I.
Am 15.10.2006 verstarb der Erblasser. Zum Nachlass gehören mehrere Grundstücke und Gesellschaftsanteile an zwei in Liquidation befindlichen Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
Mit Beschluss vom 7.8.2007 bestellte das Amtsgericht die Nachlasspflegerin, eine Fachanwältin für Erbrecht und Familienrecht, mit den Aufgabenbereichen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der unbekannten Erben. Die Nachlasspflegerin ermittelte zum Todestag des Erblassers Aktiva in Höhe von 303.627,26 € und Passiva in Höhe von 1.314.834,20 €. Alle Erben der ersten, zweiten und dritten Ordnung schlugen die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses aus.
Die Nachlasspflegerin beantragte mit Schriftsatz vom 21.9.2009 die Festsetzung ihrer Vergütung für den Zeitraum vom 26.3.2009 bis zum 18.9.2009. Dabei begehrte sie für einen Zeitaufwand von 53,85 Stunden - wie bei der Festsetzung für den davor liegenden Zeitraum - einen Stundensatz von 175,00 € zzgl. Umsatzsteuer.
Die Verfahrenspflegerin für die unbekannten Erben hat demgegenüber eine Stundenvergütung von 110,00 € netto für angemessen gehalten.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.3.2010 die Vergütung der Nachlasspflegerin auf insgesamt 8.330,60 € brutto festgesetzt und weitergehende Vergütungsansprüche zurückgewiesen. Dabei hat es einen Stundensatz von 130,00 € netto für angemessen gehalten.
Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 16.3.2010, wendet sich die Nachlasspflegerin mit ihrer am 16.4.2010 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, mit der sie weiterhin die Festsetzung ihrer Vergütung nach einem Stundensatz von 175,00 € begehrt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 17.5.2010 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 61 Abs. 1 FamFG zulässig. Die Beschwer beträgt für die Nachlasspflegerin 2.883,55 € und übersteigt damit den Beschwerdewert von 600,00 €. Die Nachlasspflegerin hat die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG eingehalten.
Für die Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde gilt das FamFG. Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht wird in Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, oder deren Einleitung bis zu diese Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Absatz 2 stellt klar, dass jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren i. S. von Absatz 1 der Vorschrift ist. Jeder Festsetzungsantrag des Nachlasspflegers ist als ein solches selbständiges Verfahren anzusehen (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22.2.2010, Rpfleger 2010, 325, zitiert nach Juris). Hier hat die Nachlasspflegerin den Vergütungsfestsetzungsantrag nach dem 1.9.2009 gestellt, so dass neues Recht zur Anwendung gelangt.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Vergütung des Nachlasspflegers richtet sich gemäß § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich nach den für die Vormundschaft geltenden Vorschriften. Während ehrenamtliche Pfleger lediglich Aufwendungsersatz und Aufwandsentschädigung gemäß den §§ 1835, 1835a BGB erhalten, erhält der Nachlasspfleger eine Vergütung, wenn es sich um eine Berufspflegschaft handelt. So liegt der Fall hier, wie das Nachlassgericht in seinem Bestellungsbeschluss festgestellt hat.
Die Höhe der Vergütung bei berufsmäßiger Nachlasspflegschaft bestimmt sich danach, ob der Nachlass mittellos oder vermögend ist. Bei einem mittellosen Nachlass sind über die §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 BGB die Stundensätze des § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) maßgeblich. Danach erhält der Nachlasspfleger bei mittellosem Nachlass eine Vergütung aus der Staatskasse, die maximal 33,50 € pro Stunde beträgt, § 3 Abs. 3 Satz 2 VBVG.
Ist der Nachlass vermögend, wobei es auf einen vorhandenen Aktivnachlass ankommt (OLG Schleswig, Beschluss vom 14.1.2010, 3 Wx 63/09; BayObLG NJW-RR 2000, 1392, jeweils zitiert nach Juris), bestimmt sich abweichend von § 3 VBVG die Höhe der Vergütung nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte, § 1915 Abs. 1 S. 2 BGB. Hier ist der Nachlass zwar überschuldet, allerdings ist ein Aktivnachlass vorhanden, der die Vergütung deckt. Maßgeblich sind mithin nicht die Stundensätze des § 3 VBVG.
In einem derartigen Fall bestimmt das Nachlassgericht nach pflichtgemäßem Ermessen, in welcher Höhe dem Nachlasspfleger eine Vergütung zu bewilligen ist. Das Gesetz geht dabei von einem Stundensatzsystem aus (BayObLG NJW-RR 2000, 1392, zitiert nach Juris Rn 29). Bei der Entscheidung, welchen Stundensatz sie für angemessen erachten, steht den Tatsachengerichten ein weiter Ermessensspielraum zu (OLG München Rpfleger 2006, 405, 406).
Der Stundensatz bestimmt sich nach den für die Führung der Pflegschaft nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte.
Nicht berücksichtigt werden kann bei der Bemessung des Stundensatzes allerdings die übliche Vergütung, die der Nachlasspfleger außerhalb seiner pflegerischen Tätigkeit beansprucht. Denn das Gesetz ordnet gerade nicht an, dass der Berufspfleger vom vermögenden Nachlass eine übliche Vergütung erhält. Es kommt nach dem Gesetz vielmehr darauf an, inwiefern Fachkenntnisse nutzbar sind und welchen Umfang und welche Schwierigkeit die Pflegschaftsgeschäfte haben. Bei ausreichendem Nachlass ist deshalb der Stundensatz des anwaltlichen Nachlasspflegers so zu bemessen, dass der Rechtsanwalt für den im Interesse des Erben erbrachten Zeitaufwand eine kostendeckende Vergütung erhält, die auch Büroaufwand mit abdeckt (Palandt/Edenhofer, BGB, § 1960 Rn 23). Dass das Soldan Institut für Anwaltmanagement in einem "Vergütungsbarometer 2009" den durchschnittlichen Stundensatz deutscher Rechtsanwälte mit 182 € ermittelt hat, ist deshalb für die Bemessung des Stundensatzes des Nachlasspflegers ohne Bedeutung.
Das Amtsgericht hat hier eine Rechtsanwältin, die bei Bestellung bereits Fachanwältin für Familienrecht war und später die Bezeichnung Fachanwältin für Erbrecht führen durfte, zur Nachlasspflegerin bestellt. Die Nutzbarkeit der Fachkenntnisse steht bei einem Rechtsanwalt ohnehin schon außer Zweifel; die Nachlasspflegerin hat hier als Fachanwältin in zwei Rechtsgebieten zusätzliche Qualifikationen, die in besonderem Maße für ihr Amt nutzbar waren.
Zutreffend hat das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die Auffassungen dazu, wie die Stundensätze anwaltlicher Nachlasspfleger bei vermögendem Nachlass zu bemessen sind, weit auseinandergehen.
Einigkeit besteht allein darüber, dass die Regelsätze des VBVG eine kostendeckende Vergütung nicht gewährleisten.
Nach einer Auffassung sind die in § 3 VBVG festgelegten Sätze als wesentliche Orientierungshilfe angesehen worden, die nur ausnahmsweise überschritten werden dürften. So hat das OLG Dresden auf der Grundlage des VBVG Stundensätze für eine einfache, mittelschwere und schwierige Abwicklung des Nachlasses entwickelt, wobei der höchste Stundensatz 58 € beträgt (OLG Dresden, Beschluss vom 20.6.2007, 3 W 427/07, Rpfleger 2007, 547, zitiert nach Juris Rn21). Dieser Auffassung hat sich das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht angeschlossen (Beschluss vom 14.1.2010, 3 Wx 63/09, zitiert nach Juris, Rn 27 ff.).
Demgegenüber halten andere Gerichte eine wesentlich höhere Vergütung für einen anwaltlichen Nachlasspfleger für angemessen. So hat das Landgericht München I die Auffassung vertreten, dass dem anwaltlichen Nachlasspfleger regelmäßig Bruttostundensätze zwischen 200 und 300 DM zu bewilligen seien (Beschluss vom 18.7.2002, 16 T 7473/02, Kurztext in Juris). Das Landgericht München II hat ebenfalls einen Stundensatz von 103,00 € netto für angemessen gehalten, weil dieser Satz sich in dem vom Landgericht München I angewandten Vergütungsrahmen für anwaltliche Nachlasspfleger - zwischen 100 € und 150 € - halte (Beschluss vom 8.2.2008, 6 T 186/08, zitiert nach Juris Rn 14). Das Landgericht Wuppertal hat einen Stundensatz von 102,00 € netto nicht beanstandet (Beschluss vom 1.10.2004, 6 T 289/04, FamRZ 2005, 932, zitiert nach Juris). Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts waren für den anwaltlichen Nachlasspfleger bis zum Inkrafttreten des Ersten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes zum 1.1.1999 Stundensätze von 219 DM brutto zu bewilligen, danach solche in Höhe von 175,20 DM brutto (vgl. KG Beschluss vom 10.7.2007, 1 W 454/03). Das OLG Zweibrücken hat einen Stundensatz von 110,00 € nicht beanstandet (Beschluss vom 21.11.2007, 3 W 201/07, NJW-RR 2008, 369, zitiert nach Juris).
Nach einer dritten Ansicht wird eine Orientierung an den Entschädigungssätzen für Sachverständige empfohlen, die das JVEG vorsieht (vgl. Palandt/Edenhofer, a. a. O.). Diese Sätze liegen zwischen 50 € und 95 € netto.
Im vorliegenden Fall muss nicht entschieden werden, ob die Sätze des VBVG die Stundensätze des anwaltlichen Nachlasspflegers begrenzen. Offen bleiben kann auch, ob die Stundensätze des JVEG die Obergrenze für die Vergütung des anwaltlichen Nachlasspflegers bilden. Denn das Nachlassgericht hat hier einen Stundensatz von 130,00 € netto, d. h. von 154,70 € brutto festgesetzt. Dieser festgesetzte Stundensatz überschreitet den Höchstsatz des VBVG um fast das Vierfache und denjenigen des JVEG um mehr als ein Drittel. Dass dieser Stundensatz zu hoch wäre, hat die vom Amtsgericht für die Festsetzung der Nachlasspflegervergütung eingesetzte Verfahrenspflegerin nicht geltend gemacht.
Das Rechtsmittel hat vielmehr die Nachlasspflegerin mit dem Ziel der Festsetzung eines noch höheren Stundensatzes eingelegt.
Das Beschwerdegericht hält im vorliegenden Fall eine noch höhere Vergütung für nicht angemessen.
Auch wenn die Pflegschaftsgeschäfte hier wegen des Umstands schwierig sind, weil in den Nachlass Gesellschaftsanteile von in Abwicklung befindlichen Gesellschaften mit beschränkter Haftung fallen und weil - neben weiterem Grundbesitz - auch ein Betriebsgrundstück vorhanden ist, liegt die festgesetzte Vergütung betragsmäßig im obersten Bereich der Vergütungen, die die Rechtsmittelinstanzen für anwaltliche Nachlasspfleger akzeptiert haben. Die Höhe der Vergütung trägt dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte jedenfalls ausreichend Rechnung. Die Obergerichte, die Nachlasspflegervergütungen für Rechtsanwälte deutlich oberhalb der Sätze des VBVG für angemessen halten, gehen ersichtlich von einem Mittelsatz von ungefähr 100 € netto pro Stunde aus. Ein um 30 % darüber Stundensatz von 130 € berücksichtigt eine erhöhte Schwierigkeit ausreichend.
Außerdem ist hier zu berücksichtigen, dass der Nachlass nach den Ermittlungen der Nachlasspflegerin deutlich überschuldet ist und voraussichtlich keiner der in Betracht kommenden Erben, in deren alleinigem Interesse eine Nachlasspflegschaft angeordnet wird, Vermögensvorteile aus der Erbschaft ziehen wird. Bei einer derartigen Sachlage erscheint es nicht angemessen, einen Stundensatz festzusetzen, der über allen bisher von Rechtsmittelinstanzen akzeptierten Stundensätzen liegt.
III.
Eine Entscheidung über die gerichtlichen Kosten ist im Hinblick auf § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO nicht veranlasst. Zu einer Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten bestand kein Anlass, § 81 Abs. 2 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen. Da das Nachlassgericht eine die Höchstvergütung nach VBVG um knapp das Vierfache übersteigende Vergütung festgesetzt und die Nachlasspflegerin das Rechtsmittel eingelegt hat, kommt es nicht auf die umstrittene Frage an, ob der anwaltliche Nachlasspfleger nur eine an dem VBVG oder dem JVEG zu orientierende Vergütung zu erhalten hat oder eine deutlich darüber liegende Vergütung beanspruchen kann.