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Visum; Ehegattennachzug zu Deutschem; Spracherfordernis; Prozesskostenhilfe; Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Nachzugsfällen


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 3. Senat Entscheidungsdatum 23.03.2010
Aktenzeichen OVG 3 M 49.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 166 VwGO, § 114 ZPO, § 115 ZPO, § 121 ZPO, § 30 Abs 1 S 1 Nr 2 AufenthG

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Juni 2009 wird geändert. Der Klägerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt … mit Wirkung vom 2. März 2009 für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, für deren Beurteilung in Familiennachzugsfällen auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des gegebenenfalls das Aufenthaltsrecht vermittelnden Familienangehörigen einzubeziehen sind (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Oktober 2007 - 12 M 29.07 -, Juris), auch nicht teilweise in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bietet die Klage auch hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO, § 114 S. 1 ZPO). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. Oktober 2009 - 1 BvR 2237/09 -, NJW 2010, 288, m.w.N.).

Die Beklagte hat das von der Klägerin beantragte Visum für den Nachzug zu ihrem deutschen Ehemann, nachdem ein anfänglich gehegter Verdacht einer Scheinehe aufgrund der getrennten Anhörung der Eheleute nicht aufrecht erhalten wurde, allein mit der Begründung abgelehnt, dass die Klägerin nicht den Nachweis erbracht habe, sich i.S.v. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können. Den von der Klägerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung ist das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 28. April 2008 - OVG 2 B 6.08 -, Juris) nicht gefolgt. Zwar hat sich auch der beschließende Senat zwischenzeitlich der Rechtsprechung des 2. Senats angeschlossen (Urteil vom 18. Dezember 2009 - 3 B 22.09 -), jedoch wie bereits der 2. Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Verfassungsgemäßheit des Spracherfordernisses bei Nachzug zu deutschen Ehegatten die - mittlerweile eingelegte (BVerwG 1 C 6.10) - Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Da eine höchstrichterliche Klärung damit erforderlich ist, diese aber noch aussteht, können hinreichende Erfolgsaussichten, die lediglich erst die Durchführung des Klageverfahrens ermöglichen, nicht verneint werden; dies gilt erst recht für den hier maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidungsreife des erstinstanzlichen Prozesskostenhilfeantrags. Insoweit mag auch dahinstehen, ob die Klägerin an der Beibringung des geforderten Nachweises tatsächlich aufgrund der behaupteten individuellen Besonderheiten gehindert ist, was angesichts des von ihr auf dem Prüfbogen des Sprachtests angebrachten Statements nicht zweifelsfrei erscheint.

Die Beiordnung des Rechtsanwalts beruht auf § 121 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 166 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).