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Entscheidung 4 U 141/09


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 4. Zivilsenat Entscheidungsdatum 14.07.2010
Aktenzeichen 4 U 141/09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 12.11.209 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegenüber den Klägern zu 1. und 2. aus dem Kreditvertrag Nr. 2642916143 vom 26.09.2006 über die am 09., 10. und 11.11.2008 jeweils gezahlten 5.000,00 €, die weiteren am 12.11.2008 gezahlten 15,53 € und 327,57 € (= Ablösebetrag über gesamt 15.343,10 €) und über die vom 01.12.2006 bis zum 30.09.2008 weiter gezahlten Kreditraten in Höhe von insgesamt 12.648,68 € hinaus keine weiteren Ansprüche zustehen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.177,62 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.12.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerrufs eines am 26.09.2006 abgeschlossenen Darlehensvertrages, der mit einer Restschuldversicherung kombiniert war.

Am 26.09.2006 schlossen die Kläger und die Beklagte einen Darlehensvertrag, in dem sich die Beklagte verpflichtete, den Klägern einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 27.991,78 € zu einem effektiven Jahreszins von 11,98 % zur Verfügung zu stellen. Das Darlehen sollte in 84 monatlichen Raten à 574,94 € getilgt werden.

Auf der Darlehensurkunde stellten die Kläger gleichzeitig einen Antrag auf Restschuldversicherung bei der „C…“, wofür sie eine Prämie in Höhe von 5.237,11 € zu zahlen hatten, die in dem Gesamtbetrag der Darlehenssumme in Höhe von 48.294,96 € enthalten war.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte von dem Versicherungsunternehmen eine Provision für die Vermittlung der Restschuldversicherung erhielt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2008 (Anlage 3, Bl. 11 f d. A.) erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf Abschluss der beiden Verträge gerichteten Willenserklärungen und kündigten an, lediglich den Nettokreditbetrag zu erstatten.

Die Beklagte widersprach dem Widerruf mit Schreiben vom 07.10.2008 (Anlage 6, Bl. 19 f d. A.) und erinnerte die Kläger mit Schreiben vom 27.10.2008 an die Zahlung der noch ausstehenden Rate.

In der Folge zahlten die Kläger in Teilbeträgen den aus ihrer Sicht noch offenen restlichen Nettokreditbetrag in Höhe von 15.343,10 €.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Feststellung, dass Ansprüche zwischen ihnen und der Beklagten nicht mehr bestehen.

Sie haben hierzu erstinstanzlich vorgetragen, durch die Zahlung des Nettokreditbetrages seien sämtliche Ansprüche der Beklagten erloschen. Insbesondere habe die Beklagte keinerlei Ansprüche auf Zinsen auf den Nettokreditbetrag, da infolge des Widerrufs der beiden Verträge eine Rückabwicklung dergestalt stattzufinden habe, dass an die Beklagte lediglich der Nettokreditbetrag zurückzuzahlen sei.

Sie seien zum Widerruf ihrer Willenserklärungen gerichtet auf den Abschluss der beiden Verträge berechtigt gewesen, da es sich bei dem Darlehensvertrag und dem Restschuldversicherungsvertrag um ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 358 Abs. 1 BGB gehandelt habe. Die Beklagte habe den Abschluss der Restschuldversicherung für die Gewährung des Darlehens bzw. den Abschluss des Darlehensvertrags zur Bedingung gemacht.

Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, da sie nicht den Hinweis darauf enthalte, dass auch ein isolierter Widerruf des Restschuldversicherungsvertrages möglich sei.

Auch entspreche die Widerrufsbelehrung nicht dem Deutlichkeitsgebot und sei im Hinblick auf die Fristbestimmung für die Kläger verwirrend. Die Gebühr für die Restschuldversicherung übersteige die marktüblichen Kosten für Restschuldversicherungen um ein Vielfaches; die Beklagte habe darüber hinaus für die Vermittlung des Versicherungsvertrages eine Vermittlungsprovision kassiert, so dass ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliege.

Die Beklagte hat sich erstinstanzlich in erster Linie dagegen gewandt, dass ein verbundenes Geschäft vorliege. Sie hat vorgetragen, dass der Abschluss der Restschuldversicherung nicht Voraussetzung für den Abschluss des Darlehensvertrages gewesen sei; die Restschuldversicherung sei vielmehr nur empfohlen worden. Darüber hinaus war sie der Ansicht, dass die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß erfolgt sei.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt, dass ein wirksamer Widerruf des Darlehensvertrages nicht vorliege, da der Widerruf nicht innerhalb der Ausschlussfrist gem. § 355 Abs. 3 BGB vorgenommen worden sei. Die Kläger seien ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Darlehensvertrag und Restschuldversicherung stellten keine verbundenen Verträge i.S.v. § 358 BGB dar. Eine wirtschaftliche Einheit zwischen den Verträgen könne nicht festgestellt werden, darüber hinaus habe das Darlehen nicht der Finanzierung der Vereinbarung über die Restschuldversicherung gedient, vielmehr stelle das Darlehen den Grund für den Abschluss der Restschuldversicherung dar.

Vor diesem Hintergrund begründe der zusätzliche Abschluss einer vom Darlehensgeber ebenfalls finanzierten Restschuldversicherung kein Aufspaltungsrisiko.

Die Belehrung über das Widerrufsrecht entspreche den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, insbesondere dem Deutlichkeitsgebot.

Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sei von Klägerseite nicht hinreichend vorgetragen worden, so dass nicht von einer Nichtigkeit des Vertrages gem. § 138 Abs. 1 BGB auszugehen sei.

Eine Verletzung von Aufklärungspflichten hinsichtlich der Zahlung einer Provision für die Restschuldversicherung liege nicht vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die - form- und fristgerecht eingelegte - Berufung der Kläger.

Sie rügen die Verletzung des materiellen Rechts und wiederholen insbesondere ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach es sich bei den beiden Verträgen um ein verbundenes Geschäft i.S.v. § 358 BGB gehandelt habe. Sie verweisen diesbezüglich auf eine neue Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.12.2009. Weiterhin wiederholen sie ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Widerrufsbelehrung der Beklagten im Darlehensvertrag nicht den gesetzlichen Erfordernissen zur äußeren Form der Belehrung genüge. Weder sei sie ihrer Bedeutung nach angemessen hervorgehoben, noch lasse sich hieraus für die Kläger entnehmen, ob neben dem Widerruf des Darlehensvertrages auch ein Widerruf der auf derselben Urkunde beantragten Restschuldversicherung möglich sei und wenn ja, welche Rechtsfolgen ein Widerruf der Restschuldversicherung für das Darlehen habe. Sie sind der Ansicht, dass ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung hinsichtlich der Kosten der Restschuldversicherung bestehe.

Es liege eine Verletzung der Beratungs- und Aufklärungspflichten der Beklagten vor; die Beklagte sei für ein- und dieselbe Leistung sowohl von den Klägern als auch von der Versicherung und damit indirekt dem Beklagten bezahlt worden, worüber die Klägerin habe aufklären müssen.

Das Landgericht habe auf seine Ansicht, wonach die Höhe der Provision nicht hinreichend dargelegt worden sei, nicht vorab hingewiesen, so dass die Kläger nicht mit der Zurückweisung ihres Vorbringens als nicht hinreichend konkretisiert hätten rechnen müssen.

Die Kläger beantragen,

1. unter Abänderung des am 12.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Az. 14 O 377/08 wird festgestellt, dass der Beklagten gegenüber den Klägern zu 1. und 2. aus dem Kreditvertrag Nr. 2642916143 vom 26.09.2006 über die am 09., 10. und 11.11.2008 jeweils gezahlten 5.000,00 €, die weiteren am 12.11.2008 gezahlten 15,53 € und 327,57 € (= Ablösebetrag über gesamt 15.343,10 €) und über die vom 01.12.2006 bis zum 30.09.2008 weiter gezahlten Kreditraten in Höhe von insgesamt 12.648,68 € hinaus keine weiteren Ansprüche zustehen.

2. Unter Abänderung des am 12.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Az. 14 O 377/08 wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger zu 1. und 2. 1.177,62 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Für den Fall, dass die Kläger mit ihren vorstehenden Anträgen unterliegen, beantragen sie hilfsweise

ebenfalls unter Abänderung des am 12.11.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) zum Az. 14 O 377/08

die Beklagte zu verurteilen, den Klägern zu 1. und 2. über das Darlehen Nr. 2642916143 vom 26.09.2006 unter Berücksichtigung der bis zum 30.11.2008 erfolgten Darlehensrückführung und Zinsrückvergütung eine Kreditabrechnung ohne Berücksichtigung der 5.237,11 € für die Restschuldversicherung und ohne die hierauf entfallende Verzinsung und Verarbeitungsgebühr zu erteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind nach wie vor der Ansicht, dass die Kläger durch die Widerrufsbelehrung im Darlehensvertrag ordnungsgemäß belehrt worden seien, so dass die Widerrufsfrist gem. § 355 Abs. 2 BGB zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits abgelaufen gewesen sei. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung enthalte insbesondere den Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 und S. 2 BGB. Da aus der Widerrufsbelehrung eindeutig hervorgehe, dass die Darlehensnehmer im Falle eines Widerrufs des Darlehensvertrages auch an den Restschuldversicherungsantrag nicht mehr gebunden sind, bestünden für den Verbraucher keine Zweifel, welche Auswirkungen der Widerruf des Darlehensvertrages auf den Versicherungsvertrag habe. Insoweit könne dahinstehen, ob es sich bei dem Darlehensvertrag und der Restschuldversicherung um ein verbundenes Geschäft gehandelt habe.

Selbst wenn von einem wirksamen Widerruf auszugehen sei, seien die Kläger verpflichtet, auch die marktüblichen Zinsen als Nutzungsersatz zu zahlen, so dass die Berufung der Kläger auch vor diesem Hintergrund abzuweisen sei.

Eine Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrages liege nicht vor; dies werde von Klägerseite nicht hinreichend konkret vorgetragen.

Auch habe die Beklagte Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht verletzt.

Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. I Satz 1 Nr. 1 ZPO).

II.

Die Berufung der Kläger ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. I, Abs. II Nr. 1 ZPO; §§ 517, 519, 520 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Die negative Feststellungsklage ist begründet, da der Beklagten aus dem mit den Klägern abgeschlossenen Darlehensvertrag vom 26.09.2006 nach der Zahlung des Ablösebetrages in Höhe von 15.343,10 € keine Ansprüche mehr zustehen.

Infolge des Widerrufs der auf Abschluss des Darlehensvertrages und der Restschuldversicherung gerichteten Willenserklärungen der Kläger ist der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag gemäß § 358 Abs. I i.V.m. §§ 358 Abs. IV, 347, 346 ff BGB rückabzuwickeln.

Der mit Schriftsatz vom 26.08.2008 erklärte Widerruf der entsprechenden Willenserklärungen ist wirksam erfolgt.

Zu diesem Zeitpunkt war das den Klägern zustehende Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. III Satz 3 BGB ungeachtet des Umstandes, dass die reguläre Widerrufsfrist von 2 Wochen gemäß § 355 Abs. I Satz BGB bereits abgelaufen war, noch nicht erloschen, da die Kläger eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung noch nicht erhalten hatten.

Die auf dem Formular zum Darlehensantrag enthaltene Widerrufsbelehrung war nicht ordnungsgemäß, da diese der gemäß § 358 Abs. 5 BGB notwendigen erweiterten Belehrung über die Rechtsfolgen nach § 358 Abs. I und Abs. II S. 1 und S. 2 BGB nicht entsprach.

Gem. § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag, hier dem Restschuldversicherungsvertrag, durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrages auch nicht mehr an den anderen Vertrag gebunden.

Hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden Widerrufsrecht zwar Vorrang zu, durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§§ 358 Abs. II S. 2, 358 Abs. I BGB). Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte verdeutlichen soll, darf daher jedenfalls kein Missverständnis dahingehend entstehen lassen, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamen Widerruf des einen Geschäfts entgegen § 358 Abs. I, 358 Abs. II S. 2 BGB an das andere Geschäft gebunden (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 23.06.2009, XI ZR 156/08).

Bei den hier streitgegenständlichen Verträgen in Gestalt des Darlehensvertrages einerseits und der Restschuldversicherung andererseits handelt es sich um ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 358 BGB.

Die Frage, ob ein Verbraucherdarlehen und eine entsprechende Restschuldversicherung eine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 355 Abs. III BGB bilden, war in der Rechtsprechung und im Schrifttum lange Zeit hoch umstritten (vgl. zur Darstellung die Ausführungen des BGH im Urt. v. 15.12.2009, XI ZR 45/09, Rn. 16).

In der Entscheidung vom 15.12.2009 hat der BGH diese Frage nunmehr jedoch dahingehend geklärt, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag als verbundenes Geschäft i.S.v. § 358 Abs. III BGB anzusehen sein können.

Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen sind im hier vorliegenden Fall erfüllt, da das Darlehen teilweise, nämlich in Höhe der Versicherungsprämie (5.237,11 €), der Finanzierung des Restschuldversicherungsvertrags und damit eines Vertrages über die Erbringung einer „anderen Leistung“ i.S.v. § 358 Abs. 3 S. 1 BGB gedient hat.

Das Darlehen war daher zweckgebunden, da der Darlehensvertrag jedenfalls eine teilweise Verwendung des Darlehensbetrages zur Zahlung der Prämie der am selben Tag abgeschlossenen Restschuldversicherung vorsah; den Klägern als Darlehensnehmern wurde daher die freie Verfügungsbefugnis über diesen unmittelbar an den Versicherer gezahlten Teil der Darlehensvaluta in Höhe von 5.237,11 € genommen.

Weiterhin ist zwischen den Parteien unstreitig, dass eine unternehmerische Verbindung zwischen der Beklagten und dem Versicherer, der C..., besteht, so dass es nahe liegt, dass Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsvertrag über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus derart miteinander verbunden sind, dass der eine Vertrag nicht ohne den anderen geschlossen worden wäre. Jedenfalls aus Sicht der Kläger als Darlehensnehmer bedingten sich die Aufnahme des Darlehens und der Antrag auf Restschuldversicherung, so dass von einer wirtschaftlichen Einheit der beiden Verträge auszugehen ist.

Vor diesem Hintergrund ist die auf dem Darlehensformular abgedruckte Widerrufsbelehrung nicht hinreichend, da in ihr nicht darauf hingewiesen wird, dass der Darlehensnehmer bei Widerruf des finanzierten Geschäfts in Gestalt der Restschuldversicherung auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist.

Das Widerrufsrecht bezweckt den Schutz des Verbrauchers; der Schutz wird nur dadurch gewährleistet, dass eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung erteilt wird, durch die der Verbraucher nicht nur von seinem Widerrufsrecht in Kenntnis gesetzt wird, sondern er auch in die Lage versetzt wird, dieses auszuüben (so BGH, Urt. v. 23.06.2009, XI ZR 156/08). Maßstab für die Beurteilung der Frage, ob eine wirksame Belehrung vorliegt, ist die Regelung des § 358 BGB, wonach der Verbraucher durch einen wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrages auch nicht an den anderen Vertrag gebunden bleibt. Durch die wirksame Ausübung des Widerrufsrechts hinsichtlich der Restschuldvereinbarung wird auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§§ 358 Abs. 2 S. 2, 358 Abs. 1 BGB) und umgekehrt. Eine wirksame Widerrufsbelehrung darf daher kein Missverständnis dahingehend wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts (hier der Restschuldversicherung) entgegen § 358 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 BGB an den Darlehensvertrag gebunden.

Eine missverständliche Formulierung ist bereits darin zu sehen, dass sich die Widerrufsbelehrung nach ihrem Wortlaut nur auf den Darlehensvertrag bezieht, was daran deutlich wird, dass sie mit der Formulierung „ jeder Darlehensnehmer … “ beginnt. Entscheidend ist aber, dass der Widerrufsbelehrung darüber hinaus nur entnommen werden kann, dass der Darlehensnehmer bei einem Widerruf des Darlehensvertrages an den mit dem Darlehensvertrag gegebenenfalls verbundenen Restschuldversicherungsantrag nicht mehr gebunden ist.

Die Widerrufsbelehrung enthält indes keine Belehrung darüber, dass der Darlehensnehmer bei Widerruf des finanzierten Geschäfts in Gestalt der Restschuldversicherung auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist. Insoweit wird in der Belehrung die in § 358 Abs. 2 S. 2 BGB geregelte Verweisung auf § 358 Abs. 1 BGB und damit die Information, dass der Verbraucher bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts auch an den mit diesem verbundenen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden ist, nicht erwähnt. Ohne einen Hinweis auf diese Erstreckungswirkung wird bei dem Verbraucher ein Missverständnis erweckt dahingehend, dass der Widerruf der Willenserklärung zum Restschuldversicherungsantrag die Wirksamkeit der Willenserklärung zum Darlehensvertrag unberührt lässt.

Der von der Beklagten dargelegten Ansicht, dass es für den Lauf der Widerrufsfrist auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im konkreten Fall ankommt, ist nicht zu folgen.

Zwar ergibt sich aus der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung des § 8 Abs. IV Satz 1 VVG bei Versicherungsverhältnissen, die eine längere Laufzeit als 1 Jahr aufweisen, ein Widerrufsrecht des Kunden, hierauf kommt es indes nicht an: Entscheidend ist allein, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung - wie hier - objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten (so BGH, Urt. v. 23.06.2009, Rn. 25).

Da das Widerrufsrecht noch nicht erloschen war, konnten die Kläger ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages und der Restschuldversicherung gerichteten Willenserklärungen wirksam widerrufen, so dass die beiden Verträge gem. § 358 Abs. I i.V.m. §§ 358 Abs. IV, 347, 346 ff BGB rückabzuwickeln sind.

Der Darlehensgeber tritt dabei gem. § 358 Abs. IV S. 3 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem verbundenen Vertrag ein und wird mithin auch hinsichtlich des Versicherungsvertrages zum Rückabwicklungsschuldner des Darlehensnehmers mit der Folge einer Aufrechenbarkeit der wechselseitigen Rückabwicklungsansprüche. Insoweit soll die gesetzliche Regelung den Verbraucher im Falle des Widerrufs vor den Folgen einer Aufspaltung des Rückabwicklungsverhältnisses in zwei gesonderte Rückabwicklungsverhältnisse gegenüber verschiedenen Personen schützen (vgl. hierzu OLG Schleswig, Urt. v. 23.07.2009, 5 U 36/09). Der Verbraucher muss insoweit nicht den Kreditbetrag, der als Versicherungsprämie an den Unternehmer geflossen ist, an den Darlehensgeber zurückzahlen, er ist vielmehr lediglich zur Rückzahlung des Darlehensbetrages ohne Kosten (Nettokreditbetrag) verpflichtet.

Die Kläger haben aus dem Darlehensvertrag die folgenden Beträge als Nettokredit erhalten:

Auszahlungsbetrag

 3.200,00 €

Ablösung von Darlehen intern

 540,95 €

Ablösung Vordarlehen

 23.718,63 €

Nettokredit:

 27.459,58 €

Darüber hinaus haben die Kläger gemäß §§ 357 Abs. I Satz 1 i. V. m. § 346 Abs. I und 347 BGB Wertersatz zu leisten. Für die Berechnung des Wertersatzes ist im Rahmen von § 346 BGB grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Gegenleistung zugrunde zu legen.

Gemäß § 346 Abs 2 S 2 HS 2 BGB kann der Verbraucher bei einem Verbraucherdarlehen aber nachweisen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils aus dem Darlehen niedriger ist als die vereinbarte Gegenleistung, so dass er im Ergebnis verpflichtet ist, nur marktübliche Zinsen als Nutzungsersatz an den Darlehensgeber zu zahlen (vgl. OLG Schleswig Beschluss v. 17.03.2010, 5 U 2/10; BGH, Urteil v. 16.05.2006 XI ZR 6/04).

Aus der EWU-Zinsstatistik für Konsumentenkredite und sonstige Kredite an private Haushalte mit einer Laufzeit von mehr als 5 Jahren (einzusehen unter www.bundesbank.de/statistik) ergibt sich, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im September 2006 ein Effektiv-Zinssatz von 6,07 % marktüblich war. Auf dieser Grundlage konnte der Senat den zu berücksichtigenden marktüblichen Zinssatz schätzen und den Vertrag entsprechend abrechnen.

Ausgehend von einem Nettokreditbetrag in Höhe von 27.459,58 € errechnet sich für die Zeit vom Vertragsschluss am 26.09.2006 bis zur letzten Zahlung am 12.11.2008 bei einem Zinssatz von 6,07 % p.a. ein von den Klägern zu zahlender Zinsbetrag in Höhe von 3.553,40 €, wobei zugunsten der Beklagten der Umstand, dass bereits am 09., 10. und 11.11.2008 Zahlungen der Kläger in Höhe von jeweils 5.000,00 € geleistet worden sind, die letztlich zu einer Reduzierung der Zinszahlung führen würden, außer Betracht bleiben kann.

Demgemäß errechnet sich ein zugunsten der Beklagten einzustellender Betrag in Höhe von 31.012,98 € (= 27.459,58 + 3.553,40 €).

Im Gegenzug steht den Klägern aber der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Zins- und Tilgungsraten zu; diese belaufen sich nach dem von den Klägern nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung auf 27.991,78 €.

Darüber hinaus ist auch die Restschuldversicherung rückabzuwickeln.

Die Rückabwicklung eines Versicherungsvertrages ist in § 9 VVG gesondert geregelt insoweit, als der Versicherer grundsätzlich nur den auf die Zeit nach Zugang des Widerrufs entfallenden Teil der Prämien zu erstatten hat. Diese Sonderregelung des VVG geht der Konkretisierung der allgemeinen Widerrufsfolgen gemäß §§ 358, 357, 346 ff. BGB und damit den allgemeinen Vorschriften vor (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 17.03.2010).

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Prämie für die Restschuldversicherung in Höhe von 5.237,11 € die gesamte Laufzeit des Darlehens von 7 Jahren abdecken sollte.

Der Beklagten ist hierbei zuzugeben, dass das Risiko des Versicherers zu Beginn des Darlehensvertrages größer sein dürfte als zu späteren Zeitpunkten, zu denen ein Teil des Kredits bereits zurückgezahlt worden ist. Der Versicherer wird dieses Risiko aber bei seiner Kalkulation mit berücksichtigen und seiner Prämienberechnung einen versicherungsmathematischen Mittelwert zugrunde legen, so dass der Senat keine Bedenken hat, eine rein zeitanteilige Berechnung vorzunehmen in der Weise, dass pro Monat ein Prämienanteil von 62,35 € (= 5.237,11 € / 84 Monate) in Ansatz zu bringen ist.

Mit der letzten Zahlung am 12.11.2008 war das Darlehensverhältnis beendet, so dass die Kläger den wirtschaftlichen Vorteil aus der Restschuldversicherung für den Zeitraum 26.09.2006 bis 12.11.2008, d.h. für 25 ½ Monate, genossen. Zugunsten der Kläger ist daher der überschießende Betrag in Höhe von 3.647,47 € in Ansatz zu bringen, da die Prämie für die Restschuldversicherung unmittelbar nach Darlehensgewährung mit dem Darlehensbetrag beglichen worden ist.

Es ergibt sich demgemäß die folgende Abrechnung:

        

 3.200,00 €

 Auszahlungsbetrag

        

 540,95 €

 Ablösung von Darlehen intern

        

 23.718,63 €

 Ablösung Vordarlehen

Nettokredit:

 27.459,58 €

        

Zinsen

 3.553,40 €

 auf Nettokredit für Zeitraum 26.09.2006 - 12.11.2008 (letzte Zahlung)

Summe:

 31.012,98 €

 zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen

abzüglich

-27.991,78 €

 Tilgungs- und Zinszahlung durch Kläger

        

- 3.647,27 €

 Prämienanteil:

für 25,5 Monate wurde Versicherung genutzt
5.237,11 € für 7 Jahre Laufzeit
entspricht 62,35 € für einen Monat

        

- 626,07 €

 Negativsaldo zugunsten der Kläger

Der Beklagten stehen daher keine Ansprüche aus dem beendeten Darlehensverhältnis zu, so dass sich der von den Klägern geltend gemachte Feststellungsantrag als begründet darstellt.

Auf die übrigen Erwägungen der Klägerseite kommt es daher nicht letztlich nicht mehr an.

Soweit sich die Kläger darauf berufen, die Prämie für die Restschuldversicherung sei sittenwidrig überhöht gewesen, stellt sich ihr Vortrag ohnehin als nicht hinreichend dar, da sie keinerlei nachvollziehbare Vergleichszahlen aufgezeigt haben. Hierauf hatte das erstinstanzliche Gericht in dem angefochtenen Urteil bereits hingewiesen, entgegen §§ 520 Abs. III Satz 2 Nr. 2, 530 ZPO haben die Kläger mit der Berufung hierzu nicht konkret vorgetragen.

Gleiches gilt bezüglich der Frage, ob seitens der Beklagten eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der an sie geflossenen Provision verletzt worden ist.

Jedenfalls im angefochtenen Urteil sind die Kläger darauf hingewiesen worden, dass sie einen möglichen Schadensersatzanspruch insoweit nicht hinreichend schlüssig dargelegt haben, so dass sie mit der Berufung hätten konkret darlegen müssen, welche Provision die Beklagte verdient hat. Das Vorbringen der Kläger zu der Höhe der – unstreitig gezahlten – Provision ist jedoch nach wie vor nicht hinreichend substantiiert, da die Kläger lediglich darauf verweisen, es sei eine „stattliche“ Provision gezahlt worden.

2.

Den Klägern steht ferner aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.177,62 € zu. Insoweit kann dahinstehen, ob die Beklagte sich bereits im Zeitpunkt der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger in Verzug befunden hat, denn die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten sind gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. II BGB von der Beklagten zu erstatten. Nach dem oben Gesagten war die von der Beklagten erstellte Widerrufsbelehrung fehlerhaft; die Beklagte hat sich insoweit vertragswidrig verhalten und daher den Klägern auch den weitergehenden, hierdurch entstandenen Schaden in Gestalt der Rechtsverfolgungskosten, die der Höhe nach nicht angegriffen worden sind, zu ersetzen.

3.

Der Zinsanspruch der Kläger ergibt sich aus §§ 291 Abs. I, 288 Abs. I BGB.

4.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits folgt aus § 91 Abs. I ZPO.

5.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus 708 Nr. 10, 711 ZPO.

6.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die der Entscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage, ob es sich bei dem Darlehensvertrag einerseits und den Versicherungsvertrag um ein verbundenes Geschäft handeln kann, höchstrichterlich geklärt ist und daher eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht mehr erforderlich ist (§ 543 Abs. II Nr. 2 ZPO). Darüber hinaus fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. II Nr. 1 ZPO). Die Bewertung der Widerrufsbelehrung als unzureichend ergibt sich nämlich als zwangsläufige Folge der – einzelfallbezogenen – Einordnung von Darlehensvertrag und Restschuldversicherungsabrede als verbundenes Geschäft.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 18.303,18 € festgesetzt.