Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 3. Senat | Entscheidungsdatum | 15.06.2011 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | L 3 R 434/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 10, § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10, § 50 Abs 1 SGB 10, § 34 Abs 2 SGB 6 |
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Streitig ist die rückwirkende Aufhebung des Altersrentenbescheides vom 23. April 2002 auf Grund der Erzielung von Hinzuverdienst und die Rückforderung der danach zuviel gezahlten Rentenbeträge.
Im September 2000 beantragte der 1941 geborene Kläger, ihm ab März 2001 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit und Vollendung des 60. Lebensjahres zu gewähren. Er reichte eine von ihm am 20. Januar 2001 ausgefüllte und unterzeichnete Erklärung und Bescheinigung zum Antrag auf Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres ein. Darin ist unter Ziffer 4 „Bescheinigung über das zukünftige Beschäftigungsverhältnis (bei Arbeitnehmern)“ von der Firma H GmbH mit Datum vom 09. Januar 2001 bestätigt worden, dass der Kläger seit Januar 2001 als Servicekraft im Werk B gegen ein Bruttoarbeitsentgelt i. H. v. „ca. bis 570,- DM“ monatlich beschäftigt werde.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2001 bewilligte die Beklagte ab dem 01. März 2001 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit i. H. v. 1.690,74 DM brutto bzw. 1.550,41 DM netto als Vorschuss. Des Weiteren enthielt der Bescheid den Hinweis, dass sich die Altersrente bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen kann, sofern durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese betrage monatlich 630,- DM (322,11 Euro). Daher bestehe bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Zur Berechnung der Hinzuverdienstgrenze wird auf die beigefügte Anlage 19 verwiesen.
Mit Bescheid vom 03. Mai 2001 nahm die Beklagte die endgültige Rentenberechnung vor, wonach sich ein Zahlbetrag von 1.692,40 DM brutto bzw. 1.551,94 DM netto ergab. Mit Schreiben vom 25. März 2002 fragte die Beklagte bei der Firma H GmbH nach der Höhe des vom 01. Januar bis zum 28. Februar 2001 vom Kläger erzielten Verdienstes, die unter dem 16. April 2002 das Einkommen in der Zeit vom 01. Januar bis zum 28. Februar 2002 mit 290,- Euro monatlich bescheinigte. In der Folge stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2002 die Rente von Anfang an mit einem Betrag von 1.693,02 DM brutto bzw. 1.552,50 DM netto neu fest. Den Bescheid vom 22. Februar 2001 nahm sie nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Auch dieser Bescheid enthielt den Hinweis, dass sich die Altersrente bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres mindern oder wegfallen kann, sofern durch das erzielte Einkommen (Bruttoverdienst aus Beschäftigung bzw. Gewinn aus selbständiger Tätigkeit) die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird. Diese betrage monatlich 325,- Euro. Daher bestehe bis zum Ablauf des Monats der Vollendung des 65. Lebensjahres die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Zur Berechnung der Hinzuverdienstgrenze wird auf die beigefügte Anlage 19 verwiesen.
Im Dezember 2006 erhielt die Beklagte aufgrund einer Betriebsprüfung Kenntnis davon, dass der Kläger Arbeitsentgelte über der Hinzuverdienstgrenze bezogen hatte. Auf Anforderung der Beklagten bescheinigte die Firma H GmbH unter dem 15. und dem 31. Januar 2007 die von Januar 2001 bis Januar 2006 gezahlten Bruttoarbeitsentgelte. Hiernach ergab sich, dass der Kläger im Jahr 2001 im Mai, Oktober und Dezember 2001 die Hinzuverdienst-Grenze überschritten hatte, wobei er im Dezember 2001 650,72 DM erzielt hatte. Von März 2005 bis Januar 2006 betrug das Arbeitsentgelt jeweils 357,70 Euro monatlich, im Oktober 2005 660,22 Euro (vgl. Vermerk über die telefonische Auskunft des Arbeitgebers vom 24. Januar 2007). Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 06. März 2007 hob die Beklagte mit Bescheid vom 09. November 2007 den Bescheid vom „22. Februar 2001“ über die Gewährung einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit mit Wirkung für die Zeit vom 01. bis zum 31. Dezember 2001 und vom 01. Mai 2005 bis zum 31. Januar 2006 hinsichtlich der Rentenhöhe auf. Unter Berücksichtigung der vom Kläger erzielten Entgelte habe für Dezember 2001, vom 01. Mai bis zum 30. September 2005 und vom 01. November 2005 bis zum 31. Januar 2006 nur Anspruch auf eine Altersrente i. H. v. zwei Dritteln der Vollrente und für Oktober 2005 nur ein Anspruch auf eine Altersrente i. H. der Hälfte der Vollrente bestanden, weil die jeweiligen Hinzuverdienstgrenzen überschritten worden seien. Der Kläger sei der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht nachgekommen, als er die Ausübung einer Beschäftigung gegen Entgelt, das die Hinzuverdienstgrenze für eine Altersvollrente überschritten habe, nicht mitgeteilt habe, obwohl er auf seine Mitwirkungspflichten hingewiesen worden sei. Ferner habe er nach Erlass des Bescheides vom 22. Februar 2001 Einkommen erzielt, das zur Minderung der Leistung führe. Er habe wissen müssen, dass der Leistungsanspruch wegen Änderung der Verhältnisse teilweise weggefallen sei. Die Aufhebung sei bis zum Ablauf von 10 Jahren nach Eintritt der Änderung der Verhältnisse zulässig. Für die Vergangenheit müsse die Aufhebung innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen erfolgen. Ein atypischer Fall liege nicht vor, so dass Ermessen nicht auszuüben sei (§ 48 SGB X). Die zu Unrecht erbrachten Leistungen i. H. v. 2.898,34 Euro seien nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Zur Begründung seines Widerspruches wies der Kläger darauf hin, dass es auf Grund von Versäumnissen der Firma H GmbH zu der Überzahlung gekommen sei, für die er nicht aufzukommen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei nicht die Pflicht des Arbeitgebers, auf die Hinzuverdienstgrenzen eines beschäftigten Rentners zu achten, sondern die Pflicht des Rentners, diese gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen gegenüber dem Rentenversicherungsträger und der Versichertengemeinschaft einzuhalten, um den vollen Rentenanspruch zu erhalten. Eine diesbezügliche Mitteilung zur zeitnahen Überprüfung des Hinzuverdienstes sei vom Kläger nicht erfolgt. Sie habe erst durch Datenzulauf vom 15. Dezember 2006 Kenntnis von dem (höheren) Hinzuverdienst erhalten. Auch unter Berücksichtigung aller für eine Ermessensentscheidung wesentlichen sachlichen Gesichtspunkte und unter gerechter und billiger Abwägung des öffentlichen und des klägerischen Einzelinteresses sei der Widerspruchsausschuss zu dem Ergebnis gekommen, dass von einer Aufhebung und Erstattung nicht abgesehen werden könne.
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 07. März 2008 beim Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage gerichtet. So sei der Beklagten die Beschäftigung bei der Firma H GmbH bekannt gewesen, schließlich habe der Arbeitgeber im April 2002 Arbeitsentgelte sowie die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate Januar und Februar 2002 bestätigt. Auch sei dem bei Antragstellung ausgefüllten Fragebogen zu entnehmen, dass es sich um keinen befristeten Arbeitsvertrag handele. Eine Bestätigung über die Abmeldung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ausweislich des Akteninhaltes nicht vorgelegt worden. Von daher sei er seinen Meldepflichten hinreichend nachgekommen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung des SG darauf hingewiesen, dass es sich bei der Aufhebung des Bescheides vom 22. Februar 2001 um ein Versehen handele, gemeint gewesen sei vielmehr der Bescheid vom 03. Mai 2001 in der Fassung des Bescheides vom 23. April 2002.
Das SG Berlin hat durch Urteil vom 16. März 2010 den Bescheid der Beklagten vom 09. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Rente für Dezember 2001 i. H. v. 270,16 Euro zurückgefordert hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 09. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 sei nur rechtswidrig, soweit die Rentengewährung für Dezember 2001 teilweise aufgehoben worden sei. Denn insoweit richte sich die Aufhebung des Rentenbescheides nicht nach § 48 SGB X, sondern nach § 45 SGB X. Zwar habe die Beklagte als aufzuhebenden Bescheid den Bescheid vom 22. Februar 2001 bezeichnet, der die Rente als Vorschuss gewährte. Endgültiger Rentenbescheid sei jedoch der Bescheid vom 23. April 2002 gewesen, in dem die Beklagte die Rente des Klägers von Beginn an neu berechnet und ausdrücklich den Bescheid vom 22. Februar 2001 zurückgenommen habe. Bei der Angabe des Datums 22. Februar 2001 habe es sich lediglich um eine Fehlbezeichnung im Aufhebungsbescheid gehandelt, wie sich aus dem Umstand ergebe, dass die Beklagte den Bescheid auf § 48 SGB X gestützt habe. Hinsichtlich der Leistungszeiträume vor Erlass des Bescheides vom 23. April 2002 sei jedoch § 45 SGB X für eine Rücknahme maßgeblich, so dass es für die Rentenaufhebung für Dezember 2001 und die Rückforderung von 270,16 Euro an der danach erforderlichen Ermessenausübung fehle. Soweit die Rentenbewilligung für die Zeit vom 01. Mai 2005 bis zum 31. Januar 2006 teilweise aufgehoben worden sei, seien die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Maßgeblich sei hierfür § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liege in der Höhe des Hinzuverdienstes, den der Kläger in der Zeit ab März 2005 erzielt habe. Nach § 34 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bestehe Anspruch auf eine Rente wegen Alters vor Erreichen der Regelaltersrente nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten werde, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Grenzbetrag eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibe. Die Hinzuverdienstgrenze habe nach § 34 Abs. 3 SGB VI in der ab 01. April 2003 geltenden Fassung bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, d. h. bis zum 31. Dezember 2005 345,- Euro und ab dem 01. Januar 2006 350,- Euro betragen. Für eine Altersrente i. H. v. zwei Dritteln habe die Hinzuverdienstgrenze für den Kläger im Jahr 2005 446,02 Euro betragen. Ausweislich der vorgelegten Arbeitgeberbescheinigungen habe der Kläger in den Monaten März bis September 2005 und November 2005 bis Januar 2006 jeweils 357,70 Euro verdient und hierdurch die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze für den Bezug einer Vollrente von 345,- Euro bzw. 350,- Euro für 2006 überschritten. Da er im Oktober 2005 660,22 Euro verdient habe, sei in diesem Monat sogar die Hinzuverdienstgrenze für eine Rente i. H. v. zwei Dritteln überschritten worden. Der Kläger sei seinen Mitteilungspflichten, über die er in den jeweiligen Rentenbescheiden unterrichtet worden sei, nicht nachgekommen. Des Weiteren hätte er anhand der Angaben zu den jeweils maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen auch erkennen können, dass der Leistungsanspruch teilweise weggefallen sei. Soweit er rechtsirrig davon ausgegangen sei, sein Arbeitgeber werde die Hinzuverdienstgrenzen beachten, ändere dies nichts an seinem grob fahrlässigen Verhalten, zumal nicht ersichtlich sei, wie der Arbeitgeber bei einer entsprechenden vom Kläger geleisteten Arbeit ein niedrigeres Arbeitsentgelt hätte bescheinigen können. Die Tatbestandsalternativen des § 48 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 SGB X lägen vor. Zutreffend habe die Beklagte die Rente ab Mai 2005 neu berechnet, denn als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gelte in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen für einen Zeitraum aufgrund der besonderen Teile des Gesetzbuches anzurechnen sei, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Dies sei vorliegend der Mai 2005 gewesen, weil in diesem Monat zum dritten Mal der Grenzbetrag überschritten worden sei. Ein atypischer Fall, der für die Aufhebung des letzten Rentenbescheides für die Vergangenheit eine Ermessensentscheidung der Beklagten erfordern würde, sei nicht gegeben. Hierfür reiche allein der Umstand, dass durch eine geringfügige Überschreitung des Grenzwertes i. H. v. 12,- Euro monatlich Rückforderungsansprüche i. H. v. monatlich ca. 275,- Euro begründet würden, nicht aus, auch wenn dies für den Kläger eine Härte darstelle. Diese Rechtsfolge sei gerade bei einem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten ausdrücklich vorgesehen. Auch liege ein mitwirkendes Fehlverhalten der Beklagten, welches als eine atypische Behandlung im Sinne einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten sei und im Einzelfall die Atypik des verwirklichten Tatbestandes nach § 48 Abs. 1 SGB X ergeben könne, nicht vor. Zwar habe diese durch die Arbeitgeberbescheinigung vom 25. März 2002 (gemeint: 16. April 2002) erkennen können, dass der Kläger weiterhin eine Erwerbstätigkeit ausübte, es habe sich jedoch hieraus nicht entnehmen lassen, dass der Kläger zukünftig mehr als unschädlich verdienen würde.
Gegen das ihm am 14. April 2010 zugestellte Urteil richtet sich der Kläger mit seiner am 14. Mai 2010 bei Gericht eingelegten Berufung. Er habe die Hinzuverdienstgrenzen weder gekannt, noch hätte er sie kennen können. Er sei am 10. Juli 2003, 12. August 2004 und 10. Mai 2005 bei der Beklagten vorstellig geworden um zu klären, welche Hinzuverdienstgrenze für ihn möglich oder auch nicht möglich sei. An der Anmeldung sei ihm immer die Broschüre zugewiesen worden, an einen Bearbeiter sei er nicht weitergeleitet worden. Die Rentenbescheide sowie die Broschüren habe er seinem Vorgesetzten bei der Firma H GmbH, Herrn S in G, zur Information zukommen lassen. Er sei davon ausgegangen, dass alle Vorschriften von seiner Seite aus erfüllt gewesen seien. Im Übrigen sei der Auslegung des Aufhebungsbescheides durch das SG nicht zu folgen. Denn im Aufhebungsbescheid werde eindeutig ein völlig anderes Datum (eines tatsächlich existierenden Bescheides) genannt, so dass es sich schlicht um die Aufhebung eines falschen Bescheides handele.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. März 2010 abzuändern und den Bescheid vom 09. November 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 vollständig aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat mit Schreiben vom 07. Februar 2011 und 28. April 2011 den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagte verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG zulässig. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach §§ 157, 95 SGG der Aufhebungsbescheid vom 09. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2008 nur noch, soweit darin nach § 48 SGB X die Rentenbewilligung für den Zeitraum vom 01. Mai 2005 bis zum 31. Januar 2006 teilweise aufgehoben und ein Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen i. H. v. 2.628,18 Euro geltend gemacht wird. Wie das SG im Urteil vom 16. März 2010 zutreffend ausgeführt hat, erweisen sich insoweit die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Satz 2 der Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
1. …
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Hierbei gilt gemäß § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes. Nach Absatz 4 der Vorschrift gilt § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X entsprechend; danach muss die Behörde den Verwaltungsakt innerhalb eines Jahres sei Kenntnis der Tatsachen, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, zurücknehmen. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
Die Beklagte durfte den Bescheid über die Bewilligung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit vom 23. April 2002 sowohl nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X als auch nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 SGB X grundsätzlich mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise aufheben.
Der Kläger hat nach Erlass des Bescheides vom 23. April 2002, der den Bescheid über die endgültige Bewilligung einer Altersrente nach § 23 SGB VI vom 03. Mai 2001 vollständig ersetzt und den Vorschussbescheid vom 22. Februar 2001 aufgehoben hatte, Einkommen erzielt, welches nach § 34 Abs. 2 SGB VI zum teilweisen Wegfall der Rente geführt hat.
Nach § 34 Abs. 2 SGB VII besteht ein Anspruch auf Rente wegen Alters vor Erreichen der Regelaltersgrenze nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Sie wird nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Abs. 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Abs. 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Die Hinzuverdienstgrenze beträgt nach § 34 Abs. 3 in der ab dem 01. April 2003 maßgebenden Fassung
1. bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße,
2. bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von
a) einem Drittel der Vollrente das 23,3-fache,
b) der Hälfte der Vollrente das 17,5-fache,
c) zwei Dritteln der Vollrente das 11,7-fache
des aktuellen Rentenwertes (§ 68), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten.
Ausgehend von einer monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch <SGB IV>) von 2.380,- Euro im Jahr 2003, 2.415,- Euro in den Jahren 2004/2005 bzw. 2.450,- Euro im Jahr 2006 betrug die Hinzuverdienstgrenze im Jahr 2003 (ab April) 340,- Euro, in den Jahren 2004/2005 345,- Euro und im Jahr 2006 350,- Euro monatlich für eine Vollrente. Die hiernach maßgebliche Hinzuverdienstgrenze wurde ausweislich der von der Firma H GmbH mitgeteilten, vom Kläger erzielten Verdienste i. H. v. 357,70 Euro (bzw. einmalig 660,22 Euro im Oktober 2005) ab dem 01. März 2005 bis zum 31. Januar 2006 durchgehend überschritten. Da ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines Kalenderjahres (§ 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI) bis zur Höhe dieser Grenze außer Betracht zu bleiben hat, hat die Beklagte in zutreffender chronologischer Vorgehensweise (vgl. Bundesssozialgericht <BSG>, Urteile vom 26. Juni 2008, B 13 R 119/07 R, und 06. Februar 2007, B 8 KN 3/06 R, jeweils in Juris) die ersten beiden Monate des Überschreitens der Grenze im Kalenderjahr 2005 (März und April 2005) von der Aufhebung und Rückforderung ausgenommen. Der Anspruch auf Altersrente bestand in der Zeit vom 01. Mai 2005 bis zum 30. September 2005 und vom 01. November 2005 bis zum 31. Januar 2006 jeweils nur i. H. v. zwei Dritteln der Vollrente, d. h. i. H. v. 613,44 Euro brutto bzw. 555,47 Euro netto (Mai und Juni 2005) bzw. 552,71 Euro netto (Juli bis September 2005 und November 2005 bis Januar 2006). Im Oktober 2005 überschritt der Hinzuverdienst des Klägers zudem die für eine Altersrente i. H. v. zwei Dritteln maßgebliche Grenze von 507,37 Euro (Summe der Entgeltpunkte der letzten drei Jahre vor Beginn der Altersrente i. H. v. 1,6596 <vgl. Rentenbescheid vom 23. April 2002 Anlage 19> multipliziert mit dem 11,7fachen des aktuellen Rentenwertes von 26,13 Euro), so dass der Rentenanspruch nur i. H. der Hälfte der Vollrente, d. h. i. H. v. 460,07 Euro brutto bzw. 414,53 Euro netto bestand.
Die Aufhebung der Rentenbewilligung und Rückforderung i. H. der danach für die Monate Mai und Juni 2005 (2 x 277,74 Euro <833,21 Euro - 555,47 Euro>) bzw. Juli bis September 2005 und November 2005 bis Januar 2006 (6 x 276,36 Euro <829,07 Euro - 552,71 Euro>) und für Oktober 2005 (414,54 Euro <829,07 Euro - 414,53 Euro>) zuviel gezahlten Beträge (insgesamt 2.628,18 Euro) ist auch nicht auf den den zulässigen Hinzuverdienst übersteigenden Teil des Arbeitsentgeltes beschränkt, wenn - wie hier - gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt sind (vgl. BSG, Urteile vom 26. Juni 2008, B 13 R 119/07 R, und 23. März 1995, 13 RJ 39/94, jeweils in Juris). Der Kläger hat die ihm bereits mit dem Vorschussbescheid vom 22. Februar 2001 aber auch in den weiteren Bescheiden, insbesondere im letzten Bewilligungsbescheid vom 23. April 2002, bekannt gemachte Pflicht zur Mitteilung seines Einkommens grob fahrlässig verletzt und damit auch den Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X erfüllt.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen. Hierbei ist auch die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit und das Einsichtsvermögen des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand 68. Ergänzungslieferung 2010, § 45 SGB X RNr. 39). Das Außerachtlassen von gesetzlichen Vorschriften, auf die vom Versicherungsträger gesondert hingewiesen wurde, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene nach seiner Persönlichkeitsstruktur und nach seinem Bildungsstand die Vorschrift nicht verstanden hat (vgl. Steinwedel a. a. O., RNr. 40, BSG in BSGE 44, 264 ff). Vorliegend hat die Beklagte eindeutige und deutliche Hinweise auf die Hinzuverdienstgrenzen sowie auf die gesetzliche Verpflichtung gegeben, das Erzielen von Arbeitsentgelten über der Hinzuverdienstgrenze von 325,- Euro monatlich der Beklagten mitzuteilen. Zudem sind dem Kläger nach seinen Angaben die jeweils aktuellen Informationsbroschüren zu den Hinzuverdienstgrenzen von Mitarbeitern der Beklagten am Empfang bzw. der Pforte bei seinen Vorstellungen am 10. Juli 2003, 12. August 2004 und 10. Mai 2005 ausgehändigt worden. Ihm war auch
bewusst, dass die Höhe des bei der Firma H GmbH erzielten Arbeitsentgeltes negative Auswirkungen auf seinen Altersrentenanspruch haben kann. Nicht anders sind die von ihm geschilderten Versuche, durch persönliche Vorsprache eine Klärung darüber, ob seine gegenüber der Beklagten verschwiegenen tatsächlichen Arbeitsverdienste bzw. deren Höhe noch innerhalb der zulässigen Hinzuverdienstgrenze für eine Vollrente liegen, zu verstehen. Dass es bei diesen Vorstellungen – mangels vorheriger Terminvereinbarung - zu keiner persönlichen Beratung durch einen Sachbearbeiter der Beklagten gekommen ist, führt zu keiner anderen Beurteilung. So hätte der Kläger jederzeit einen Termin bei der Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten vereinbaren oder erneut die Versichertenälteste der Beklagten aufsuchen können, bei der er im September 2000 die Rentenantragstellung vorgenommen hatte. Entscheidend ist hier jedoch, dass der Kläger mit einer kurzen schriftlichen Anfrage zur Hinzuverdienstgrenze unter Beifügung der Verdienstabrechnungen zum einen eine Klärung durch die Beklagte hätte herbeiführen und zum anderen zugleich seinen Mitteilungspflichten hätte genügen können. Dafür, dass er zu einer derart einfachen Handlung aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur bzw. seines Bildungsstandes nicht in der Lage gewesen sein sollte, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Es entlastet den Kläger auch nicht, dass er nach seinen Angaben die Broschüren zum Hinzuverdienst an seinen Arbeitgeber weitergereicht und diesem die "Einhaltung der Hinzuverdienstgrenzen“ überlassen hat. Sofern der Arbeitgeber bei der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses diesbezüglich dem Kläger gegenüber bestehende Fürsorge- bzw. nebenvertragliche Pflichten verletzt haben sollte, ist der Ausgleich auch dort zu suchen. Denn die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsvertrages zum Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung und des geschuldeten Arbeitslohnes ist allein Angelegenheit der Vertragspartner, d. h. des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers.
Ein atypischer Fall, der die Beklagte verpflichtet hätte, ihr Ermessen auszuüben, ob nicht (teilweise) von der dem Kläger ungünstigen Rückwirkung (mit nachfolgender Rückforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X) abgesehen werden kann, ist vorliegend nicht gegeben. Zu Recht hat das SG darauf hingewiesen, dass die für das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze vom Gesetz vorgesehene Rechtsfolge der Reduzierung des Rentenanspruchs auf eine Teil- statt eine Vollrente noch keine unverhältnismäßige Härte und damit keine atypische Fallgestaltung bedingt. Die der gesetzlichen Lage entsprechende teilweise Aufhebung der Rentenbewilligung auch für die Vergangenheit wegen schuldhafter Verletzung der Mitteilungspflichten und Rückforderung der überzahlten Rentenbeträge stellt vielmehr den Regelfall dar. Zudem trifft die Beklagte auch keinerlei „Mitverschulden“, denn sie hatte keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durchgehend bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bei der Firma H GmbH beschäftigt war und hierbei phasenweise Arbeitsentgelte über der Hinzuverdienstgrenze erzielt hatte. Die im April 2002 gemachten Angaben der Firma H GmbH lassen allenfalls eine Beschäftigung bis zu diesem Zeitpunkt, jedoch mit Arbeitsentgelten unter der Hinzuverdienstgrenze erkennen. Sonstige Anzeichen für einen atypischen Fall sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Des Weiteren stehen verfahrensrechtliche Gründe der teilweisen Aufhebung der Altersrentenbewilligung und Rückforderung der überzahlten Rentenbeträge i. H. v. 2.628,18 Euro nicht entgegen. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 06. März 2007 gem. § 24 SGB X den Kläger vor Erlass des Bescheides vom 09. November 2007 umfänglich zu Grund und Höhe der beabsichtigten Aufhebung und Rückforderung angehört. Sie hatte erstmals im Dezember 2006 von dem Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen durch die Erwerbstätigkeit des Klägers Kenntnis erlangt, so dass auch die Jahresfrist nach § 48 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 45 Abs. 4 SAtz 2 SGB X gewahrt wurde. Zudem war der Aufhebungsbescheid vom 09. November 2007 auch hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X). Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997, 11 RAr 43/96, in Juris). Allein die - fehlerhafte -Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides über die Gewährung der vorgezogenen Altersrente mit dem Datum des Vorschussbescheides vom 22. Februar 2001 führt noch nicht zur Unbestimmtheit des hier angegriffenen Verwaltungsaktes. Aus dem Verfügungssatz selbst, zudem unter Berücksichtigung der dem Adressaten wie auch dem Absender bekannten tatsächlichen Umstände, ließ sich - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - unzweideutig erkennen, dass die Beklagte die Bewilligung der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit in dem allein rechtlich wirksamen Bewilligungsbescheid vom 23. April 2002 hinsichtlich der Rentenhöhe teilweise aufheben wollte. Schließlich hatte die Beklagte mit dem Bescheid vom 23. April 2002 bereits den Vorschussbescheid vom 22. Februar 2001 aufgehoben und den Rentenbescheid vom 03. Mai 2001 vollständig ersetzt.
Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, sie folgt der Entscheidung der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision i. S. v. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.