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Entscheidung 11 U 39/08


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 11. Zivilsenat Entscheidungsdatum 09.02.2010
Aktenzeichen 11 U 39/08 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. Januar 2008 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus (4 O 325/06) abgeändert.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 97.180,43 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. November 2006 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Klägerin 21 % und die Beklagten 79 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten dürfen jeweils auch in Form einer unbefristeten, unbedingten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer auf dem Gebiet der Europäischen Union ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil beschwert die Beklagten um 97.180,43 €.

Der Streitwert im Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 11.01.2009 123.770,13 €; ab dem 12.01.2010 97.180,43 €

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten, die Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses in H… sind, auf die Rückzahlung von Fördermitteln in Anspruch. Am 21.06.1994 schlossen die Parteien einen so genannten Modernisierungs- und Instandsetzungsvertrag. Auf seinen aktenkundigen Inhalt wird der Einzelheiten wegen Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 04.10.2002 widerrief das Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwe- sen gegenüber der Klägerin die so genannte Einzelbestätigung mit Wirkung ab dem 02.06.1994 vollständig. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 24.10.2002, dem das Landesamt mit Bescheid vom 15.08.2003 zum Teil stattgab. Darin wurde der von den Beklagten zu erstattende Betrag nunmehr auf 123.770,13 € festgesetzt. Mit Schreiben vom 17.09.2003 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die unberechtigt erhaltenen Fördermittel in dieser Höhe zurückzuerstatten.

Wegen des Sach- und Streitstandes der ersten Instanz im Übrigen kann auf das landgericht-liche Urteil Bezug genommen werden, in dessen Tatbestandsteil alle wesentlichen Umstände auf der Grundlage des Parteienvorbringens vollständig und zutreffend wiedergegeben werden.

Die Kammer hat die Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt ihrer Ansicht nach erfolg-reicher Verjährungseinrede vollständig abgewiesen. Auch auf die Rechtsausführungen in der angefochtenen Entscheidung nimmt der Senat zwecks Vermeidung von Wiederholungen Be-zug.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie den in erster Instanz geltend ge-machten Anspruch zunächst uneingeschränkt weiter verfolgt hat. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.01.2010 hat sie die Klage um den Betrag von 26.589,70 € ermäßigt. Sie begründet ihr Rechtsmittel zusammengefasst wie folgt.

Die Klägerin beanstandet, das Landgericht habe den Streitfall zu Unrecht nach den Regeln des alten Verjährungsrechts gelöst und die Vorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB übersehen. Sie, die Klägerin, habe erst mit dem Erhalt des Widerspruchsbescheids des Landesamts für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vom 15.08.2003 Kenntnis von den tatsächlichen Voraus-setzungen des Klageanspruchs gehabt. Auf diese Kenntnis komme es an. Vorher habe der Lauf der Verjährungsfrist nicht beginnen können. Daher sei eine Verjährung erst am 31.12.2006, mithin nach der Klageerhebung, möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 29.01.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Cottbus (4 O 325/06) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 97.180,43 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene landgerichtliche Urteil, dessen Begründung sie sich mit kurzen Ausführungen ausnahmslos anschließen. Im Übrigen wiederholen sie, insoweit Bezug nehmend, ihre Klageverteidigung erster Instanz. Dabei machen sie insbesondere erneut geltend, die Klägerin habe - ebenso wie das Landesamt ihr gegenüber - einen Teil der von ihnen, den Beklagten, zusätzlich nachgewiesenen Bauaufwendungen nicht in die Berechnung der förderungswürdigen Aufwendungen einbezogen. Dies wird von ihnen im Einzelnen dem Grunde nach und rechnerisch ausgeführt.

Die Beklagten verteidigen sich darüber hinaus wiederum mit dem Hinweis darauf, dass sie selbst über keine Rechtskenntnisse verfügten, ihnen daher die rechtliche Tragweite einer Ver-änderung der Gesamtkostenhöhe sowie des Anteils der so genannten unrentierlichen Kosten hieran nicht bekannt gewesen sei. Deren Begriffsbedeutung sei ihnen nicht bekannt gewesen. Ebenso wenig hätten sie gewusst, dass bei einem Unterschreiten einer Mindesthöhe der unrentierlichen Kosten der Verlust aller Fördermittel drohe.

An diesen Sachvortrag anknüpfend erklären die Beklagten in der Berufungsinstanz die - nicht bezifferte - Hilfsaufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch, den sie darauf stützen, dass die zuständigen Mitarbeiter der Klägerin es unterlassen hätten, sie, die Beklagten, vor Ver-tragsschluss auf all diese rechtlichen Risiken ausdrücklich hinzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags beider Parteien wird auf die in beiden In-stanzen zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genom-men.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet wor-den.

III.

In der Sache hat das Rechtsmittel der Klägerin Erfolg. Die Klageabweisung erster Instanz beruht auf rechtsfehlerhafter Behandlung der Verjährungseinrede. Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen des Klageanspruchs zu bejahen, soweit er - nach Teilrücknahme der Klage - noch geltend gemacht wird. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten ist nicht begründet.

1.

a) Die Klageforderung ist entgegen der Auffassung der Kammer nicht verjährt. Dies ist das Ergebnis einer bislang unterbliebenen eingehenden Prüfung aller sich in diesem Zusammenhang stellenden Rechtsfragen.

Die Kammer lässt die Verjährungsfrist bereits am 31.12.2001 enden, ausgehend von der These, die Klägerin habe bereits im Jahre 1998 Kenntnis (im Sinne von § 199 BGB n. F.) gehabt von allen den Klageanspruch begründenden Tatsachen. Das aber trifft ganz offensichtlich nicht zu, wie auch das Landgericht nicht verkannt haben kann.

Die rechtliche Prüfung beginnt bei der vom Landgericht unerwähnt gelassenen Vorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB. Denn der Vertrag der Parteien datiert bereits vom 21.06.1994.

Am 01.01.2002, dem Tag des Inkrafttretens der Neuregelung, war der Klageanspruch nicht bereits verjährt. Das kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Deshalb gilt das neue Recht. Hemmung, Neubeginn der Verjährung vor dem 01.01.2002, die ausnahms-weise nach altem Recht zu beurteilen sind, § 6 Abs. 1 Satz 2, kommen im Streitfall nicht in Frage.

Die Kammer geht indessen von abgeschlossener Verjährung vor dem 01.01.2002 aus, wendet jedoch - entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Abs. 1 der Vorschrift - das neue Recht an, indem es eine Regelverjährungsfrist (nach § 195 BGB, nicht § 193 BGB) von drei Jahren an-nimmt.

Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB wird die - im Vergleich zum alten Recht - kürzere Regelverjährungsfrist vom 01.01.2002 an berechnet. Die Regelverjährungsfrist währte bislang

30 Jahre. Nun ist sie nach § 195 BGB n. F. drei Jahre lang, also deutlich kürzer. Eine besondere Vereinbarung zur Verjährung haben die Parteien in ihrem Vertrag nicht getroffen.

Modifiziert wird die Frist, soweit ihr Lauf unter besonderen subjektiven Voraussetzungen beginnt, § 199 Abs. 1, Nr. 2 BGB. Liegen sie bereits am 01.01.2002 vor, beginnt der Frist-ablauf an diesem Tag. Bei späterer Kenntnis verschiebt sich der Fristbeginn entsprechend der so genannten Ultimoregel auf das Jahresende (vgl. Palandt/Heinrichs, 67. A., EGBGB 229 § 6, Rn 6).

Bezogen auf den Streitfall bedeutet das Folgendes.

Der klagegegenständliche Anspruch ist erst nach dem 31.12.2001 entstanden.

Die vertragliche Regelung der Parteien dazu erscheint allerdings zunächst nicht eindeutig.

Zum einen sieht § 7 des Vertrages vom 21.06.1994 (19, 20) ein Kündigungsrecht des Förderungsgebers, der klagenden Stadt also, für den Fall vor, dass der Förderbetrag nicht oder nicht mehr für den vorgesehenen Zweck verwendet wird (Abs. 3). Im Falle der Kündigung sind die ausgezahlten Fördermittel an den Fördergeber ganz oder teilweise zurückzuzahlen (Abs. 5). Sie sind zu verzinsen und „unverzüglich zu erstatten“, was aber die wirksame Ausübung eines vertraglichen Gestaltungsrechts voraussetzt.

Zum anderen sind nach § 8 des Vertrages die „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwen-dungen zur Projektförderung“ als sein Bestandteil vereinbart worden. Deren Ziffer 8.1. lautet: „Die Zuwendung ist unverzüglich zu erstatten, soweit ein Zuwendungsbescheid … unwirk-sam oder mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen wird“. Das heißt, dass mit Erlass des Verwaltungsaktes per se der Rückzahlungsanspruch entsteht. Frage ist zunächst lediglich, wem gegenüber.

Darin liegt ein nur scheinbarer Widerspruch. Indessen regeln die „Allgemeinen Nebenbestim-mungen“ direkt lediglich die Rechtsbeziehungen der klagenden Stadt zu dem Land Branden-burg, dieses vertreten durch das Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen. Denn ein Zuwendungsbescheid ergeht ausschließlich der Klägerin, nicht aber den Beklagten gegenüber, wie das Streitverfahren belegt. Insofern ist die schlichte Einbeziehung der „Allgemeinen Ne-benbestimmungen“ in den Vertrag der Parteien rechtlich bedenklich. Vielmehr kann die Be-zugnahme denknotwendig nur dazu führen, dass die Klägerin den Beklagten ihre eigene Ver-pflichtung zur sofortigen Rückführung unberechtigt weitergeleiteter Fördermittel - auf der Grundlage eines gegen sie, die Stadt, ergangenen Bescheides - entgegenhalten kann. Von der Ausübung des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts den Beklagten gegenüber entbindet das die Klägerin nicht, will sie ihrerseits Fördermittel von ihnen zurückverlangen.

Jedenfalls spätestens in der Klageerhebung - Zustellung am 22.11.2006 - liegt die Kündigungserklärung der Klägerin, wenn auch konkludent. Ginge man davon aus, wäre bereits damit die Erörterung der Verjährungsproblematik obsolet, da der Anspruch mit der Klagezustellung erst entstanden sein könnte.

Mehr spricht jedoch nach Auffassung des Senats dafür, die Vertragskündigung als bereits im September 2003 erfolgt anzusehen. Allerdings ist das nicht ausdrücklich unter dieser - zutref-fenden - zivilrechtlichen Bezeichnung geschehen, sondern, indem die Klägerin am 17.09.2003 gegen die Beklagten einen „Bescheid“ erließ, mit dem sie die Klagesumme forderte. Das war in formaler Hinsicht nicht der richtige Weg. Dennoch ist jedenfalls eindeutig der Wille der Klägerin zum Ausdruck gekommen, von den Beklagten die entgegen dem Förderzweck verwendeten Mittel zurückzufordern und zwar in der Höhe der Klageforderung. Das reicht als Erklärung einer „Kündigung“ aus.

Nach § 199 Abs. 1 BGB n. F. beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begrün-denden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahr-lässigkeit erlangen müsste.

Das Landgericht vertritt den Standpunkt, der Klägerin sei bereits mit der Bekanntgabe des Prüfberichts der B... vom 10.08.1998 bekannt geworden, dass Rückforderungsan-sprüche „in Betracht kommen“. Dem folgt der Senat nicht. Denn die Klägerin wusste zu diesem Zeitpunkt keineswegs bereits positiv von dem Bestehen eines Anspruchs gegen die Beklagten. Schließlich heißt es in dem Prüfbericht auch lediglich, es werde empfohlen, die Förderung aufzuheben und die gezahlten Mittel zurückzufordern.

Die Prüfung hat sich daher entgegen der Auffassung der Kammer auf die weiteren Doku-mente, deren Inhalt unstreitig ist, zu erstrecken.

Festzuhalten bleibt allerdings, dass sämtliche als Grundlage einer Kenntniserlangung in Be-tracht kommenden Umstände zeitlich bereits vor der Anspruchsentstehung liegen, nämlich dem Zugang des Rückforderungs-„Bescheids“ der Klägerin. Daher kann die Feststellung des die Kenntnis auslösenden Umstands im Ergebnis offen bleiben. Davon abgesehen kann die Klägerin konkrete Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen frühestens mit dem Erhalt des Verwaltungsaktes des Landesamtes vom 04.10.2002 erhalten haben. Es handelt sich um den so genannten Widerruf der Einzelbestätigung.

Allerdings war der Verwaltungsakt damit noch nicht bestandskräftig. Vielmehr hatte die Klä-gerin die Möglichkeit des Widerspruchs, von der sie auch Gebrauch machte. Sie musste zu diesem Zeitpunkt noch nicht davon ausgehen, dass und gegebenenfalls in welchem Umfang sie tatsächlich gehalten sein werde, die Fördermittel von den Beklagten zurückzuverlangen.

In diesem Zusammenhang ist zum einen von Bedeutung, dass die Klägerin den Verwaltungs-akt, wie die spätere Begründung des Widerspruchsbescheides erkennen lässt, offenbar insge-samt angegriffen hat, sie also immerhin für möglich hielt, die Rückforderung mit für die Be-klagten günstigem Ergebnis vollständig abzuwenden, zum anderen, dass sie mit dem Rechts-behelf jedenfalls einen Teilerfolg erzielte, indem sie die Rückforderungssumme um rund 37 % zu reduzieren vermochte. Dies spricht für den Standpunkt, die Klägerin habe allein mit dem Erhalt des Widerrufs-Verwaltungsakts die tatsächlichen Grundlagen eines etwaigen Anspruchs gegen die Beklagten noch nicht „gekannt“. Dem folgt der Senat.

Dann jedoch hat jedenfalls der Zugang des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vom 15.08.2003 die erforderliche Kenntnis der Klägerin unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 199 Abs. 1, Ziffer 2. BGB n. F. ausgelöst. Das wiederum unterliegt keinem vernünftigen Zweifel.

Erst zu dem Zeitpunkt des Zugangs des Rückforderungs-„Bescheids“ der Klägerin, also mit der Fälligkeit des Klageanspruchs, so man sie hierin begründet sieht - und nicht erst mit der Zustellung der Klage - kann allerdings die Verjährungsfrist zu laufen begonnen haben, mithin nicht vor dem 17.09.2003, zuzüglich etwa zwei Tage Postlaufzeit.

Damit aber steht fest, dass die am 22.11.2006 den Beklagten zugestellte Klage zur Hemmung der Verjährung führte, § 204 Abs. 1, Ziffer 1. BGB n. F. Denn die Verjährungsfrist endete nicht vor dem 31.12.2006.

b) Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verwirkung kommt entgegen der Auffassung der Beklagten ein Anspruchsverlust der Klägerin nicht in Betracht.

Es fehlt bereits an dem Zeitmoment, vor allem angesichts des Umstands, dass nicht einmal Verjährung eingetreten ist. Darüber hinaus haben die Beklagten auch keine das Umstands-moment tragenden Tatsachen vorgebracht. Sie haben nicht dargelegt, dass und weshalb sie sich mit ihren finanziellen Dispositionen darauf eingestellt hätten, die Klägerin werde künftig von einer Geltendmachung ihrer Forderung absehen.

2.

Die Zivilklage ist entgegen der Meinung der Beklagten nicht mit Rücksicht auf die Erledigter-klärung im Verwaltungsgerichtsverfahren unzulässig

Die Beklagten wollen aus ihr die „Rechtskraft“ der Abweisung des klagegegenständlichen Anspruchs herleiten. Das trifft nicht zu. Sie selbst haben sich mit der Anfechtungsklage gegen den Rückforderungsbescheid der Klägerin gewandt. Die Klägerin hatte mit ihm indessen den falschen Weg, nämlich den verwaltungsverfahrensrechtlichen, eingeschlagen - in Verkennung der Tatsache, dass die Parteien einen zivilrechtlichen Vertrag geschlossen hatten. Darauf hat die Kammer beim Verwaltungsgericht die Parteien offenbar hingewiesen; auch darauf, dass angesichts der Rechtslage die Anfechtungsklage der jetzigen Beklagten allenfalls aus formalen Gründen würde Erfolg haben können, ihnen aber die von ihnen angestrebte Klärung der Frage, ob die Klägerin mit materiellem Recht die Fördermittel zurückfordere, vorenthalten bleiben werde. Eine solche Klärung ist nur in dem vorliegenden Streitverfahren möglich. Im Ergebnis zutreffend hat auch das Landgericht das so beurteilt.

3.

Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Die Beklagten machen geltend, die Fördermittel habe das Land Brandenburg, nicht aber die Klägerin, zur Verfügung gestellt. Es fehle daher ein „Schaden“ der Klägerin. Dass es auf einen „Schaden“ der Klägerin nicht ankommt, bedarf indessen keiner Erläuterung. Sie macht keinen Schadenersatzanspruch geltend, sondern vielmehr von einem vertraglich vereinbarten Recht - nach Kündigung der sonderrechtlichen Verbindung zwischen ihr und den Beklagten - Gebrauch. Partei des Vertrages ist außer den Beklagten allein sie.

4.

Mit dem Einwand, der Vertrag sei mangels „Genehmigung“ des Stadtparlaments der Klägerin unwirksam, können die Beklagten der Klageforderung ebenfalls nicht wirksam entgegentreten. Denn unterstellt, er träfe zu, wären sie ohnehin einem Anspruch der Klägerin aus unge-rechtfertigter Bereicherung nach den § 812 ff. BGB - in vollem Umfang - ausgesetzt.

5.

Der Klageforderung fehlt auch nicht die Anspruchsvoraussetzung einer wirksam erklärten Vertragskündigung. Diese ist vielmehr, wie bereits ausgeführt, spätestens mit der Klageerheb-ung - konkludent - ausgesprochen worden.

6.

Der Klageanspruch ist dem Grunde und - soweit noch anhängig - auch der Höhe nach zu be-jahen. Die Kündigung der Klägerin hat einen Anspruch auf Rückerstattung zu viel an die Be-klagten gezahlter Fördermittel ausgelöst. Der Förderzweck ist zum Teil nicht erreicht worden. Hierbei stützt sich die Klägerin zu Recht auf den ihr gegenüber ergangenen Widerrufsbe-scheid des Brandenburgischen Landesamts für Bauen, Verkehr und Straßenwesen vom 04.10.2002.

Sein Inhalt ist zwar nicht bindend, soweit es die sonderrechtliche Beziehung der Prozesspar-teien angeht. Jedoch treffen die Argumente der Klägerin zu, die sie unter Hinweis auf den Bescheid vorträgt.

7.

Ohne Erfolg verweisen die Beklagten auf ihre Unkenntnis vom rechtlichen Erfordernis eines bestimmten Anteils so genannter unrentierlicher Kosten als Voraussetzung einer Förderung mit staatlichen Mitteln.

Auf pflichtwidriges Verhalten der Beklagten kommt es entgegen ihrer Argumentation nicht klageentscheidend an. Denn die Klägerin macht keinen Schadenersatzanspruch geltend. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Klageforderung sind vielmehr die subjektiven Bewertungsmöglichkeiten und förderungsrechtlichen Sachkenntnisse der Beklagten ohne Belang, was sie sowohl bei ihrer Klageverteidigung als auch ihren Berufungsangriffen grundlegend verkannt haben.

Der Gegenstand der Klage ist rein objektiv-rechtlicher Natur. Die Frage, die zur Entscheidung steht, ist lediglich, ob die Beklagten auf der Grundlage förderungsrechtlicher Bestimmungen die ihnen zivilvertraglich versprochenen Mittel zu Recht erhalten haben oder - zum Teil - nicht. In diesem Zusammenhang kommt es etwa auf die endgültige Höhe des Gesamtkostenaufwands einerseits sowie den Umfang der so genannten rentierlichen Kosten andererseits an. Den Gesamtkostenaufwand haben die Beklagten mittels eigener Anstrengungen verringert.

Selbst dann aber, wenn das anders zu beurteilen wäre, könnten sich die Beklagten mit dieser Begründung nicht ihrer Zahlungspflicht entziehen. Es mag sein, dass die Beklagten sich mit dem Verständnis rechtlicher Fragen im Zusammenhang mit öffentlicher Bauinvestitionsför-derung grundsätzlich schwer tun. Das lässt sich nachvollziehen. Jedoch ist der insoweit klare Inhalt des Vertrages der Parteien durchaus geeignet, auch einem Laien klar zu machen, dass Fördermittel nur da gewährt werden können, wo Baukosten nicht zu erwirtschaften sind, und dass bei einer Veränderung der Gesamtkosten sich der Anteil der so genannten rentierlichen Kosten ebenfalls verändern werde. Das ist bereits ein Ergebnis einfacher Logik. Besondere Kenntnisse des Förderrechts setzt dies hingegen nicht voraus.

Gleichwohl hat die Klägerin auf Anregung des Senats im Wege der Kulanz die Klage um 26.589,70 € reduziert. Dies beruht auf der Überlegung, man könne daran denken, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes von den ursprünglich angesetzten rentierlichen Kosten in Höhe von 351.944,64 DM auszugehen, mithin auf der Grundlage des Zahlenwerkes im Widerspruchsbescheid statt des dort genannten Förderbetrages in Höhe von 138.649,00 DM einen solchen in Höhe von 190.653,93 DM anzusetzen.

Ob die Beklagten darüber hinaus eine grundsätzliche Gefährdung der Förderung, insbeson-dere deren etwaigen Totalverlust, zu erkennen vermochten, kann - auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Gegenforderung - offen bleiben, wie noch auszuführen sein wird.

Unrentierliche Kosten sind solche, die der Bauherr nicht auf andere Weise als durch öffent-liche Förderung decken kann, zum Beispiel nicht durch Vermietung und Verpachtung. Nur sie sind einer Förderung zugänglich.

8.

Die Beklagten haben beanstandet, die Klägerin habe es unterlassen, förderungswürdige Kos-ten in Höhe von 73.467,94 DM zu ihren Gunsten zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich um Aufwendungen für Heizung, Malerarbeiten und Warmwasserinstallation. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung im Schriftsatz der Beklagten vom 08.01.2009, Blatt 297, verwiesen. Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 17.02.2009 unter Hinweis auf den unstreitigen Inhalt der förderrechtlichen Verwaltungsunterlagen erwidert, die Positionen seien sämtlich in die Summe aller von den Beklagten nachgewiesenen Rechnungsbeträge (546.220,61 DM) eingeflossen. Dem sind die Beklagten nicht mehr mit Substanz entgegen-getreten.

Die Beklagten haben außerdem geltend gemacht, die Klägerin habe bei der Ermittlung des Gesamtkostenaufwandes zwei Rechnungen nicht berücksichtigt; zum einen die Rechnung N… vom 31.12.1993 über 15.820,79 DM, zum anderen die Rechnung S… (Datum offen) über 21.965,35 DM.

Hierzu hat die Klägerin ebenfalls mit Schriftsatz vom 17.02.2009 nachvollziehbar vorge-tragen, diese beiden Positionen seien bereits von ihr in die Prüfung einbezogen worden. Jedoch könne der Inhalt der Rechnung N… nicht zugeordnet werden. Es sei von diesem Aussteller bislang nur eine Rechnung vom 19.04.1993 bekannt. Der in ihr ausgewiesene Betrag sei nicht anerkannt worden.

Gleiches gelte für die Rechnung S…. Sie sei unter der Position 22 der Schlussrechnungs-übersicht in dieser Höhe ausgewiesen, zunächst aber ebenfalls nicht anerkannt worden.

Auch dieser Erwiderung sind die Beklagten in beiden Punkten nicht mehr entgegen getreten.

9.

Die Beklagten haben innerhalb der Berufungsinstanz erstmals im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemacht, über einen Gegenanspruch zu verfügen, den sie daraus ableiten wollen, dass die auf Seiten der Klägerin Verantwortlichen sie nicht auf die rechtlichen Auswirkungen der Erhöhung der so genannten rentierlichen Kosten - gleich bedeutend mit einer Verringerung des Anteils der so genannten unrentierlichen Kosten -, insbesondere aber die Möglichkeit eines vollständigen Fördermittelverlustes, hingewiesen hätten.

Auch damit dringen die Beklagten nicht durch. Es kann dahin gestellt bleiben, ob und gege-benenfalls in welchem Umfang die zuständigen Mitarbeiter der Klägerin eine vertragliche Aufklärungs- und/oder Hinweispflicht in diesem Sinne gegenüber den Beklagten zu erfüllen hatten und ob sie diese Pflicht tatsächlich verletzt haben. Hierbei sei auf das bereits an anderer Stelle Ausgeführte verwiesen. Es war nämlich für die Beklagten bereits bei Vertragsschluss - jedenfalls - ohne Weiteres zu erkennen, dass sich der Anteil der rentierlichen Kosten bei einer Veränderung der Gesamtkostenhöhe ebenfalls verändern werde.

Ob den Beklagten darüber hinaus hinreichend deutlich vor Augen geführt werden musste, dass bei einem Sinken des Anteils der unrentierlichen Kosten unter eine bestimmte Wert-grenze der Verlust aller Fördermittel drohte, und ob - gegebenenfalls - ein solcher Hinweis erfolgte oder nicht, kann indessen ebenfalls offen bleiben. Für das Ergebnis des Rechtsstreits ist es nicht entscheidend. Denn es fehlt wesentlicher Sachvortrag der Beklagten zu weiteren Voraussetzungen eines etwaigen Schadenersatzanspruchs. Zu ihm hatten sie in der Berufungsinstanz wiederholt und ausreichend Gelegenheit, wie der Senat im abschließenden Termin zur mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt hat. Die Beklagten haben indessen nicht vorgetragen, wie sie auf welchen von ihnen nachträglich für erforderlich gehaltenen Hinweis der Klägerin reagiert hätten, ob sie insbesondere den Vertrag mit der Klägerin gar nicht oder mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten. Auch die Bezifferung eines so dem Grunde nach schlüssig vorzutragenden Schadenersatzanspruchs hätte dargelegt werden müssen, woran es ebenfalls bereits im Ansatz fehlt.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidungen betreffend die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ge-geben. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern weder die Fort-bildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Streitfall in allen entscheidenden Punkten auf der Grundlage seiner besonderen tatsächlichen Gegebenheiten bewertet. Die Entscheidung weicht auch nicht von der eines anderen Obergerichts oder des Bundesgerichtshofs ab.