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Gebühren und Auslagen für die Gewährung einer Akteneinsicht durch eine Gemeinde in kommunalabgabenrechtlichen Angelegenheiten


Metadaten

Gericht VG Frankfurt (Oder) 3. Kammer Entscheidungsdatum 16.09.2013
Aktenzeichen 3 L 215/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 10 AktenE/InfZG BB, § 5 Abs 3 KAG BB

Leitsatz

Widerspruchsbescheide in kommunalabgabenrechtlichen Verfahren ergehen in Brandenburg gebühren und auslagenfrei.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers VG 3 K 855/13 wird angeordnet, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 10,00 € und von Zustellungskosten für den Erlass des abweisenden Widerspruchsbescheides in Höhe von 2,98 € richtet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

2. Der Streitwert wird auf 7,57 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage VG 3 K 855/13 gegen die Erhebung von Gebühren nach erfolgter Akteneinsicht mit Gebührenbescheid vom 23. Mai 2013 und Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2013 anzuordnen,

ist zulässig.

Seiner Zulässigkeit steht, auch soweit er die Festsetzung der Gebühr für den abweisenden Widerspruchsbescheid und von Zustellungskosten im Widerspruchsbescheid betrifft, insbesondere nicht entgegen, dass der Antragsteller – soweit ersichtlich –gegen die Festsetzung der Gebühr und Erhebung der Zustellungskosten im Widerspruchsbescheid bislang keinen Widerspruch eingelegt hat. Daraus ergibt sich nämlich nicht, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache (die Klage VG 3 K 855/13) bereits in dem für die Entscheidung über den vorliegenden Antrag maßgeblichen Zeitpunkt offensichtlich unzulässig wäre (vgl. zu diesem Maßstab OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Februar 2007 – OVG 2 S 39.06 –, Seite 4 des Beschlussabdrucks und Beschluss vom 24. August 2007 – OVG 6 S 1.07 –, S. 3 des Beschlussabdrucks). Zwar handelt es sich bei der Festsetzung der Gebühr für den Widerspruchsbescheid einschließlich Zustellungskosten um eine eigenständige (neue) Regelung, die insoweit auch eigenständig mit dem Widerspruch anfechtbar ist und zur Meidung des Eintritts einer Bestandskraft angefochten werden muss (vgl. z.B. das Urteil der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 12. Oktober 2006 – 2 K 1166/01 –, Bl. 7 des Urteilsabdrucks). Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller aber im Widerspruchsbescheid auch hinsichtlich der neuen Gebührenfestsetzung dahingehend belehrt, dass Klage erhoben werden könne. Wegen der insoweit unrichtigen Rechtsmittelbelehrung verlängert sich die Widerspruchsfrist gegen die Festsetzung der Gebühr für den Widerspruchsbescheid und gegen die Erhebung der Zustellungskosten bis auf ein Jahr nach der Zustellung des Widerspruchsbescheides (§ 58 Abs. 2 VwGO); diese Frist ist heute noch nicht abgelaufen.

Der danach insgesamt zulässige Antrag hat aber nur in dem tenorierten Umfang Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen die Anforderung von öffentlichen Abgaben anordnen, zu denen die vorliegend streitigen Verwaltungsgebühren und Auslagen gehören. Dem Antrag ist in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO zu entsprechen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung bestehen oder wenn die Erhebung der Gebühr für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind nur gegeben, wenn ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg.

Das ist bezogen auf die Klage des Antragstellers gegen die Erhebung der „Gebühren“ durch die Antragsgegnerin nur der Fall, soweit sie sich gegen die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr für den abweisenden Widerspruchsbescheid in Höhe von 10 € und gegen die Kosten für die Zustellung des Widerspruchsbescheides in Höhe von 2,98 € richtet (dazu nachfolgend unter 2.). Soweit die Klage hingegen die Festsetzung der Verwaltungsgebühr für eine einfache Einsichtnahme in Akten in Höhe von 16 € und von Kopierkosten in Höhe von 1,30 € betrifft, hat der Antrag keinen Erfolg (dazu nachfolgend unter 1.).

1.

Die mit Gebührenbescheid vom 23. Mai 2013 festgesetzte Verwaltungsgebühr für die Akteneinsicht und die Kopierkosten erscheinen bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig.

Dabei kann offen bleiben,

- ob die gewährte Akteneinsicht, für die die Antragsgegnerin die angefochtenen „Kosten“ berechnet hat, ihre Grundlage im Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) findet (wovon die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2013 ausgeht, obwohl sie selbst noch in einem anderen Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2013 gegenüber dem Antragsteller ausdrücklich die Auffassung vertreten hat, dass Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz könne nicht angewendet werden), oder
- ob sie auf dem anerkannten allgemeinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Akteneinsicht beruht.

Danach muss jede Behörde in Fällen, in denen ein Anspruch auf Akteneinsicht aufgrund spezieller Vorschriften nicht besteht, nach pflichtgemäßem Ermessen über einen dahingehenden Antrag entscheiden, wenn der Betreffende ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht hat (vgl. den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts 5 B 63/89 vom 15. Juni 1989 und den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg 9 S 2.05 vom 01. August 2005, beide zitiert nach juris; ferner auch Urteil der Kammer vom 23. September 2010 – 3 K 1280/07 –).

Auf die Rechtsgrundlage der gewählten Akteneinsicht kommt es aber vorliegend nicht maßgeblich an, weil die Satzung der Stadt Müncheberg über die Erhebung von Verwaltungsgebühren (Verwaltungsgebührensatzung – VwGbS) vom 5. Oktober 2005 die Erhebung der Gebühr für die Akteneinsicht und die Festsetzung der Kopierkosten sowohl rechtfertigt, wenn die Akteneinsicht nach den Vorschriften des AIG gewährt worden ist, als auch wenn sie ihre Grundlage im allgemeinen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Antrag auf Akteneinsicht findet.

Für den Bereich des AIG kann die Antragsgegnerin die angefochtenen Forderungen zwar – entgegen ihrer in der Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid zum Ausdruck gekommenen Ansicht – nicht auf die „Verwaltungsgebührenordnung für Amtshandlungen beim Vollzug des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (Akteneinsichts- und Informationszugangsgebührenordnung – AIG GebO)“ stützen. Denn insoweit handelt es sich um eine Rechtsverordnung gemäß § 10 Abs. 2 AIG, die nur für die Tätigkeit der Landesverwaltung gilt und die Tätigkeit der Gemeinden nicht erfasst, soweit diese in eigenen Angelegenheiten (Selbstverwaltungsaufgaben) tätig werden. Hier gilt nichts anderes als bei der Abgrenzung des Anwendungsbereiches des Gebührengesetzes für das Land Brandenburg. Auch dieses Gesetz gilt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 nicht für Gebühren und Auslagen der Gemeinden in Angelegenheiten ihrer Selbstverwaltung (vgl. das Urteil der Kammer vom 13. November 2012 – VG 3 K 970/10 –, Bl. 6 des Urteilsabdrucks), zu denen die Erhebung von Kommunalabgaben (wie z.B. von Straßenbaubeiträgen) gehört, in deren Zusammenhang der Antragsteller auch die gebührenauslösende Akteneinsicht erhalten hat.

Soweit Gemeinden in diesem Bereich Akteneinsicht gewähren, werden sie aber durch § 10 Abs. 3 AIG ermächtigt, für Amtshandlungen aufgrund des AIG Gebühren und Auslagen zu erheben und dies durch Satzung zu regeln; es gelten die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg. Das Kommunalabgabengesetz berechtigt die Gemeinden aber auch sonst, die Erhebung von Verwaltungsgebühren im Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten durch Satzung zu regeln (§§ 2, 5 KAG).

Von diesen Ermächtigungen durch das AIG und KAG hat die von der Antragsgegnerin vertretene Gemeinde durch den Erlass der oben genannten Verwaltungsgebührensatzung vom 5. Oktober 2005 Gebrauch gemacht. Relevante formelle oder materielle Mängel, die zur Unwirksamkeit dieser Satzung führen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Satzung weist insbesondere den nach § 2 Abs. 1 S. 2 KAG erforderlichen Mindestinhalt auf. Einer besonderen Satzungsregelung über einen vollständigen oder teilweisen Billigkeitserlass oder über eine Stundung – die der Antragsteller in der Satzung vermisst – bedarf es nicht. Denn auch für die Erhebung von Verwaltungsgebühren nach § 5 KAG i. V. m. der Verwaltungsgebührensatzung gelten kraft Gesetzes gemäß § 12 KAG die Vorschriften der §§ 222 und 227 Abgabenordnung entsprechend, wonach die Gemeinde unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche aus Gebührenverhältnissen ganz oder teilweise stunden oder diese ganz oder zum Teil erlassen kann. Der Antragsteller könnte dementsprechend einen solchen Antrag auf Erlass oder Stundung bei der Antragsgegnerin stellen, die dann darüber zu befinden hätte, ob die Voraussetzungen der genannten Vorschriften im Fall des Antragstellers erfüllt sind.

Die Gebühr für die „einfache Einsichtnahme in Akten“ in Höhe von 16 € steht im Übrigen im Einklang mit der Tarifstelle 5.4. der Gebührentariftabelle (§ 3 Verwaltungsgebührensatzung) und die Festsetzung der Kopierkosten i. H. v. 1,30 € entspricht den Tarifstellen 1.1. und 1.2. der Gebührentariftabelle. Rechtlich relevante Fehler sind bezogen auf diese beiden Positionen weder hinreichend substantiiert vom Antragsteller vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

2.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Kosten des Widerspruchsverfahrens, die die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid festgesetzt hat.

Für die Erhebung dieser Kosten ist eine Rechtsgrundlage nicht erkennbar.

Wie bereits oben unter 1. dargelegt, kann die Antragsgegnerin die Festsetzung der Gebühr für den abweisenden Widerspruchsbescheid und die Erhebung der Zustellungskosten nicht auf die Vorschriften der „Verwaltungsgebührenordnung für Amtshandlungen beim Vollzug des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes“ stützen.

Die deshalb allein als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommende Verwaltungsgebührensatzung verweist zwar in ihrem § 4 Abs. 2 (wenn auch unter der irreführenden Überschrift „Gebührenpflichtige“) auf § 5 Abs. 3 KAG. Nach dieser Vorschrift dürfen Gemeinden aber für Widerspruchsbescheide u.a. nur dann eine Gebühr erheben, wenn der Verwaltungsakt, gegen den sich der zu bescheidende Widerspruch richtet, gebührenpflichtig ist. Dies ist bei dem Gebührenbescheid vom 23. Mai 2013, gegen den der Antragsteller den Widerspruch erhoben hatte, über den die Antragsgegnerin mit dem Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2013 entschied, nicht der Fall. Widerspruchsbescheide, mit denen Widersprüche gegen Kommunalabgabenbescheide zurückgewiesen werden, ergehen aufgrund dieser Vorschrift grundsätzlich gebühren- und auslagenfrei (vgl. VG Frankfurt (Oder), Gerichtsbescheid vom 16. März 2009 – VG 5 K 1074/04 –, Seite 5 des Abdrucks, unter Verweis auf die Verwaltungsvorschriften des Ministeriums des Inneren zum Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg (VV – KAG) vom 13. Juni 2005 zu § 5 Verwaltungsgebühren). § 5 Abs. 7 Satz 1 KAG, der die Erhebung von Auslagen auch ohne Festsetzung von Gebühren anordnet, gilt nur für die Fälle persönlicher Gebührenfreiheit (§ 5 Abs. 6 KAG), nicht aber für Amtshandlungen, die unabhängig von der hierdurch begünstigten Person (für jedermann) nicht gebührenpflichtig sind.

Soweit in Betracht kommen könnte, die erhobene Gebühr als Zeitgebühr gemäß § 2 Abs. 2 VwGebS zu rechtfertigen, ist zum einen schon nicht erkennbar, dass es sich bei der erhobenen Gebühr von 10,00 € um eine solche Zeitgebühr handelt; insbesondere fehlt die hierfür von der Satzung geforderte aktenkundige Berechnung (vgl. § 2 Abs. 2 S. 4 VwGebS). Zum anderen bestehen auch grundsätzliche Zweifel an der Zulässigkeit der Erhebung von Zeitgebühren ohne Regelung fester Stundensätze in der Satzung, da insoweit die Satzung entgegen § 2 Abs. 1 S. 2 KAG keinen Gebührensatz festlegt, sondern die Berechnung des Gebührensatzes vollständig der Verwaltung überlässt. Dies ist unzulässig (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 14. August 1997 – 2 D 33/96.NE -, S. 4, 5 des Urteilsabdrucks bzgl. unterschiedlicher Maßstabsbestimmungen und OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 24. September 2003 – 2 B 349/02 –, Seite 6 des Beschlussabdrucks). Die entsprechende Bestimmung dürfte deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nichtig sein.

3.

Dass die Zahlung des – aufgrund der teilweisen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage allein zu zahlenden – Betrages von 17,30 € für den Antragsteller auch bei Berücksichtigung der (nach seinen Angaben) gegenwärtig unklaren Einkommenssituation eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge haben könnte (§ 80 Abs. 4 S. 3 VwGO), lässt sich anhand des Vortrages des Antragstellers nicht feststellen. Insbesondere hat der Antragsteller trotz der Hinweisverfügung des Berichterstatters vom 19. Juli 2013 seine Vermögensverhältnisse nicht offen gelegt. Hierzu hätte es einer konkreten Darlegung aller vorhandenen Vermögenswerte bedurft. Der allgemeine Hinweis auf „Rücklagen, die im SGB II ein geschütztes Vermögen darstellen“ würden, genügt nicht.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes, wobei der Einzelrichter im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Kammer bei Anträgen auf Regelung der Vollziehung von Abgabenbescheiden in ständiger Praxis ¼ der streitigen Geldleistung (30,28 € / 4 = 7,57 €) zugrunde legt (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, in: NVwZ 2004, Seite 1327 ff., Ziffer 1.5).