiG die Grundlage entzogen sei.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 40.000,00 € hafte, §§ 823 Abs. 2 BGB, 1 BauFordSiG. Der Klägerin stehe gegen die Schuldnerin aufgrund VOB/B-Bauvertrages vom 20. März 2009 ein fälliger Anspruch auf Zahlung von Werklohn im Umfang von 130.000,00 € zu. Dieser Anspruch stehe aufgrund der Aufnahme der Forderung in die Insolvenztabelle kraft des gerichtlichen Vergleichs vom 3. Mai 2010 auch im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten fest. Die Schuldnerin habe gegen die ihr obliegende Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwendung von Baugeld verstoßen; der Beklagte habe eine ordnungsgemäße Verwendung des empfangenen Baugeldes nicht schlüssig dargelegt; er sei nicht berechtigt gewesen, für Eigenleistungen einen Betrag von 1.262.758,80 € einzubehalten, da zum Zeitpunkt der Baugeldverwendung noch das BauFordSiG in seiner alten Fassung gegolten habe. Bei Berücksichtigung von lediglich der Hälfte der behaupteten Eigenleistungen reduziere sich der nach dem Vortrag des Beklagten ordnungsgemäß verwendete Baugeldbetrag von 5.321.703,77 € auf 4.690.324,37 €. Dieser Betrag bleibe hinter dem empfangenen Baugeld von 4.842.943,89 € im Umfang von 152.619,52 € zurück. Dass die Schuldnerin Baugeld in Höhe von zumindest 152.619,52 € bis zum Inkrafttreten des Bauforderungssicherungsgesetzes am 4. August 2009 nicht ordnungsgemäß verwendet habe, sei der tabellarischen Auflistung des Beklagten zu entnehmen, die den Zeitraum März 2008 bis Juli 2009 erfasse.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt.

Der Beklagte bekräftigt seine Ansicht, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, weil sie eine etwaige über die Planquote hinausgehende Forderung an den Sanierungstreuhänder wirksam abgetreten habe. Es bestehe kein Schaden, weil die Klägerin nicht Inhaber einer fälligen Werklohnforderung gewesen sei. Ihr habe zum Zeitpunkt der behaupteten Baugeldzweckentfremdung und spätestens zum letztmöglichen Zeitpunkt, in dem dem Baugeldempfänger eine Befriedigung der Forderung möglich gewesen wäre, keine fällige Forderung zugestanden. Sie habe insbesondere nicht vorgetragen, dass sie spätestens bis zur Eigeninsolvenzantragstellung am 10. August 2009, zu der die Schuldnerin noch über liquide Mittel von 2.3 Mio. € verfügt habe, eine fällige Werklohnforderung gehabt habe.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht zudem das Bauforderungssicherungsgesetz in seiner alten und mit Blick auf die Berücksichtigung des bloß hälftigen Wertes von Eigenleistungen verfassungswidrigen Form angewendet. Die Eigenleistungen seien entsprechend der tabellarischen Auflistung ausgeführt worden. Es fehle an der zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung erforderlichen Benachteiligung des Gläubigers, § 2 Abs. 2 BauFordSiG. Schließlich habe er eine bestimmungsgemäße Baugeldverwendung substantiiert dargelegt. Das Landgericht habe es versäumt, ihn auf ein etwaig bestehendes Vortragsdefizit mit Blick auf das Eigengewerk „Heizung, Lüftung und Sanitär“ hinzuweisen. Es fehle am Vorsatz, weil er von der Berücksichtigung des vollen Wertes der Eigenleistungen habe ausgehen dürfen. Schließlich scheitere der Anspruch an einem Schaden der Klägerin, da ein vorfälliger Ausgleich der geltend gemachten Forderung seit dem 10. Juli 2009 gemäß § 131 Abs. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter anfechtbar gewesen wäre.

Der Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 9. Dezember 2010, Az.: 2 O 186/10, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags die angefochtene Entscheidung.

Die Parteien haben auf die im Termin am 12. Oktober 2011 dargelegten rechtlichen Erwägungen des Senats mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 4. und 7. November 2011 Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Insbesondere liegen die Voraussetzungen nicht vor, unter denen der Beklagte der Klägerin auf Schadensersatz wegen deliktischer Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 BauFordSiG haftet.

1. Allerdings scheitert der Anspruch entgegen der Auffassung des Beklagten nicht an der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin.

Die Klägerin gehört zu den nach § 1 BauFordSiG geschützten Baubeteiligten, denn sie hat unstreitig als Subunternehmerin in dem Bauvorhaben „Seniorenpflegeheim …“ in E… Arbeiten zur Anbringung eines Wärmedämmverbundsystems ausgeführt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B… Baugesellschaft mbH mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 1. November 2009 hat die Aktivlegitimation der Klägerin nicht berührt, da Schadensersatzansprüche gegen den geschäftsführenden Gesellschafter der insolventen GmbH nicht zur Insolvenzmasse gehören.

Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation aber auch nicht durch Abtretung an den Sanierungstreuhänder eingebüßt. Abgesehen davon, dass die Abtretung einer Forderung nach Rechtshängigkeit, die hier bereits am 2. Juli 2010 eingetreten ist, die Aktivlegitimation ohnehin grundsätzlich nicht berührt (§ 265 ZPO), hat die Klägerin die streitbefangene Schadensersatzforderung gegen den beklagten Geschäftsführer der insolventen B… Baugesellschaft mbH weder vor noch nach Rechtshängigkeit abgetreten.

Insbesondere hat die Klägerin die Forderungsinhaberschaft nicht dadurch verloren, dass in dem Gestaltenden Teil (E) des rechtskräftig bestätigten Insolvenzplans vorgesehen ist, dass die Insolvenzgläubiger „sämtliche ihre nach Abzug der Planquote gemäß Ziffer 1.1. verbleibenden restlichen Forderungen, auch soweit sie nicht zur Tabelle angemeldet und/oder festgestellt worden sind, nebst aller damit verbundenen Rechte und Nebenforderungen auflagenfrei an die (...) S… GmbH als Sanierungstreuhänder (...) ab(treten)“. Entgegen der Ansicht der Klägerin bedurfte es zur Wirksamkeit dieser Abtretung keiner gesonderten Willenserklärung(en) mehr; vielmehr werden nach § 254 Abs. 1 Satz 1 InsO alle Willenserklärungen zu Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäften, die der gestaltende Teil des Insolvenzplans enthält, mit Rechtskraft der Bestätigung des Plans wirksam. Die Gestaltungswirkung des Insolvenzplans erfasst indes nicht - was § 254 Abs. 2 InsO ausdrücklich klarstellt - die Rechte und Pflichten, die die Beteiligten zu Dritten haben. Personell beschränken sich die Wirkungen des Plans auf die Beteiligten am Insolvenzplanverfahren - zu denen der Geschäftsführer der Schuldnerin nicht gehört -; unmittelbare Auswirkungen auf Dritte kann der Insolvenzplan nicht entfalten, soweit sich die außenstehenden Personen nicht selbständig verpflichten (vgl. nachstehende Ausführungen zum Besserungsschein II) bzw. ihre Zustimmung zu bestimmten Rechtsgeschäften erteilen. Im Übrigen lässt der Wortlaut der zu Ziffer 1.1.1. im gestaltenden Teil des Insolvenzplans getroffenen Regelungen keine Auslegung dahin zu, die darin enthaltene Abtretung erfasse auch Schadensersatzforderungen gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin persönlich.

Soweit der Besserungsschein II in Ziffer 1.2.2. des gestaltenden Teils des Insolvenzplans neben anderem die „Abgeltung aller Ansprüche gegen Herrn J… B… – gleich aus welchem Rechtsgrund“ beinhaltet, bedurfte es hierzu wiederum nach den Regelungen des Insolvenzplans – im Einklang mit der gesetzlich angeordneten begrenzten Gestaltungswirkung des Insolvenzplans (§ 254 Abs. 2 InsO) - einer gesonderten Vereinbarung über einen entsprechenden Verzicht auf Ansprüche gegen den Beklagten persönlich. Dass die Klägerin den Besserungsschein vom 24. September 2010 in Anspruch genommen und eine derartige Erklärung abgegeben hat, behauptet auch der Beklagte nicht.

Der mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans eingetretene Inhaberwechsel betreffend die Werklohnforderung, soweit diese die Planquote übersteigt - insoweit ist der Vergütungsanspruch ausweislich Ziffer 1.1.1. des Gestaltenden Teils des Insolvenzplans an die S… GmbH als Sanierungstreuhänder gegen ein Entgelt von 1,00 € verkauft und abgetreten worden -, steht der Ersatzpflicht des Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Zurechnungszusammenhangs zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht entgegen. Der Grundsatz, dass die Schadenszurechnung durch den Schutzzweck der Norm begrenzt wird, gilt für sämtliche Schadensersatzansprüche. Die Zurechnung eines Vermögensnachteils wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass außer dem zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignis noch andere Ursachen zur Entstehung des Schadens beigetragen haben; selbst Willensentschlüsse des Verletzten unterbrechen den Zurechnungszusammenhang nicht, soweit die Handlung des Verletzten durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wird (etwa in den Fällen der sogenannten psychisch vermittelten Kausalität Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, Vorbemerkung vor § 249 BGB, Rdnr. 29 ff.).

Hier lässt sich der Klägerin schon deshalb nicht vorwerfen, sie habe sich aus freiem Willensentschluss (leichtfertig) ihrer Werklohnforderung entäußert, weil - wie oben ausgeführt - die Abtretung mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplanes kraft Gesetzes wirksam wurde, unabhängig davon, ob die Klägerin dem Insolvenzplan widersprochen hat oder nicht.

2. Die Klägerin fällt als Subunternehmerin in den Schutzbereich des BauFordSiG.

Für die rechtliche Beurteilung maßgeblich ist das BauFordSiG in der Fassung vom 23. Oktober 2008, die vom 1. Januar 2009 bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2436) am 4. August 2009 gültig war (Art. 229 § 19 EGBGB). Denn anders als für die Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches enthält das Forderungssicherungsgesetz vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2022), das das Gesetz zur Sicherung von Bauforderungen abgeändert und in Bauforderungssicherungsgesetz (BauFordSiG) umbenannt hat, für dieses keine Übergangsregelung. Nach dem in Art. 170 EGBGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken beurteilen sich Inhalt und Wirkung eines Rechtsverhältnisses nach dem Recht, das zur Zeit der Verwirklichung seines Entstehungstatbestandes galt (Stammkötter, BauFordSiG, 3. Aufl. 2009, S. 221). Der haftungsrelevante Sachverhalt fällt in Ansehung des Vertragsschlusses der Parteien vom 20. März 2009, der Leistungsausführung bis zur Auftragsentziehung am 30. April 2009 und der haftungsbegründenden Baugeldverwendung in den eingangs genannten Geltungszeitraum; er wird nicht mehr von dem bis zum 1. Januar 2009 geltenden Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen vom 1. Juni 1909 (GSB) erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 19.08.2010, VII ZR 169/09, zit. nach Juris, Rn. 6).

3. Die Schuldnerin unterlag als Generalunternehmerin des streitgegenständlichen Bauvorhabens der Baugeldverwendungspflicht. Diese obliegt nicht allein den Bauherrn, sondern auch einem Generalüber- und Generalunternehmer, sowie sonstigen Baubeteiligten, die als „Zwischenperson“ die Verfügungsgewalt über Baugeld zur Finanzierung der Bauleistungen erlangt haben (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 BauFordSiG).

4. Nach den bindenden Feststellungen des Landgerichts (§ 529 ZPO) hat der Beklagte eine bestimmungsgemäße Verwendung des Baugeldes nicht substantiiert dargelegt. Insoweit kann der Baugeldempfänger einwenden, er habe in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem an die Beteiligten geleisteten Betrag und dem insgesamt empfangenen Baugeld andere Baugläubiger befriedigt bzw. diese aus sonstigen, baugeldfremden, Mitteln entschädigt oder er sei nach § 1 Abs. 2 BauFordSiG berechtigt gewesen, bestimmte Teilbeträge für sich einzubehalten. Daran gemessen reicht der Vortrag des Beklagten sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsrechtszug nicht aus, um eine zweckentsprechende Baugeldverwendung festzustellen. Das Vorbringen des Beklagten, dessen Richtigkeit die Klägerin bestritten hatte, erschöpft sich im Wesentlichen in der Darlegung, den ihm als Baugeld zugeflossenen Betrag von 4.833.932,77 € gemäß einer tabellarischen und von ihm als Baubuch bezeichneten Auflistung durch Zahlungen für Baustelleneinrichtung iHv 87.441,78 €, für Mieten von baustellenbezogenen Maschinen iHv 81.298,51 €, für Materialeinkäufe iHv 987.915,10 €, für Fremddienstleistungen iHv 171.596,82 € sowie für Nachunternehmerleistungen iHv 2.630.691,91 €, das heißt in einer Summe von 4.058.944,12 € für Baugeldgläubiger, eingesetzt zu haben. Hinzu treten die gelten gemachten Eigenleistungen im Umfang von 1.262,759,60 €.

Dieser Vortrag enthält zwar eine gewisse Darstellung der Verwendung des Baugeldes. Erforderlich ist jedoch eine substantiierte Aufschlüsselung, welche Zahlung auf welches Bauwerk im Einzelnen geleistet und in welcher Art und Weise das empfangene Baugeld an welchen Baugeldgläubiger weitergeleitet worden ist (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 18.10.2006, 13 U 90/06). Der Beklagte hat zudem nicht näher zur Baugeldgläubigerschaft der lediglich kursorisch aufgeführten Unternehmen vorgetragen, das heißt dazu, welche Tätigkeiten das jeweilige Unternehmen konkret aufgrund welcher vertraglichen Grundlage ausgeführt haben soll. Entgegen dem rechtlichen Hinweis des Landgerichts hat der Beklagte auch im Berufungsrechtszug die behaupteten Eigenleistungen nicht näher spezifiziert, so dass dahinstehen kann, ob für Eigenleistungen nach Maßgabe von § 1 Abs. 2 BauFordSiG in der bis zum 4. August 2009 geltenden Fassung lediglich die Hälfte des angemessenen Wertes der Eigenleistung oder der vollständige Wert anzusetzen ist.

Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte zur Untermauerung einer ordnungsgemäßen Baugeldverwendung mit der Berufungsbegründung auf die Tabelle der Anlage BB7, da sich diese weder auf das streitgegenständliche Bauvorhaben (stattdessen auf das Einkaufszentrum H… in S…) noch auf den hier streitgegenständlichen Zeitraum (stattdessen: Dezember 2008 bis 25. Februar 2009) bezieht.

5. Der Klägerin ist auch ein Schaden entstanden. Voraussetzung für den Schaden ist eine fällige Vergütungsforderung (OLG Dresden, Urteil vom 1.3.2005, 5 U 1854/04, Rz. 23), wobei es als ausreichend angesehen wird, dass die Fälligkeit spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Schadensersatzprozess eingetreten ist.

Der Klägerin stand gegen die Schuldnerin gemäß § 8 Nr. 2 VOB/B eine fällige Werklohnforderung im Umfang von zumindest 40.000,00 € zu.

Allerdings steht diese Werklohnforderung der Klägerin gegen die Schuldnerin im Verhältnis zum Beklagten nicht bereits aufgrund des Vergleichsschlusses der Klägerin mit dem Sachwalter in dem vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam (Az.: 2 O 29/10) geführten Rechtsstreit fest. Denn die Rechtskraftwirkung eines Titels zwischen dem Insolvenzgläubiger und dem Insolvenzverwalter wirkt regelmäßig nicht über die Parteien hinaus, § 325 Abs. 1 ZPO; diesem Titel kann im Rahmen der Durchgriffshaftung des Beklagten allenfalls bei einer Schadensschätzung indizielle Bedeutung zukommen, § 287 ZPO. Etwas anderes folgt hier auch nicht aus der Aufnahme der klägerischen Forderung gegen die Schuldnerin in Höhe von 130.000,00 € in die Insolvenztabelle. Zwar wirkt diese nicht nur gegen den Sachwalter (§ 178 Abs. 3 InsO), sondern gemäß § 201 Abs. 2 S. 1 InsO auch als Titel gegenüber dem Schuldner als Träger der Insolvenzmasse, weil das Verfahren in Eigenverwaltung geführt wurde und die Schuldnerin Gelegenheit hatte, der Feststellung zu widersprechen, wovon die B… Bau GmbH indes keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. Schumacher, in: Münchener Kommentar, InsO, Bd. 2, 2. Aufl., 2008, § 178 Rn. 70 ff.). Davon zu unterscheiden ist jedoch die Wirkung der Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle gegenüber dem Geschäftsführer des Schuldners als Drittem, gegenüber dem eine Bindungswirkung nicht eintritt.

Die Klägerin hat jedoch substantiiert dargelegt, Werkleistungen im Gewerk Wärmedämmverbund zumindest in dem geltend gemachten Umfang von 40.000,00 € fachgerecht erbracht zu haben, ohne dass der Beklagte dem entgegen getreten ist. Einer Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung bedurfte es - entgegen der Ansicht des Beklagten - aufgrund der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Auftraggebers nicht (§ 103 InsO). Denn eine Abnahme ist nicht erforderlich, wenn über das Vermögen einer der beiden Vertragspartner das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und keine Seite ihre Leistung vollständig erfüllt hat. In diesem Fall erlöschen die gegenseitigen Erfüllungsansprüche. Mit der Verfahrenseröffnung tritt an die Stelle des gegenseitigen Vertrages der einseitige Anspruch des Vertragsgegners auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, der lediglich eine Insolvenzforderung nach § 103 Abs. 2 S. 1 InsO darstellt. Der weggefallene Erfüllungsanspruch lebt lediglich dann wieder auf, wenn der Insolvenzverwalter vom anderen Teil die Erfüllung verlangt, woran es hier fehlt.

6. Der Anspruch der Klägerin scheitert jedoch an der fehlenden haftungsbegründenden Kausalität zwischen der in der Baugeldveruntreuung liegenden Pflichtverletzung und dem Schaden der Klägerin. Denn der Klägerin stand - anders als die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 4. November 2011 meint - zu keinem Zeitpunkt eine Forderung zu, deren hypothetischer Ausgleich einer insolvenzrechtlichen Anfechtung Stand gehalten hätte. Ein nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den §§ 1, 2 BauFordSiG ersatzfähiger Schaden entfällt jedoch, wenn pflichtgemäß geleistete Zahlungen anfechtungsrechtlich keinen Bestand gehabt hätten (zur vergleichbaren fehlenden Haftung des Geschäftsführers wegen unterbliebener Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung in der Krise nach §§ 823 Abs. 2 BGB; 266a StGB: BGH, Urteil vom 2.12.2010, IX ZR 247/09, Rn. 19). § 1 BauFordSiG begründet in der Insolvenzsituation keinen Vorrang der Ansprüche von Baugeldgläubigern.

a) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg auf ihre Schlussrechnungsforderung stützen. Die Schlussrechnung der Klägerin vom 13. August 2009 ging der Schuldnerin unstreitig erst nach Stellung des Eigeninsolvenzantrags am 10. August 2009 zu. Da die Vergütungsansprüche aus der Schlussrechnung frühestens mit Ablauf der zweimonatigen Prüffrist ab Zugang der Schlussrechnung fällig wurden, § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B, trat Fälligkeit nicht vor dem 15. Oktober 2009 ein. Ab dem 11. August 2009 war es der B… Baugesellschaft mbH jedoch aufgrund der Anordnung der vorläufigen Verwaltung des Vermögens untersagt, Verfügungen ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters vorzunehmen. Ein vorfälliger Ausgleich der Schlussrechnungsforderung vor dem 15. Oktober 2009 hätte die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit wegen inkongruenter Leistung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. InsO nach sich gezogen mit der Folge, dass die Klägerin seit dem 10. Juli 2009 eine insolvenzanfechtungsfeste Befriedigung ihrer Schlussrechnungsforderung nicht mehr hätte erlangen können.

b) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf ihre beiden der Schlussrechnung vorausgehenden Abschlagsrechnungen vom 9. April 2009 über 49.050,00 € und vom 30. April 2009 über 67.950,00 € berufen. Zwar beurteilt sich die Fälligkeit vertraglicher Zahlungsverpflichtungen nach § 131 Abs. 1 InsO auch unter Berücksichtigung etwaig vereinbarter oder gemäß §§ 632a BGB, 16 Nr. 1 Abs. 3 VOB/B geschuldeter Abschlagszahlungen (Kirchhof, in: Münchener Kommentar, InsO, Bd. 2, 2. Aufl. 2008, § 131 Rn. 40). Der Senat lässt dahin stehen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fällige Abschlagsforderung des Unternehmers in den Schutzbereich des Bauforderungssicherungsgesetzes einbezogen sein kann.

aa) Hier fehlt es bereits an schlüssigem Vortrag der Klägerin dazu, dass sie von der Schuldnerin Abschläge in entsprechender Höhe fordern kann, § 16 Nr. 1 VOB/B. Zwar standen der Klägerin nach Maßgabe der Anlage 8 zum Bauvertrag (Zahlungsplan) die dort bezeichneten Abschlagsforderungen beim Erreichen der jeweiligen Bautenstände zu. Die von der Klägerin gestellten Rechnungen vom 9. und 30. April 2009 können eine Fälligkeit der Abschlagsforderungen jedoch nicht begründen. Sie erfüllen bereits die gesetzlichen Fälligkeitsanforderungen nicht.

Die Klägerin hat weder schlüssig dargelegt, dass die zugrunde liegenden Bautenstände für die Abschlagsrechnungen erreicht waren noch hat sie die Abschläge durch eine Aufstellung, anhand derer der Auftraggeber nach § 16 Nr. 1 S. 2 VOB/B rasch und sicher beurteilen können muss, welche Leistungen erbracht wurden, abgerechnet. Insbesondere lässt sich den beiden Abschlagsrechnungen der Klägerin vom 9. und 30. April 2009 keine Aufschlüsselung entnehmen, für welche Leistungen des Wärmedämmverbundgewerks und für welche Gebäudeachsen die abgerechneten Abschläge überhaupt geltend gemacht wurden. Der Text der beiden Rechnungen erschöpft sich in der nichtssagenden Bezeichnung „für bisher ausgeführte Arbeiten“. Die berechneten Abschläge von 49.050,00 € und von 67.950,00 € lassen sich auch betragsmäßig nicht mit dem gemäß § 16 des Bauvertrages zum Vertragsgegenstand gemachten ratierlichen Zahlungsplan in Einklang bringen. Auf die vorstehenden Erwägungen ist die Klägerin im Senatstermin hingewiesen worden.

bb) Im Übrigen standen der Klägerin - ungeachtet des Fehlens einer solchen Aufstellung - zu keinem Zeitpunkt durchsetzbare Abschlagsforderungen gegen die Schuldnerin zu. Ein Anspruch des Auftragnehmers auf eine Abschlagszahlung gemäß § 16 Nr. 1 VOB/B kann nach der vom Senat geteilten gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann nicht mehr durchgesetzt werden, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Auftragnehmer eine Schlussrechnung gestellt hat (BGH, Urteil vom 20.8.2009, VII ZR 205/07, Rn. 42; BGH, Urteil vom 15.4.2004, VII ZR 471/01; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl. 2008, 5. Teil, Rn. 191). In diesem Fall ist die Berechtigung des Auftragnehmers zur vorläufigen Abrechnung erloschen. Eine Abschlagsforderung verliert damit ihre Durchsetzbarkeit. Dasselbe gilt, wenn das Vertragsverhältnis infolge einer Kündigung beendet ist oder der Auftragnehmer seine Leistungen vollständig erbracht oder endgültig eingestellt hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 7.05.2009, 22 U 226/98, Rn. 32; OLG Nürnberg, Urteil vom 8.06.2000, 13 U 77/00, Rn. 36) oder aus sonstigen Gründen Schlussrechnungsreife eingetreten ist. So verhält es sich hier.

Nach der Auftragsentziehung vom 30. April 2009 ist Schussrechnungsreife spätestens mit Ablauf der der Klägerin anlässlich der Abnahmebegehung am 12. Mai 2009 zur Beseitigung der dort bezeichneten Mängel gesetzten Frist am 23. Mai 2009 eingetreten mit der Folge, dass für einen Anspruch auf Abschlagszahlung kein Raum mehr verblieb. Die Schuldnerin hatte der Klägerin mit Schreiben vom 15. April 2009 eine Frist zur Fertigstellung der Leistungen mit Kündigungsandrohung gesetzt und ihr nach Fristablauf den Auftrag entzogen, §§ 8 Nr. 3 Abs. 1 S. 1, 5 Nr. 4 VOB/B. Der Streitpunkt zwischen den Parteien, ob die Kündigungserklärung der Schuldnerin nach den §§ 8 Nr. 5 VOB/B, § 125 S. 2 BGB wegen Nichteinhaltung der Schriftform oder in Ermangelung einer Vertretungsmacht des Erklärenden nicht wirksam war und ob die Voraussetzungen einer Auftragsentziehung gemäß § 5 Nr. 1 VOB/B in Gestalt der Versäumung vertraglich verbindlich festgelegter Zwischenfertigstellungsfristen erfüllt waren, mag dahinstehen. Denn selbst wenn die Kündigung in Ermangelung einer Vertretungsvollmacht des Erklärenden formnichtig und die weiteren Kündigungsvoraussetzungen am 30. April 2009 nicht erfüllt gewesen wären, ist hier der Bauvertrag als einverständlich aufgehoben anzusehen. Eine solche einverständliche Vertragsaufhebung kann sich auch rein faktisch oder schlüssig ergeben (Vygen, in: Ingenstau/Korbion, VOB Teile A und B, 17. Aufl. 2010, § 8 Nr. 5 VOB/B Rz. 5). Die Parteien haben sich nach der Kündigung so verhalten, wie dies bei einem durch Kündigung wirksam beendeten Vertrag der Üblichkeit entspricht; die Klägerin hat die formale Wirksamkeit der Auftragsentziehung erstmalig mit dem ihr nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 4. November 2011 in Zweifel gezogen. Angesichts der nach alledem eingetretenen Schlussrechnungsreife war die Klägerin seit dem 23. Mai 2009 nicht mehr berechtigt, ihre Vergütungsforderung auf Abschlagsrechnungen - die zweite Abschlagsrechnung vom 30. April 2009 wurde ohnehin erst am 30. Mai 2009 fällig - zu stützen, weil diese ihre Durchsetzbarkeit eingebüßt hätten.

Nachdem die vorleistungspflichtige Klägerin Werkleistungen auszuführen hatte, die als eines der letzten und materialintensiven Gewerke des Bauvorhabens ohnehin mit einem besonderen Ausfallrisiko verbunden waren und sie bereits am 9. und 30. April 2009 erfolglos Abschlagszahlungen gefordert hatte, ist nicht nachvollziehbar, warum sie nach der hinzutretenden Auftragsentziehung vom 30. April 2009 in Ansehung der sich abzeichnenden Krise des Auftraggebers und trotz aus ihrer Sicht bestehender Abnahmereife gleichwohl erst am 13. August 2009 Schlussrechnung gelegt hat. In dem insolvenzbedingten Forderungsausfall hat die Klägerin letztlich nur die Folgen dafür zu tragen, ihre Leistungen nicht unverzüglich prüffähig abgerechnet zu haben.

c) Soweit in der Literatur die Ansicht vertreten wird, dass der Schutzzweck des Bauforderungssicherungsgesetzes es verbiete, dass sich der Geschäftsführer unter Berufung auf den Einwand insolvenzrechtlicher Anfechtung seiner Haftung entziehe und zur Begründung ausgeführt wird, dass der Verstoß gegen die Baugeldverwendungspflicht im Falle später fällig werdender Werklohnforderung fortbestehe, so dass ohne Bedeutung sei, ob die Werklohnforderung zu einer Zeit fällig wurde, als der Empfänger bereits seine Zahlungen eingestellt hatte und ob eine Zahlung auf die Entgeltforderung gemäß den §§ 130 Nr. 1, 131 InsO anfechtbar gewesen wäre (so Bruns, Das Bauforderungssicherungsgesetz - Ein Gesetz wird 100 Jahre alt, in: Jahrbuch Baurecht, Kapellmann/Vygen, 2010, S. 1, 33; Stammkötter, aaO, § 1 Rn. 211; in diese Richtung jeweils auch OLG Hamburg, Urteil vom 10.5.1996, 14 U 70/796; Rz. 14; Urteil vom 20.8.1999, 14 U 205/98; Rz. 50; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 13.7.2006, 2 K 2212/05; Rz. 17/18), vermag der Senat dieser Sichtweise - jedenfalls im Streitfall - nicht zu folgen. Zwar kann sich ausnahmsweise unter wertenden Gesichtspunkten aus dem Schutzzweck der verletzten Norm ergeben, dass die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten bzw. eine hypothetische Reserveursache ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 18.4.2005, II ZR 61/03; BGH, Urteil vom 24.10.1985, IX ZR 91/84).

Dem Schutzzweck des Bauforderungssicherungsgesetzes, dem vorleistenden Bauunternehmer eine Sicherheit an der Wertsteigerung des (dinglich belasteten) Baugrundstücks zu gewähren, kommt jedoch kein Vorrang gegenüber den damit kollidierenden Interessen der Gesamtheit der übrigen Insolvenzgläubiger daran zu, die verteilungsfähige Insolvenzmasse einer insolvenzreifen GmbH zu erhalten und die zu ihren Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern. Damit steht in Einklang, dass die gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung Vergütungsforderungen von Baugeldgläubigern insolvenzrechtlich zu Recht lediglich als einfache Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) einordnet (vgl. dazu Ingenstau/Korbion, in: Vygen/Kratzenberg, VOB Teil A und B, 17.Aufl. 2010, Anh. 1, Rn. 299; OLG Hamm, Urteil vom 12.12.2006, 27 U 98/06, Rz. 11/12).

d) Nach alledem bestand auch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der Verhandlung, § 156 ZPO.

7. Die Klägerin kann ihren Anspruch schließlich auch nicht mit Erfolg auf eine schuldhafte Verletzung der Pflicht zur Insolvenzantragstellung nach § 15a InsO und eine deliktische Haftung des Beklagten nach Maßgabe der §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB stützen; allein der vergleichsweise enge zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen dem Vertragsschluss der Parteien am 20. März 2009 und der auf dem Eintritt von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit gründenden Insolvenzantragstellung am 10. August 2009 und das Ausbleiben jedweder Zahlungen auf die Abschlagsrechnungen reichen auch in der Gesamtheit nicht aus, eine deliktische Haftung des Beklagten zu begründen; von etwas anderem geht auch die Klägerin nicht aus.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO). Der Senat hat sich zu der generellen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fällige Abschlagsforderung des Unternehmers in den Schutzbereich des Bauforderungssicherungsgesetzes einbezogen sein kann, nicht positioniert, sondern seine Argumentation auf einzelfallbezogene Erwägungen gestützt.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 40.000,00 € festgesetzt.