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Entscheidung 451 F 72/19


Metadaten

Gericht AG Potsdam Entscheidungsdatum 07.08.2019
Aktenzeichen 451 F 72/19 ECLI ECLI:DE:AGPOTSD:2019:0807.451F72.19.00
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

I. Der Umgang mit dem Kind T, geboren am, wird wie folgt geregelt:

1. Der Vater hat das Recht, das Kind T, geboren am, zu folgenden Zeiten zu sich zu holen:

a) in jeder geraden Woche von Freitag 15:00 Uhr bis zum eine Woche darauffolgenden Freitag 14:59 Uhr, erstmals beginnend am 09.08.2019;

b) während der ersten Hälfte der Brandenburgischen Sommerferien vom letzten Freitag 12:00 Uhr nach dem letzten Schultag bis zum drei Wochen darauffolgenden Freitag 14:59 Uhr und

c) in jedem geraden Jahr, also 2020, 2022 usw. jeden Ostermontag von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr sowie in der Zeit vom 24.12. 09:00 Uhr bis zum 25.12. 18:00 Uhr

d) in jedem ungeraden Jahr, also 2019, 2021 usw. in der Zeit vom 25.12. 18:00 Uhr bis zum 27.12. 18:00 Uhr

2. Die Mutter hat das Recht, das Kind T, geboren am, zu folgenden Zeiten zu sich zu holen:

a) in jeder ungeraden Woche von Freitag 15:00 Uhr bis zum eine Woche darauffolgenden Freitag 14:59 Uhr, erstmals am 16.08.2019;

b)während der zweiten Hälfte der Brandenburgischen Sommerferien vom vierten Freitag nach dem letzten Schultag 15:00 Uhr bis zum drei Wochen darauffolgenden Freitag 14:59 Uhr

c) in jedem ungeraden Jahr, also 2019, 2021 usw. jeden Ostermontag von 09:00 Uhr bis 18:00 Uhr sowie in der Zeit vom 24.12. 09:00 Uhr bis zum 25.12. 18:00 Uhr

d) in jedem geraden Jahr, also 2020, 2022 usw. in der Zeit vom 25.12. 18:00 Uhr bis zum 27.12. 18:00 Uhr;

3. Die Feiertags- und die Ferienregelung gehen dem regelmäßigen Umgang am Wochenende bzw. am Mittwoch vor. Konkret bedeutet dies, dass die Zeiten, die dem Vater als Umgang an Weihnachten, Silvester oder Ostern zugewiesen sind, spiegelbildlich in den anderen Jahren der Mutter zustehen, so dass in den der Mutter zugewiesenen Zeiten ein regelmäßiger Umgang des Vaters nicht stattfinden kann. Für Weihnachten bzw. Ostern hat dies zur Folge, dass der regelmäßige Umgang des Vaters begrenzt ist durch die Zeiten, die der Mutter zugewiesen sind.

4. Der Umgangsberechtigte holt das Kind pünktlich bei dem anderen Elternteil ab und bringt das Kind pünktlich wieder zurück. Der andere Elternteil hält das Kind zum Abholen bereit und gibt es heraus. Besucht das Kind die KITA holt der berechtigte Elternteil es an den Besuchstagen dort ab und bringt es dorthin zurück.

5. Der Vater und die Mutter können zwei Besuche pro Jahr ohne Angabe von Gründen absagen. Der Besuch findet dann automatisch eine Woche später statt, ohne dass sich der Besuchsrhythmus verändert. Die Absage muss schriftlich erfolgen und eine Woche vorher beim anderen Elternteil eingegangen sein.

Wenn der Besuch aus Krankheitsgründen (Kind oder Umgangsberechtigter) ausfallen muss, findet der Besuch automatisch eine Woche später statt. Wenn der Betroffene dann immer noch krank ist, entfällt der Besuch ersatzlos

II. Für jeden Fall der zu vertretenden Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Regelung des Umgangsrechts kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld in Höhe von jeweils bis zu 25.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft für eine Dauer von bis zu 6 Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung von Ordnungsgeld keinen Erfolg, so kann das Gericht sofort Ordnungshaft für eine Dauer von bis zu 6 Monaten anordnen. Weiterhin kann das Gericht zur Vollstreckung unmittelbaren Zwang anordnen, wenn die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos geblieben ist, die Festsetzung von Ordnungsmitteln keinen Erfolg verspricht oder eine alsbaldige Vollstreckung unbedingt geboten erscheint.

III. Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

IV. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

Die Eltern des gemeinsamen Kindes leben seit Ende 2017 getrennt. Der Kindesvater hat die gemeinsame Wohnung verlassen. Die Eltern hatten sich außergerichtlich zunächst, auf einen Umgang verständigt, bei dem T in der einen Woche von Freitag bis zum darauffolgenden Dienstag beim Vater ist und in der darauffolgenden Woche von Montag zu Dienstag.

T besucht mit Freude die Kita.

Die Eltern konnten sich über eine Erweiterung des Umgangs nicht verständigen. T fühlt sich, wie seine Anhörung und die Stellungnahme der Verfahrensbeiständin ergab, bei beiden Elternteilen wohl.

Beratungen der Eltern beim Jugendamt auch eine Mediation blieben folgenlos.

Die zwischen den Eltern getroffene außergerichtliche Elternvereinbarung berücksichtigte zunächst die seinerzeit noch notwendige Wohnungssuche des Vaters. Diese ist inzwischen abgeschlossen. Die Eltern leben nur unweit voneinander entfernt, und zwar in der gleichen Straße. Der Wechsel des Kindes zwischen den elterlichen Haushalten funktioniert weitgehend problemlos.

Den Eltern ist es gelungen, den Streit zwischen Ihnen weitgehend ohne die direkte Einbeziehung des Kindes T zuführen. Nach dem Eindruck, den T von beiden Eltern hat, können diese miteinander reden und sich verständigen. T hat zu beiden Elternteilen ein gutes Verhältnis und ist dem Elternteil zugewandt, bei dem er sich gerade befindet. Zweifellos möchte T, dass sich die Eltern verständigen. Er berichtet mit Zufriedenheit davon, dass die Eltern miteinander reden können.

Der Vater wünscht ein echtes Wechselmodell, jedenfalls aber die Erweiterung des Umgangs jeweils unter Einschluss des Mittwochs (Erweiterung um zwei Tage pro Woche. Die Mutter tritt dem entgegen und verweist auf die nach ihrem Eindruck fehlende Kommunikation.

Die Verfahrensbeiständin hält eine Erweiterung des Umgangs für erforderlich und würde diese Erweiterung auf einen Tag beschränken, allerdings nach dem Eindruck des Gerichts nur, um ein tatsächliches oder vermeintliches Obsiegen bzw. Unterliegen auch nur eines Elternteils zu vermeiden. Das Jugendamt hingegen schlägt ganz klar und entschieden ein echtes Wechselmodell vor und findet nach eigener Prüfung keine Anhaltspunkte, die einem solchen paritätischen Wechselmodell entgegenstünden. Die Eltern seien in der Lage, miteinander eine Vereinbarung zu treffen und es wäre für T wesentlich entspannter, gleichlange Blöcke bei dem jeweiligen Elternteil zu verbringen. Die Anzahl der Wechsel und Umstellungen würde dann minimiert und die Mutter hätte selbst die Gelegenheit auch eine Dauer von einer ganzen Woche Umgang mit dem Kind zu haben. Die Auseinandersetzungen der Eltern seien nicht unüberwindlich.

Die Mutter tritt dem entgegen und verweist auf Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen beiden Eltern. Das Verhältnis zum Kindesvater habe sich in den zurückliegenden Monaten sogar noch verschlechtert. Der Vater diskutiere mit ihr auf nicht in wollende Art und Weise und mische sich in ihrer persönlichen Angelegenheiten ein und wolle ihre Vorschriften machen - auch über die Verwendung des Unterhalts. Unter diesen Umständen komme, eine Erweiterung des Umgangs, auch nur um einen Tag, nicht in Betracht.

Das Gericht hat das Kind persönlich angehört. Das Kind hat sich liebevoll gegenüber beiden Elternteilen erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere auf den Anhörungsvermerk verwiesen.

II.

Eine gerichtliche Umgangsregelung, die im Ergebnis zu einer gleichmäßigen Betreuung des Kindes durch beide Eltern im Sinne eines paritätischen Wechselmodells führt, kann im Einzelfall auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden (Anschluss an BGH, FamRZ 2017, 532). Bestehen unstreitig gute Bindungen der Kinder zu beiden Elternteilen und hat der umgangsberechtigte Elternteil bereits bisher einen wesentlichen Teil der Betreuungsleistung übernommen, so kann die Kindeswohldienlichkeit des Wechselmodells auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens beurteilt werden (OLG Stuttgart (FamRZ 2018, 35).

Das hier hinsichtlich beider Elternteile bewilligte Umgangsrecht berücksichtigt ausreichend die Interessen der beiden Elternteile, greift aber in die Rechte des jeweils anderen Elternteils nur in vertretbarer Weise ein und entspricht vor allem dem Wohle des Kindes (§ 1684 BGB).

Die Position der Mutter bleibt letztlich nicht ganz erklärlich. Allerdings sind die von ihr angebrachten Bedenken hinsichtlich des Verhaltens des Vaters ihr gegenüber nachvollziehbar. Insbesondere fehlt dem Gericht jegliches Verständnis, dass der Vater den Stand der persönlichen Beziehungen mit Nachbarn der Mutter bespricht. Ein solches Verhalten ist schlicht nicht nachvollziehbar und muss Misstrauen nach sich ziehen. Auch hat der Vater nicht über die Verwendung des von ihm an die Mutter gezahlten Unterhalts zu bestimmen. Die Vorstellung, die Mutter habe diesen auf einem Konto des Kindes anzusparen, ist schlicht abwegig. Ein solches Ansinnen beruht auf einer schon im Ansatz falschen Vorstellung darüber, wo seine Rechte enden. Sein Bekunden in der Anhörung, Geld spiele keine Rolle ist insofern auch gegenüber dem Gericht unehrlich.

Aber dies allein verhindert das mit der hier getroffenen Anordnung bestimmte Wechselmodell nicht. Die Eltern können sich, wie sie es in der Vergangenheit bewiesen haben, auf eine Regelung verständigen, die über den üblichen Umgang hinausgeht und sich an diese halten. Sie sind in der Lage, den Streit - den es überall, auch in funktionierenden Elternbeziehungen, einmal gibt - von dem Kind weitgehend fernzuhalten.

Gemessen an dem ohnehin schon erweiterten Umgang, den die Eltern gegenwärtig ausüben, ist das Wechselmodell für das Kind, worauf auch das Jugendamt hinwies, von Vorteil. T muss sich so nur einmal pro Woche umstellen und hat dann eine zusammenhängende Woche mit jedem Elternteil. Auch hat jeder Elternteil die gleiche Möglichkeit, den Vorzug des Zusammenseins mit dem Kind für eine den Umständen entsprechend möglichst lange Zeit zu genießen.

Beide Eltern sind auch uneingeschränkt erziehungsfähig. Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass das Gericht bei der Kindesanhörung feststellen konnte, dass T gut erzogen, freundlich und offen ist, was sich auch aus der Stellungnahme der Verfahrensbeiständin in der mündlichen Anhörung ergibt. Es gibt im vorliegenden Fall keine so weit voneinander entfernten Unterschiede im Erziehungsstil der Eltern, dass die Anordnung eines Wechselmodells daran scheitern würde.

Die schlichte Ablehnung der Mutter bleibt letztlich insgesamt unverständlich. Der einfache Versuch, die Kommunikation der Eltern als besonders mangelhaft zu bezeichnen, reicht nicht aus. Die Position der Mutter beruht auf der Vorstellung, sie allein habe darüber zu befinden. Auf das Elternrecht, dass in gleicher Weise dem Vater zusteht, kann sie sich dabei nicht berufen.

Eines Sachverständigengutachten, bedurfte es, wenn auch von der Verfahrensbeiständin zaghaft angemahnt, nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.

Der Hinweis auf die Vollstreckung durch Anordnung von Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft beruht auf §§ 89, 90 FamFG.

IV.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 45 FamGKG.