Gericht | VG Frankfurt (Oder) 6. Kammer | Entscheidungsdatum | 10.03.2015 | |
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Aktenzeichen | VG 6 L 792/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, bis zum 15. April 2015 über den Antrag der Antragstellerin vom 18. November 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Antragsgegner zu 3/4 und die Antragstellerin zu 1/4.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung), dass ihm aus dem streitigen Rechtsverhältnis ein Recht zusteht (Anordnungsanspruch), für das wesentliche Nachteile oder Gefahren drohen, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
1. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass der Antragstellerin in der Hauptsache ein Anspruch auf Bescheidung ihres Antrags vom 18. November 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Der Antragsgegner hat über diesen Antrag bisher nicht entschieden. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, mit den Bescheiden vom 19. Januar 2015 und 19. Februar 2015 die erstmals mit Bescheid vom 10. Oktober 2014 gewährte Hilfe nach §§ 41, 30 SGB VIII zu verlängern. Dabei hat er sich ausdrücklich nur auf den Antrag vom 9. September 2014 bezogen, so dass in den vorgenannten Bescheiden auch keine konkludente Ablehnung des Antrags vom 18. November 2014 gesehen werden kann.
Dieser Antrag war explizit auf weitergehende Hilfen nach §§ 41, 34 SGB VIII gerichtet, weil nach Ansicht der Antragstellerin die vom Antragsgegner gewährte Hilfe zur Erziehung nach § 41, 30 SGB VIII in Form einer Einzelfallhelferin nicht ausreiche. Dabei ist der Antrag vom 18. November 2014 bei verständiger Würdigung auch als Antrag auf Gewährung von Eingliederungshilfe nach §§ 41, 35a SGB VIII zu verstehen. Die Antragstellerin trägt vor, seit etwa zweieinhalb Jahren drogenabhängig zu sein, gegenüber dem Klinikum gab sie die Einnahme von Kokain, THC und Amphetaminen an. Das Klinikum diagnostizierte bei der Antragstellerin ein Abhängigkeitssyndrom (ICD 10 F 15.2, F 17.2) sowie einen schädlichen Gebrauch multipler Substanzen (ICD 10 F 19.1) und empfahl eine weitere Behandlung und Betreuung in einer suchtspezifischen Jugendhilfeeinrichtung bzw. erachtete dies als „notwendige Maßnahme“ (vgl. Stellungnahmen vom 30. Juli 2014, 3. September 2014 und 3. Dezember 2014). Es liegen damit gewichtige Anhaltspunkte für ein Abweichen der seelischen Gesundheit der Klägerin vom alterstypischen Zustand vor (§ 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Ferner bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Abweichung zu einer Teilhabebeeinträchtigung i. S. d. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII geführt hat. Die Antragstellerin trägt vor, sie habe die Schule ohne Abschluss verlassen, im anschließenden berufsvorbereitenden Jahr habe sie aufgrund zahlreicher unentschuldigter Fehltage eine Kündigung erhalten. Sie benötige dringend sozialtherapeutische Unterstützung, um eine eigenverantwortliche Lebensführung zu erlernen und therapeutische Hilfe, um ihr Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Der von der Antragstellerin damit geltend gemachte pädagogisch-therapeutische Hilfebedarf lässt sich unschwer den allgemeinen Zielen und Aufgaben der Eingliederungshilfe und der Hilfe für junge Volljährige zurechnen (vgl. Kunkel, SGB VIII, 5. Auflage, § 35a Rn. 40 ff., § 41 Rn. 2 ff.; vgl. zur Eingliederungshilfe als Hilfeform bei jungen Volljährigen mit Drogenproblematik auch VG Aachen, Beschluss vom 25. September 2006 - 2 L 416/06 -, juris). Im Übrigen geht aus dem Protokoll der Teamberatung vom 5. September 2014 eindeutig hervor, dass vorliegend auch der Antragsgegner eine Prüfung nach § 35a SGB VIII für angezeigt hielt.
Die Gewährung von Hilfen zur Erziehung schließt Leistungen der Eingliederungshilfe in der hier beantragten Form keineswegs aus. § 35a Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII sieht als mögliche Hilfeform auch die Eingliederungshilfe in Einrichtungen über Tag und Nacht sowie in sonstigen Wohnformen vor. Zudem ergibt sich aus § 35a Abs. 4 SGB VIII, dass auch Eingliederungshilfe zu leisten ist, wenn sich der Bedarf nicht allein mit erzieherischen Mitteln decken lässt (vgl. Kunkel, a. a. O., § 35a Rn. 23).
Über den im vorgenannten Sinne auszulegenden Antrag der Antragstellerin muss der Antragsgegner entscheiden. Entgegen seiner Rechtsauffassung kann er sich nicht auf die Zuständigkeit anderer Leistungsträger berufen. Abgesehen davon, dass viel dafür spricht, dass er der zuerst angegangene Leistungsträger i. S. d. § 43 Abs. 1 SGB I ist, ergibt sich dies jedenfalls aus § 14 SGB X. Werden – wie hier – Leistungen zur Teilhabe beantragt, so stellt der Rehabilitationsträger nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (Satz 2). Wird der Antrag – wie hier – nicht weitergeleitet, dann hat der Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich festzustellen. Mit dieser Regelung wird bei unterbliebener Weiterleitung und Ablauf der Zweiwochenfrist kraft Gesetzes die Zuständigkeit des erstangegangenen Trägers im Außenverhältnis zum Antragsteller begründet (vgl. etwa VGH München, Beschluss vom 1. Dezember 2003 – 12 CE 03.2683 -, juris; Knittel, SGB IX, 6. Auflage, § 14 Rn. 88), die auch die Koordinierungsaufgaben nach § 10 SGB IX umfasst. Damit wird das Ziel verfolgt, im Interesse von Leistungsberechtigten und Rehabilitationsträgern eine beschleunigte Klärung von Zuständigkeitsfragen herbeizuführen, damit Leistungen möglichst schnell erbracht werden können. Es soll – mit anderen Worten – genau die hier festzustellende Situation vermieden werden, dass sich kein Leistungsträger für einen geltend gemachten Hilfebedarf zuständig erachtet.
Für Rehabilitationsträger beinhaltet § 14 SGB IX eine abschließende Regelung, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen Zuständigkeit oder Leistungserbringung nach dem SGB I und den jeweiligen Leistungsgesetzen der Rehabilitationsträger vorgeht (vgl. Knittel, a. a. O., Rn. 27, m. w. N). Zu den Rehabilitationsträgern zählt auch der Jugendhilfeträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX), und zwar für die Leistungen nach § 5 Nr. 1 (medizinische Rehabilitation), Nr. 2 (Teilhabe am Arbeitsleben) und Nr. 4 (Teilhabe am Leben in der Gesellschaft). Die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger aber ohnehin auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind. Der Träger kann deshalb Rehabilitationsleistungen nur dann ablehnen, wenn keines der für den Hilfefall in Betracht kommenden Leistungsgesetze einen Anspruch begründet (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2014 - L 16 R 923/13 -, juris; Knittel, a. a. O., Rn. 92 ff., jeweils m. w. N); gegenüber dem eigentlich zuständigen Leistungsträger – so es einen solchen gibt – kann der erstangegangene Rehabilitationsträger allerdings nachträglich einen Kostenausgleich nach § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX und §§ 102 ff SGB X verlangen.
Die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB X begründete Zuständigkeit ist bindend und kann vom Träger nicht durch eine besondere Art der Verfahrensgestaltung umgangen werden (vgl. etwa VG Braunschweig, Beschluss vom 15. Januar 2003 – 3 B 150/03 -, juris). Dementsprechend ist es hier vollkommen unerheblich, dass die Antragstellerin im Januar 2015 - nach Aufforderung durch den Antragsgegner – auch einen Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung und der Krankenkasse gestellt hat. Offensichtlich unzutreffend ist deshalb die Auffassung im Schriftsatz des Antragsgegners vom 19. Februar 2015, vorliegend müsse ggf. die Krankenkasse die Erbringung von Leistungen koordinieren. Nichts anderes gilt für die vom Antragsgegner wiederholt zum Ausdruck gebrachte Ansicht, es sei in erster Linie Aufgabe der Antragstellerin, andere Sozialleistungsträger für den von ihr vorgebrachten Hilfebedarf „zu aktivieren“. Der Vortrag des Antragsgegners erweckt den Eindruck, dass ihm das Regelungskonzept des § 14 SGB IX entweder gänzlich unbekannt oder er nicht gewillt ist, eindeutige gesetzliche Vorgaben zu befolgen.
Für das weitere Verfahren hält es das Gericht für angezeigt, im Hinblick auf die hier im Raum stehenden jugendhilferechtlichen Leistungen ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:
a) Nach §§ 41 Abs. 2, 35a Abs. 1 SGB VIII besteht ein Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn (1.) die seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und (2.) daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Von einer seelischen Behinderung bedroht sind Kinder, Jugendliche und junge Volljährige, bei denen eine Beeinträchtigung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (§ 35a Abs. 1 S. 2 SGB VIII).
Das Verfahren zur Feststellung der Abweichung der seelischen Gesundheit regelt § 35a Abs. 1a SGB VIII. Hiernach hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Stellungnahme eines nach Maßgabe des Abs. 1a Satz 1 Nrn. 1 - 3 qualifizierten Arztes oder Psychotherapeuten einzuholen, die auf Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) erstellt ist und darlegt, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Mit dieser Vorschrift soll insbesondere sichergestellt werden, dass die bei den Jugendämtern nicht vorhandene ärztliche bzw. psychologische Fachkompetenz in das Hilfeplanverfahren einbezogen wird. Den fachlichen Einschätzungen zur Abweichung von der für das Lebensalter typischen Gesundheit kommt deshalb größeres Gewicht zu als den eigenen Beurteilungen des Jugendamtes (vgl. Beschluss der Kammer vom 8. September 2010 – VG 6 L 210/10 -; ferner VGH Mannheim, Beschluss vom 12. Dezember 2005 – 7 S 1887/05 -, juris; Stähr, in Hauck, SGB VIII, § 35a Rn. 36b). Mittels der vorgeschriebenen Begutachtung dürfte sich im vorliegenden Fall auch die Frage klären lassen, ob eine medizinische Behandlung der Antragstellerin ausreicht oder ob daneben pädagogisch-therapeutische Maßnahmen angezeigt sind, die primär an der psychischen Stabilisierung und sozialen Integration ausgerichtet sind (vgl. hierzu auch Stähr, a. a. O., Rn. 60). Der Gutachter soll nach § 36 Abs. 3 SGB VIII bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe beteiligt werden.
Bei der Feststellung der Teilhabebeeinträchtigung als zweites Tatbestandselement des § 35a Abs. 1 SGB VIII ist die selbstbestimmte und altersgemäße Ausübung sozialer Funktionen und Rollen in den zentralen Lebensbereichen zu beurteilen (vgl. VG Hannover, Urteil vom 20. Mai 2008 - 3 A 3648/07 -, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 5. März 2008 - 19 K 1659/07 -, juris; Kunkel, Das Verfahren zur Gewährung einer Hilfe nach § 35a SGB VIII, JAmt 2007, S. 17 ff.). Dabei ist es grundsätzlich ausreichend, dass die Teilhabebeeinträchtigung in einem dieser zentralen Lebensbereiche gegeben ist (ebenso Kunkel, a. a. O., S. 18; VG Hannover, a. a. O.; VG Frankfurt (Oder), Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - 6 K 50/05 -, juris, und vom 8. September 2010 - VG 6 L 210/10 -; Urteil vom 26. August 2009 - 6 K 2297/04 -, juris; vgl. ferner BT-Ds. 14/5074, S. 98). Auch setzt § 35a Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII keine besonders gravierende Intensität der (drohenden) Teilhabebeeinträchtigung voraus. Die Beeinträchtigung der Teilhabe genügt nach dem Wortlaut der Bestimmung, das Teilhabevermögen muss nicht gestört oder gar ganz entfallen sein. An die Prognose, ob eine Eingliederungsstörung droht, dürfen daher nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Hiervon ausgehend deutet im vorliegenden Fall vieles auf eine relevante Teilhabebeeinträchtigung hin. Die Antragstellerin hat keinen Schulabschluss und scheint nach Aktenlage aufgrund ihrer Suchtmittelanhängigkeit zu einer Fortsetzung ihrer schulischen Ausbildung oder zum Beginn einer beruflichen Ausbildung nicht in der Lage zu sein. Damit dürfte ihre Teilhabe am Leben jedenfalls in schulischer und beruflicher Hinsicht erheblich beeinträchtigt sein, was nach den vorgenannten Grundsätzen ausreicht, um eine Teilhabebeeinträchtigung i. S. d. § 35a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII zu bejahen. Ohnehin spricht viel dafür, dass Suchtkrankheiten nach ICD 10 F 1 eine Teilhabebeeinträchtigung indizieren und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Leistungsanspruch auslösen (so ausdrücklich Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage, § 35a Rn. 13).
b) Hinsichtlich des ebenfalls unbeschiedenen Antrags nach §§ 41, 34 SGB VIII ist vom Antragsgegner zu beachten, dass auf entsprechende Leistungen ein Rechtsanspruch besteht, wenn über die allgemeinen – vom Antragsgegner selbst bejahten –Voraussetzungen für eine Hilfe zur Erziehung nach §§ 41, 27 SGB VIII hinaus eine Hilfe nach § 34 SGB VIII geeignet und notwendig ist (vgl. Kunkel, a. a. O., § 34 Rn. 7). Hierzu hat der Antragsgegner bislang keine erkennbaren Feststellungen getroffen, sondern lediglich (unzutreffend) auf die Zuständigkeit anderer Leistungsträger für diese Hilfe verwiesen. Weshalb der Antragsgegner die seit Oktober 2014 gewährte Hilfe nach §§ 41, 30 SGB VIII als erfolgreich ansieht (vgl. Schriftsatz vom 5. März 2015), ist nicht nachvollziehbar. In dem Protokoll des vom Antragsgegner zur Begründung seiner Einschätzung angeführten letzten Hilfeplangesprächs vom 19. Februar 2015 ist festgehalten, dass die Antragstellerin von weiterem Drogenkonsum berichte (u. a. Crystal Meth, Speed, Extasy) und sie aufgrund ihrer Suchtmittelabhängigkeit nicht in der Lage sei, ihre schulische Ausbildung fortzusetzen.
2. Die dem Antragsgegner gesetzte Entscheidungsfrist orientiert sich an den Regelungen in § 14 Abs. 2 Satz 2 und 4, Abs. 5 Satz 2 und 5 SGB IX. Danach entscheidet der Rehabilitationsträger, wenn ein Gutachten nicht eingeholt wird, innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang (Abs. 2 Satz 2). Ist ein Gutachten erforderlich, so ist dieses unverzüglich in Auftrag zu geben und innerhalb von zwei Wochen nach Auftragserteilung zu erstellen (Abs. 5 Satz 2 und 5); die Entscheidung ist dann innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens zu treffen (Abs. 2 Satz 4). Hiervon ausgehend erscheint die eingeräumte Frist angemessen. Für die Einräumung einer längeren Frist sind keine Gründe ersichtlich, zumal der Antragsgegner mit dem Hilfefall bereits hinlänglich vertraut ist.
3. Im Übrigen ist der Antrag abzulehnen. Das Gericht sieht sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt gehindert, den Antragsgegner zu einer konkreten Hilfemaßnahme zu verpflichten. Der Hilfebedarf der Antragstellerin bedarf nach Einschätzung des Gerichts zunächst weiterer, insbesondere gutachterlicher Aufklärung. Zudem steht dem Antragsgegner hinsichtlich der Auswahl der geeigneten und notwendigen Hilfe grundsätzlich ein Beurteilungsspielraum zu, wobei das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses allerdings „fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss“ (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Januar 2010 - OVG 6 S 26.09 -; VGH Kassel, Urteil vom 20. August 2009 - 10 A 1874/08 -, juris). Auch unter Berücksichtigung des Gebots effektiven Rechtsschutzes erscheint es – jedenfalls derzeit – noch ausreichend, den Antragsgegner nur zur Bescheidung zu verpflichten.
4. Der Bescheidungsanspruch der Antragstellerin kann im Wege der einstweiligen Anordnung gesichert werden. Die in § 14 SGB IX festgelegten Fristen belegen, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf rasche Entscheidung über ihren Hilfeantrag hat. Sie hat deshalb auch ein berechtigtes Interesse, dass der Antragsgegner nicht erst nach Durchführung des Hauptsacheverfahrens in eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen eintritt (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 20. Dezember 2013 – VG 1 L 294.13 -, juris). Dementsprechend ist vorliegend auch ein Anordnungsgrund zu bejahen. Der Antragstellerin kann ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zugemutet werden, da hierdurch ihr Anspruch auf unverzügliche Feststellung des Rehabilitationsbedarfs (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) vereitelt würde. Zudem stünde in diesem Fall die weitere Verfestigung oder gar Verschlimmerung des bei der Antragstellerin festgestellten Krankheitsbildes zu befürchten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).