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Entscheidung VG 1 K 277/10


Metadaten

Gericht VG Cottbus 1. Kammer Entscheidungsdatum 14.01.2011
Aktenzeichen VG 1 K 277/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 100 GG, § 2 Abs 1 S 2 KAG BB, § 14 VergnG BB, § 20 VergnG BB

Tenor

Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 17. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2010 über Vergnügungssteuer für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit für den Zeitraum Juni bis Dezember 1998 wird aufgehoben, soweit der Beklagte einen Betrag von mehr als 11.970,00 DM (6.120,16 €) festgesetzt hat.

Der Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 3. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2010 über Vergnügungssteuer für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 wird aufgehoben, soweit der Beklagte einen Betrag von mehr als 21.600,00 DM (11.043,90 €) festgesetzt hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Vergnügungssteuer für von ihr gehaltene Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit durch den Beklagten.

Die Klägerin betreibt in eine Spielhalle in der P.-gasse.

Mit (Änderungs-)Bescheid vom 17. Juni 1998 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Monate Juni bis Dezember 1998 für diese Spielstätte Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 35.910,00 DM (18.360,49 €) fest, wobei er einen monatlichen Steuersatz von 270,00 DM für 19 Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit ansetzte.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 18. Juni 1998 Widerspruch.

Mit Bescheid vom 3. Januar 2000 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin für die Monate Januar bis Dezember 2000 für diese Spielstätte Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 64.800,00 DM (33.131,71 €) fest, wobei er einen monatlichen Steuersatz von 270,00 DM für 20 Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit ansetzte.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 10. Januar 2000 Widerspruch.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 19. März 2010 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 13. April 2010 Klage erhoben. Die Unvereinbarkeit der Veranlagung von Vergnügungssteuern nach dem sogenannten Stückzahlmaßstab mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Die Vergnügungssteuer in Form der Pauschalsteuer sei auch nicht für einen Übergangszeitraum anwendbar. Es fehle daher bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage für die angegriffene Vergnügungssteuerveranlagung.

Die Klägerin beantragt,

den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 17. Juni 1998 über Vergnügungssteuer für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit für den Zeitraum Juni bis Dezember 1998 in Höhe von 35.910,00 DM (18.360,49 €) und

den Vergnügungssteuerbescheid des Beklagten vom 3. Januar 2000 über Vergnügungssteuer für Spielapparate mit Gewinnmöglichkeit für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 in Höhe von 64.800,00 DM (33.131,71 €)

jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2010

aufzuheben und

die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen der Klägerin unter Auseinandersetzung im Einzelnen und unter Bezugnahme auf aktuelle Rechtsprechung zu Fragen des Vergnügungssteuerrechts entgegen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19. August 2010 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakte, den vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (Beiakte I) sowie die vom Beklagten eingereichten Satzungsunterlagen (Beiakten II und III) Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Die angefochtenen Vergnügungssteuerbescheide des Beklagten vom 17. Juni 1998 und 3. Januar 2000 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]), soweit der Beklagte Steuerbeträge von mehr als 11.970,00 DM (6.120,16 €) bzw. 21.600,00 DM (11.043,90 €) festgesetzt hat; im Übrigen aber erweisen sie sich als rechtmäßig.

1. Die streitgegenständlichen Bescheide finden, soweit der Beklagte Steuerbeträge für den Zeitraum Juni bis Dezember 1998 in Höhe von 11.970,00 DM (6.120,16 €) und für den Zeitraum Januar bis Dezember 2000 in Höhe von 21.600,00 DM (11.043,90 €) festgesetzt hat, ihre Rechtsgrundlage in den Bestimmungen der §§ 1, 2, 4 und 14 des Vergnügungssteuergesetzes für das Land Brandenburg (VergnügStG) vom 27. Juni 1991 (GVBl. S. 205), geändert durch Gesetz vom 12. April 1996 (GVBl. I S. 162).

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 VergnügStG unterliegt das Halten von Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen einerseits und in Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Gastwirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen, Vereins-, Kantinen- oder ähnlichen Räumen sowie anderen jedermann zugänglichen Orten andererseits der Besteuerung durch die Gemeinden (vgl. § 1 VergnügStG). Die Pauschsteuer für das Halten eines Musik-, Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparates wird gemäß § 14 Abs. 1 VergnügStG nach festen Sätzen erhoben. Für Apparate mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen beträgt die Steuer 90,00 DM je Apparat (§ 14 Abs. 2 VergnügStG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Die Festsetzung der Vergnügungssteuer nach dem in § 14 Abs. 1 VergnügStG ausschließlich vorgesehenen Stückzahlmaßstab ist vorliegend nicht zu beanstanden. Die diesbezüglichen Regelungen des Vergnügungssteuergesetzes sind auf die hier in Rede stehende Vergnügungssteuererhebung durch den Beklagten anzuwenden.

Zwar ergeben sich im Ergebnis grundlegende Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des Stückzahlmaßstabes mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschl. v. 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 -, juris, BVerfGE 123, 1). In diesem Beschluss betreffend die Regelung des § 4 Abs. 1 des Hamburgischen Spielgerätesteuergesetz (SpStGHA) hat sich das Bundesverfassungsgericht auf den Standpunkt gestellt, die Verwendung des Stückzahlmaßstabes für die Besteuerung von Gewinnspielautomaten sei mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Der Stückzahlmaßstab sei als generell ungeeignet für die Bemessung der Spielgerätesteuer anzusehen, weil er allenfalls in mehr oder weniger zufälligen Einzelkonstellationen den nach dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit geforderten hinreichenden Bezug zwischen der Steuerbemessung und dem Vergnügungsaufwand des Spielers sicherzustellen vermöge. Nichts anderes gilt für die entsprechenden Vorgaben des Vergnügungssteuergesetzes für das Land Brandenburg mit seiner Festlegung ebenfalls auf die Anwendung des Stückzahlmaßstabes.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht im genannten Beschluss weiterhin ausgeführt, die Verfassungswidrigkeit des § 4 Abs. 1 SpStGHA führe nicht zu dessen Nichtigkeit. Es verbleibe vielmehr bei der Feststellung der Unvereinbarkeit der Vorschrift mit Art. 3 Abs. 1 GG. Die Spielgerätesteuer könne mit dem Stückzahlmaßstab noch für eine Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des Spielvergnügungssteuergesetzes in Hamburg am 1. Oktober 2005 erhoben werden. Grund hierfür sei zum einen das haushalterische Interesse an den veranschlagten Einnahmen aus der Spielgerätesteuer, deren Erhebung dem Grunde nach keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sei. Zum anderen hätten die betroffenen Automatenhalter mit der Belastung rechnen müssen, sofern sie denn verfassungsgemäß ausgestaltet worden wäre. Die erhobene Steuer sei bereits auf die Nutzer der Geräte abgewälzt worden. Eine Unanwendbarkeit des Stückzahlmaßstabes könne den mit ihr schon belasteten Spielern im Nachhinein nicht mehr zugute kommen.

Diese Überlegungen greifen auch hier. Bis zur Rechtsprechungsänderung des Bundesverwaltungsgerichts durch die Entscheidungen vom 13. April 2005 - 10 C 5.05 - und vom 26. September 2007 - 9 B 12.07 - hat sich das Land Brandenburg mit der uneingeschränkten Verwendung des Stückzahlmaßstabs bei der Spielapparatesteuer im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Bundesfinanzhof befunden. Das gleiche gilt für die Gemeinden, die von der Ermächtigung zur Erhöhung der gesetzlichen Steuersätze Gebrauch gemacht haben. Nach der Rechtsprechungsänderung hat das Land das Vergnügungsteuergesetz mit Wirkung vom 1. August 2006 ohnehin aufgehoben (vgl. Art. 22 Nr. 1 und 2 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 S. 3 des Ersten Brandenburgischen Bürokratieabbaugesetzes vom 28. Juni 2006 [GVBl. I S. 74]). Müssten das Land oder die Gemeinden die Spielapparatesteuer für die Zeit vorher rückwirkend mit einem wirklichkeitsnahen, am Spieleinsatz orientierten Maßstab versehen, begegnet dies erheblichen tatsächlichen Schwierigkeiten bei der nachträglichen Ermittlung dieser Spieleinsätze. Umgekehrt ist nicht zu erwarten, dass eine Erhebung der Spielapparatesteuer nach den tatsächlichen Spieleinsätzen für alle Automatenaufsteller günstiger sein wird. Außerdem ist auch für die Automatenaufsteller im Land Brandenburg davon auszugehen, dass sie sich auf die Erhebung der Spielapparatesteuer nach dem Stückzahlmaßstab eingestellt und die Steuer auf die Spieler umgelegt haben; den eigentlich Belasteten käme die Nichtigerklärung des Gesetzes nicht zu Gute. Im Ergebnis dessen ist bezüglich der Anwendung des Stückzahlmaßstabes das Vergnügungssteuergesetz bis zu seinem Außerkrafttreten mit Ablauf des 31. Juli 2006 anzuwenden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15. Juli 2009 - OVG 9 S 61.08 -; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 3. Dezember 2009 - 14 A 3281/07 -, juris; BFH, Beschl. v. 27. Oktober 2000 - VIII B 77/00 -, juris).

Die Annahme der Verfassungswidrigkeit des Stückzahlmaßstabes im Land Brandenburg könnte nur dann zur vollständigen Aufhebung der im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Bescheide führen, wenn abweichend von den vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 4. Februar 2009 aufgestellten Grundsätzen das Bundesverfassungsgericht nicht nur die Unvereinbarkeit der Vorgaben des Vergnügungssteuergesetzes für das Land Brandenburg betreffend die Anwendung des Stückzahlmaßstabes sondern sogar deren Nichtigkeit feststellen würde. Dies würde wiederum eine Vorlage durch das Gericht an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG im Wege eines Normenkontrollverfahrens erfordern. Die Voraussetzungen einer solchen Vorlage an das Bundesverfassungsgericht sieht das Gericht jedoch als nicht gegeben an.

Das Verfahren der Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG dient dem Ziel, eine verfassungsmäßige Entscheidung in einem konkreten Rechtsstreit zu gewährleisten. Sie soll verhindern, dass der vom Gericht zu treffenden Entscheidung mit der Verfassung nicht in Einklang stehendes Recht zugrunde gelegt wird. Demgemäß ist dieses - dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung zugewiesene - Zwischenverfahren dann geboten und zulässig, wenn es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zu prüfenden Norm ankommt; sie muss für den Ausgang des Rechtstreits entscheidungserheblich sein. Das ist nur dann der Fall, wenn bei Ungültigkeit der Norm anders entschieden werden müsste als bei deren Gültigkeit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. Oktober 1977 - 1 BvL 9/72 -, juris; BVerfG, Beschl. v. 22. Juli 2009 - 1 BvL 9/07 -, juris). Im Rahmen der Vorlage muss das vorliegende Gericht seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung vorgelegten Norm darlegen und dabei nicht nur deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist, sondern sich mit allen naheliegenden Gesichtspunkten auseinandersetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1. September 2009 - 2 BvL 10/07 -, juris) und damit auch mit verfassungsrechtlichen Vorfragen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. Oktober 1977 - 1 BvL 9/72 -, juris). Zu derartigen verfassungsrechtlichen Vorfragen gehört auch die Frage, ob das Fehlen einer notwendigen gesetzlichen Grundlage für eine Übergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 1. März 1978 - 1 BvL 24/76 -, juris). Damit ist die Frage der Weitergeltung einer Rechtsnorm im Rahmen der Prüfung, ob überhaupt eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht erfolgen soll, und bei der Begründung einer solchen Vorlage zu berücksichtigen. Mit seinem Beschluss vom 4. Februar 2009 hat das Bundesverfassungsgericht die sich hier stellende Problematik in Bezug auf die Anwendung des Stückzahlmaßstabes geklärt und dessen vorübergehende weitere Anwendbarkeit trotz bestehender Verfassungswidrigkeit bejaht. Wenn danach der Stückzahlmaßstab anzuwenden ist, wäre trotz Ungültigkeit der Norm im vorliegenden Verfahren nicht anders zu entscheiden als bei Annahme ihrer Gültigkeit (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15. Juli 2009 - OVG 9 S 61.08 -; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 3. Dezember 2009 - 14 A 3281/07 -, juris).

Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 2010 (- 9 CN 1.09 -, juris) geltend macht, dass eine übergangsweise Weitergeltung des Stückzahlmaßstabes nicht zulässig sei, verfängt dies vorliegend nicht. Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betraf - anders als im vorliegenden Fall - ein Landesrecht, nach dem die Vergnügungssteuer für Spielapparate ohne Vergnügungssteuergesetz allein in Ausübung der kommunalen Abgabensatzungshoheit erhoben wurde.

2. Den angefochtenen Vergnügungssteuerbescheiden fehlt demgegenüber ein taugliche Rechtsgrundlage, soweit der Beklagte Steuerbeträge von mehr als 11.970,00 DM (6.120,16 €) bzw. 21.600,00 DM (11.043,90 €) festgesetzt hat. Denn eine wirksame Satzung der Stadt, die nach Maßgabe des § 20 VergnügStG eine Erhöhung der Steuersätze nach § 14 VergnügStG auf 270,00 DM - wie vom Beklagten der Besteuerung zugrunde gelegt - vorsieht, liegt nicht vor.

a. Die Vergnügungssteuersatzung der Stadt (1993-2004) vom 22. September 2010 - veröffentlicht im Amtsblatt für die Stadt - … Anzeiger vom 15. Oktober 2010 - ist unwirksam, da sie nicht die Mindestanforderungen an eine Abgabensatzung nach § 2 Abs. 1 S. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 2004 (GVBl. I S. 174), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Mai 2009 (GVBl. I S. 160), erfüllt. Nach der genannten Norm dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, die den Kreis der Abgabeschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit angibt. Dem wird die fragliche Satzung nicht gerecht, denn jedenfalls eine Bestimmung über den Kreis der Abgabeschuldner und den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit lassen sich ihr nicht entnehmen.

Der Umstand, dass sich die Satzung allein auf einen Zeitraum bezieht, der abgeschlossen in der Vergangenheit liegt und für den auch das Vergnügungssteuergesetz noch Geltung beanspruchte, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn dieser Umstand befreit nicht von den im Zeitpunkt des Satzungserlasses geltenden gesetzlichen Bestimmungen, zu denen maßgeblich § 2 Abs. 1 S. 2 KAG zählt.

b. Die Vergnügungssteuersatzung der Stadt vom 18. August 1993 - veröffentlicht im … Anzeiger - Amtliches Mitteilungsblatt der Stadt vom 8. September 1993 - scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus, denn sie ist ebenfalls unwirksam. Sie leidet an zur Unwirksamkeit führenden Fehlern der Ausfertigung. Zum einen wurde sie vom unzuständigen Organ - Stadtverordnetenvorsteher statt Bürgermeister (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urt. v. 23. März 2000 - 2 A 226/98 -; OVG für das Land Brandenburg, Urt. v. 15. Dezember 1999 - 2 D 19/98.NE -) - unterzeichnet. Zum anderen weist die unterzeichnete Urkunde kein Ausfertigungsdatum auf, obwohl ein solches auch unter Geltung des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) erforderlich war (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urt. v. 27. März 2002 - 2 A 480/00 -; OVG für das Land Brandenburg, Urt. v. 5. Dezember 2001 - 2 A 611/00 -).

Diese Mängel der Ausfertigung sind auch nicht aufgrund besonderer landesgesetzlicher Regelungen unbeachtlich geworden, nach denen sich die Fehlerfolgen der Verletzung landesrechtlicher Verfahrens- oder Bekanntmachungsmängel allein richten. Die Unbeachtlichkeitsvorschriften der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg (Gemeindeordnung - GO) und der am 28. September 2008 in Kraft getretenen Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf) greifen hier nicht, denn auf Ausfertigungsmängel lassen sich eventuelle Unbeachtlichkeitsvorschriften der Gemeindeordnung (§ 5 Abs. 4 S. 1 GO) oder der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (§ 3 Abs. 4 i.V.m. § 141 Abs. 3 S. 2 BbgKVerf) in Bezug auf Verfahrens- oder Formfehler bei verfassungskonformer Auslegung ohnehin nicht anwenden. Denn bei der Ausfertigung von Satzungen handelt es sich um ein grundlegendes Element jeglichen Rechtsetzungsverfahrens, das zur Rechtsstaatlichkeit gehört, da Rechtsnormen nicht mit einem anderen als dem vom Normgeber gewollten Inhalt erlassen werden dürfen. Dies verlangt die Identität der anzuwendenden Norm und ihres Inhalts mit dem vom Normgeber Beschlossenen. Das Unterbleiben einer Ausfertigung stellt einen Verstoß gegen ein verfassungsrechtliches Gültigkeitserfordernis und damit stets einen beachtlichen Mangel dar, auf den fachgesetzliche Unbeachtlichkeitsregelungen keine Anwendung finden können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12. Mai 2009 - OVG 10 A 7.08 -, juris).

c. Die vorläufige Satzung zur Erhebung von Vergnügungssteuern für Spielgeräte vom 23. Januar 1991 stellt eine tragfähige Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Bescheide schon deshalb nicht dar, weil der Beklagte jedenfalls den Nachweis einer Bekanntmachung dieser Satzung nicht geführt hat, obwohl die öffentliche Bekanntmachung einer Satzung auch nach § 5 Abs. 3 Kommunalverfassung DDR erforderlich war. Mangels einer nachgewiesenen tatsächlich bewirkten Bekanntmachung scheidet auch die Anwendung der Unbeachtlichkeitsvorschriften des § 3 Abs. 4 i.V.m. § 141 Abs. 3 BbgKVerf oder des § 5 Abs. 4 GO aus.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.