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Kein Übergang eines Anspruchs auf höhere Pflegekosten nach bestandskräftiger Bewilligung und Tod des Pflegebedürftigen - teleologische Reduktion


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 23. Senat Entscheidungsdatum 13.03.2014
Aktenzeichen L 23 SO 176/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 19 Abs 6 SGB 12, § 61 SGB 12, § 25 SGB 12, § 44 SGB 10

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine Heimbetreiberin, begehrt die Übernahme eines Zuschlags für die Beatmung einer inzwischen verstorbenen Heimbewohnerin für die Zeit vom 1. Dezember 2003 bis zum 30. November 2005.

Die Klägerin ist Trägerin der Einrichtung P S K G S in der G Straße, in B.

Die 1954 geborene B F (Hilfeempfängerin - HE) stand seit 1999 im Sozialhilfebezug beim Beklagten. Ab dem 8. Oktober 2001 befand sie sich in der vollstationären Pflegeeinrichtung der Klinik a R, wo sie ausweislich eines ärztlichen Attestes als Dauerpflegefall betrachtet wurde. Die damalige Betreuerin der Hilfeempfängerin reichte beim Beklagten mit dem Antrag auf Übernahme der Kosten für den Aufenthalt in dieser Pflegeeinrichtung am 30. Oktober 2001 ein ärztliches Gutachten der Sch vom 13. September 2001 ein, das u.a. die Diagnosen COLD/Emphysem, respiratorische Globalinsuffizienz benannte und massive Funktionseinschränkung durch ständige O2-Zufuhr angab, sowie mitteilte, die Patientin könne sich zurzeit nur im Radius ihrer O2-Zufuhr bewegen.

Der Beklagte übernahm die in dieser Pflegeeinrichtung anfallenden ungedeckten Kosten unter Zugrundelegung des von der Einrichtung mitgeteilten Tagessatzes von 81,05 € [158,52 DM] für 2001 und 82,22 € ab 2002; ein Zuschlag wegen Beatmungspflicht der HE wurde nicht geltend gemacht.

Am 1. Dezember 2003 bezog die HE die Einrichtung der Klägerin. Für die dortige stationäre Pflege in der vom MDK festgestellten Pflegestufe III (Härtefall) teilte die Klägerin einen täglichen Pflegesatz/Heimentgelt in Höhe von 124,99 € mit. Der Beklagte übernahm mit Bescheid vom 15. Dezember 2003 nach § 68 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) die ab dem 1. Dezember 2003 anfallenden Kosten unter Zugrundelegung des täglichen Pflegesatzes von 124,99 €.

Änderungsbescheide ergingen am 14. Dezember 2004 aufgrund des Inkraft-tretens des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zum 1. Januar 2005 in unveränderter Höhe und am 10. Januar 2005, nachdem die Pflegekasse zuvor nur noch die Pflegestufe II festgestellt hatte. In dem Bescheid vom 10. Januar 2005 heißt es insofern, ab dem 01.02.05 werden gemäß § 61 i.V.m. § 18 SGB XII die Pflegekosten der Stufe II in Höhe von täglich 106,73 € abzüglich der Pflegeversicherungsleistungen und des von Ihnen zu leistenden Kostenbeitrages übernommen. Eine Durchschrift dieses Schreibens erhielt die Einrichtung zur Kenntnis.

Die Klägerin hatte u. a. mit dem Land Berlin eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 93 Abs. 2 BSHG vom 11. Dezember 2002 geschlossen. In § 3 Nr. 1 (dritter Absatz) der Vergütungsvereinbarung heißt es: „Für die allgemeinen Pflegeleistungen der beatmungspflichtigen Bewohner wird ein Zuschlag von 225,45 € vereinbart.“ Die Zahlung eines derartigen Zuschlages wurde in der Folgezeit weder beantragt noch vom Beklagten übernommen.

Die Klägerin zeigte dem Beklagten mit Änderungsmitteilungen vom 7. und 26. April 2005 einen stationären Krankenhausaufenthalt der HE vom 6. bis 25. April 2005 an, machte aber keine Angaben zur Art der Behandlung. Im Mai 2005 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass die HE einen Höherstufungsantrag bei der Pflegekasse gestellt habe. Das hierzu unter dem 7. Juni 2005 erstellte Pflegegutachten gelangte zu Lebzeiten der HE dem Beklagten nicht zur Kenntnis. In dem Gutachten heißt es, Frau F müsse seit dem Vorfall im April 2005 langzeitbeatmet werden, zuvor nur in der Nacht und gelegentlich am Tag.

Mit Änderungsmitteilungen vom 28. September 2005 und 10. Oktober 2005 teilte die Klägerin einen stationären Krankenhausaufenthalt der HE vom 27. September 2005 bis zum 7. Oktober 2005 mit.

Am 30. November 2005 wurde die HE erneut ins Krankenhaus eingewiesen, wo sie noch am selben Tag verstarb.

Mit beim Beklagten am 1. Dezember 2005 eingegangenem Schreiben vom 30. November 2005 beantragte die Klägerin die nachträgliche Übernahme erhöhter Pflegekosten für den Zeitraum ab Rückverlegung der HE aus der C in die Beatmungsstation der Einrichtung der Klägerin am 25. April 2005. In dem Schreiben heißt es „wir haben…versäumt, Sie darüber zu informieren, dass Frau F beatmungspflichtig geworden ist und sich somit die täglichen Kosten um den Beatmungssatz von 225,45 € auf insgesamt 333,18 € erhöht haben. Leider ist uns dieser gravierende Fehler unterlaufen. Wir bedauern dies sehr und möchten Sie bitten, die Kosten für die erfolgte Intensivpflege nachträglich ab dem 25.4.2005 zu bewilligen“. Beigefügt war dem Antrag ein Arztbrief der Medizinischen Klinik m.S. Infektiologie der C vom 2. Mai 2005 über einen stationären Aufenthalt der HE vom 6. April 2005 bis zum 25. April 2005. In diesem werden unter anderem als Diagnosen genannt: „Akute respiratorische Insuffizienz, invasive Beatmung seit 7.4.2005, Dekompensation einer chronischen resp. Globalinsuffizienz, Exazerbation einer schweren COPD… Einstellung auf eine invasive Heimbeatmung“. Ferner heißt es in der Epikrise: „Bei bekannter COPD wurde bereits vor ca. vier Jahren eine Heimsauerstofftherapie und schließlich eine Heimbeatmung initiiert, die von der Patientin allerdings nicht durchgeführt wurde. Bei einer akuten Dekompensation der respiratorischen Globalinsuffizienz mit CO2-Narkose und Langzeitbeatmung vor zwei Jahren wurde ein Tracheostoma angelegt, das bis heute belassen worden ist… Die Patientin muss derzeit durchgehend kontrolliert beatmet werden. Zusätzlich ist eine permanente Sauerstoffzufuhr von 2 l/min erforderlich. Die Patienten ist bereits in einem Pflegeheim untergebracht, eine Beatmungspflege kann in diesem Heim gewährleistet werden. Ein Beatmungsgerät sowie ein Ersatzgerät und weiteres Zubehör wurde beantragt und wird durch die Firma B. zur Verfügung gestellt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 lehnte der Beklagte den Antrag auf Übernahme der erhöhten Pflegekosten ab 25. April 2005 mit der Begründung ab, dass der Anspruch auf Leistungen nach § 18 Abs. 1 SGB XII erst einsetze, sobald dem Träger der Sozialhilfe bekannt werde, dass die Voraussetzungen für die Leistungen vorliegen. Dies sei vorliegend der 1. Dezember 2005 gewesen, an diesem Tag sei die HE jedoch schon verstorben gewesen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Dezember 2005 Widerspruch, mit dem sie geltend machte, dass der Anspruch bereits für den Zeitraum ab dem 25. April 2005 bis zum 30. November 2005 bestanden habe, weil die Voraussetzungen des § 19 Abs. 6 SGB XII erfüllt seien. Der Beklagte habe seit dem Einzug der HE Kenntnis von dem Hilfefall und der Hilfebedürftigkeit. Dem Beklagten sei auch das Krankheitsbild und der Verlauf der Krankengeschichte mit massiven Atemwegserkrankungen von Anfang an bekannt gewesen. Da die HE auch in der Vergangenheit über längere Zeiträume beatmet worden sei, habe der Beklagte mit einer erneuten Beatmungsnotwendigkeit jederzeit rechnen und diese Hilfe in Erwägung ziehen müssen.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2006 zurück. Die Notwendigkeit der Beatmung sei erst im Dezember 2005 bekannt gegeben worden und dem Beklagten auch vorher nicht bekannt gewesen. Der Pflegebedürftige sei gehalten, wesentliche Änderungen seiner Pflegesituation dem zuständigen Sozialamt anzuzeigen.

Hiergegen hat die Klägerin am 13. April 2006 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie zunächst begehrt hat, den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Beatmung der HE in der klägerischen Einrichtung ab dem 25. April 2005 bis zum 30. November 2005 in Höhe von pflegetäglich 225,45 €, ab November 2005 in Höhe von täglich 207,84 €, zu übernehmen. Die Höhe des geltend gemachten Zuschlags ergebe sich aus § 3 Ziffer 1 der Vergütungsvereinbarung vom 11. Dezember 2002, die Änderung zum November 2005 aus einem Protokoll der Pflegesatzverhandlungen.

Dem Beklagten sei das Krankheitsbild und der Verlauf der Krankengeschichte der schwer pflegebedürftigen Patientin mit ihren massiven Atemwegs-erkrankungen von Beginn an bekannt gewesen. Es hätten damit evidente Anhaltspunkte für einen gesteigerten unveränderten Hilfebedarf bestanden, die vom Beklagten zu berücksichtigen gewesen seien. Im Rahmen des Krankenhausaufenthaltes der HE in der C vom 6. bis 25. April 2005 habe sich ihr Gesundheitszustand plötzlich dramatisch verschlechtert und eine Beatmung sei zwingend erforderlich geworden. Diese Beatmung habe die Einrichtung der Klägerin ab dem 25. April 2005 fortgesetzt. Ohne die fortgesetzte Beatmung wäre die HE verstorben. Der Zuschlag für die Beatmungskosten sei mit Aufnahme der Beatmungsleistung fällig geworden. Die Voraussetzungen hätten seit dem 25. April 2005 vorgelegen.

Mit bei Gericht am 31. Juli 2006 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihre Klage erweiterte und beantragt, den Beklagten über den bisherigen Antrag hinaus zu verurteilen, auch die Kosten für die allgemeinen Pflegeleistungen der beatmungspflichtigen Bewohnerin Frau F ab dem 1. Dezember 2003 bis zum 24. April 2005 in Höhe von pflegetäglich 225,45 € zu übernehmen. Die Gesamtklageforderung hat sie mit 164.067,47 € beziffert.

Die HE habe zu den pflege- und betreuungsintensivsten Bewohnern der klägerischen Einrichtung gehört. Sie sei bereits bei ihrer Aufnahme in der klägerischen Einrichtung am 1. Dezember 2003 beatmungspflichtig gewesen. Bei ihr habe eine operativ angelegte Luftröhrenöffnung zur Beatmung, ein so genanntes Tracheostoma, und eine die Beatmung betreffende Organschwäche (respiratorische Insuffizienz) bestanden. Über das Tracheostoma habe sie 2 - 4 l O2 pro Minute erhalten. Das Tracheostoma habe jederzeit funktionsbereit sein müssen. Neben der Kontrolle der Blutgasparameter und der Beatmungssituation sowie der Überprüfung der reibungslosen Funktion und Hygiene des Beatmungsschlauches habe auch eine intensive psychische Betreuung und Unterstützung zu den allgemeinen Pflegeleistungen bei dem besonderen Bedarf der Bewohnerin gehört. Für diese allgemeinen Pflegeleistungen sei der vereinbarte Zuschlag in Höhe von pflegetäglich 225,45 € vom Beklagten zu zahlen. Der erhöhte Bedarf sei dem Beklagten auch bekannt gewesen. Dem Beklagten sei spätestens nach dem ärztlichen Gutachten vom 1. Dezember 2003 bekannt gewesen, dass die HE als beatmungspflichtig mit Tracheostoma diagnostiziert gewesen sei. Nach den Klinikberichten des M-L Krankenhauses vom 19. Juni 2003 und dem Bericht der C vom 2. Mai 2005 sei zudem davon auszugehen, dass der Beklagte in der Vergangenheit bei Heimaufenthalten und Reha-Maßnahmen der HE bereits Hilfe geleistet habe. Die HE habe auch bereits 2003 für mehrere Monate in einer vollstationären Pflegeeinrichtung gelebt, in der ihre Betreuung durch eine speziell geschulte Fachgruppe für Heimbeatmung erfolgt sei. Auch für diesen Aufenthalt habe der Beklagte die Kosten übernommen.

Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, dass der Beklagte keine Kenntnis von dem erhöhten Bedarf der HE gehabt hätte, so hätte er diese Kenntnis unter Einhaltung der sozialhilferechtlichen Grundsätze haben müssen. Die Pflicht zur eigenen Kenntniserlangung über den konkreten Hilfebedarf ergebe sich für den Beklagten; der Sozialhilfeträger müsse den Sachverhalt so wie er ihm zur Kenntnis gelangt selbst umfassend prüfen; bei einem Hinweis auf eine Bedarfssituation müsse der Träger der Sozialhilfe der Sache nachgehen. Das Defizit in der Amtsermittlung könne der Beklagte nicht auf die Klägerin abwälzen. Die Klägerin habe nicht die Aufgabe, Sozialhilfeanträge und Antragsverfahren zu bearbeiten. Ihre Aufgabe sei nur die tatsächliche Leistungserbringung. Soweit sie Notlagen bekannt gebe, sei sie überobligatorisch tätig. Der Beklagte erbringe die notwendige Pflege als Sachleistung und bediene sich hierbei der Klägerin. Die Klägerin habe nach der ihrer Tätigkeit zu Grunde liegenden Vereinbarung mit dem Beklagten davon ausgehen können, dass die von ihr erbrachte Behandlung auch dem Willen des Beklagten als Auftraggeber und Vertragspartner entsprochen habe. Der Beklagte habe die Kostenübernahme für den Heimaufenthalt erklärt, damit sei er zur Übernahme der Vergütung verpflichtet.

Ferner hat die Klägerin geltend gemacht, die Beatmungsnotwendigkeit sei im Gegensatz zur Pflegestufe keine antragsabhängige Entgeltkomponente. Für die Kosten der Beatmung sei allein die Bindungswirkung der Entgeltvereinbarung der Parteien über § 75 SGB XII zu beachten. Danach habe die Klägerin bei Eintritt der Beatmungsnotwendigkeit einen Anspruch auf den Zuschlag für die Versorgung von beatmungspflichtigen Patienten nach § 4 Ziffer 1 der Entgeltvereinbarung. Eine gesonderte Anzeige sei bei unvermeidbaren Fixkosten wie der Beatmung oder dem Apallikerzuschlag nicht erforderlich. Mit dem Bestehen der Beatmungsnotwendigkeit trete die Übernahmeverpflichtung des Beklagten ein. Hilfsweise stehe ihr ein Anspruch aus § 25 SGB XII zu. Vorsorglich beantrage sie eine Streitverkündung gegenüber der Krankenversicherung der Verstorbenen.

Der Beklagte habe sich mit der bei Einzug der HE abgegebenen Kostenübernahmeerklärung verpflichtet, die gesamten ungedeckten Kosten für den Heimaufenthalt zu übernehmen. Die Bewohnerin habe ständiger Beobachtung und immer wiederkehrend tags wie nachts kurzfristiger Beatmung bedurft. Die aufwändige Pflege, die aus dieser unkalkulierbaren und latenten Akutsituation resultiert habe, habe von Beginn des Aufenthaltes an den Zuschlag nach § 4 Ziffer 1 der Vergütungsvereinbarung gerechtfertigt. Vergleichbar einem Herzfehler sei eine einmal eingetretene Beatmungspflicht ein unumkehrbarer Zustand. Dies gelte umso mehr, wenn wie bei der HE in 2001 erfolgt, ein Tracheostoma angelegt und bis zum Lebensende aufrechterhalten werde.

Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten bei der Abrechnung keine Fristen zu beachten gehabt; auch die Geltendmachung der Kosten ab Dezember 2003 mit der Klageschrift vom 31. Juli 2006 sei fristwahrend hinsichtlich sämtlicher pflegetäglich geschuldeter Zuschläge.

Mit der Klageerweiterung im Juli 2006 hat die Klägerin ein ärztliches Gutachten der Frau C K vom 1. Dezember 2003 zur Akte gereicht, wegen dessen Inhalt auf die Anlagen zu Blatt 64 der Gerichtsakte - GA - (Halbhefter) Bezug genommen wird. Außerdem hat die Klägerin das MDK-Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 7. Juni 2005 über die Feststellung der Pflegestufe II eingereicht (wegen dessen Inhalt wird auf Blatt 142 ff. GA Bezug genommen).

Der Beklagte ist erstinstanzlich bei der Einschätzung der angefochtenen Bescheide verblieben. Aus seiner Aktenlage gehe nicht hervor, dass die HE bereits in der Vergangenheit habe beatmet werden müssen. Zu ihren Lebzeiten seien nie Kosten für eine Beatmung beantragt und/oder bewilligt worden. Auch dem Bescheid der Pflegekasse sei kein Hinweis auf eine eventuelle Beatmungspflicht zu entnehmen. Das Sozialamt wäre trotz Untersuchungs-grundsatzes in seiner Ermittlungspflicht weit überfordert, wenn er aus der Mitteilung über einen Bewohnereinzug die Notwendigkeit einer Beatmung hätte erkennen sollen bzw. Anlass für eine entsprechende Nachfrage erkennen müssen.

Dem Gutachten vom 13. September 2001 zur Aufnahme in ein Seniorenheim bei erstmaliger Heimaufnahme habe entnommen werden können, dass zur Zeit der Erstellung dieses Gutachtens eine O2-Zufuhr erforderlich gewesen sei. Mit der Heimaufnahme im Jahr 2001 sei jedoch keine Beatmung erfolgt. Dies werde auch durch das Gutachten der C vom 2. Mai 2005 belegt. Auch mit Aufnahme der HE sei es nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, Veränderungen des gesundheitlichen Zustands zu kontrollieren oder zu erahnen. Vielmehr sei es Aufgabe des Heimbewohners oder des Bevollmächtigten oder des Einrichtungsträgers den zusätzlichen kostenträchtigen Pflegebedarf anzuzeigen und geltend zu machen. Dies sei verabsäumt worden. Auch wenn die Beatmung nicht bei der Pflegekasse angezeigt werden müsse, treffe dies nicht auf die Mitteilungspflicht beim Träger der Sozialhilfe zu. Dem Kostenträger seien alle wesentlichen Änderungen mitzuteilen. Es habe auch kein Eilfall im Sinne von § 25 SGB XII vorgelegen, da die HE seit dem 25. April 2005 in der Einrichtung beatmet worden sei und erstmalig sieben Monate später Kosten geltend gemacht worden seien.

Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2011 abgewiesen. Einem Anspruch der Klägerin aus § 19 Abs. 6 SGB XII stehe die Vorschrift des § 59 SGB I entgegen. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch sei erloschen. Sollte es sich um einen Sachleistungsanspruch (Verschaffung der Sachleistung allgemeine Pflege-leistung eines beatmungspflichtigen Bewohners) gehandelt haben, wäre dieser am 30. November 2005 mit dem Tod der HE erloschen. Sollte es sich um einen Anspruch auf Geldleistung (Zahlung des Zuschlags) gehandelt haben, wäre der Anspruch ebenfalls erloschen, weil im Zeitpunkt des Todes ein Anspruch auf Zahlung dieses Zuschlags weder festgestellt noch über diese Frage ein Verwaltungsverfahren anhängig gewesen sei (§ 59 S. 2 SGB I). Auch habe der Beklagte im Zeitpunkt des Todes keine Kenntnis vom Bedarf gehabt. Mit dem Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2003 sei nicht etwa ein Schuldanerkenntnis bezüglich aller Kosten für den Heimaufenthalt in der gesamten ungedeckten Höhe abgegeben worden, vielmehr seien nur die Pflegekosten übernommen worden, die zuvor in dem Bescheid mit einem Pflegesatz von 144,99 € beziffert worden seien. Dem Anspruch stehe entgegen, dass der Beklagte zu Lebzeiten der HE keine Kenntnis von dem streitigen, den Zuschlag auslösenden Bedarf gehabt habe. Dies sei nach § 18 SGB XII Voraussetzung des Entstehens der Leistungspflicht des Beklagten. Die Beatmungspflichtigkeit sei ein Lebensumstand, der dem Beklagten gesondert hätte zur Kenntnis gebracht werden müssen. Zu Lebzeiten der HE seien mit Ausnahme des unter dem 13. September 2001 und damit mehr als zwei Jahre vor Beginn des in der Klage streitigen Zeitraums erstellten Kurzgutachtens der Sch keine weiteren Unterlagen zur Akte des Beklagten gelangt, die auf eine Beatmungsnotwendigkeit hätten hindeuten können. Das Gutachten der Sch genüge nicht, um von einer Kenntniserlangung einer dauerhaften Beatmungsnotwendigkeit noch Jahre später auszugehen, weil dieses nur einen momentanen Zustand beschreibe. Zu berücksichtigen sei auch, dass sowohl die Klinik a R als auch die Klägerin zu Lebzeiten der HE keinen Zuschlag für eine beatmungspflichtige Bewohnerin abgerechnet hätten. Den Beklagten treffe keine Amtsermittlungspflicht „ins Blaue“ hinein.

Die Argumentation der Klägerin, der Beklagte müsse sich ihre Kenntnis von der Beatmungspflichtigkeit zurechnen lassen, würde den § 18 SGB XII im kostenintensiven Bereich der Heimunterbringung leerlaufen lassen. Ein Anspruch der Klägerin aus § 25 SGB XII als Nothelferin scheide schon deswegen aus, weil ein Eilfall im Sinne dieser Vorschrift nicht vorgelegen habe.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 1. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid am 31. August 2011 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und erstmals Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2006 aus dem geforderten Gesamtbetrag verlangt. Sie hält die Entscheidung durch Gerichtsbescheid für fehlerhaft und rügt eine mangelhafte Aufklärung des medizinischen Sachverhalts. Durch diese Fehler sei ihr Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt worden und eine Tatsacheninstanz verloren gegangen.

In der Sache trägt sie vor, der klägerische Anspruch sei nicht nach § 59 SGB I erloschen. Die Klägerin sei nicht nur nach § 19 Abs. 6 SGB XII Rechts-nachfolgerin der HE, sondern habe nach der Rechtsprechung des BSG einen eigenen Sachleistungsverschaffungsanspruch gegen die Beklagte. Dieser sei nicht von § 59 SGB I abhängig. Zum einen würden Sozialhilfeansprüche nicht nach § 59 SGB I erlöschen, sondern seien vererblich, wenn der Hilfebedürftige zu Lebzeiten, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt habe, seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt habe. Zum anderen seien Sozialhilfeleistungen in Einrichtungen auch keine Geldleistungen. Im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis erbringe der Sozialhilfeträger grundsätzlich keine Geldleistung. Mit der Übernahme der Unterbringungskosten durch den Sozialhilfeträger erfolge nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Schuldübernahme, die einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger bewirke. Leistungen, die der Höhe nach strittig sind, seien nur noch zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer zu klären.

Selbst bei einem unterstellten Anspruch auf eine Geldleistung hätten die Voraussetzungen des § 59 S. 2 SGB I nicht vorgelegen, denn mit dem Verfahren gegen die Pflegeversicherung hinsichtlich der Pflegestufenerhöhung der HE sei ein Verwaltungsverfahren über die Frage der tatsächlich vom Beklagten geschuldeten pflegetäglichen Leistungshöhe anhängig gewesen.

Auch habe die vom Beklagten abgegebene Kostenübernahmeerklärung vom Empfängerhorizont aus nur so verstanden werden können, dass der Sozialhilfeträger gegenüber der Klägerin für sämtliche Heimkosten der HE habe einstehen wollen. Dadurch dass der Beklagte den Kostenbeitrag der HE im streitgegenständlichen Bescheid mit 0,00 € beziffert habe, habe er zum Ausdruck gebracht, dass er für alle Kosten nach § 61 SGB XII im Sinne eines Schuldanerkenntnisses habe einstehen wollen. Im Bescheid sei lediglich wiederholend dargestellt worden, wie sich die Kosten im Einzugsmonat Dezember tagesaktuell zusammensetzten. Eine Beschränkung der Kostenübernahme auf die genannten Beträge sei damit nicht vorgenommen worden. Der Klage wäre bereits aufgrund des Schuldanerkenntnisses stattzugeben gewesen.

Der Beklagte habe auch Kenntnis von dem den Zuschlag auslösenden Bedarf der Beatmungspflichtigkeit gehabt. Mit der im Gutachten vom 13.9.2001 gestellten Diagnose respiratorische Globalinsuffizienz bei COLD und Emphysem sei dem Beklagten die mit dieser Erkrankung immer verbundene und unumkehrbare Notwendigkeit der Beatmung bekannt gewesen. Im Übrigen hätte der Beklagte auch im Rahmen der Amtsermittlungspflicht tätig werden müssen. Die Klägerin habe hinsichtlich der Abrechnung gegenüber dem Beklagten keine Fristen zu beachten. Dass sie die Kosten überwiegend erst mit der Klageerweiterung geltend gemacht habe wirke sich ausschließlich auf die geltend gemachten Zinsansprüche aus Verzug aus.

Ihrer Auffassung nach sei zu dem Verfahren die Kranken- und Pflegeversicherung der verstorbenen Hilfebedürftigen beizuladen, weil diese wie der Beklagte Partei der abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung gewesen sei und gegebenenfalls als leistungspflichtig in Betracht käme. Die Klägerin hat ferner die die HE betreffende Pflegedokumentation zur Gerichtsakte eingereicht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 164.067,47 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesem Betrag seit dem 1. August 2006 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Antrag auf Kostenübernahme für den Beatmungssatz der Verstorbenen Leistungs-empfängerin sei erst nach deren Tod und damit zu spät gestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Gerichtsakte nebst Anlagen und der Verwaltungs-vorgänge des Beklagten Bezug genommen, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von weiteren Heimkosten gegen den Beklagten zu. Der Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Soweit der mit der – aufgrund rügeloser Einlassung des Beklagten zulässigen - Klageerweiterung (§ 99 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Zuschlags für beatmungspflichtige Heimbewohner im Zeitraum vom 1. Dezember 2003 bis zum 24. April 2005 betroffen ist, ist die Klage unzulässig, weil es an einem Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 und 3 SGG) – und bereits an einer Antragstellung beim Beklagten - fehlt.

Soweit der Zeitraum vom 25. April 2005 bis zum 30. November 2005 betroffen ist, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung höherer Sozialhilfeleistungen ab dem 25. April 2005 weder aufgrund eines Anspruchsübergangs nach § 19 Abs. 6 SGB XII noch aufgrund einer Schuldübernahme des Beklagten oder als Nothelferin nach § 25 SGB XII zu.

Gegenstand der zulässigen Klage ist der Bescheid des Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2006, mit dem für die Zeit vom 25. April bis 30. November 2005 höhere Pflegeleistungen abgelehnt worden sind. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 SGG).

Als Rechtsgrundlage eines möglichen Anspruchs der Klägerin auf Sozialleistungen, die im Bedarfsfall der verstorbenen Heimbewohnerin zugestanden hätten, kommt § 19 Abs. 6 SGB XII i.V.m. § 61 SGB XII in Betracht.

§ 19 Abs. 6 SGB XII, wonach der Anspruch des Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen, soweit ihm die Leistungen erbracht worden wären, nach seinem Tode demjenigen zusteht, der die Leistung erbracht hat, ist jedoch auf den vorliegenden Fall, in dem höhere als bereits mit bestandskräftigen Bescheiden bewilligte Leistungen begehrt werden, bereits nicht anwendbar. § 19 Abs. 6 SGB XII greift nach seinem Sinn und Zweck nur, wenn über die Leistung noch nicht abschließend (bestandskräftig) entschieden wurde und deshalb noch keine Leistungen (jedenfalls nicht in der begehrten Höhe) geflossen sind. Die Vorschrift ist insoweit teleologisch auf die genannten Fälle zu reduzieren.

Die Regelung des § 19 Abs. 6 SGB XII stellt den gesetzlich geregelten Fall einer Sonderrechtsnachfolge im Sinne einer cessio legis dar (BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8SO 13/09 R-juris) und bezweckt die Förderung der Bereitschaft Dritter zur Leistung notwendiger Hilfe, wenn im Zeitpunkt von deren Anfallen von Seiten des Sozialhilfeträgers noch nicht abschließend über die Gewährung entschieden wurde (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Auflage 2012 § 19 Rn 22). Insofern geht bereits die der Sache nach identische Vorgängerregelung dieser Norm (§ 28 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG) auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zurück, die (nur) dann eine Vererblichkeit sozialhilferechtlicher Ansprüche nach Maßgabe der §§ 58, 59 SGB I anerkannte, wenn der Leistungsberechtigte zu Lebzeiten seinen Bedarf mithilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hatte, weil der Kläger Träger der Sozialhilfe nicht rechtzeitig geholfen oder die Hilfe zu Unrecht abgelehnt hatte (vgl. Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 5. Mai 1994, 5 C 43/91, BVerwGE 96,18f.). Diese Rechtsprechung fußte auf der Überlegung, dass ein für den Sozialhilfeträger einstweilen eintretender Dritter nicht befürchten solle, seine Aufwendungen im Falle der Nichterfüllung durch den Sozialhilfeträger nicht ersetzt zu erhalten. Dieser Gedanke wurde vom Gesetzgeber zunächst in § 28 Abs. 2 BSHG und nachfolgend in § 19 Abs. 6 SGB XII übernommen (vgl. BT-Drucks 13/3904, S. 45 zu Nr. 8b des Entwurfs eines Gesetzes zur Reform des Sozialhilferechts).

Durch den Anspruchsübergang nach § 19 Abs. 6 SGB XII sollen die Träger einer Einrichtung, die Hilfe zur Pflege erbracht haben, und Pflegepersonen im Sinne von nahen Angehörigen des Pflegebedürftigen, die Pflege geleistet haben, in ihrem Vertrauen auf die Gewährung von Leistungen geschützt werden. Die besondere Schutzwürdigkeit dieses Vertrauens resultiert bei Einrichtungen, die stationäre Leistungen erbringen – wie hier -, aus deren erhöhtem Kostenrisiko (BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 – B 8 SO 13/09 R –, BSGE 106, 264-268). Das Kostenrisiko ist für den Erbringer (teil-)stationärer Leistungen typischerweise auch deswegen hoch, weil Einrichtungsträger ihre Leistungen im Regelfall in größeren zeitlichen Abständen abrechnen, sodass sie eher gefährdet sind, den Anspruch auf Leistungen in einem größeren Umfang durch den Tod des Hilfeberechtigten zu verlieren (BSG a.a.O.).

§ 19 Abs. 6 SGB XII greift nach seinem Sinn und Zweck daher nur, wenn über die Leistung noch nicht abschließend (bestandskräftig) entschieden wurde und deshalb noch keine Leistungen (jedenfalls nicht in der begehrten Höhe) geflossen sind. Der Schutz geht nicht soweit, dass – wie hier - bei einer bestandskräftigen Entscheidung des Sozialhilfeträgers gegenüber dem Hilfeempfänger die Einrichtung nach dessen Tod einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X mit der Begründung stellen könnte, dem Hilfeempfänger habe ein – nunmehr übergegangener – Anspruch auf höhere Leistungen zugestanden (Coseriu in: juris PK-SGB XII, 2011, § 19 Rn 64).

Auch das Bundessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 13. Juli 2010 (B 8 SO 13/09 R – BSGE 106, 264-268 - juris) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei der gebotenen typisierenden Betrachtung besonders zu beachten sei, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des früheren § 28 Abs. 2 BSHG als Vorgängerregelung des § 19 Abs. 6 SGB XII nicht den Fall vor Augen hatte, dass es - wie vorliegend - um höhere Leistungen nach Leistungsbewilligung geht, sondern der Leistungserbringer sollte nicht leer ausgehen, wenn der Hilfebedürftige vor der Bewilligung der Sozialhilfeleistung verstirbt. Ob § 19 Abs. 6 SGB XII im Hinblick hierauf teleologisch reduziert werden müsse, hat das BSG in der genannten Entscheidung mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich dahinstehen lassen (a.a.O. Juris Rn 16).

Das BSG hat jedoch auch in der - im vorliegenden Verfahren von der Vertreterin der Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs in Bezug genommenen - Entscheidung vom 28. Oktober 2008 (B 8 SO 22/07 R – BSGE 102, 1-10) ausgeführt, dass § 19 Abs. 6 SGB XII bzw. § 28 Abs. 2 BSHG „vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid“ zur Anwendung komme.

Vom Anwendungsbereich des § 19 Abs. 6 SGB XII ist somit nur die Fallgestaltung erfasst, dass der Hilfeanspruch bereits entstanden war, der zuständige Sozialhilfeträger aber nicht mehr rechtzeitig bis zum Tod des Leistungsberechtigten über die Bewilligung der Leistung zu entscheiden vermochte (ebenso Buchner in Oestreicher, SGB II/SGB XII, Komm., 2013, § 19, Rn 47). Von einem einschränkenden Anwendungsbereich geht auch Grube (a.a.O. § 19 Rn 30) aus, der ausführt dass wenn die Bewilligung der Kostenübernahme bereits erfolgt ist, die Kosten jedoch noch nicht gezahlt sind, die Einrichtung statt des Anspruchs nach § 19 Abs. 6 SGB XII den ihr aus der Bewilligung gegenüber dem Hilfeempfänger erwachsenen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger geltend machen kann.

Eine danach erforderliche Fallgestaltung war vorliegend jedoch nicht gegeben. Denn es lag eine – bestandskräftige - Entscheidung des Sozialhilfeträgers in der Gestalt des Dauerverwaltungsaktes vom 15. Dezember 2003, in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. Dezember 2004 und 10. Januar 2005 vor.

Was die Klägerin im vorliegenden Fall der Sache nach geltend macht, ist ein Anspruch auf höhere Leistungen nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Sie macht geltend, dass von Anfang an Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden, weil der Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, nämlich ohne Berücksichtigung der Beatmungspflichtigkeit der verstorbenen Hilfeempfängerin. Ein Anspruch nach § 44 SGB X ist jedoch aus den oben genannten Gründen nicht von § 19 Abs. 6 SGB XII erfasst (a.A. offenbar, ohne dies jedoch zu problematisieren: SG Aachen, Urteil vom 29. Januar 2013 – S 20 SO 75/12 –, juris).

§ 19 Abs. 6 SGB XII ist nach seinem Sinn und Zweck zudem auch aus folgendem Grund auf eine Fallgestaltung wie die vorliegende nicht anwendbar: Durch die in dieser Vorschrift gesetzlich geregelte Sonderrechtsnachfolge soll der Träger einer Einrichtung, die Hilfe zur Pflege erbracht hat, in seinem Vertrauen auf die Gewährung von Leistungen geschützt werden, um sein Kostenrisiko zu vermindern (s.o.). Im vorliegenden Fall bestand jedoch kein schützenswertes Vertrauen der Klägerin. Ihren Vortrag als wahr unterstellt, hat sie in ihrer Einrichtung zugunsten der verstorbenen HE vielmehr von Anfang an Beatmungspflege erbracht, ohne diese der Verstorbenen oder dem Sozialhilfeträger in Rechnung zu stellen. Sie hat somit nicht Hilfe „vor“ einer Bewilligung durch den Beklagten im Vertrauen darauf geleistet, dass ihr die erbrachte Leistung alsbald vergütet werde. Vielmehr hat sie bei der jahrelangen Abrechnung der von ihr erbrachten Leistungen gegenüber dem Beklagten eine Position vergessen und somit schon kein Vertrauen auf deren späteren Ausgleich entwickeln können. Im Übrigen wäre ein solches Vertrauen auch nicht schützenswert. Die Überprüfung der für die Kostensicherheit wesentlichen Umstände gehört zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäßen Einrichtungsbetriebes (vgl. BSG zur Aufnahme von Notfallpatienten im Krankenhaus, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 8 SO 13/12 R, Juris). Hätte die Klägerin die erbrachten Leistungen gegenüber der Hilfeempfängerin bzw. deren Betreuerin abgerechnet, hätte diese bereits zu Lebzeiten eine Abänderung des auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruhenden und damit von Anfang an rechtswidrigen Bewilligungsbescheides des Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens in die Wege leiten können.

Ein im Rahmen des § 19 Abs. 6 SGB XII auf die Klägerin übergegangene Anspruch der Verstorbenen auf „Leistungen für Einrichtungen“ – nur ein solcher ist von dieser Vorschrift erfasst - bestand auch nicht etwa deswegen, weil der Beklagte bereits zu Lebzeiten der Klägerin Leistungen in voller Höhe, d.h. unter Einschluss des nunmehr geltend gemachten Zuschlags, gewährt hätte. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Beklagte im vorliegenden Fall mit Bescheid vom 15. Dezember 2003, in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. Dezember 2004 und 10. Januar 2005, die in der Einrichtung der Klägerin entstehenden Kosten nicht unbeschränkt übernommen.

In dem Bescheid vom 15. Dezember 2003 heißt es insoweit: „Übernahme der Pflegekosten für B F, geboren 27.5.1954… durch den Aufenthalt im P S K G S GmbH G Straße, B, entstehen folgende Kosten: 124,99 €. Diese Pflegekosten [Unterstreichung durch den Senat] werden ab dem 1.12.2003 für die Zeit der Sozialhilfebedürftigkeit im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG übernommen, abzüglich der von der Pflegekasse bewilligten Pflegeleistung i.H.v. 1688 € ab dem 1.12.2003 sowie des von Ihnen zu leistenden Kostenbeitrages“.

In dem Änderungsbescheid vom 14. Dezember 2004 aufgrund des Inkrafttretens des SGB XII heißt es: „Durch Ihren Aufenthalt im P S K G S entstehen Kosten für die vollstationäre Unterbringung in Höhe der derzeit geltenden Pflegesätze… Die Kosten der stationären Pflege werden… übernommen“. Nachdem die Klägerin am 6. Januar 2005 die ab Februar 2005 geltende Pflegestufe dem Beklagten bekannt gegeben hatte, verfügte dieser mit Bescheid vom 10. Januar 2005 „mit Schreiben vom 3.1.2005, hier eingegangen am 06.01.05, wurde der Sozialhilfeträger über ihren zukünftigen Pflegebedarf der Stufe II informiert. Ab dem 1.2.05 werden deshalb gemäß § 61 i.V.m. § 18 SGB XII die Pflegekosten der Stufe II in Höhe von täglich 106,73 €, abzüglich der Pflegeversicherungsleistungen i.H.v. 1279,00 € und des von Ihnen zu leistenden Kostenbeitrages übernommen“.

Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bewilligungsbescheide und bei einer Auslegung nach dem objektivierten Empfängerhorizont, d. h. dem für einen unbefangenen Dritten maßgeblichen Verständnis, hat sich der Beklagte nur zur Übernahme von Pflegekosten in der in den Bescheiden bezifferten Höhe verpflichtet. Dass auch die Klägerin von dieser Auslegung ausgegangen ist, zeigt ihre Bekanntgabe der geänderten Pflegestufe. Wäre sie davon ausgegangen, dass der Beklagte sich mit den Bewilligungsbescheiden - im Rahmen eines „Schuldanerkenntnisses“ - dazu verpflichtet hatte, die Pflegekosten in der jeweils anfallenden Höhe zu tragen, hätte es einer derartigen Mitteilung nicht bedurft.

Die Klägerin hat daher auch keinen Anspruch auf Zahlung des „Beatmungszuschlags“ gegen den Beklagten entsprechend den vom BSG entwickelten Grundsätzen zum sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 - B 8 SO 22/07 R -, BSGE 102, 1-10, juris). Die "Übernahme" der der Einrichtung zustehenden Vergütung als untrennbarer Bestandteil der vom Beklagten in Form der Sachleistungsverschaffung geleisteten Sachleistung erfolgt durch Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, und zwar durch kumulative Schuldübernahme in der Form eines Schuldbeitritts (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 a.a.O.). Somit hat der Einrichtungsträger - hier die Klägerin - nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch nur in der Höhe, in der der Sozialhilfeträger - der Beklagte - der Hilfeempfängerin – hier der Verstorbenen - die „Übernahme“ der Pflegekosten bewilligt hat, einen eigenen Anspruch auf diese Leistungen. In der genannten Entscheidung führt das BSG aus, dass der Sozialhilfeträger als Gesamtschuldner „in Höhe der bewilligten Leistungen“ an die Seite des Sozialhilfeempfängers tritt (BSG a.a.O. juris Rn 25), der Schuldbeitritt habe dann einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger zur Folge.

Ob in der Kostenübernahmeerklärung - wie die Klägerin meint - zugleich ein Schuldanerkenntnis des Beklagten zu sehen ist, kann dahinstehen. Denn auch dieses wäre auf den im Bescheid genannten Betrag begrenzt. Eine Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers begründet dessen Selbstverpflichtung dem Erklärungsadressaten gegenüber nur in akzessorischer Abhängigkeit von Bestand und Umfang des Sozialhilfeanspruchs des Hilfesuchenden. Denn die Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers steht von vornherein unter dem Vorbehalt, dass ein sozialhilferechtlich anzuerkennender Hilfebedarf besteht (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 04. August 2006 – 5 C 13/05 –, BVerwGE 126, 295-303; mw.N.).

Mit der Verpflichtung zur Übernahme von Kosten in einer bezifferten Höhe hat der Beklagte mit den Bewilligungsbescheiden zugleich die Übernahme weiterer Kosten konkludent abgelehnt. Sofern er dadurch zu Unrecht keine Kostenübernahme bezüglich eines Zuschlags für beatmungspflichtige Patienten erklärt hat, ist diese Ablehnung mangels Anfechtung der Bescheide die gegenüber der Verstorbenen bestandskräftig geworden und könnte allenfalls im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X nachträglich geheilt werden. Ein Anspruch auf Überprüfung bestandskräftiger Bescheide geht jedoch - wie ausgeführt - nicht gemäß § 19 Abs. 6 SGB XII auf die Leistung erbringende Einrichtung über.

Auf die Frage, ob der Beklagte einem rückwirkenden Leistungsanspruch der Verstorbenen eine mangelnde Kenntnis des Pflegebedarfs gemäß § 18 SGB XII hätte entgegenhalten können, kommt es somit nicht an.

Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 25 SGB XII. Dies wird von ihr im Berufungsverfahren auch nicht mehr geltend gemacht. Nach § 25 SGB XII sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Leistungen erbracht hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht aufgrund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat.

Dass vorliegend kein Eilfall im Sinne von § 25 SGB XII gegeben war, liegt auf der Hand. Das sozialhilferechtliche Moment eines Eilfalls erfordert grundsätzlich, dass eine rechtzeitige Leistung des Sozialhilfeträgers objektiv nicht zu erlangen war, der Sozialhilfeträger nicht eingeschaltet werden konnte (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 8 SO 13/12 R, Juris). Der Anspruch des Nothelfers besteht in Abgrenzung zum Anspruch des Hilfebedürftigen nur dann, wenn der Sozialhilfeträger keine Kenntnis vom Leistungsfall hat und ein Anspruch des Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (nur) deshalb nicht entsteht (vgl. BSG a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 17.7.1992 - 5 B 69/92 -, juris Rn 6 m.w.N.; im Einzelnen Bieback in Grube/Wahrendorf, a.a.O., § 25 SGB XII Rn 21 f). Ein Eilfall liegt deshalb nur dann vor, wenn keine Zeit zur Unterrichtung des zuständigen Sozialhilfeträgers verbleibt, um zunächst dessen Entschließung über eine Gewährung der erforderlichen Hilfe abzuwarten (vgl. BVerwGE 59, 73, 75; 114, 298, 300) bzw. um die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe zu schaffen (Klarstellung zum Urteil des Senats vom 23.8.2013 - B 8 SO 19/12 R - Rn 18). Diese Voraussetzungen waren offensichtlich nicht gegeben.

Der Anregung, die Kranken- und Pflegeversicherung der Verstorbenen zum Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 SGG beizuladen, war nicht zu folgen. Die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung gemäß § 75 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Weder ist die Kranken- und Pflegeversicherung an dem hier streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann noch kommt sie bei Ablehnung des vorliegend geltend gemachten Anspruchs als leistungspflichtig in Betracht (sog. unechte notwendige Beiladung). Insoweit ist erforderlich, dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass anstelle des Beklagten ein anderer Leistungsträger die Leistung zu erbringen hat (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 75 Rn 12 mit weiteren Nachweisen). Eine Rechtsgrundlage, aus der sich eine Pflicht der Pflegekasse ergeben könnte, nach Ableben der Versicherten von der Pflegeeinrichtung erbrachte Leistungen, die ihr gegenüber zu Lebzeiten der Versicherten nicht angezeigt wurden, der Pflegeeinrichtung nachträglich zu vergüten, wird weder von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin benannt noch ist diese sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG. Das Verfahren ist für die Klägerin gerichtskostenfrei; dies ergibt sich aus § 183 Satz 1 und 3 SGG. Nach § 183 Satz 3 SGG steht den in Satz 1 genannten Personen (hier: Leistungsempfänger) derjenige gleich, der im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Da sich die Klägerin eines Rechts als Sonderrechtsnachfolgerin nach der verstorbenen Hilfebedürftigen berühmt, ist sie hiernach kostenrechtlich mit dieser gleichzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 2010 - B 8 SO 13/09 R -, BSGE 106, 264-268, m.w.N.).

Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob § 19 Abs. 6 SGB XII teleologisch auf diejenigen Fälle zu reduzieren ist, in denen über die Leistung noch nicht abschließend (bestandskräftig) entschieden wurde und somit Überprüfungs-anträge nach § 44 SGB X von dieser Vorschrift nicht erfasst.