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Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 FGO) - Umsatzsteuer 2009, 2010


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 18.06.2014
Aktenzeichen 7 V 7123/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine auf den Geschäftsbereich der sogenannten [sog.] Erlebnis-gastronomie ausgerichtete Unternehmung in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR –, begehrt im Wege der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010, um nicht ihre im Rahmen sog. „Dinnershows“ erbrachten verschiedenartigen (Dienst-)Leistungen insbesondere in Form der Essensversorgung der Veranstaltungsbesucher und ihrer eigentlichen kulturellen Darbietungen als einheitliche sonstige Leistung insgesamt dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre 2009 und 2010 geltenden Fassung – UStG 2009-2010 – unterwerfen lassen zu müssen.

Die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin war in den Streitjahren 2009 und 2010 auf eine sog. „Erlebnisgastronomie“ im Rahmen einer von ihr selbst als „Verzehrtheater“ beworbenen Unternehmung ausgerichtet. Im Einzelnen brachte sie dabei an immer wieder verschiedenen Orten vornehmlich im Bundesland Brandenburg Variete-/Theaterveranstal-tungen zur Aufführung. Zu diesen Variete-/Theatershows zählte jeweils auch eine umfänglichere kulinarische Versorgung der Veranstaltungsgäste. Beiden Gesellschaftern der Antragstellerin waren dafür von der Gemeinde B... auf die „Ausübung unterhaltender Tätigkeiten nach Schaustellerart: mobile Varieteveranstaltung mit Schank- und Speisewirtschaft“ erweiterte Reisegewerbekarten erteilt worden.

Mit ihrer am 7. April 2011 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2009 ordnete die Antragstellerin ihre mit ihrem Veranstaltungsgeschäft zusammen hängenden Einnahmen betreffend die eigentlichen Showdarbietungen (künstlerischer Programmteil) in Höhe von 50.653,-- € dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7 v.H. zu, im Übrigen (Beköstigung) hinsichtlich weiterer 94.811,-- € dem regulären Steuersatz in Höhe von 19 v.H. Sie stand auf der Grundlage von § 168 Satz 1 der Abgabenordnung – AO – nach Zustimmung des Antragsgegners zunächst einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Gleichermaßen verfuhr die Antragstellerin auch hinsichtlich ihrer am 6. März 2012 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2010. Auch sie galt aufgrund allgemein erteilter Zustimmung des Antragsgegners zunächst als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nach-prüfung.

Im Anschluss an eine bei der Antragstellerin für das Streitjahr 2009 vorgenommene Umsatzsteuer-Sonderprüfung machte sich der Antragsgegner die im entsprechenden Prüfungsbericht vom 11. Juli 2011 gewonnene Feststellung zu eigen, dass die Veranstaltungen der Antragstellerin betreffend die Show-Aufführungen und die dabei erfolgte Beköstigung ein auch von den Kunden nur einheitlich zu erwerbendes, zusammen hängendes „Paketangebot“ beträfen und daher von einer untrennbaren, insgesamt dem Regelsteuersatz unterfallenden sonstigen Leistung auszugehen sei. Dem zur Folge erließ er gegenüber der Antragstellerin mit Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 21. September 2011 eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung 2009. Dies belastete die Antragstellerin mit einer Umsatzsteuernachzahlung in Höhe von 5.107,84 € nebst Zinsen zur Umsatzsteuer in Höhe von 127,-- €, insgesamt in Höhe von 5.234,84 €.

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 29. September 2011 Einspruch und bat, das Verfahren im Hinblick auf ein beim Bundesfinanzhof – BFH – unter dem Aktenzeichen [Az.] V R 31/10 geführtes paralleles (Revisions-)Verfahren ruhen zu lassen. Diesem Begehren kam der Antragsgegner nach, ebenso wie dem mit ihrem Einspruch verbundenen Vollziehungsaussetzungsantrag der Antragstellerin.

Im Hinblick auf dieselbe Rechtsproblematik erließ der Antragsgegner mit Umsatzsteuerbescheid 2010 vom 8. August 2012 zwischenzeitlich auch für das Streitjahr 2010 eine entsprechend geänderte Umsatzsteuerfestsetzung. Wiederum erhob die Antragstellerin umgehend Einspruch. Der Antragsgegner ließ gleichermaßen das Einspruchsverfahren antragsgemäß ruhen und gewährte der Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung.

Nach Ergehen der BFH-Entscheidung im bezeichneten parallelen (Revisions-)Verfahren (Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 240, 380, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2013, 352, Mehrwertsteuerrecht – MwStR – 2013, 205, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2013, 385, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst – DStRE – 2013, 543) sah sich der Antragsgegner in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Die Antragstellerin hielt gleichwohl an ihren Einsprüchen fest. Sie reklamierte für sich Schaustellerleistungen, auf die vollumfänglich der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG 2009-2010 (§ 30 Umsatzsteuer-Durchführungsverord-nung – UStDV) anzuwenden sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 änderte der Antragsgegner die Umsatzsteuerfestsetzung 2010 zu Gunsten der Antragstellerin in anderen, hier nicht streitgegenständlich gewordenen Punkten, wies im Übrigen aber ihre Einsprüche betreffend die Streitjahre 2009 und 2010 als unbegründet zurück. Abschließend wies er in der Einspruchsentscheidung ergänzend darauf hin, dass nach einem Monat nach Bekanntgabe derselben an die Antragstellerin die ihr bisher gewährte Aussetzung der Vollziehung enden werde.

Gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010 beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 hat die Antragstellerin am 11. März 2014 Klage erhoben. Sie ist unter dem Az. 7 K 7074/14 noch anhängig.

In einem vorangegangenen (ersten) vorläufigen Rechtsschutzverfahren (Aktenzeichen [Az.] 7 V 7075/14) legte es die Antragstellerin darauf an, weiterhin Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010 erreichen zu können. Wegen Nichtgegebenseines der Zugangsvoraussetzungen im Sinne von § 69 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung – FGO – wies der Senat diesen früheren vorläufigen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 31. März 2014 (als unzulässig) zurück.

Hierauf bemühte sich die Antragstellerin neuerlich gegenüber dem Antragsgegner, ihr betreffend die geänderten Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010 auch weiterhin für die Dauer des von ihr eingeleiteten Finanzstreitverfahrens zu gewähren. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 17. April 2014 ab. Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide ließe sich nicht ernstlich bezweifeln.

Im vorliegenden, am 16. Mai 2014 anhängig gemachten neuerlichen vorläufigen Rechtsschutzverfahren verfolgt die Antragstellerin ihr Vollziehungsaussetzungsanliegen weiter. Sie beantragt dem entsprechend,

die Vollziehung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010 beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 bis zum rechtskräftigen Abschluss ihres Klageverfahrens (Az.: 7 K 7074/14) auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die von der Antragstellerin angebotenen Event-Shows wiesen hinsichtlich beider Veranstaltungsteile (Variete-Show beziehungsweise [bzw.] Restauration) für einen Kunden ein Gesamtgepräge auf. Beide gerade auch in zeitlicher Beziehung aufeinander abgestimmten Angebotselemente ergänzten sich gegenseitig; weder die eine noch die andere Teilleistung wiese einen dominierenden Charakter auf. Unter diesen Umständen müsse von einer einheitlichen Gesamtleistung ausgegangenen werden. So würde es auch den berechtigten Erwartungen der Kunden nicht gerecht, die künstlerischen und kulinarischen Leistungen aus rein finanztechnischen Erwägungen heraus aufspalten zu wollen. Der ermäßigte Steuersatz könne daher nicht isoliert für den künstlerischen Leistungsteil herangezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten ausgetauschten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die von dem Antragsgegner vorgelegten Steuerakten (1 Band Umsatzsteuerakten; 1 Band Rechtsbehelfs-akte; 1 Band Betriebsprüfungsakte; 1 Heftung USt-Sonderprüfung; 1 Band Akten über die gesonderte/einheitliche Feststellung der Einkünfte; 1 Band Bilanzakte; 1 Band Gewerbesteuerakten, 1 Band Vertragsakte) alle zur St.-Nr. 064/151/01786 Bezug genommen.

II.

Der auf § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO gestützte vorläufige Rechtsschutzantrag der Antragstellerin ist nunmehr auch bezogen auf die Zugangsvoraussetzungen im Sinne von § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO zulässig. Der Antragsgegner hat zuvor einen an ihn gerichteten außergerichtlichen Antrag der Antragstellerin, ihr erstinstanzlich für die Dauer ihres Klageverfahrens zum Az. 7 K 7074/14 weiterhin Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzungen 2009 und 2010 zu gewähren, mit Bescheid vom 17. April 2014 abgelehnt.

Die Begründetheit des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin richtet sich nach § 69 Abs. 3 FGO. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit [i.V.m.] § 69 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative FGO soll die Vollziehung eines Steuerverwaltungsaktes u.a. ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der (gerichtlichen) Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht gegebenenfalls [ggf.] ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen kann (BFH, Beschluss vom 7. September 2011 – I B 157/10 – BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590, 591 Rn. 12, DStRE 2012, 89). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH, Beschluss vom 27. November 2009 – II B 75/09 – Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2010, 692, 694). Die Aussetzung der Vollziehung setzt hierbei nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (BFH, Beschluss vom 7. September 2011 – I B 157/10 – aaO. S. 591 Rn. 12).

Hieran gemessen kann die Antragstellerin mit ihrem Vollziehungsaussetzungsbegehren keinen Erfolg haben. Denn die angegriffenen Umsatzsteuerbescheide 2009 und 2010 beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2014 begegnen hinsichtlich des Ansatzes des Antragsgegners, beide das Veranstaltungsangebot der Antragstellerin ausmachenden Programmteile (Show und Restauration) nicht als selbständige Einzel-leistungen, sondern einheitlich als komplexe Gesamtleistung zu behandeln und sie in dieser Form insgesamt dem Regelsteuersatz zuzuordnen, keinen ernstlichen Rechtmäßigkeitszweifeln. Vielmehr reklamiert die Antragstellerin zu Unrecht, ihre mit ihrem (eigentlichen) kulturellen Programmseite zusammen hängenden steuerpflichtigen Umsätze für sich genommen dem ermäßigten Steuersatz für Schaustellerleistungen im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG 2009-2010 zuschlagen zu können.

In der Regel bildet allerdings jede Lieferung oder Dienstleistung eine eigene, selbständige Leistung. Auf der anderen Seite ist aber bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzel-leistungen und Handlungen umfasst, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Dabei sind unter Berücksichtigung eines Durchschnittsverbrauchers die charakteristischen Merkmale des Umsatzes zu ermitteln. Insoweit darf einerseits eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbständig sind (BFH, Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO. S. 206 Rn. 18).

In diesem Zusammenhang ist von einer einheitlichen Leistung auszugehen, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (BFH, Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO. S. 206 Rn. 20). Ebenso kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Handlungen oder Einzelleistungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (BFH, Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO. S. 206 Rn. 21).

Für das Angebot einer sog. „Dinner-Show“ stehen die Restaurationsleistungen und die kulturellen Darbietungen nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenleistung zueinander. So bewarb die Antragstellerin selbst ihr (Unternehmens-)Konzept in den Streitjahren 2009 und 2010 unter anderem [u.a.] damit, unter dem Motto „X… + Y…“ zum Verweilen an einem gemütlichen Ort einzuladen, unter netten lustigen Leuten, die auf herzliche Weise zu Tisch bitten und Sie [= die Gäste] während des Dinners kurzweilig unterhalten werden“. Show und Menü dienen unterschiedlichen und gleichgewichtigen Zwecken. Den Besuchern kommt es nicht allein auf die kulturellen/künstlerischen Darbietungen an. Gleichermaßen wichtig ist die Möglichkeit zur gehobenen – die Antragstellerin stellte ein 4-Gang-Menu in Aussicht – Speisung (BFH, Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO. S. 206 Rn. 31).

Das als „Dinner-Show“ bezeichnete Veranstaltungsangebot der Antragstellerin bewirkt je-doch die Entstehung eines zusammen hängenden eigenen Wirtschaftsvorgangs im Sinne einer komplexen (Neu-)Leistung. In dieser Beziehung erfährt die Leistung der Antragstellerin ihren Charakter durch die Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen. Die kulturellen/künstlerischen und kulinarischen Leistungen sind aufeinander abgestimmt und greifen in zeitlicher Hinsicht ineinander. Durch die Verflechtung beider Leistungsbestandteile ist es dem Verbraucher nicht möglich, nur die kulturelle/künstlerische oder nur die kulinarische Leistung in Anspruch zu nehmen. Zwar werden beide Leistungskomponenten (Show/Beköstigung) im Wirtschaftsleben auch getrennt erbracht. Dies allein rechtfertigt jedoch keine Aufspaltung des Vorgangs. Dem durchschnittlichen Besucher kommt es entsprechend der eigenen Bewerbung durch die Antragstellerin bei einer "Dinner-Show" gerade auf die Verbindung beider Elemente an (BFH, Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO. S. 207 Rn. 36).

Die komplexe Leistung einer "Dinner-Show" lässt sich darüber hinaus nicht etwa auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a) UStG dem ermäßigten Steuersatz zuordnen. Hiernach ermäßigt sich die Steuer auf 7 v.H. unter anderem [u.a.] für Umsätze mit Eintrittsberechtigungen für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.

Unionsrechtliche Grundlage für diese Steuerermäßigung ist Art. 98 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – Mehrwertsteuersystemrichtlinie [MwStSystemRl] – in Verbindung mit [i.V.m.] Anhang III Nr. 7 MwStSystemRl (Huschens, in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, Stand: 12/2012, § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG Rn. 17). Danach können die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen.

Eine "Dinner-Show" enthält in ihrem Unterhaltungsteil zwar Elemente, die für sich betrachtet Theatervorführungen im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a) UStG 2009-2010 gleichkommen mögen. Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a) UStG 2009-2010 setzt jedoch voraus, dass das entsprechende Unterhaltungsprogramm Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung ist. Die entsprechende Theatervorführung muss den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (BFH, Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO. S. 207/208 Rn. 42, 43).

Letzteres ist für eine wie von der Antragstellerin veranstaltete „Dinner-Show“ indes zu verneinen. Das Gepräge ihrer komplexen Leistung liegt wesentlich in der Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen; beide Leistungsbestandteile stehen sich gleichwertig gegenüber.

Ohne Erfolg versucht die Antragstellerin schließlich, ihr Veranstaltungsangebot als „Schaustellerleistung“ auszugeben und mit ihrer komplexen Leistung daher auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG 2009-2010 nur dem ermäßigten Steuersatz zu unterfallen. So ermäßigt sich nach genannter Bestimmung zwar der Steuersatz auch für Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Indes erbringt die Antragstellerin mit ihren „Dinner-Shows“ keine Schaustellerleistungen.

Als solche gelten gemäß § 30 UStDV Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen. Schausteller ist sonach, wer mit seinem der Unterhaltung dienenden Unternehmen gewerbsmäßig Jahrmärkte, Volksfeste, Kirmesveranstaltungen, Messen und so weiter [usw.] beschickt, also von Ort zu Ort zieht (Huschens, aaO. § 12 Abs. 2 Nr. 7d UStG Rn. 30).

Die Antragstellerin indes zieht nicht von Ort zu Ort, um Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten, Volks-festen, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen aufzuführen. Vielmehr bringt sie ihre „Dinner-Shows“ losgelöst von sonstigen Veranstaltungen wie Jahrmärkten, Volks- und Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen in einer von ihr eigens immer wieder auf- und abgebauten Zeltanlage zur Aufführung.

Davon abgesehen stehen mit den „Dinner-Shows“ auch dann keine Schaustellerleistungen in Rede, wenn zu den „ähnlichen Veranstaltungen“ im Sinne der §§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG, 30 UStDV auch die durch einen Schausteller selbst organisierten und unter seiner Regie stattfindenden Eigenveranstaltungen, die wie ein Volks- oder Schützenfest oder wie ein Jahrmarkt dem allgemeinen Volksvergnügen dienen (Huschens, aaO. § 12 Abs. 2 Nr. 7d UStG Rn. 33). Denn eine „Dinner-Show“, die sich als Leistung eigener Art gleichgewichtig aus der Restaurations- und kulturellen Veranstaltungselementen zusammensetzt, ist nicht auf eine (reise-)gewerblich ausgeübte, der allgemeinen Volksbelustigung dienende Tätigkeit angelegt. Selbst den kulturellen Varieteveranstaltungsteil isoliert betrachtet ist von keiner Schaustellerleistung auszugehen. So ließ die bezeichnete Leitentscheidung des BFH zu sog. „Dinner-Shows“ (Urteil vom 10. Januar 2013 – V R 31/10 – aaO.) die Varietekomponente in einem Fall, in dem ebenfalls für eine sog. „Dinner-Show“ ein besonderes Zelt aufgebaut worden war, nicht Schaustellerleistungen im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG 2009-2010 nahekommen, sondern Theateraufführungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG 2009-2010.

Diesem Programmteil vermag dabei einen schaustellergewerblichen Anstrich auch nicht zu geben, dass beiden Gesellschaftern der Antragstellerin von der Gemeinde B... für die „Ausübung unterhaltender Tätigkeiten nach Schaustellerart: mobile Varieteveranstaltung mit Schank- und Speisewirtschaft“ erweiterte Reisegewerbekarten erteilt worden sind. Denn die ordnungsbehördliche Einstufung der Veranstaltung als Reisegewerbe insbesondere hinsichtlich des Ausschanks von Speisen und Getränken gibt nichts für die (umsatz-)steuerrechtliche Einordnung des artistischen Programmteils der gesamten Veranstaltung her. Eine entsprechende gesetzliche Bindungswirkung ist gesetzlich nicht bestimmt.

Schließlich wäre – sollte sich die kulturelle Veranstaltungskomponente als Schaustellerleistung ansehen lassen – dann ebenso wie für die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a) UStG auch für die Bejahung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG zu verlangen, dass dieses Veranstaltungsmonent den Hauptbestandteil der einheitlichen Gesamtleistung bildete. Die Varietedarbietungen müssten dann als Schaustellerleistungen den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen. Daran fehlt es vorliegend, da der Charakter der komplexen Leistung der Antragstellerin wesentlich durch die Mischung aus Unterhaltung und gutem Essen bestimmt wird und sich beide Leistungsbestandteile gleichwertig gegenüberstehen. Das Veranstaltungsangebot der Antragstellerin erfährt sein Gepräge gerade dadurch, dass sich verschiedene Leistungsbestandteile zu einer Leistung eigener Art zusammen fügen.

Schließlich vermag in dieser Beziehung auch Unionsrecht der Antragstellerin keine weitergehende Rechtstellung zu vermitteln. Können laut Art. 98 MwStSystemRl i.V.m. Anhang III Nr. 7 MwStSystemRl die Mitgliedstaaten einen ermäßigten Steuersatz anwenden u.a. auf Eintrittsberechtigungen für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte und Vergnügungsparks, geht es im Falle der Antragstellerin insoweit nicht um (nur) um Eintrittsberechtigungen für schaustellerische Leistungen. Mit dem die Gesamtveranstaltung mitbestimmenden Restaurationsangebot verbinden sich keine solchen schaustellerischen Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat nach §§ 128 Abs. 3 Satz 2, 115 Abs. 2 FGO die Beschwerde zugelassen. Es liegt bisher keine (höchstrichterliche) Rechtsprechung dazu vor, ob und gegebenenfalls [ggf.] unter welchen einzelnen Voraussetzungen die Veranstaltung einer sog. „Dinner-Show“ hinsichtlich des eigentlichen Show-Veranstaltungsteils als Schaustellerleistung dem ermäßigten Steuersatz im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe d) UStG 2009-2010 unterfällt.