Die Berufung hat keinen Erfolg. Insofern war sie zurückzuweisen.
I.
Die Berufung ist statthaft, da sie vom Arbeitsgericht zugelassen worden ist (§ 64 Abs. 2 a ArbGG). Die Berufung ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht Cottbus die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers eine Zeitgutschrift in Höhe von 11 Stunden und 35 Minuten vorzunehmen.
1. Die Beklagte war auf Basis der Betriebsvereinbarung Nr. 10 und der entsprechenden Protokollnotiz befugt, in der Zeit vom 14. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009 Kürzungen auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers im unstreitigen Umfang von 11 Stunden und 35 Minuten vorzunehmen.
Die Betriebsvereinbarung Nr. 10 (Kopie Bl. 5 ff. d. A.) ermöglicht zwei Arbeitszeitmodelle. Nach dem Arbeitszeitmodell B gilt die dienstplanmäßige Arbeitszeit durch den Beschäftigten als erbracht. Der Kläger hatte sich jedoch für das Arbeitszeitmodell A entschieden. Danach werden die Über- oder Unterschreitungen der täglichen dienstplanmäßigen Arbeitszeit minutengenau erfasst. Dies war auch erfolgt.
Die Protokollnotiz zur Betriebsvereinbarung Nr. 10 sieht als Regelung zur Gegenrechnung der stückbezogenen Zulagen für die Zustellung von „Infopost schwer“ in den Arbeitszeitkonten folgende Regelungen vor:
„4. Für die Zahlung des Stücklohns werden in den Arbeitzeitkonten auf Grundlage der BV Nr. 10, § 5, Abs. 2 adäquate Zeitanteile gegengerechnet.
5. Die Gegenrechnung nach Abs. 4 erfolgt in Höhe von einer Stunde je 42 vorbereiteten und zugestellten Sendungen. Ein Zustellversuch gilt als Zustellung.“ (Kopie Bl. 61 d. A.).
Entsprechend dieser Regelung hat die Beklagte die Kürzungen im Arbeitszeitkonto des Klägers vorgenommen, da er entsprechende Mengen von „Infopost schwer“ zugestellt hatte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dies in rechnerisch richtiger Höhe erfolgte.
2. Die Betriebsvereinbarung Nr. 10 und die entsprechende Protokollnotiz sind auch nicht unwirksam. Sie verstoßen nicht gegen § 77 Abs. 3 BetrVG.
Nach dieser Norm können Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG soll hierdurch die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie gewährleistet sein. Den Tarifvertragsparteien werde der Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen eingeräumt. Diese Befugnisse sollen nicht durch ergänzende und abweichende Regelungen der Betriebspartner ausgehöhlt werden können. Eine die Sperrwirkung auslösende tarifliche Regelung setze voraus, dass der Tarifvertrag hinsichtlich der infrage stehenden Arbeitsbedingungen eine positive Sachregelung enthält. Der Umfang einer tariflichen Regelung sei insbesondere durch Auslegung des Tarifvertrages zu ermitteln (BAG vom 29.10.2002 - 1 AZR 573/01 - NZA 393, 394).
Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch darauf hingewiesen, dass eine Sperrwirkung nicht eintritt, wenn der Tarifvertrag nur lückenhafte oder ergänzungsbedürftige Rahmenregelungen enthält (Fitting u. a. § 77 Rn. 84). Auch wenn die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Angelegenheit einfach nicht regeln, z. B. weil sie sich hierüber nicht haben einigen können, tritt die Sperrwirkung nicht ein (a. a. O. Rn. 86).
Die den TV Nr. 88 Nr. 112 b, 130 a und ab 1. Januar 2010 Nr. 147 b enthalten folgende Regelung:
§ 2
Höhe des Stücklohns, Zahlungsweise
(1) Der Stücklohn beträgt 0,08 € für die Vorbereitung einer Sendung „Infopost schwer“ und 0,35 € für die Zustellung einer Sendung „Infopost schwer“. Mit der Zahlung des Stücklohns sind alle Tätigkeiten abgegolten. Eine zeitwirtschaftliche Erfassung erfolgt nicht mehr.
Protokollnotiz zu Absatz 1:
Solange und soweit Sendungen „Infopost schwer“ noch in die Zeitwirtschaft einbezogen sind und der daraus sich ergebende Personalbedarf realisiert ist, bleibt die Zahlung von Stücklohn ausgeschlossen.
Die durch den Stücklohn abgegoltenen Leistungen sind identisch mit denen des Tarifvertrages Nr. 88 i. d. F. vom 13.12.2000.
(2) Die Auszahlung des Stücklohns nach Abs. 1 richtet sich nach § 29 Abs. 6 ETV-DP AG.
Bei Auslegung dieser tarifvertraglichen Norm (vgl. hierzu BAG vom 17.10.2007 - 4 AZR 1005/06 - NZA 2008, 713 Rn. 40) ergibt sich, dass Anrechnungsregelungen nicht tarifvertraglich untersagt sind. Eine Regelung ist daher auf Ebene der Betriebsvereinbarung möglich.
Für die Ansicht des Klägers spricht, dass der Tarifvertrag selbst als „Tarifvertrag stückbezogene Zulagen“ bezeichnet wird. Zulagen werden jedoch üblicherweise zum normalen Entgelt, somit hier zum hiesigen Zeitlohn, gezahlt. Für die Ansicht des Klägers könnte ferner sprechen, dass in den §§ 4, 10 des TV Nr. 88 ursprünglich Gegenrechnungsregelungen, teilweise beschränkt auf einzelne Zeiträume, ausdrücklich enthalten waren. Dies könne dafür sprechen, dass mit Ablösung des TV Nr. 88 die Tarifvertragsparteien nunmehr der Ansicht waren, dass der Stücklohn zusätzlich zum Zeitlohn zu zahlen wäre. In diesem Fall wäre eine Gegenrechnung nicht erlaubt.
Hiergegen spricht jedoch der Wortlaut der oben wiedergegebenen Norm, wonach mit der Zahlung des Stücklohns alle Tätigkeiten abgegolten sein sollen. Dann würde die Berücksichtigung im Rahmen der normalen Zeiterfassung zu einer doppelten Entlohnung führen. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts kann aus § 2 I 3 jedoch nicht abgeleitet werden, dass eine Berücksichtigung im Arbeitszeitkonto nicht erfolgt. Die dort angegebene zeitwirtschaftliche Erfassung meint nicht Erfassungen im Rahmen eines Arbeitszeitkontos. Die zeitwirtschaftliche Erfassung bezeichnet nach Willen der Tarifvertragsparteien vielmehr die Berechnungsweise, mit der die einzelnen Zustellbezirke zugeschnitten werden. Unstreitig werden inzwischen die Zustellungen von „Infopost schwer“ nicht mehr in die Zeitwirtschaft einbezogen, was im Übrigen nach der Protokollnotiz auch Bedingung dafür ist, dass überhaupt die Zahlung von Stücklohn möglich wird.
Für die Sichtweise der Beklagten spricht auch die sonstige Tarifgeschichte. So war in § 3 der Anlage 10 zum TV Nr. 403 ausdrücklich ein Wahlrecht geregelt worden, wonach bei der Katalogzustellung anstelle der stückbezogenen Zulage auch die Anerkennung von Überzeitarbeit beansprucht werden kann. Dies zeigt eindeutig, dass trotz der Wortwahl als „Zulage“ diese Vergütung alternativ zur reinen Überzeitarbeit gesehen wurde. Auch im Tarifvertrag Nr. 88 war für den Bereich der Briefzustellung in § 10 eine Gegenrechnung und im § 4 für den Bereich der Paketzustellung teilweise ebenfalls eine Gegenrechnung enthalten. Die Tarifvertragsparteien wollten insoweit eine alternative Vergütung regeln. Soweit erstmals im Tarifvertrag 112 b eine tarifvertragliche Regelung zur Gegenrechnung nicht mehr enthalten ist, so sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien nunmehr die Zahlung der Zulage zusätzlich zur Überzeitarbeit oder der normalen Grundvergütung regeln wollten. Die D. P. AG begründet dies in ihrer Stellungnahme damit, dass parallel der Tarifvertrag Nr. 75 b entfallen sei, der insbesondere einen Verweis auf beamtenrechtliche Reglungen zur Überzeitarbeit enthalten hätte. V. geht in ihrer Stellungnahme davon aus, dass man sich darauf geeinigt hätte, das Sendungsaufkommen außerhalb der Kataloghauptzeit nicht mehr zeitwirtschaftlich zu erfassen. Es sei jedoch kein Einvernehmen über die Fortschreibung der Gegenrechnung erzielt worden.
Selbst wenn die Sichtweise von v. in ihrer Tarifauskunft richtig wäre, dann stellt die nicht mehr vorhandene Regelung im Tarifvertrag keine Sperre im Sinne des § 77 Abs. 3 dar. Die Tarifvertragsparteien hätten sich vielmehr dann nicht darauf geeinigt, wie die Gegenrechnung zu erfolgen hätte. Dies bedeutet jedoch im Umkehrschluss nicht, dass eine Einigung im Hinblick auf eine doppelte Bezahlung erfolgt wäre. Die positive Absicht behauptet v. in ihrer Stellungnahme auch nicht. Vom Sinn und Zweck her ist dann jedoch eine Gegenrechnung notwendig, um eine doppelte Vergütung zu vermeiden. Wenn die entsprechende Regelung nicht auf Tarifvertragsebene erfolgt, dann ist sie auf der Ebene der Betriebsvereinbarung möglich.
Dem steht auch nicht das Vorbringen des Klägers entgegen, wonach die Beklagte im Rahmen von Altersteilzeitverträgen die hier streitigen Stücklöhne als „Zulagen“ im eigentlichen Sinne behandelt. Eine evtl. systemwidrige Handhabung durch die Beklagte im Rahmen von Altersteilzeitverträgen bei der Berechnung des Aufstockungsbetrages reicht als Indiz jedenfalls nicht aus, um die hiesigen tarifvertraglichen Regelungen anders auszulegen.
Es wird auch nicht der Ansicht des Klägers gefolgt, dass die Betriebsvereinbarung Nr. 10 einen Eingriff in die Wochenarbeitszeit darstelle. Der Kläger begründet dies beispielhaft damit, dass eine solche Betriebsvereinbarung theoretisch auch für die Zustellung einer einzigen Sendung eine Gegenrechnung in Höhe von einer Stunde vorschreiben könnte. Bei solchen und ähnlichen Gegenrechnungen käme es in der Tat leicht zu einer Arbeitszeitschuld der Arbeitnehmer. Es kann offen bleiben, ob solche Regelungen gegen die hiesigen Tarifverträge verstoßen würden. § 5 Ziff. 4 BV Nr. 10 bestimmt hingegen, dass selbst nach Ablauf von 12 Monaten bei einer offen gebliebenen Minderleistung die geschuldete Arbeitsleistung als erbracht gilt. Insofern ergibt sich keine Arbeitszeitschuld, die nachzuarbeiten wäre.
III.
Der Kläger hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 ZPO).
Die Revision ist für den Kläger wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).