Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer | Entscheidungsdatum | 06.08.2015 | |
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Aktenzeichen | 26 Sa 849/15, 26 Sa 886/15 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 626 BGB, § 1 KSchG, § 9 KSchG |
1. Der Kündigung hätte eine auf einen mit dem Kündigungstatbestand vergleichbare Pflichtverletzung bezogene Abmahnung vorausgehen müssen. Dem bei dem beklagten Land und einem Rechtsvorgänger seit über 20 Jahren beschäftigten Kläger ist im Rahmen des Verfahrens mit Ausnahme des der Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalts keine auf seine Tätigkeit beim Umgang mit den Kampfmitteln (Begutachtung/Transport) bezogene konkrete Pflichtverletzung vorgeworfen worden.
2. Auch bei einer Tätigkeit, die mit einem so erheblichen Gefährdungspotential verbunden ist, wie die des Klägers, können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Bei der Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass einem Mitarbeiter entsprechende Fehler unterlaufen, kann davon ausgegangen werden, dass hier schon angesichts der Gefahren für das eigene Leben regelmäßig sehr sorgfältig gehandelt wird.
3. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies beim Kläger, der monatlich tausende Kampfmittel prüft und transportiert, anders sein könnte. Leichtfertiges Handeln konnte im Rahmen der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Danach hätte der Kläger allerdings die Gefährlichkeit einer Granate falsch eingeschätzt. Der Zeuge F. hat aber die Behauptung des beklagten Landes nicht bestätigt, nach der der Kläger den Fahrer ohne eigene Sichtung aufgefordert haben soll, die Munition einzuladen. Der Zeuge hat vielmehr bekundet, dass der Kläger zwar zügig gearbeitet habe, eine Sichtung aber durchaus erfolgt sei.
4. Zu den Voraussetzungen eines erfolgreichen Antrags des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, die hier nicht vorgelegen haben.
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 9. März 2015 – 9 Ca 1459/14 – teilweise abgeändert und der Auflösungsantrag des beklagten Landes abgewiesen.
2. Die Anschlussberufung des beklagten Landes wird zurückgewiesen.
3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung sowie über einen Auflösungsantrag des beklagten Landes.
Der Kläger war zunächst ab dem 1. August 1987 bei einem Rechtsvorgänger des beklagten Landes als Wasserbautechniker beschäftigt. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Gegenüber zweien ist er noch zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 1. Juli 1991 ist er bei dem beklagten Land selbst beschäftigt.
Seit April 1995 ist der Kläger im Bereich der Munitionsbergung bzw. der Kampfmittelberäumung tätig, seit 1999 als Hilfstruppführer. Seine Aufgabe besteht ua in dem Transport von Kampfmitteln. Außerdem übt er die fachtechnische Aufsicht bei Kampfmittelbeseitigungsmaßnahmen aus. Insoweit ist er Vorgesetzter von Munitionsarbeitern und –vorarbeitern. Sein Bruttogehalt betrug zuletzt 3.800 Euro. Der Kläger hat an zahlreichen Schulungen teilgenommen, teilweise auf eigene Kosten. In diesem Zusammenhang hat er zB die Ausbildung zum Gefahrgutbeauftragten absolviert. Berufsbegleitend studiert er Sicherheitstechnik – Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (SI) bei der Technischen Akademie Südwest e.V.
Der Kläger wurde im Juli 2007 wegen eines Verstoßes gegen die Kampfmittelverordnung abgemahnt. Hintergrund war der Fund anzeigepflichtiger Kampfmittelteile in der Wohnung des Klägers und auf dem Grundstück seiner Eltern. Der Kläger hatte seinen Vorgesetzten hierüber nicht informiert. Gegenstand der Abmahnung war das Unterlassen der Anzeige. Die Abmahnung ist im Jahr 2009 aus der Personalakte entfernt worden, nachdem ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht eingeleitet worden war.
Ab Sommer 2007 setzte das beklagte Land den Kläger im Munitionszerlegebetrieb (MZB) K. ein, zeitweise auch in Neuruppin. Im November 2008 lehnte das Landesamt für Arbeitsschutz einen Antrag des Klägers auf Erteilung eines Befähigungsscheins nach § 20 Sprengstoffgesetz (SprengG) wegen fehlender Zuverlässigkeit ab. Hintergrund waren neun Ermittlungsverfahren gegen den Kläger. Die Gesamtumstände sind dem beklagten Land am 5. März 2015 bekannt geworden. Die Ermittlungsverfahren hatten in zwei Fällen in den Jahren 2006 und 2007 zu Verurteilungen wegen Körperverletzung (30 Tagessätze) und Verleumdung (60 Tagessätze) geführt.
Am 12. Mai 2009 ist dem Kläger ein Zeugnis erstellt worden, in dem es ua heißt:
„Er besitzt sehr gute Fachkenntnisse, hat eine gute Auffassungsgabe und kann auftretende Probleme schnell und zutreffend lösen. Hervorzuheben ist seine überdurchschnittliche Einsatzbereitschaft und seine Eigeninitiative. Auch bei hoher Belastung erzielt er gute Arbeitsergebnisse. Er beherrscht seine Aufgabe sicher, hat neue Ideen und findet gute Lösungen. Seine Leistungen haben den Erwartungen und Anforderungen stets voll entsprochen. Sie werden zusammenfassend als gut bewertet.“
Ebenfalls im Jahr 2009 führte er eine MPU nach Waffenrecht/Sprengstoffrecht erfolgreich durch. Auf erneuten Antrag ist dem Kläger im November 2009 der im Jahr 2008 noch versagte Befähigungsschein erteilt worden.
Es gab wiederholt Eingaben von Kollegen und Vorgesetzten, die unter Hinweis auf angebliche (nicht weiter konkretisierte) Sicherheitsbedenken die Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnten.
Am 4. August 2011 wurde verfügt, dass nur noch der Leiter des MZB berechtigt sei, dem Kläger Weisungen zu erteilen. Die Hintergründe hierfür sind unter den Parteien streitig. Nach Darstellung des Klägers war es eine erfolgreiche Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Vorgesetzten P., nach der des beklagten Landes das Bemühen, eine weitere Eskalation einer von Spannungen geprägten Auseinandersetzung unter den Kollegen zu verhindern. Es war ua zu verbalen Entgleisungen des damaligen Vorgesetzten P. gegenüber dem Kläger gekommen. Dieser hatte den Kläger zudem am Zugang zum MZB gehindert.
Ebenfalls im Jahr 2011 gab es zwischen dem Kläger und dem beklagten Land einen Rechtsstreit über eine Versetzung. Der Kläger erwirkte in diesem Rechtsstreit eine einstweilige Verfügung, nach der das beklagte Land ihn weiterhin an dem bisherigen Standort zu beschäftigen hatte. Hintergrund war ua der Gesundheitszustand des neugeborenen Kindes des Klägers.
Im Dezember 2011 erteilte das beklagte Land dem Kläger eine Abmahnung wegen nicht rechtzeitiger Mitteilung fortdauernder Arbeitsunfähigkeit. Dem Kläger war nach sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr ausgestellt worden. Die Abmahnung wurde später in seiner Anwesenheit aus der Personalakte entfernt. Sie ist allerdings danach mit der Begründung wieder der Personalakte zugeführt worden, für die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte gebe es keinen festen Zeitraum.
Der Kläger stellte am 1. Februar 2012 einen Antrag unter Bezugnahme auf die Rahmendienstvereinbarung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Im April 2012 erstellte das Landesamt für Arbeitsschutz dem Kläger eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, mit der seine Zuverlässigkeit nach § 8a SprengG bestätigt worden ist. Der Kläger finanzierte im Jahr 2012 Lehrgänge im Bereich der Kampfmittelbeseitigung selbst, da das beklagte Land ihn nicht für die Qualifikation vorsah. Er absolvierte die Lehrgänge daraufhin in seiner Freizeit. Andere Mitarbeiter wurden abgeordnet.
Das beklagte Land beauftragte regelmäßig eine Tauchfirma mit Aufträgen in der Wasserberäumung im Bereich Nord. Der Vater des technischen Einsatzleiters West, Herr M., übte bei diesem Unternehmen eine Beratertätigkeit aus. Die Auftragsvergabe erfolgte allerdings nicht durch Herrn M., sondern durch einen anderen Teilbereich des KMBD, auf den Herr M. nach Darstellung des beklagten Landes keinen Einfluss hatte. Der Kläger erhob in diesem Zusammenhang einen Korruptionsvorwurf. Das aufgrund einer späteren Anzeige des Klägers eingeleitete Ermittlungsverfahren ist wegen Verjährung eingestellt worden. Der Kläger bemängelte zudem eine angeblich unerlaubte Kampfmittelverbrennung, da er sich gesundheitsschädlicher Dämpfe ausgesetzt sah. Er begründete das damit, dass seit 1997 die Ausnahmegenehmigung, die es erlaubt habe Kampfmittel offen zu verbrennen, ausgelaufen sei. Zunächst führte dann ein privates Unternehmen die Verbrennungen durch, nach Beendigung des Auftrags wurden die offenen Verbrennungen fortgeführt. Nach der Eingabe des Klägers war wieder eine Genehmigung zum Verbrennen kleiner Mengen an Kampfmitteln erteilt worden. Verantwortlich für die Kampfmittelverbrennungen war Herr P.. Nach der Darstellung des beklagten Landes hat das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz die Vernichtungsmethode mit Schreiben vom 24. November 2011 bestätigt. Gesetzliche Regelungen gebe es nicht. Es gehe um Gefahrenabwehr, nicht primär um Emissionsschutz.
Ab April 2014 setzte das beklagte Land den Kläger als Hilfstruppführer im Einsatzbereich West in W. ein. Der Kläger vertritt den Truppführer während dessen Abwesenheit. Im Rahmen der Kampfmitteltransporte untersucht und befördert der Kläger zahlreiche Kampfmittel, im Zeitraum vom 15. Mai bis zum 15. Juli 2014 allein 50.066 Stück mit einem Gesamtgewicht von 4.307,55 kg. Für die Zeit vor dem 3. Juli 2014 hat das beklagte Land keine fehlerhafte Beurteilung eines Kampfmittels seitens des Klägers vorgetragen.
Am 3. Juli 2014 führte der Kläger mit dem Fahrer S. mehrere Kampfmitteltransporte von Einzelfund- und Räumstellen durch. In dem Zusammenhang hatte der Kläger bei einem Herrn F., Mitarbeiter einer privaten Kampfmittelberäumfirma, einen Kampfmitteltransport am ehemaligen Truppenübungsplatz W. angemeldet. Herr F., (Leiter der Räumstelle am ehemaligen Truppenübungsplatz W.), war Leitender Truppführer und Räumstellenleiter vor Ort. Die Kampfmittel sollten dem Kläger auf dem ehemaligen Truppenübungsgelände durch Herrn F. übergeben werden.
Herr F. hatte dafür zwei Kisten gelagerter Munition bereitgestellt. Der Kläger sagte von unterwegs die Abholung zunächst ab, da er den vorgesehen Termin verkehrsbedingt nicht halten könne. Herr F. schaffte die beiden Kisten daraufhin zunächst wieder in das Depot. Der Kläger teilte telefonisch kurz darauf mit, sie schafften es nun doch. Herr F. stellte die Kisten wieder bereit. Gegen Mittag kamen der Kläger und Herr S. bei Herrn F. an. Herr F. und der Kläger unterzeichneten einen Transportbeleg, wonach neben kleiner Handwaffenmunition und drei Zündern insgesamt 37 Granaten von 2 bis 5 cm Größe sowie eine „Granate bis zu 10,5 cm“ übergeben bzw. übernommen worden seien. Unter den Parteien ist streitig, ob der Kläger die Munition in den Unterlagen richtig verortet hat. Streitig ist auch, ob der Kläger nicht tatsächlich mehr Granaten entgegengenommen und transportiert hat.
Nach der Arbeitsanweisung zur Kampfmittelbeseitigung für den Kampfmittelbeseitigungsdienst des Landes Brandenburg dürfen Kampfmittel erst nach ihrer eindeutigen Identifikation und Feststellung ihrer Transportfähigkeit durch die jeweils zuständige fachtechnische Aufsichtsperson transportiert werden. Unter den Parteien ist streitig, ob diese Regelung auf die konkrete Situation anwendbar ist und ob es für sie eine wirksame Rechtsgrundlage gibt.
Unter den Parteien ist auch streitig, ob es sich bei der „Granate bis zu 10,5 cm“ um Munition handelte, die auf keinen Fall hätte transportiert werden dürfen. Der Zeuge F. wies den Kläger bei der Übergabe nicht darauf hin. Er war – wie der Kläger – zur Identifizierung und zur Bewertung der Handhabungs- und Transportfähigkeit verpflichtet.
Der Kläger brachte die Munition gemeinsam mit dem Fahrer St. zum MZB K.. Dort hob sie der dort für die Entgegennahme zuständige Mitarbeiter S. mit Hilfe eines Gabelstaplers aus dem Fahrzeug und verbrachte sie nach kurzer Sichtprüfung in einen Bunker. Eine genaue Zählung und Untersuchung durch Herrn S. unterblieb zunächst, was einer üblichen Praxis im MZB entsprach. Am 4. Juli 2014 stellte Herr S. dann nach eigenen Angaben fest, dass die Kisten nicht 37, sondern 41 kleine Granaten enthielten. Unter den Parteien ist streitig, ob er zudem eine nicht registrierte Granate vom Kaliber 7,5 (Blindgänger) mit einem Zünder mit allseitigem Aufschlag vorgefunden hat und ob es sich dabei um die Granate handelte, die in der Aufstellung vom 3. Juli 2014 als „Granate bis 10,5 cm“ aufgeführt war. Streitig ist auch, ob diese nicht transportfähig war und bei heftigen Erschütterungen zur Detonation hätte kommen können. Am 4. Juli 2014 fand eine Dienstversammlung in F. statt. Dort sprach ein Herr Su. den Kläger auf Unregelmäßigkeiten bei dem Transport am 3. Juli an. Daraufhin rief der Kläger Herrn S. an, was es damit auf sich habe. Am 7. Juli 2014 besprachen der Kläger, sein Vorgesetzter Sw. und Herr S. nach Inaugenscheinnahme des Transportguts, dass über die vier noch nicht erfassten Granaten ein Zusatzbeleg gefertigt werden solle. Der Kläger konnte im Rahmen des Termins nicht ausschließen, dass auch eine Granate mit dem Kaliber 7,5 Teil seines Transports am 3. Juli 2014 gewesen ist. Am 8. Juli 2014 suchte der Kläger daraufhin nochmals mit Herrn S. den Zeugen F. auf und ließ ihn einen auf den 3. Juli 2014 datierten weiteren Transportbeleg über vier Granaten des Kalibers 2 bis 5 cm unterschreiben. Herr S. unterschrieb den Transportbeleg am 9. Juli 2014.
Am 9. Juli 2014 sind dem Kläger erneut Unregelmäßigkeiten bei der Anzahl und der Zuordnung der Kampfmittel unterstellt worden. Daraufhin ließ sich der Kläger in dem MZB die Palette mit Kampfmitteln des Tarnsports zeigen. Sie wurde aus dem Bunker geholt und festgestellt, dass die Mitarbeiter des MZB aufgrund einer falschen Zuordnung zu einer fehlerhaften Stückzahlberechnung gelangt waren. Der Kampfmitteltransport war danach entgegen dem Vorwurf ordnungsgemäß verlaufen.
Am 10. Juli 2014 meldete die Bereichsleiterin für den Kampfmittelbeseitigungsdienst, Frau P., den Vorgang der Bereichsleiterin Verwaltung, Frau G., bei der es sich zugleich um die stellvertretende Direktorin des Zentraldienstes der Polizei handelt.
Am 16. Juli 2014 erstellte der Zeuge F. ein Gedächtnisprotokoll. Danach soll der Kläger am 3. Juli 2014 auch eine 7,5 cm-Granate entgegengenommen haben. Die Übergabe der Munition sei aufgrund des Zeitmangels des Klägers „ziemlich schnell und ohne tiefgründige Prüfung“ erfolgt. Der Kläger habe ihn einige Tage später auf den nicht korrekten Transportbeleg hingewiesen und darum gebeten, einen zweiten Beleg für weitere vier Granaten zu unterzeichnen, was auch geschehen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 11 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 13. Oktober 2014 Bezug genommen. Ebenfalls am 16. Juli 2014 (Anlage B 10 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 17. Juli 2014) erfolgte eine erste Anhörung des Klägers durch den Polizeioberrat Dr. D.. Der Kläger gab an, sich nicht mehr genau erinnern zu können, schloss es aber aus, die Granate übersehen zu haben. Er habe alles ordnungsgemäß überprüft gehabt. Beim Fund einer derart gefährlichen Granate hätte er andere Festlegungen getroffen, so der Kläger nach dem Anhörungsvermerk. Ein zweiter Beleg sei am 3. Juli 2014 vor Ort gefertigt worden, weil der dortige Räumungsstellenleiter, Herr F., vier weitere Munitionskörper nachträglich zum Abtransport angemeldet gehabt habe.
Am 17. Juli 2014 folgten Anhörungen der Mitarbeiter S. und S. (Anlage B 13 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 13. Oktober 2014). Herr S. gab an, er habe bei der Entgegennahme der Munitionsteile von dem Kläger eine Sichtprüfung vorgenommen. Die Sprenggranate habe separat auf einer Palette neben bzw. hinter einer Holzkiste gelegen. Er habe nur den hinteren Teil wahrgenommen. Es sei für ihn klar gewesen, dass es sich um die im Beleg aufgeführte Granate gehandelt habe.
Am 18. Juli 2014 wurden die Herren K. und P. gehört (Anlagen B 14 und B 15 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 13. Oktober 2014). Herr K. erklärte ua, dass es auszuschließen sei, dass die Granate von einer anderen Person als dem Kläger geliefert worden sei. Das ergebe sich schon daraus, dass auf dem Übergabebeleg die Anlieferung einer entsprechenden Granate notiert gewesen sei. Herr P. gab an, er habe Herrn F. am 16. Juli 2014 befragt. Dieser habe behauptet, der Kläger habe bei der Abholung der Munition den Zünder mit allseitigem Aufschlag nicht gesehen bzw. nicht erkannt. Der Kläger habe sehr hektisch gewirkt. Eine Prüfung der Kampfmittel habe nicht stattgefunden. Vielmehr habe der Kläger zu ihm nur gesagt: „Pack hinten rein!“ Sodann habe sich der Kläger die Anzahl der Kampfmittel diktieren lassen. Dass die Granate auf andere Weise in das Depot gelangt sei, sei eher unwahrscheinlich.
Am 21. Juli 2014 erfolgten die Anhörung des Truppführers Sw. sowie die des Herrn Su. (Anlagen B 21 und B 20 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 13. Oktober 2014). Herr Sw. schilderte ua, dass der Zeuge S. die 7,5 cm-Granate händisch zum Zaun der Zone 1 gebracht habe, damit auch der Kläger sie nochmal ansehen könne. Das Gelände durfte der Kläger nicht betreten. Der Kläger habe sich betroffen gezeigt und sinngemäß geäußert, dass so etwas niemals hätte vorkommen dürfen.
Am 24. Juli 2014 wurde der Kläger zu den Stellungnahmen dieser Mitarbeiter erneut angehört (Anlage B 22 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 13. Oktober 2014).
Am selben Tag setzte der Direktor des Zentraldienstes der Polizei den Personalrat davon in Kenntnis, dass es beabsichtigt sei, dem Kläger zu kündigen (Anlage B 25 zum Schriftsatz des beklagten Landes vom 13. Oktober 2014). In dem Anhörungsschreiben ist nur eine Unterhaltsverpflichtung angegeben. Tatsächlich ist der Kläger zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Dementsprechend sind in den Lohnabrechnungen auch zwei Kinder aufgeführt.
Am 30. Juli 2014 wurde der Kläger abgemahnt, weil er einer Weisung vom 16. Juli 2013 nicht nachgekommen sei, das Dienstfahrzeug in Neuruppin und nicht auf dem Gelände der Zentralen Bußgeldstelle in G. abzustellen. Der Kläger hatte mit Schreiben vom 22. Juli 2013 beantragt, das Fahrzeug in G. abstellen zu dürfen und zu Bedenken gegeben, dass es nicht nur für ihn vorteilhafter sei, wenn das Fahrzeug in G. und nicht in Neuruppin abgestellt werde, sondern auch Kosten für 35 Fahrkilometer gespart werden könnten und der Parkplatz bei der Zentralen Bußgeldstelle bewacht sei. Nachdem der Kläger der Weisung dann nachgekommen war, wurde das Fahrzeug in Neuruppin gestohlen. Eine weitere Abmahnung vom 30. Juli 2014 betraf angeblich nicht korrekte Angaben im Fahrtenbuch im Mai 2013. Allerdings nutzte der Kläger das Fahrzeug nicht allein.
Am 1. August 2014 erfolgte eine Erörterung im Rahmen einer außerordentlichen Personalratssitzung. Mit Schreiben vom 6. August 2014 widersprach der Personalrat einer außerordentlichen Kündigung. Es sei zumutbar, den Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung weiter zu beschäftigen. Außerdem sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Mit Schreiben vom 7. August 2014 erläuterte der Direktor des Zentraldienstes der Polizei dem Personalrat, warum ihm die Beschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aus seiner Sicht nicht zuzumuten sei. Zur ordentlichen Kündigung hat der Personalrat sich nicht geäußert.
Am 15. August 2014 teilte der Personalratsvorsitzende mit, dass der Personalrat „nicht in die Stufe gegangen sei“. Am selben Tag kündigte das beklagte Land dem Kläger. Diesem ging die (außerordentliche, hilfsweise ordentliche) Kündigung am selben Tag zu.
Der Kläger hat den Transport der ihm am 4. Juli 2014 vorgelegten Granate mit dem Kaliber 7,5 cm bestritten. Ebenso hat er bestritten, dass die angeblich transportierte Granate voller Sprengstoff gewesen sei. Er habe die ihm durch Herrn F. übergebene Munition sorgfältig in allen Teilen überprüft, was etwa 30 Minuten gedauert habe. Niemand habe hastig oder unachtsam agiert. Er habe persönlich auf einem Zettel (Kladde) die Anzahl der verschiedenen Kampfmittel notiert und sie den fünfzehn Randnummern vorab zugeordnet. Sodann habe er sie in den Beleg selbst eingetragen. Weder der Zeuge F. noch Herr S. habe eine Fehlmenge oder ein nicht transportfähiges Kampfmittel festgestellt, was unter den Parteien nicht streitig ist. Sodann habe er den Beleg dem Zeugen F. zur Gegenzeichnung übergegen, der die Angaben noch einmal überprüft habe. Jedenfalls sei die 7,5 cm-Granate aber auch nicht so gefährlich wie seitens des beklagten Landes behauptet. Er, aber auch Herr F. und Herr S. hätten den Zünder als alliierten Zünder beurteilt, der als transportfähig gelte. Aus der maßgeblichen Richtlinie ergebe sich zudem nicht zwingend, dass eine Granate mit allseitigem Aufschlagzünder in jedem Fall transportunfähig sei. Maßgeblich seien der Zustand und seine persönliche Einschätzung. Die Richtlinie sei zudem nicht verbindlich, weil dem beklagten Land die erforderliche Ausnahmegenehmigung für den Transport von Kampfmitteln fehle und damit die Rechtsgrundlage für eine derartige Richtlinie. Jedenfalls am 3. Juli 2014 habe eine gültige Ausnahmegenehmigung nicht vorgelegen. Demnach seien auch alle Kampfmitteltransporte, die keine Notfalltransporte darstellten, rechtswidrig gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Granate im Munitionslager ausgetauscht worden sei. Dafür spreche die Aussage des Zeugen F., der sich auch nicht an eine Granate, sondern an einen Wurfminenzünder erinnert habe. Nicht jeder Wurfminenzünder sei aber handhabungsfähig. Eine etwaige Fehleischätzung sei zudem ebenso durch den Sprengmeister F. zu verantworten sowie durch Herrn S.. Herr S. habe bei der Entgegennahme der Munition eine eingehende Sichtprüfung vorgenommen, allerdings ohne die angeblich falsche Anzahl oder das Vorhandensein eines nicht transportfähigen Kampfmittels festzustellen. Zu dem Bunker hätten auch zahlreiche Personen Zugang. So werde der Schlüssel auch an unbefugte Dritte weitergegeben, nämlich einfache Munitionsarbeiter. Hier habe sich im Übrigen das seiner Arbeit immanente Tätigkeitsrisiko realisiert. Das beklagte Land behandle seine Mitarbeiter auch sehr unterschiedlich. So hätten zwei Sprengunfälle, die tatsächlich auf groben Verstößen gegen die Vorschriften beruhten, nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen geführt. Jedenfalls hätte eine Abmahnung als milderes Mittel ausgereicht. Das gelte auch im Hinblick auf den erheblichen Umfang der zu untersuchenden Kampfmittel (25.000 Stück monatlich), für deren Begutachtung er jeweils 15 Sekunden Zeit habe. Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Neben der falschen Angabe zu seiner Beschäftigungszeit sei die Angabe zu den Unterhaltspflichten falsch, obwohl er diese der Personalabteilung zuvor mehrfach mitgeteilt habe.
Der Auflösungsantrag sei unbegründet. Die insoweit herangezogenen ablehnenden Stellungnahmen seiner Kollegen seien darauf zurückzuführen, dass er Kenntnis von deren Fehlverhalten erhalten habe. Außerdem fehle es insoweit an der erforderlichen Mitwirkung des Personalrats, da die Sachverhalte lange zurücklägen. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn sei ihm nicht bekannt.
Die Hintergründe für die E-Mails schildert der Kläger in seinem Schriftsatz vom 27. Februar 2015 aus seiner Sicht so, dass Herr P. seine Tätigkeit ständig behindert habe und ihm gegenüber unverhohlen seine Abneigung gezeigt und ihn beleidigt habe. Entgegen der Darstellung durch das beklagte Land verweigerten auch nicht alle Mitarbeiter des MZB die Zusammenarbeit mit ihm. So teile der Leiter des MZB W. die Auffassung der Mitarbeiter P. und K. im Hinblick auf seine angebliche Unzuverlässigkeit nicht, was das beklagte Land nicht bestreitet.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis weder durch die schriftliche außerordentliche fristlose Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 15. August 2014, zugegangen am 15. August 2014, aufgelöst worden ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Fachtechnische Aufsichtsperson in der Kampfmitttelbeseitigung/Hilfstruppführer zu einem Bruttogehalt von zuletzt 3.890 Euro bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt,
1. die Klage abzuweisen.
2. hilfsweise, das Arbeitsverhältnis der Parteien gem. §§ 9, 10 KSchG aufzulösen gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ein Bruttomonatsgehalt allerdings nicht übersteigen sollte.
Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger habe am 3. Juli 2014 die Kampfmittel bei der Übernahme nicht sorgfältig gesichtet, klassifiziert und auf ihre Transportunfähigkeit untersucht. Aus diesem Grund habe er eine Sprenggranate vom Kaliber 7,5 nicht (zur späteren Sprengung) vor Ort gelassen, sondern in den öffentlichen Verkehr gebracht. Die Granate hätte angesichts ihres allseitigen Aufschlagszünders bei Stoß, Schlag, Erschütterung und heftigen Bewegungen zur Detonation kommen können mit tödlichen Folgen. Aufgrund seiner Eile habe der Kläger insoweit vorsätzlich gehandelt. Der Zeuge F. habe dem Sicherheitsbeauftragten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes P. am 17. Juli 2014 mitgeteilt, der Kläger habe es am 3. Juli 2014 sehr eilig gehabt und die Munition mit den Worten „Pack hinten rein!“ übernommen. Die maßgebliche Richtlinie habe entgegen der Darstellung des Klägers einer Ausnahmegenehmigung nicht bedurft. Es sei nicht für den Erlass einer verwaltungsinternen Richtlinie erforderlich, dass diese eine in der Hierarchie des Rechts eine übergeordnete Grundlage habe. Am 1. August 2014 habe der Zeuge S. ergänzend mitgeteilt, dass er am 3. Juli 2014 gegen 17:00 Uhr durch den Kläger angerufen worden sei. Der Kläger habe gesagt, mit der 7,5 cm-Granate „hätten beide wohl Mist gebaut“. Er habe nach Argumenten gesucht, wie man sich herausreden könne.
Angesichts des von der Unzuverlässigkeit des Klägers ausgehenden Gefährdungspotentials – so das beklagte Land - sei eine Beschäftigung auch bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung nicht zumutbar. Der Pflichtverstoß werde auch dadurch belegt, dass die Staatsanwaltschaft das gegen den Kläger wegen des Vorfalls vom 3. Juli 2014 eingeleitete Verfahren nach § 153 a StPO gegen eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro nur eingestellt habe, weil der Kläger zwar das Transportgut nicht kontrolliert habe, aber strafrechtlich nicht vorbelastet sei. Die hohe Zahl der beförderten Kampfmittel sei relativ. So hätten sich unter den 19.500 Stück der durch den Kläger in der Zeit vom 1. bis zum 3. Juli 2014 beförderten Kampfmittel 18.500 Schuss Infanteriemunition und 850 pyrotechnische Teile befunden, die nicht selbstentzündlich seien und keiner jeweils individuellen Prüfung bedurft hätten.
Es werde nicht verkannt, dass es bei der Kampfmittelbeseitigung durchaus hin und wieder zu Fehleinschätzungen kommen könne. Deswegen sei pflichtgemäßes Verhalten besonders wichtig. Dem Kläger fehle aber jedwede Einsicht. Eine Abmahnung sei angesichts der Schwere der Pflichtverletzung entbehrlich gewesen. Jedenfalls gebe es aber auch einschlägige Abmahnungen.
Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt worden, da der Personalrat unmittelbar nach der zweiten Anhörung des Klägers informiert und die Kündigung direkt nach Abschluss des Anhörungsverfahrens ausgesprochen worden sei.
Der Personalrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Die Unterhaltsverpflichtungen des Klägers seien dem Personalrat bekannt gewesen, zumal der Personalratsvorsitzende und der Kläger sich gut kennen würden, dem beklagten Land hingegen nicht. Der Kläger habe der die Personalakten führenden Stelle nicht alle seine Unterhaltspflichten mitgeteilt. Der Umstand, dass dem Personalrat nicht mitgeteilt worden sei, dass der Kläger auch schon vor 2004 in der Munitionsbergung tätig gewesen sei, sei unrelevant, da der Kläger erst seit 2004 dem Zuständigkeitsbereich des jetzigen Personalrats unterfalle. Die Stellungnahme des Personalrats vom 6. August 2014 sei unbeachtlich, da lediglich floskelhaft. Sie genüge nicht den Anforderungen des § 67 Abs. 1 Satz 2 PersVG BB. Das Schreiben vom 7. August 2014 sei dem Personalrat am selben Tag zugegangen. Daher sei die Zustimmungsfiktion des § 68 PersVG BB ungeachtet der Stellungnahme eingetreten. Außerdem habe der Personalrat auch mitgeteilt, er habe die Stufenvertretung nicht angerufen, was unter den Parteien nicht streitig ist.
Den Auflösungsantrag hat das beklagte Land ua mit den durch E-Mails dokumentierten Eingaben von Kollegen und Vorgesetzten seit 2009 begründet sowie mit zwei durch den Kläger gegen das beklagte Land erstatteten Anzeigen. Die durch den Kläger erhobenen Korruptionsvorwürfe bezüglich der Vergabeverfahren im Zusammenhang mit der Vergabe von Tauchaufträgen seien unzutreffend. Den Auflösungsantrag hat das beklagte Land zudem mit einer Anzeige des Klägers wegen angeblich illegaler Verbrennung von Munitionsresten im MZB begründet. Dieses Verfahren sei eingestellt worden. Die vom Kläger aufgestellte Behauptung habe nicht nachvollzogen werden können.
Auch auf das Prozessverhalten des Klägers hat das beklagte Land den Auflösungsantrag gestützt. So bestreite der Kläger sein Fehlverhalten und versuche, die Verantwortung auf Herrn S. und Herrn F. abzuwälzen. Zudem unterstelle er anderen Mitarbeitern, dass diese die Granate zu seinem Nachteil in das Depot gebracht hätten. Dadurch komme zum Ausdruck, dass er auch in Zukunft nicht bereit sei, die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen. Außerdem sei es völlig inakzeptabel, dass dem beklagten Land schriftsätzlich vorgeworfen werde, es habe tendenziös und nicht ergebnisoffen gehandelt. Ohne ein Vertrauen in die Integrität der Vorgesetzten sei eine Weiterführung der höchst gefährlichen und sensiblen Tätigkeit des Klägers nicht denkbar. Er zeige zudem keinerlei Einsicht in sein Fehlverhalten. Es habe auch schon 2004 Probleme gegeben. Auch sei der Kläger gegen eine Umsetzungsverfügungen vom 23. August 2010 durch zwei Instanzen erfolglos vorgegangen, was unter den Parteien nicht streitig ist. In der Folge hätten dann die in K. tätigen Führungskräfte zeitweise eine Zusammenarbeit mit ihm abgelehnt. Begründet worden sei das mit Fehlverhalten in der Vergangenheit und den Umständen, die zur Abmahnung im Jahr 2007 geführt hätten. Es habe Befürchtungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Klägers gegeben. Es sei zur Auseinandersetzung mit Vorgesetzten gekommen, die eine Missachtung von Vorschriften im Umgang mit Kampfmitteln durch den Kläger und ein nachhaltig gestörtes Vertrauensverhältnis kommuniziert hätten. Die Zusammenarbeit mit dem Kläger sei „aus den verschiedensten Gründen“ abgelehnt worden. Mit E-Mail vom 6. Mai 2011 habe der technische Einsatzleiter erhebliche Sicherheitsbedenken angemeldet. Vergleichbare Stellungnahmen gebe es vom 29. Juli 2011 und vom 3. August 2011 sowie vom 1. Oktober 2012 und vom 5. November 2012. Die Zusammenarbeit werde abgelehnt.
Der Kläger unterstelle zudem fortwährend, dass die Bearbeitung seines Befähigungsnachweises und sonstige Wünsche auf Weiterbildung vorsätzlich negiert und abgelehnt würden. Soweit der Kläger nicht zu Schulungen angemeldet worden sei, sei das darauf zurückzuführen, dass er nicht zur Zielgruppe für diese Schulungen gehört habe.
Nach einer Initiativbewerbung am 31. August 2012 sei festgestellt worden, dass der Kläger sich dienstliche E-Mails auf sein privates E-Mail-Konto gezogen habe. Am 6. März 2013 sei aktenkundig geworden, dass der Kläger aufgrund einer falschen Eingabe in sein Navigationsgerät einen Ort in Sachsen anstatt im Landkreis Oberspree (Mühlrose statt Müllrose) angesteuert habe.
Die Einstellung des Klägers sei auch im Zusammenhang mit der Abstellung des Dienstfahrzeugs zum Ausdruck gekommen. Der Kläger habe das Dienstfahrzeug im Juli 2013 einfach weiterhin nicht in Neuruppin, sondern in G. abgestellt, offenbar um seinen Heimweg abzukürzen. Die subjektive Sicht des Klägers, er habe sein Vorgehen auch im Interesse des Dienstherrn als sinnvoll angesehen, sei unrelevant. Die Weisung habe der ausreichenden Verfügbarkeit des Dienstfahrzeugs gedient. Dass bzw. ob das Fahrzeug ausschließlich oder überwiegend durch den Kläger allein genutzt worden sei, spiele keine Rolle, da es bei der Polizei grundsätzlich keine personenbezogenen Dienst-Kfz gebe. Auch die Abmahnung bezüglich der Führung des Fahrtenbuchs sei mit Recht erfolgt. So habe der Kläger für den 3. Mai 2013 eine Fahrt von Neuruppin nach Waldstadt eingetragen, aber die Rückfahrt vergessen.
Außerdem sei er ohne Nebentätigkeitsgenehmigung als Discjockey und Eventmanager tätig geworden, wobei unter den Parteien unstreitig ist, dass er diese Tätigkeit jedenfalls im Rahmen von Sommerfesten der Dienststelle wahrgenommen hat.
Ein Auflösungsantrag werde auch auf eine Behauptung des Klägers gestützt, Abrechnungen seinen falsch. Zudem sei der Auflösungsantrag auch durch die gegen den Kläger im Jahr 2008 geführten Ermittlungsverfahren gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2015. Es hat der Klage hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags stattgegeben, das Arbeitsverhältnis aber zum 31. März 2015 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 22.000 Euro aufgelöst und das beklagte Land zur Weiterbeschäftigung bis zum 31. März 2015 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Abmahnung hätte vorausgehen müssen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Kläger eine Sichtprüfung nicht gänzlich unterlassen. Er habe diese aber zu schnell und zu oberflächlich durchgeführt. So habe der Zeuge F. bekundet, dass der Kläger die Munition persönlich in andere Kisten umgeladen habe, die Prüfung sei „wie immer“ gewesen. Bei der Prüfung sei wegen des Zeitdrucks allerdings nicht gezählt worden. Außerdem habe der Zeuge die Behauptung des beklagten Landes, wonach der Kläger gesagt haben soll „Packt ein, wir nehmen das Zeug mit“ gerade nicht bestätigt. Das beklagte Land habe auf ausdrückliche Nachfrage im Termin nicht an der Behauptung festgehalten, dass der Kläger eine Untersuchung gänzlich unterlassen habe. Eine sorgfältige Prüfung nach einer Abmahnung könne schon deshalb erwartet werden, weil der Kläger in erster Linie sein eigenes Leben gefährde. Außerdem sei es in den fünfzehn Jahren seiner Tätigkeit im selben Bereich nicht zu einem einzigen Schadensfall gekommen und das trotz des erheblichen Umfangs der zu überprüfender Munitionsteile, in den zwei Monaten vom 15. Mai bis zum 15. Juli 2014 allein 50.000 Stück. Dass jeder Fehler bei der Arbeit verheerende Folgen haben kann, könne nicht dazu führen, dass eine einmalige schuldhafte Pflichtverletzung eine Kündigung ohne Abmahnung rechtfertige. Die erteilten Abmahnungen seien nicht einschlägig. Es lägen jedoch die Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor.
Der Kläger hat gegen das ihm am 16. April 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam am 18. Mai 2015 Berufung eingelegt und diese mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 11. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz begründet. Zur Begründung wiederholt der Kläger unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses stehe schon entgegen, dass der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Dem Personalrat sei – anders als der für die Kündigung zuständigen Stelle - gerade nicht aus früheren Verfahren bekannt gewesen, dass nicht nur eine, sondern zwei Unterhaltspflichten bestanden haben. Außerdem sei im Rahmen der Anhörung des Personalrats nicht auf seine Behinderung (GdB 20) hingewiesen worden, was das beklagte Land nicht bestreitet. Unabhängig davon lägen auch die übrigen Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht vor. Im Falle von Spannungen zwischen Arbeitskollegen könnten diese nicht ohne Beachtung der Verursachungsanteile berücksichtigt werden. Zu berücksichtigen sei, dass der Arbeitgeber eine ungerechtfertigte Kündigung ausgesprochen habe, was unter den Parteien als solches nicht streitig ist. Die Vorgänge aus 2007 lägen so lange zurück, dass sie arbeitsrechtlich verbraucht seien. Einen einschlägigen Anlass zu Beanstandungen habe es seitdem nicht mehr gegeben. Auch sei das Verfahren wegen des durch ihn geäußerten Verdachts der Korruption nur wegen zwischenzeitlich eingetretener Verjährung eingestellt worden. Die positiven Bewertungen seiner Tätigkeit durch Vorgesetzte und Kollegen seien mit der Darstellung des beklagten Landes nicht vereinbar. Bei seinem prozessualen Verhalten habe er lediglich seine berechtigten Interessen wahrgenommen.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 9. März 2015 – 9 Ca 1459/14 – teilweise abzuändern und auch den Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses abzuweisen,
2. die Anschlussberufung des beklagten Landes zurückzuweisen.
Das beklagte Land beantragt,
1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
2. im Wege der Anschlussberufung, das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 9. März 2015 – 9 Ca 1459/14 – teilweise abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als das Arbeitsgericht ihr stattgegeben hat.
Auch das beklagte Land wiederholt sowohl hinsichtlich des Zurückweisungsantrags als auch zur Begründung der Anschlussberufung im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag, ergänzend auch mit dem Verhalten des Klägers in der Berufungsverhandlung. Es bleibe bei dem Vortrag, dass eine Sichtprüfung gar nicht stattgefunden habe. Aber auch eine oberflächliche Sichtprüfung führe mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu, dass transportunfähige Munition übersehen werde. Auch ein Irrtum bezüglich der Eigenschaft eines seltenen Munitionsstücks stelle eine Pflichtverletzung dar. Die Vertuschungsbemühungen belegten, dass der Kläger sich auch nach einer Abmahnung nicht an die Überprüfungspflichten halten werde. Es fehle an jedweder Einsicht und Reue. Die Personalratsanhörung sei nicht zu beanstanden, zumal sich der Kläger und der Personalratsvorsitzende gut kennen würden. Auch die Angabe zur Betriebszugehörigkeit sie zutreffend. Das beklagte Land habe 1987 nicht Arbeitgeber des Klägers sein können. Der GdB von 20 habe dem Personalrat nicht mitgeteilt werden müssen, da der Kläger nicht schwerbehindert sei. Zur Begründung des Auflösungsantrags zitiert es ua aus den Schriftsätzen des Klägers, wonach die Anhörungen „tendenziös und nicht ergebnisoffen geführt worden und daher nicht verwertbar“ seien. Damit mache der Kläger sein fehlendes Vertrauen in die Integrität seines Arbeitgebers deutlich. Im Übrigen bezieht sich das beklagte Land zusätzlich für den Auflösungsantrag auf Äußerungen des Klägers im Laufe der Berufungsverhandlung.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 10. Juni 2015 und vom 29. Juli 2015 sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6. August 2015. Wegen des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der Sitzung des Arbeitsgerichts vom 9. März 2015.
I. Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des beklagten Landes sind zulässig. Sie sind statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II. Die Anschlussberufung des beklagten Landes ist unbegründet. Das Arbeitsgericht ist mit insoweit nicht zu beanstandender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 15. August 2014 aufgelöst worden ist.
1) Die außerordentliche Kündigung der Beklagten ist unwirksam.
a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (vgl. BAG 19. April 2012 – 2 AZR 186/11, Rn. 19).
aa) Zunächst ist zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10, Rn. 14; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09, Rn. 16; 19. April 2012 – 2 AZR 186/11, Rn. 20, juris).
bb) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10, Rn. 26; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09, Rn. 34). Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10, Rn. 27; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09, Rn. 34). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10, Rn. 27; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 24; 19. April 2012 – 2 AZR 186/11, Rn. 21, juris).
cc) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10, Rn. 35; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09, Rn. 36). Einer entsprechenden Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10, Rn 35; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10, Rn. 18). Dies gilt grundsätzlich auch bei Störungen im Vertrauensbereich (vgl. BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10, Rn 18; 12. Mai 2010 - 2 AZR 845/08, Rn 29; 19. April 2012 – 2 AZR 186/11, Rn. 22, juris).
b) Von diesen Grundsätzen ausgehend ist das Arbeitsgericht mit zutreffender und nicht zu beanstandender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam ist.
aa) Die auf das Arbeitsverhalten des Klägers bezogenen Vorwürfe stellten – so sie zutreffen sollten, was die Kammer unterstellen konnte – keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Hätte der Kläger die Granate übersehen, ließe sich angesichts seiner langjährige Tätigkeit in diesem Bereich keine Prognose erstellen, nach der damit zu rechnen wäre, dass sich ein solches Fehlverhalten wiederholen würde. Dem Kläger wäre erstmals im Rahmen seiner Tätigkeit eine solche Fehleinschätzung unterlaufen. Andere vergleichbare Vorkommnisse konnten nicht festgestellt werden. Angesichts des Inhalts der seitens der Beklagten vorgelegten E-Mails sind die Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung hierauf nochmals ausdrücklich angesprochen worden. Es konnte kein weiteres konkretes Fehlverhalten im Zusammenhang mit der originären Tätigkeit des Klägers aufgezeigt werden.
bb) Bei der Frage, ob das beklagte Land damit rechnen muss, dass dem Kläger künftig vergleichbare Fehler unterlaufen, geht die Kammer mit dem Arbeitsgericht zunächst – wie im Übrigen auch das beklagte Land – davon aus, dass auch bei einer Tätigkeit, die mit einem so erheblichen Gefährdungspotential verbunden ist, wie die des Klägers, Fehler nicht ausgeschlossen werden können. Bei der Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass einem Mitarbeiter entsprechende Fehler unterlaufen, kann davon ausgegangen werden, dass schon angesichts der Gefahren für das eigene Leben regelmäßig sehr sorgfältig gehandelt wird. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dies beim Kläger anders sein könnte.
Nach den durch das Arbeitsgericht und die erkennende Kammer getroffenen Feststellungen hat der Kläger am 3. Juli 2014 auch nicht leichtfertig ohne jegliche Begutachtung gehandelt. Das hat das Arbeitsgericht beanstandungsfrei festgestellt. Das beklagte Land hatte dies auch zuletzt erstinstanzlich nicht mehr behauptet. Das hat das Arbeitsgericht auf Seite 10 seines Urteils festgehalten. In der Berufungsinstanz hat es seinen Vortrag insoweit wieder geändert. Der Zeuge F. hat die Behauptung des beklagten Landes gerade nicht bestätigt, nach der der Kläger ohne eigene Sichtung den Fahrer aufgefordert haben soll, die Munition einzuladen. Die Beweiswürdigung durch das Arbeitsgericht lässt keine Fehler erkennen. Der Zeuge hat bekundet, dass der Kläger zwar zügig gearbeitet habe, eine Sichtung aber durchaus erfolgt sei. Ermöglicht worden ist das alles nach den Bekundungen des Zeugen F. durch sein eigenes, ihm im Nachhinein nicht mehr erklärlichen Fehlverhaltens. Er hätte die Granate dem Kläger auch nach seiner eigenen Darstellung mangels Transportfähigkeit gar nicht zum Transport vorlegen dürfen, jedenfalls aber nicht ohne einen entsprechenden Hinweis. Auch wenn der Kläger sich darauf nicht verlassen durfte, war es der Zeuge, der durch sein Verhalten die nachfolgende Kette weiteren Fehlverhaltens in Gang gesetzt hat. Besonders unverständlich ist dieses Vorgehen des Zeugen, wenn er gesehen hat, dass der Kläger es an diesem Tag sehr eilig hatte. Dann hätte ein Hinweis besonders nahe gelegen. Das spricht auch eher dafür, dass der Zeuge F. die Vorgehensweise des Klägers nicht als so oberflächlich eingeschätzt hat, dass es aus seiner Sicht eines Hinweises bedurft hätte. Von einem leichtfertigen Verhalten des Klägers, mit dem er zudem das Risiko einer Selbsttötung in Kauf genommen hätte, kann nicht ausgegangen werden.
Schon aufgrund der mit seinem Handeln einhergehenden Gefahr für sein eigenes Laben kann davon ausgegangen werden, dass der Kläger auch in Zukunft nicht leichtfertige Einschätzungen bezüglich der Gefährlichkeit der zu transportierenden Munition vornehmen und auch im Übrigen sorgfältig handeln wird. Jedenfalls wäre eine Abmahnung aber erforderlich, um insoweit von einer negativen Prognose ausgehen zu dürfen. Die Abmahnung aus dem Jahr 2011 bezüglich der nicht rechtzeitigen Vorlage einer Folgebescheinigung und die Abmahnung aus dem Jahr 2007 im Hinblick auf eine unterbliebene Anzeige des Besitzes von Kampfmitteln genügten dem nicht. Zum einen betreffen sie andere Sachverhalte, worauf das Arbeitsgericht mit nicht zu beanstandender Begründung hinweist. Bezüglich der Abmahnung aus dem Jahr 2007 kommt zum anderen hinzu, dass der abgemahnte Sachverhalt lange zurückliegt und für eine Bedeutung für das Arbeitsverhältnis und die Persönlichkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung keine Anhaltspunkte vorliegen.
cc) Die übrigen vorgetragenen Gesichtspunkt scheiden zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung schon deshalb aus, weil sie dem beklagten Land länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung bekannt waren. Sie sind dem Personalrat auch nicht im Rahmen der Anhörung mitgeteilt worden. Später bekannt gewordene Umstände hat das beklagte Land dem Personalrat nach dem Akteninhalt auch im Nachhinein nicht zur Stellungnahme vorgelegt, sodass sie zur Begründung nicht herangezogen werden können. Es ist aber auch kein bereits vor dem Ausspruch der Kündigung vorliegendes Ereignis vorgetragen worden, welches von seinem Gewicht her den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung hätte rechtfertigen können.
2) Auch die vorsorgliche ordentliche Kündigung vom 15. August 2014 ist unwirksam. Sie ist nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG).
a) Eine Kündigung ist iSv § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13, Rn. 13; 3. November 2011 - 2 AZR 748/10, Rn. 20 mwN; 31. Juli 2014 – 2 AZR 434/13, Rn. 19, juris). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG 11. Juli 2013 – 2 AZR 994/12, Rn. 21, juris)
b) Wie unter 1) ausgeführt, käme in der konkreten Konstellation erst nach Ausspruch einer Abmahnung eine negative Prognose in Betracht. Der Kläger ist nicht „sehenden Auges“ das Risiko eingegangen, andere Menschen einer erheblichen Gefährdung auszusetzen. Ihm wäre – den Vortrag des beklagten Landes hinsichtlich des Transports und der Gefährlichkeit als richtig unterstellt, soweit er nicht durch die Beweisaufnahme widerlegt worden ist – ein schwerer Fehler unterlaufen. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich – angesichts der langjährigen beanstandungsfreien Tätigkeit des Klägers - nicht nur um ein Einzelfallversagen handelte, welches zwar als solches nicht akzeptabel ist, aber angesichts der Vielzahl der Entscheidungen, die der Kläger unentwegt zu treffen und offenbar auch über viele Jahre mit der erforderlichen Sicherheit getroffen hat, eine Kündigung nicht rechtfertigten kann.
c) Auch bezüglich der ordentlichen Kündigung können die übrigen gegenüber dem Kläger erhobenen Vorwürfe die Kündigung nicht rechtfertigen, da nicht ersichtlich ist, dass diese dem Personalrat im Rahmen der Anhörung mitgeteilt worden wären.
d) Auf die Frage, ob die - allerdings tatsächlich unrichtigen - Angaben des beklagten Landes hinsichtlich der Anzahl der Unterhaltspflichten und der Betriebszugehörigkeit gegenüber der Personalvertretung ebenfalls einen Unwirksamkeitsgrund begründen, kommt es daher insoweit nicht an.
III. Die Berufung des Klägers ist begründet. Die Voraussetzungen des § 9 KSchG für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses liegen nicht vor.
1) Stellt das Gericht in einem Kündigungsschutzprozess fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die als sozial ungerechtfertigt erkannte Kündigung aufgelöst worden ist, hat es nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (vgl. BAG 8. Oktober 2009 – 2 AZR 682/08, Rn. 12).
a) Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine Sozialwidrigkeit der Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Dieser Grundsatz wird durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass - bezogen auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers - eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Da hiernach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht kommt, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Allerdings war die Erwägung, dass es insbesondere während eines Kündigungsschutzprozesses zu zusätzlichen Spannungen zwischen den Parteien kommen kann, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen, für die Schaffung der gesetzlichen Regelung mitbestimmend (vgl. BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06, Rn. 42).
b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Der Auflösungsantrag ist trotz seiner nach § 9 Abs. 2 KSchG gesetzlich angeordneten Rückwirkung auf den Kündigungszeitpunkt in die Zukunft gerichtet. Das Gericht hat eine Vorausschau anzustellen. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag ist zu fragen, ob aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers in der Vergangenheit in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienenden weiteren Zusammenarbeit der Parteien zu rechnen ist. Hierin wird der Unterschied zwischen der Auflösung nach §§ 9, 10 KSchG gegenüber einer Überprüfung der Kündigung nach § 1 KSchG deutlich. Für die Frage der Rechtswirksamkeit der Kündigung nach § 1 KSchG ist entscheidend, ob Umstände vorliegen, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung die Kündigung als wirksam erscheinen lassen. Es ist eine rückschauende Bewertung dieser Gründe vorzunehmen, später eingetretene Umstände sind grundsätzlich nicht mehr einzubeziehen. § 9 KSchG betrifft hingegen die künftige Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien. Es geht um die Würdigung, ob die zum Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung in der Tatsacheninstanz gegebenen Umstände eine künftige gedeihliche Zusammenarbeit noch erwarten lassen. Wegen dieses anderen zeitlichen Beurteilungsansatzes ist es gerade auch denkbar, dass mögliche Auflösungsgründe ihr Gewicht wieder verlieren, weil die tatsächlichen oder rechtlichen Umstände sich im Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung geändert haben. Hierin liegt keine ungerechtfertigte Benachteiligung der den Auflösungsantrag stellenden Partei, die auf die Dauer eines Kündigungsschutzverfahrens nur begrenzt Einfluss hat. Soweit etwaige Auflösungsgründe das Gewicht eines Kündigungsgrundes erreichen, steht es auch dem Arbeitgeber frei, eine (weitere) Kündigung auszusprechen. Diese ist dann - unabhängig vom Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - wiederum (nur) nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung zu beurteilen. Der Sinn der Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG besteht eben nicht darin, dem Arbeitgeber eine weitere Kündigung zu ersparen. Die Regelung bietet vielmehr neben dem eigentlichen kündigungsrechtlichen Instrumentarium nur eine zusätzliche Lösungsmöglichkeit (vgl. BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06, Rn. 43).
c) Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, eine Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die der Erwartung einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (vgl. BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10, Rn. 41 f.; 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 14 f.; 11. Juli 2013 – 2 AZR 994/12, Rn. 56). Das Verhältnis zwischen dem Kläger und anderen Mitarbeitern bestimmt sich nicht ausschließlich aus seiner Sicht, sondern danach, ob angesichts der Belastungen, die die Kollegen durch sein Verhalten erfahren haben, eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit objektiv noch zu erwarten ist (vgl. BAG 11. Juli 2013 – 2 AZR 994/12, Rn. 58).
Als Auflösungsgrund geeignet sind danach etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 482/09, Rn.11 mwN.). Auch das Verhalten eines Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bedingen. Dies gilt auch für von ihm nicht veranlasste Erklärungen des Prozessbevollmächtigten jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer sich diese zu eigen macht und sich auch nachträglich nicht hiervon distanziert (vgl. BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06, Rn. 45). Zu berücksichtigen ist aber auch, dass gerade Erklärungen in laufenden Gerichtsverfahren - etwa dem Kündigungsschutzprozess selbst - durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 482/09, Rn. 12 mwN.). Darüber hinaus ist mit Blick auf eine prozessuale Auseinandersetzung zu berücksichtigen, dass Parteien zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (vgl. BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90, zu C II 3 der Gründe). Anerkannt ist, dass ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen darf, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Das gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Auch dürfen die Parteien nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (vgl. BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90, aaO; BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08, Rn. 32, und vom 24. März 2011 – 2 AZR 674/09, Rn. 22).
Ein Beitrag des Arbeitgebers zu den Spannungen, die zu den möglichen Auflösungsgründen geführt haben, schließt es nicht aus, dass er sich auf diese Gründe beruft, soweit sie durch Verhalten des Arbeitnehmers verursacht wurden. Dem steht es allerdings entgegen, wenn die Anteile des Arbeitgebers an den Ursachen der Spannungen überwogen haben oder die Auflösungsgründe von diesem geradezu provoziert worden sind (vgl. dazu BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 234/04, zu II 2 c der Gründe; 11. Juli 2013 – 2 AZR 994/12, Rn. 59).
d) Auch die Anlässe, die zur Kündigung geführt haben, können eine negative Prognose für eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit begründen oder verstärken. Die Kündigungsgründe können geeignet sein, den Auflösungsgründen ein hinreichendes Gewicht zu verleihen (vgl. BAG 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04). Auch Verstöße gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht können grundsätzlich einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Kläger entgegenstehen. Sie können Indiz für eine erheblich gestörte Kommunikation innerhalb des Arbeitsverhältnisses sein (vgl. BAG 23. Oktober 2008 – 2 AZR 483/07, Rn. 78).
e) Liegt ein Grund vor, der an sich zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geeignet erscheint, so muss in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob in Anbetracht der konkreten betrieblichen Umstände noch eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit möglich ist. So kann ein zwischenzeitlich eingetretener Wandel der betrieblichen Verhältnisse - beispielsweise der Austausch von Vorgesetzten oder eine Veränderung in der Belegschaftsstruktur - Berücksichtigung finden. Dies folgt schon aus dem zukunftsbezogenen Zweck der Auflösung (vgl. BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06, Rn. 46).
Bei der Anwendung des § 9 KSchG sind die wechselseitigen Grundrechtspositionen des betroffenen Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zu berücksichtigen und abzuwägen. So dürfen der gerichtlichen Durchsetzung von Grundrechtspositionen keine praktisch unüberwindlichen Hindernisse entgegengesetzt werden (vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86, BVerfGE 89, 276, 289). Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast darf den durch einfachrechtliche Normen bewirkten Schutz grundrechtlicher Gewährleistungen nicht leerlaufen lassen (vgl. BVerfG 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01; BAG 10. Juli 2008 – 2 AZR 1111/06, Rn. 47).
2) Bei Zugrundelegung dieser durch die Rechtsprechung entwickelten Gesichtspunkte liegen die Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses hier nicht vor.
a) Nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung geht die Kammer davon aus, dass die Persönlichkeitsstruktur des Klägers - allerdings nicht nur seine - jedenfalls auch einen nicht ganz unerheblichen Gesichtspunkt für die Spannungen darstellt, die im Laufe der Jahre zwischen den Parteien aufgetreten sind. Das beklagte Land hat Maßnahmen gegenüber dem Kläger durchgeführt, die sich im Rahmen gerichtlicher Überprüfung zT als rechtmäßig, zT aber auch als rechtswidrig herausgestellt haben. Der Kläger hat Anzeigen erstattet, deren Richtigkeitsgehalt durch die zuständigen Behörden zT nicht mehr überprüft werden konnten. Ob das Verhalten des Klägers gerechtfertigt war oder nicht, ist der Darstellung des Landes nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen. Es war aber grundsätzlich Sache des beklagten Landes, die Unwahrheit der Behauptungen der Klägers darzutun, dh. aufzuzeigen, dass eine hinreichende Legitimationsprüfung stattgefunden hat (vgl. BAG 27. September 2012 – 2 AZR 646/11, Rn. 28). Jedenfalls sind die Anzeigen nicht vor dem Versuch einer internen Klärung erfolgt. Arbeitsrechtliche Konsequenzen hatte das Verhalten des Klägers nicht. Das beklagte Land hat die Vorfälle offenbar nicht als abmahnungswürdig angesehen.
Es hat zudem Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und Vorgesetzten gegeben, bei denen jedenfalls Herr P. wohl Grenzen überschritten hat, die an sich nicht hätten überschritten werden sollen. Welches Verhalten des Klägers vorausgegangen ist, war allerdings nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Aus dem Vorbringen des beklagten Landes und aus dem unstreitigen Sachverhalt ist ersichtlich dass, aber nicht wodurch es konkret zwischen dem Kläger und Vorgesetzten bzw. anderen Mitarbeitern zu persönlichen Auseinandersetzungen gekommen ist. Ebenso wenig ist eine Trübung des Verhältnisses zwischen dem Kläger und Arbeitskollegen in nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt. Die Leistung und die Eignung des Klägers für die vertraglich geschuldete Arbeit sind nicht von den Sachverhalten betroffen, die von dem beklagten Land als Auflösungsgründe herangezogen werden. Die E-Mails der Mitarbeiter, die das beklagte Land vorlegt, sind aus sich heraus nicht verständlich. Sie lassen nicht erkennen, um welche konkreten Vorwürfe es geht. Insbesondere ist der konkrete Beitrag des Klägers zu den Spannungen nicht dargestellt. Dass die Spannungen allein oder überwiegend auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen wären, konnte nicht festgestellt werden. So konnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um Folgen der berechtigten Wahrnehmung seiner Interessen gehandelt hat. Es ist daher auch möglich, dass unwirksame Maßnahmen des beklagten Landes zu einer für den Kläger aus privaten Gründen sehr schwierigen Zeit das Arbeitsverhältnis wesentlich und mit erheblichen Folgen beeinträchtigt haben. All die insoweit seitens des beklagten Landes vorgetragenen Gesichtspunkte erschienen dem beklagten Land allerdings nicht so gravierend wie ein verspäteter Folgenachweis bezüglich einer fortdauernden Arbeitsunfähig. Denn diesen und den Vorfall aus dem Jahr 2007 hat das beklagte Land abgemahnt, alles andere nicht. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag lagen alle Vorfälle zudem längere Zeit zurück.
Es kommt hinzu, dass sachgerechte Entscheidungen über die Vorgesetztenstellung getroffen worden sind, die vor dem Ausspruch der Kündigung geeignet waren, das Verhältnis zwischen dem Kläger und dessen Vorgesetzten zu verbessern. Der Kläger hat jedenfalls unwidersprochen vorgetragen, dass es zwischen ihm und dem Leiter des MZB keine Probleme gebe. Konkrete Vorfälle, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auflösungsantrag vorgefallen sind, hat das beklagte Land nicht vorgetragen.
b) Dass der Kläger Anträge bei Gericht gestellt hat, die zudem zT erfolgreich gewesen sind, ist für sich genommen ersichtlich kein Auflösungsgrund. Dass die Anträge in Schädigungsabsicht oder sonst schikanös angebracht worden wären, ist nicht festgestellt. Überdies finden sich im Vortrag des beklagten Landes zur objektiven Lage der Beziehungen zwischen dem Kläger einerseits und seinen Vorgesetzten und Kollegen andererseits im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keinerlei Angaben, die das Arbeitsverhältnis des Klägers konkret - dh auf der Ebene der Tatsachen - beträfen. Es mag sein, dass der Kläger mit seinem Vorgehen zT „über das Ziel hinausgeschossen“ ist und dabei die ihm gesetzten Grenzen verkannt hat und das beklagte Land ihn als einen menschlich problematischen Mitarbeiter betrachtet. Dass dadurch das Arbeitsverhältnis zur Beklagten irgendwie fassbar im Bereich der Hauptleistungspflichten in Mitleidenschaft gezogen worden wäre, ist nicht ersichtlich (vgl dazu auch BAG 8. Oktober 2009 – 2 AZR 682/08, Rn. 19). Auch auf nochmaligen ausdrücklichen Vorhalt der Kammer in der Berufungsverhandlung konnten die Beklagtenvertreter mit Ausnahme des Vorfalls am 3. Juli 2014 keine weitere seine Hauptleistungspflicht betreffende Pflichtverletzung während des über 20 Jahre andauernden Arbeitsverhältnisses benennen. So hat das beklagte Land dem Kläger auch eine auf die Hauptleistungspflicht bezogene Abmahnung nicht erteilt. Zu den angeblichen Vorwürfen seitens der Mitarbeiter und Vorgesetzten gibt es keinen konkreten Vortrag. Sie haben wohl auch kein abmahnungswürdiges Verhalten dargestellt. Jedenfalls hat es das beklagte Land weder bezogen auf einen Einzelfall noch insgesamt als abmahnungswürdig eingeschätzt.
Ob die durch den Kläger erstatteten Anzeigen berechtigt oder unberechtigt waren, ist aus dem Vortrag des beklagten Landes nicht erkennbar. Nach dem Vortrag des Klägers in der Berufungsverhandlung ist ein Verfahren eingestellt worden, nachdem die Genehmigung zum Verbrennen der Munition nachträglich erteilt worden war. Das spräche eher dafür, dass das Verhalten des Klägers durchaus nicht ganz unbegründet war. Es blieb unwidersprochen, dass der Kläger vor der Anzeige auf Missstände hingewiesen hatte.
c) Soweit das beklagte Land zudem auf Strafverfahren hinweist und dem Kläger vorwirft, dass er ihm insoweit keine Mitteilung gemacht hat, hat es eine Grundlage für eine solche Verpflichtung nicht aufgezeigt. Das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem nicht angezeigten Besitz von Munition in den Jahren bis 2007 hat es bisher nur als abmahnungswürdig angesehen. Auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist nicht erkennbar, was konkret Gegenstand der Verfahren gewesen ist und wie sich das Arbeitsverhältnis auswirken soll. Unstreitig ist, dass dem Kläger inzwischen alle erforderlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen und Befähigungsnachweise ausgestellt worden sind. Offenbar waren die zuständigen Behörden des beklagten Landes nicht der Auffassung, dass es insoweit noch Bedenken gibt. Zudem steht der Vortrag auch im Widerspruch zu den Ausführungen des beklagten Landes, wonach das Verfahren bezüglich des Vorfalls am 3. Juli 2014 gerade auch deshalb eingestellt worden sei, weil der Kläger strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten sei.
Schon die Beurteilung aus dem Jahr 2009 lässt Mängel im Arbeits- und im sonstigen Verhalten des Klägers nicht mehr erkennen.
d) Soweit das beklagte Land sich auf Vorfälle beruft, die nicht unerhebliche Zeit zurückliegen, können diese auch im Zusammenhang mit den übrigen Vorwürfen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht rechtfertigen. Das betrifft den Umstand, dass der Kläger angeblich das Dienstfahrzeug im Juli 2013 nicht umgehend an einem offensichtlich unsichereren Ort abgestellt, sondern zuvor noch darauf hingewiesen hat, dass es nicht nur für ihn, sondern auch für das beklagte Land günstiger sei, den Wagen in Neuruppin abzustellen. Nach der Stellungnahme des Arbeitgebers im August 2013 hat er es jedenfalls umgehend an dem angegebenen Ort abgestellt, was unter den Parteien nicht streitig ist. Das beklagte Land hielt dieses Verhalten ein Jahr nach dem Vorfall für abmahnungswürdig. Gleiches gilt für die angebliche Falscheintragung im Fahrtenbuch. Dass der Kläger sich insoweit einen persönlichen Vorteil verschaffen wollte, ist dem Vortrag des beklagten Landes nicht zu entnehmen. Zudem hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass er das Fahrzeug im maßgeblichen Zeitraum nicht allein genutzt hat. Was es mit der Weiterleitung dienstlicher E-Mails auf sich hatte, ist durch das beklagte Land nicht ausreichend konkretisiert worden und ohne den Gesamtzusammenhang nicht bewertbar.
e) Die Vorwürfe in Bezug auf das vorliegende gerichtliche Verfahren und den Vortrag des Klägers im Rahmen des Verfahrens sind nicht geeignet, eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Sie sind durch die Wahrnehmung berechtigter Interesse des Klägers gedeckt. So ist es ihm insbesondere unbenommen, im Rahmen des Verfahrens auch eine Pflichtverletzung abzustreiten, insbesondere wenn sich aus dem Sachverhalt selbst ergibt, dass ihm diese zum Zeitpunkt der Begehung offenbar nicht bewusst gewesen ist. Ihm wird gerade nicht vorgeworfen, in Kenntnis der Gefährlichkeit seines Verhaltens gehandelt zu haben. Der Vorwurf geht dahin, die Gefährlichkeit aufgrund nicht genügend sorgfältiger Prüfung übersehen zu haben. Die angeblichen Vertuschungshandlungen konnten eine zusätzliche Gefährdung nicht mehr herbeiführen. Es wäre in der konkreten Situation noch darum gegangen, den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung zu verhindern. Konkrete Gefahren für Dritte waren damit nicht mehr verbunden. Angesichts der Tatsache, dass es das erste belegte Versehen des Klägers während des langjährigen Arbeitsverhältnisses mit derselben Arbeitsaufgabe gewesen wäre, konnte auch nicht allein der Umstand, dass der Kläger diese Tätigkeit weiter ausüben wird, solch eine Gefährdung begründen. Der Kläger war in der Situation nicht verpflichtet, seine Vorgesetzten auf einen Fehler hinzuweisen und dadurch die Veranlassung für die Einleitung arbeitsrechtlicher Maßnahmen gegen ihn in irgendeiner Form zu fördern. Wenn das beklagte Land den Kläger als „unehrlich“ charakterisiert und als jemanden ansieht, der in der Verfolgung eigener Interessen „Grenzen überschreite“, so sind dies gewiss Würdigungen, die, wenn sie zutreffen, eine zwar nicht unverbreitete, aber um deswillen doch nicht begrüßenswerte Haltung im Arbeitsleben bezeichnen. Gleichwohl korrespondieren sie nicht ausreichend mit den gesetzlichen Anforderungen an einen Auflösungsgrund. Diese setzen vielmehr die Prognose einer schweren Beeinträchtigung des Austauschverhältnisses voraus (vgl. BAG 8. Oktober 2009 – 2 AZR 682/08, Rn. 20, juris). Davon kann hier nach dem Vortrag des beklagten Landes und den Feststellungen des Arbeitsgerichts keine Rede sein. Dass eine Vertrauensbeziehung zwischen den Vertragsparteien unerlässlich ist, trifft zu. Störungen des erforderlichen Vertrauens, die der weiteren wechselseitigen Erfüllung der Vertragspflichten und dem Zusammenwirken zum Wohl der Dienststelle entgegenstünden, sind aber nicht ersichtlich; zumindest haben sie sich bisher nicht in greifbaren Tatsachen niedergeschlagen.
Soweit der Kläger schriftsätzlich und in der Berufungsverhandlung auch auf die Pflichtverletzungen des Zeugen F. hingewiesen hat, kann auch dies eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses weder allein noch im Zusammenhang mit den übrigen Vorwürfen rechtfertigen. Er hat damit nicht zum Ausdruck gebracht, dass ihn insoweit kein Verschulden trifft. Er hat dadurch vielmehr verdeutlicht, dass das Verhalten des Zeugen F. seine Pflichtverletzung begünstigt hat. Zutreffend ist, dass er sich auf korrektes Verhalten des Zeugen nicht verlassen durfte, sondern verpflichtet war, eine eigene sorgfältige Prüfung vorzunehmen. Das ist ungeachtet der Frage der Wirksamkeit evtl. Dienstvorschriften unter den Parteien nicht streitig. Dennoch hat der Zeuge F. in der Gesamtschau einen erheblichen Beitrag dazu geleistet, dass es so weit kommen konnte. Er konnte im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sein eigenes Verhalten selbst nicht verstehen, weder dass er die Granate dem Kläger überhaupt zum Transport hingelegt hat, obwohl er deren Transportunfähigkeit angeblich zuvor eindeutig erkannt haben will, noch dass er den Kläger hierauf dann nicht besonders hingewiesen hat.
Die übrigen von dem beklagten Land benannten Tatsachen scheiden schon deshalb als Auflösungsgründe aus, weil es sich insoweit um Prozessvortrag handelt, der durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt ist. Die Formulierungen des Klägervertreters sind zwar an einigen Stellen zugespitzt und weisen einen scharfen Ton auf. Sie stehen aber stets in einem sachlich nachvollziehbaren Bezug zu den maßgeblichen rechtlichen Fragen und übertreten weder im Inhalt noch in der Form die Grenze zu persönlicher Schmähung, Gehässigkeit oder Lüge (vgl. dazu BAG 9. September 2010 – 2 AZR 482/09, Rn. 19).
3) Im Ergebnis kann es daher dahinstehen, ob dem Auflösungsantrag nicht bereits mangelnde Sorgfalt im Rahmen der Anhörung des Personalrats entgegensteht.
a) Das Bundesarbeitsgericht geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Arbeitgeber nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch im Fall einer sozialwidrigen ordentlichen Kündigung nur verlangen kann, wenn die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung allein auf der Sozialwidrigkeit, nicht jedoch auf anderen Gründen iSd. § 13 Abs. 3 KSchG beruht. Dies hat es vorrangig damit begründet, dass die Lösungsmöglichkeit nach § 9 KSchG für den Arbeitgeber eine Vergünstigung bedeute, die nur in Betracht komme, wenn eine Kündigung „nur“ sozialwidrig und nicht (auch) aus anderen Gründen nichtig sei. Lediglich im Fall, dass die Norm, aus der der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung neben der Sozialwidrigkeit herleitet, nicht den Zweck verfolgt, ihm einen zusätzlichen Schutz zu verschaffen, sondern allein der Wahrung der Interessen Dritter dient, steht die sich daraus ergebende Unwirksamkeit der Kündigung dem Auflösungsantrag des Arbeitgebers nicht entgegen (vgl. BAG 28. August 2008 – 2 AZR 63/07, Rn. 27).
b) Insoweit ist allerdings festzustellen, dass die Unterhaltspflichten aufgrund der vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sein mussten. Es geht also nicht um die Frage, ob Kenntnisse der Bezügestelle zu berücksichtigen gewesen wären. Hier lagen die entscheidenden Informationen dem Kündigungsberechtigten vor, der auch für die Personalratsanhörung verantwortlich war. Die Personalratsanhörung ist zudem hinsichtlich der angegebenen Beschäftigungszeit unzutreffend. Anrechnungsfähige Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern sind ua. für die Kündigungsfrist maßgeblich und dem Personalrat schon zur Ermöglichung der Überprüfung korrekt mitzuteilen. Das ist hier nicht geschehen. Die Ausführungen des beklagten Landes sind insoweit wenig zielführend. Auch im Rahmen der Interessenabwägung können diese Zeiten von Bedeutung sein. Im Falle eines Auflösungsantrags kommt hinzu, dass sich daran uU. auch die Höhe der Abfindung orientiert. Ob dem beklagten Land angesichts der insoweit recht eindeutigen Rechtslage eine bewusst wahrheitswidrige Unterrichtung unterstellt werden kann und inwieweit Kenntnisse des Personalrats, die dieser auf andere Weise gewonnen haben soll, ausreichen, lässt die Kammer offen, da es hierauf letztlich nicht ankommt. Gleiches gilt bezüglich der Frage der Einhaltung der Fristen nach dem Personalvertretungrecht.
4) Soweit das Arbeitsgericht die Klage auch hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags abgewiesen hat, greift der Kläger das Urteil nicht an.
III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.