Gericht | SG Neuruppin | Entscheidungsdatum | 26.11.2010 | |
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Aktenzeichen | S 14 SO 24/07 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Kostenerstattungspauschale Sozialhilfe Land Brandenburg Jahr 2004
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Der Streitwert wird auf 19.205,01 € festgesetzt.
Der Kläger begehrt die Zahlung einer weiteren Kostenerstattung für gewährte Sozialhilfe, im Ergebnis des Verfahrens noch in Höhe von 19.205,01 €, unter höherem Ansatz der Kostenerstattungspauschale 2004.Urteil:
Die Kosten resultieren aus der übertragenen sachlichen Zuständigkeit für teilstationäre und stationäre Eingliederungshilfe, Hilfe zur Pflege, Berufsausbildungsbeihilfe.
Mit Bescheid vom 4. August 2004 setzte der Beklagte die Kostenerstattungspauschale 2004 in Höhe von 10.938.000,00 € fest.
Der Kläger legte am 19. August 2004 Widerspruch ein. Er ist der Ansicht, die Pauschale sei nicht richtig ermittelt worden aus den AG-BSHG. Es seien auch nicht alle Ausgaben aus 2003 einbezogen worden. Die Ermittlung als solche sei auch unklar, offen sei, ob Altfälle einbezogen worden sind. Die Kostenerstattungspauschale hätte unter Zugrundelegung der teilstationären Kostensteigerung von 6,70 % ermittelt werden müssen.
Mit Bescheid vom 25. August 2005 passte der Beklagte die Kostenerstattungspauschale an und erteilte eine Jahresendabrechnung 2004. Die Änderung führte zu einer Nachzahlung von 54.979,45 €. Einige Sozialhilfekosten stationär und teilstationär wurden nicht anerkannt.
Der Kläger legte am 23. September 2005 Widerspruch zu dem Bescheid vom 25. August 2005 ein. Die Berechnung für die Anpassung der Pauschale sei mit den Steigerungen nicht nachvollziehbar. Für einen erhöhten Versorgungsgrad stehe ihm eine Steigerung von 15 % zu. Der Beklagte nahm Bezug auf die Konsenzstudie der Consenz GmbH Hamburg.
Mit weiterem Bescheid vom 19. September 2006 passte der Beklagte die Kostenerstattungspauschale des Jahres 2004 weiter an, nach abgeschlossener Widerspruchsbearbeitung. Dies führte zu einer Nachzahlung von 21.732,60 € und Nacherstattung von Personal- und Sachkosten.
Der Kläger legte gegen den Anpassungsbescheid vom 19. September 2006 am 24. Oktober 2006 Widerspruch ein. Die Nacherstattung belaufe sich auch nur auf 65 %. Wäre die Pauschale zu Beginn korrekt berechnet worden, wäre die Differenz nicht entstanden.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. März 2007 zurück.
Der Kläger hat am 24. April 2007 Klage erhoben. Die Höhe der Erstattungspauschale entspreche nicht den rechtlichen Vorgaben. Es läge noch eine Differenz vor von 19.205,01 € von anerkannten Sozialhilfeaufwendungen, die aber nicht gezahlt worden sind.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 4. August 2004, 25. August 2005, 19. September 2006, in Form des Widerspruchbescheides vom 23. März 2007 und des Bescheides vom 4. Dezember 2007 dazu verurteilt, an den Kläger 19205,01 Euro, nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Klage an den Kläger zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt aus, er habe im Laufe des Verfahrens einen höheren Betrag nacherstattet, als mit der Klageforderung geltend gemacht worden ist. Er fügt den Kostenerstattungs- und Anpassungsbescheid der Kostenerstattungspauschale 2004 vom 4. Dezember 2007 bei. Die Frage der Ermittlung der Kostenerstattungspauschale 2004 und das Kostenerstattungsverfahren 2004 sei zu trennen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreites wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte im Einzelnen Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die Klage ist zulässig.
Streitgegenstand gemäß § 95 SGG ist der Bescheid vom 4. August 2004, die Anpassungsbescheide vom 25. August 2005, 19. September 2006, die gemäß § 86 SGG, entgegen der vom Beklagten gegebenen Rechtsbehelfsbelehrung, Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind. Diese Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2007 sowie der danach erlassene Bescheid vom 4. Dezember 2007, der nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, entgegen der dortigen Rechtsbehelfsbelehrung, sind insgesamt Gegenstand dieser Klage.
Die Klage ist aber unbegründet.
Die ursprünglich festgesetzte Kostenerstattungspauschale 2004 mit den nachfolgenden Anpassungen entspricht in ihrer Höhe den Vorgaben des Landesgesetzgebers.
Der § 4 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (AG-BSHG) vom 13. Februar 2003 sah zum Ausgleich der Kosten, die den örtlichen Trägern durch die Übertragung des sachlichen Zuständigkeit nach § 2 entstanden, vor, die Erstattung des Landes den Landkreisen und kreisfreien Städten die angemessenen und notwendigen Aufwendungen nach Maßgabe der §§ 4 a – 4 c.
Gemäß § 4 a Abs. 3 AG-BSHG war vorgesehen, zum Ausgleich der Kosten, die ihnen durch die Übertragung der sachlichen Zuständigkeit nach § 2 entstehen, erhalten die örtlichen Träger der Sozialhilfe für die Jahre 2004 und 2005 eine pauschale Kostenerstattung je Landkreis und kreisfreien Stadt. Die Pauschale bemisst sich nach den gem. § 1 für den jeweiligen örtlichen Träger der Sozialhilfe nachgewiesenen Aufwendungen für das abgelaufene Jahr 2005. Zu erwartende Einnahmen bzw. Ausgaben und Fallzahlenentwicklungen sind zu berücksichtigen. Die Pauschale ist anzupassen, wenn die gem. Abs.1 nachgewiesenen und anerkannten Aufwendungen sie über- oder unterschreiten. Die Pauschale über- oder unterschreitenden Beträge sind i. H. v. 50 v. H. zu berücksichtigen. Über- oder Unterschreitungen der Pauschale aufgrund von landes- oder bundesgesetzlichen Neuregelungen sowie aufgrund von Änderungen der örtlichen Zuständigkeit innerhalb des Landes nach § 97 des Bundessozialhilfegesetzes, die sich in dem für die Pauschale maßgebenden Zeitraum auswirken, sind voll zu berücksichtigen. Die volle Berücksichtigung kann unterbleiben, wenn die Summe der Auswirkungen jährlich nicht mehr als 1 % des Gesamtbetrages der Pauschale beträgt. Das für Soziales zuständige Mitglied der Landesregierung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem für Inneres und dem für Finanzen zuständigen Mitglied der Landesregierung durch Rechtsverordnung näheres zum Verfahren der Festsetzung der Pauschalen, zu den Voraussetzungen und zur Höhe der Erhöhung nach § 4 b Abs. 2 sowie zur Berücksichtigung der Aufwendungen nach § 4 Abs. 3 zu erlassen.
Der Verordnungsermächtigung folgend hat der damalige Minister für Arbeit, Soziales, Gesund-heit und Frauen die Verordnung zur Pauschalierung der Kostenerstattung nach § 4 a Abs. 3 des Gesetzes zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (Kostenerstattungspauschalierungs-verordnung - KPV -) vom 4. Mai 2004 erlassen (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil II vom 24. Mai 2004 Seite 328). Mit Verordnung zur Änderung der Kosten-erstattungspauschalierungsverordnung vom 7. Oktober 2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg Teil II vom 29. Oktober 2004, Seite 835) hat der gleiche Minister Änderungen mit Wirkung ab Beginn der zuvor erlassenen KPV, zum 25. Mai 2004 in Kraft gesetzt.
Danach galt rückwirkend das zuvor festgelegte Anhörungsverfahren nicht mehr und Grundlage für die Festsetzung der Pauschale waren nun nicht mehr die vorzulegenden Nachweise, sondern die vorgelegten Nachweise. Dies bedeutet eine gravierende Änderung ab Inkrafttreten der Kostenerstattungspauschalierungsverordnung. Ursprünglich waren nach der Formulierung seitens des örtlichen Trägers der Sozialhilfe die Nachweise vorzulegen für die Aufwendungen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, die von diesen als erstattungsfähig angesehen worden sind. Mit der Änderung reduzierte sich das Verfahren auf die tatsächlich vorgelegten Nach-weise. Dies hatte zur Folge, dass von Beginn der Geltung der KPV nur die Aufwendungen in die Kostenpauschale eingeflossen sind, die tatsächlich fällig zur Erstattung waren. Dies schließt Aufwendungen, die erst nach Abschluss des Haushaltsjahres 2004 durch Widerspruchs- oder Klageverfahren anerkannt worden sind, von der Berücksichtigung in der Ermittlung der Kostenerstattungspauschale aus.
§ 4 a Abs. 3 AG-BSHG verpflichtete den Beklagten für das Jahr 2004 zur Aufstellung einer Prognose für die zu erwartenden erstattungsfähigen Sozialhilfeaufwendungen für das Jahr 2004, damit quartalsweise Abschlagzahlungen vorgenommen werden konnten. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 30. August 2007, Az.: B 10 EG 6/06 R ist eine gesetzlich geforderte Prognose fehlerfrei und verbindlich, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Dort heißt es weiter, maßgebend ist insoweit der verfahrensfehlerfrei ermittelte Kenntnisstand der Verwaltung. In einem weiteren Urteil des BSG vom 17. März 2005, Az.: B 3 P 2/04 R (FEVS 57, Seite 97 ff.) führt das BSG zu einer Prognose-entscheidung aus, eine Prognoseentscheidung könne dazu führen, dass die für die Vergangen-heit nachgeholte Prognose durch den tatsächlichen Geschehensablauf nicht bestätigt wird. Damit werde die Prognose aber nicht unbeachtlich, sondern bleibe maßgeblich, wenn sie zum damaligen Zeitpunkt bei vorausschauender Betrachtung zutreffend gewesen wäre.
In seiner Prognoseentscheidung im Bescheid vom 4. August 2004 hatte der Beklagte die pauschale Kostenerstattung i. H. v. 10.938.000,00 € festgelegt. Dieser Betrag ist rund 140.000,00 € niedriger, als die zur Kostenerstattung anerkannten Aufwendungen des Jahres 2004. Allerdings enthielt die Kostenpauschale nicht die Personal- und Sachkosten gem. § 4 a Abs. 4 Satz 1 AG-BSHG i. H. v. zunächst anerkannten 98.442,00 €.
Mit der Änderungsverordnung der KPV ab Beginn des Inkrafttretens war der Beklagte nicht mehr verpflichtet, bei der Festsetzung der Pauschalen, die in § 1 Abs. 1 KPV benannten Grund-lagen für die pauschalen Festsetzungen darzulegen. In dem Bescheid vom 4. August 2004 hat der Beklagte dies auch nicht getan.
Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts Brandenburg vom 14. Februar 2002 Az.: 17/01 ist grundsätzlich ein Kostenausgleich mittels Pauschale zulässig auf der Grundlage einer fundierten und plausiblen gesetzgeberischen Prognose.
Der Landesgesetzgeber hatte in § 4 a Abs. 3 Satz 3 AG-BSHG die pauschalen Anpassungen bei nachgewiesenen und anerkannten Aufwendungen normiert. Damit hatte er sich von dem Wesen einer Prognose abgewandt. Aus der angepassten Kostenerstattungspauschale erfolgte dann die Spitzabrechnung unter Anwendung der Bonus-Malus-Regelung in § 4 a Abs. 3 Satz 4 AG-BSHG. Dies hatte zur Folge, dass das Wesen der Prognose verändert wurde hinzu einer Spitzabrechnung. Bei den Anpassungsbescheiden zu der Kostenerstattungspauschale und den daraus resultierenden anerkannten Sozialhilfeaufwendungen erfolgte dann nachträglich, wie gesetzlich normiert, zu Gunsten und zu Lasten des Klägers die Erstattung. Insgesamt ist der Landkreis für das Jahr 2004 mit 19.205,01 € anerkannten und nicht erstatteten Sozialhilfeaufwendungen belastet. Der Kläger hat diesen Betrag errechnet ohne Einbeziehung der Personal- und Sachkosten aus den Bescheiden vom 19. September 2006 und 4. Dezember 2007 und ohne Einbeziehung der vom Beklagten im letzten Bescheid gewährten Zinsen in Höhe von 2.504,19 €. Würden die Personal- und Sachkosten und die Zinsen addiert werden und als erfolgte Zahlungen genommen, ergäbe dies nur einen Belastungsbetrag von 15.436,71 €.
Diese Belastung entspricht aber der damaligen gesetzlichen Regelung. Wegen der Bonus-Malus-Regelung führt die Anerkennung nicht zu einer Erstattung 1 : 1. Die Belastung des Klägers ist aber nach dem gesetzgeberischen Willen hinzunehmen, wie sich nach Betrachtung des § 4 a Abs. 3 Satz 6 AG-BSHG ergibt. Danach kann von der Regelung der 1 : 1 Erstattung abgesehen werden, wenn die Summen der Auswirkungen jährlich nicht mehr als 1 % des Gesamtbetrages der Pauschale betrug. 1 % der zuletzt anerkannten angepassten Kostenerstattungspauschale von 11.026.040,28 € sind 110.260,40 €. Der nicht erstattete Betrag von 19.205,01 € oder 15.436,71 € ist deutlich weniger als 1 % der Kostenerstattungspauschale.
Die Festlegungen des Beklagten entsprechen dem damals gültigen Landesgesetz. Daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 und Abs. 3 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens und damit die Gerichtskosten.
Der Streitwert wird endgültig auf 19.205,01 € festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 52 Abs. 3 GKG. Es ist der Betrag, der zum Ende der mündlichen Verhandlung vom Kläger noch begehrt wird.