Gericht | OLG Brandenburg 6. Zivilsenat | Entscheidungsdatum | 17.07.2012 | |
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Aktenzeichen | 6 U 50/11 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Die Berufung der Klägerin gegen das am 01.07.2011 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 211/10 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
I.
Die Parteien streiten um die Zahlung von Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare – Energien – Gesetz (EEG) für von der Klägerin betriebene Blockheizkraftwerke (BHKW) und die damit verbundene Frage, ob die Klägerin eine oder mehrere Anlagen im Sinne des EEG betreibt.
Die Klägerin betreibt seit Dezember 2006 am Standort in H… eine Biogasanlage, an die zunächst ein BHKW (BHKW 1) mit einer installierten elektrischen Leistung von 499 KW angeschlossen war. Die in Betrieb genommene Biogasanlage der Klägerin bestand zunächst aus mindestens einem Fermenter, einem Nachgärbehälter und einem Gärrestlager sowie dem BHKW 1 und wird in Trockenfermentation betrieben.
Über diese Biogasanlage schlossen die Parteien unter dem 14.06./25.06.2007 einen Einspeisevertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, für den in der Anlage erzeugten Strom die Mindestvergütung gemäß dem EEG in der jeweils geltenden Fassung zu zahlen.
(Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die als Anlage B 3 zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Bl. 203 ff GA) Bezug genommen.)
Im Dezember 2008 wurde ein weiteres BHKW (BHKW 2) mit einer Leistung von 250 KW in einer Entfernung von 520 Metern zum BHKW 1 in der Ortslage H… in Betrieb genommen, das über eine Gasleitung direkt mit Biogas aus den vorhandenen Fermentern versorgt wird. Aus diesem BHKW 2 wird Wärme in ein Nahwärmenetz zur Versorgung von Hausanschlüssen in der Ortslage H… eingespeist. Der aus dem BHKW 2 erzeugte Strom wird von der Beklagten gesondert vergütet und ist nicht Gegenstand der Klageforderung.
Im Juni 2009 nahm die Klägerin am Standort des BHKW 1 ein weiteres BHKW (BHKW 3) mit einer installierten elektrischen Leistung von 526 KW in Betrieb. Das BHKW 3 befindet sich in derselben Halle wie das BHKW 1 und wird mit Biogas aus den vorhandenen Fermentern gespeist. Ein von der Beklagten angebotener Nachtrag zum Einspeisevertrag für das BHKW 3 kam zwischen den Parteien nicht zustande.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, im Hinblick auf das BHKW 1 und BHKW 3 lägen zwei separate Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien mit der Folge separater Berechnung der Einspeisungsvergütung vor.
Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage die gesonderte Vergütung für den aus den BHKW 3 in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom zunächst für die Monate Juni bis August 2009 geltend gemacht. Im Laufe des Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage erweitert und macht nunmehr die gesamte restliche Vergütung für den im Jahre 2009 aus dem BHKW 3 in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom geltend, die sie zunächst mit 129.405,38 € und in zweiter Instanz mit 127.911,97 € beziffert.
(Wegen der Berechnung wird auf die Ausführung der Klägerin in den Schriftsätzen vom 04.11.2010 (Bl. 378 ff GA) vom 13.05.2011 (Bl. 473 ff GA) und in der Berufungsbegründung vom 07.09.2011 (Bl. 617 ff GA) verwiesen.)
Ferner hat die Klägerin die Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.991,60 € sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, den gesamten im BHKW 3 erzeugten und in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom auch zukünftig über das Jahr 2009 hinaus als aus einer eigenständigen, separaten Anlage erzeugten Strom zu vergüten.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat die Ansicht vertreten, das BHKW 3 sei Bestandteil einer einheitlichen Biogasanlage im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009, da BHKW 1 und 3 über technisch notwendige Betriebseinrichtungen (Fermenter etc.) miteinander verbunden seien. Denn auch nach dem Anlagenbegriff des EEG 2009 stellten mehrere BHKW nur eine Anlage dar, wenn sie über technisch erforderliche Einrichtungen unmittelbar miteinander verbunden seien. Für die Definition einer Anlage komme es auf die Voraussetzungen des § 19 EEG 2009 nicht an.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Zahlung und Feststellung, da es sich bei den BHKW 1 und 3 um eine Anlage gemäß § 3 Nr. 1 EEG 2009 handele. Der Anlagenbegriff im Sinne des § 3 Ziffer 1 EEG 2009 sei weit auszulegen und erfasse neben der Strom erzeugenden Einrichtung auch sämtliche technische und baulich erforderlichen Einrichtungen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 EEG 2009 nicht eröffnet. Bei Vorliegen mehrerer Anlagen im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009 führe § 19 Abs. 1 EEG 2009 in vergütungsrechtlicher Hinsicht zur Fiktion einer einzigen Anlage zwecks Begrenzung volkswirtschaftlich unsinniger Kosten.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihr zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten am 11.07.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit dem am 26.07.2011 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit dem am 08.09.2011 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Ansprüche im Umfang eines Betrages von 127.911,97 € weiter.
Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass die BHKW 1 und 3 als zwei eigenständige Anlagen im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 zu bewerten seien. Die vom Landgericht zur Begründung mit herangezogene Entscheidung des 12. Zivilsenates des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.09.2010 (AZ 12 U 79/10) könne auf den hier zu entscheidenden Fall nicht angewendet werden, da diese sich auf die Rechtslage nach dem EEG 2004 beziehe, das BHKW 3 jedoch erst nach Inkrafttreten der EEG-Novelle 2009 in Betrieb genommen worden sei. Der Gesetzgeber habe im EEG 2009 einen völlig neuen und anders auszulegenden Anlagenbegriff verankert, so dass Erwägungen zum Anlagenbegriff des EEG 2004 nicht geeignet seien, denjenigen des EEG 2009 inhaltlich zu bestimmen.
Die Auslegung der Vorschrift des § 3 Nr. 1 EEG 2009 nach Wortlaut, Gesetzesbegründung sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ergebe, dass die BHKW 1 und 3 als zwei eigenständige Anlagen zu bewerten seien. Nach der Gesetzesbegründung solle sich die zuvor in § 3 Abs. 2 EEG 2004 enthaltene Regelung zur Behandlung mehrerer Anlagen nunmehr in § 19 Abs. 1 EEG 2009 wiederfinden. Es sei ohne Weiteres denkbar, dass zwei BHKW denselben Fermenter oder dasselbe Gärrestlager nutzten, ohne hierdurch zwangsläufig zu einer Anlage verklammert zu werden. Es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, die Behandlung mehrerer Anlagen abschließend in § 19 Abs. 1 EEG 2009 zu regeln. Durch eine weite Auslegung des Anlagenbegriffs bereits im Geltungsbereich des § 3 Nr. 1 EEG 2009 würde diesem Willen des Gesetzgebers nicht entsprochen werden. Auch die jüngere Gesetzgebung durch Einführung der EEG Novelle 2012 zeige, dass die Anbindung mehrerer BHKW an ein und denselben Fermenter nicht zum Vorliegen einer Anlage führe. Die Ausführungen zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Vergütungssätze bei einer Behandlung als mehrere Anlagen vermöchten nicht zu überzeugen. Vielmehr liefe die vom Landgericht vorgenommene Auslegung den gesetzgeberischen Zielen zuwider und führe im Ergebnis zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Mehrbelastung der Volkswirtschaft.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 127.911,97 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 2.991,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, den gesamten im BHKW 3 auf dem Grundstück in der Gemeinde B… II Gemarkung H… Flur 1 Flurstück 34/4, 35/3, 35/ und 35/7 erzeugten und in das Netz der Beklagen eingespeisten Strom auch zukünftig über das Jahr 2009 hinaus bis zum Abschluss der gesetzlich vorgesehenen Dauer nach den Vergütungssätzen des Erneuerbare - Energien - Gesetzes als aus einer eigenständigen, separaten Anlage erzeugten Strom zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisantritten. Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, eine Mehrzahl von Anlagen liege wegen gemeinschaftlicher Nutzung technisch notwendiger Einrichtungen nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 517, 519, 520 ZPO).
In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.
1.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zahlung einer weiteren Einspeisevergütung für das Jahr 2009 in der in der Berufungsinstanz noch geltend gemachten Höhe von 127.911,97 € aus den §§ 16 Abs. 1, 18, 27 Abs. 1 EEG 2009 zu.
Die Klägerin betreibt nicht mehrere Anlagen im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009, sondern nur eine Anlage, welche in 2009 lediglich eine Erweiterung durch Bau des BHKW 3 erfahren hat.
Da Gegenstand der Klageforderung die Vergütung für den im Jahre 2009 aus der Biogasanlage der Klägerin erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien ist, finden gemäß § 66 Abs. 1 EEG 2009 die Vorschriften des EEG 2009 Anwendung.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch setzt voraus, dass es sich bei dem aus dem BHKW 3 erzeugten Strom um solchen aus einer eigenständigen, separaten Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 handelt, der unabhängig von der aus dem BHKW 1 erzeugten Energie gesondert zu vergüten ist. Es muss sich bei den BHKW 1 und 3 der Klägerin somit um mehrere Anlagen handeln, die im Streitfall nicht nach § 19 Abs. 1 EEG 2009 vergütungsrechtlich zu einer Einheit zusammengefasst werden können, da dessen Voraussetzungen – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – nicht gegeben sind.
Dabei ist nach dem Vortrag der Parteien davon auszugehen, dass das im Jahre 2009 errichtete BHKW 3 von denjenigen Fermentern mit Biogas gespeist wird, die der Versorgung des bereits zu einem früheren Zeitpunkt errichteten BHKW 1 dienen. Die Klägerin hat, auch mit nachgelassenem Schriftsatz vom 25.06.2012 nicht substantiiert dargetan, dass im Zusammenhang mit der Installation des BHKW 3 ein eigener Fermenter zur Versorgung eben dieses BHKW errichtet worden ist. Dies ist auch nicht der Genehmigung des Staatlichen Amts für Umwelt und Natur Stralsund vom 11.12.2008 (für BHKW 3) zu entnehmen, mit welcher der Klägerin allein die Errichtung und der Betrieb einer Verbrennungsmotoranlage (Blockheizkraftwerk) mit einer Feuerungswärmeleistung von 526 KW elektrische Leistung gemäß § 4 BImSchG erlaubt worden ist. Hingegen ist im Genehmigungsbescheid des Amtes vom 12.07.2006 (für BHKW 1) die Errichtung und der Betrieb einer „Biogasanlage zur energetischen Nutzung von Biogas aus Mais ... mit einem Verbrennungsmotor“ gestattet worden, wobei diese beantragte Anlage laut Bescheid folgenden Umfang hat:
„Siloanlage mit 2 Kammern, Fermenter, Nachgärer, 2 Gärproduktelager, Verbrennungs-motoranlage ...“.
Danach nutzen BHKW 1 und 3 gemeinsam die mit der Installation des BHKW 1 errichteten Fermenter- und Gärrestlagereinrichtungen. Dass dies seit dem Jahre 2010 nicht mehr der Fall sein soll, lässt sich dem Schriftsatz der Klägerin vom 25.06.2012 nicht entnehmen.
Ob hier in rechtlicher Hinsicht eine oder mehrere Biogasanlagen vorliegen, beurteilt sich nach § 3 Nr. 1 EEG 2009.
Da beide BHKW zwingend notwendige technische Einrichtungen gemeinsam nutzen, stellen diese aufgrund Verklammerung eine einzige Anlage im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009 dar. Dies ergibt eine am Wortlaut, der Entstehungsgeschichte, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung des § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009.
a.
Nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 1 EEG 2009 ist eine „Anlage“ jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Erforderlich ist, dass durch die Anlage elektrische Energie aus Erneuerbaren Energien erzeugt wird. Diese Voraussetzung erfüllt das BHKW 3 für sich allein genommen nicht, da es nicht allein über die technischen Bestandteile zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbare Energien verfügt, sondern ebenso gut mit konventionellen (fossilen) Brennstoffen befeuert werden kann. Für die Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien ist vielmehr erforderlich, dass eine Einrichtung zur Gewinnung und Aufbereitung des jeweiligen Energieträgers vorhanden ist. Das ist bei einer Biogasanlage der Fermenter (vgl. BGH ZNER 2008, 231, zitiert nach juris). Im Fermenter wird Biomasse von Bakterien abgebaut und dadurch Biogas erzeugt, welches sodann im BHKW in elektrische Energie (Strom und Wärme) umgewandelt wird. Ein Fermenter allein zur Versorgung des BHKW 3 ist nicht vorhanden.
Die Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 1 EEG 2009 spricht davon, dass zur Bestimmung der Anlage neben der Strom erzeugenden Einrichtung (BHKW) auch auf sämtliche technischen und baulich erforderlichen Einrichtungen abzustellen ist. Danach zählen zur Anlage neben dem Generator auch dessen Antrieb, Fermenter, Gärrestbehälter, unterirdische geothermische Betriebseinrichtungen, Staumauern oder Türme von Windenergieanlagen (vgl. BT-Drucksache 16/8148, Seite 38). Die Gesetzesbegründung kann allerdings, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, zur Auslegung von § 3 Nr. 1 EEG 2009 nur insoweit herangezogen werden, als die in ihr enthaltenen Motive und Intentionen des Gesetzgebers Ausdruck im Gesetzeswortlaut gefunden haben (BGHZ 129,38). Dem ist hier Genüge getan, wie § 3 Nr. 4 EEG 2009 zeigt. Diese Vorschrift definiert den Begriff „Generator“. Darunter ist jede technische Einrichtung zu verstehen, die mechanische, chemische, thermische oder elektromagnetische Energie direkt in elektrische Energie umwandelt. Nach dem Aufbau des § 3 EEG 2009 bzw. den darin enthaltenen Begriffsbestimmungen ist der Generator nicht selbst als eine Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen, andernfalls die eigenständige Definition des Begriffs „Generator“ unter Nr. 4 wenig Sinn ergibt.
Auch § 3 Nr. 5 EEG 2009, wonach eine Inbetriebnahme vorliegt, wenn der Generator der Anlage in Betrieb gesetzt wurde, geht davon aus, dass das BHKW nur mit anderen technischen Einrichtungen gemeinsam eine Anlage darstellt (vgl. Oschmann in Altrock/Oschmann/ Theobald EEG, 3. Auflage, § 3 Rn. 21).
Die Vorschrift des § 21 Abs. 3 EEG 2009, nach der der Austausch eines Generators nicht zu einem Neubeginn der Frist für die Zahlung der Vergütung von 20 Kalenderjahren ab Inbetriebnahme der Anlage führt, steht diesem Verständnis nicht entgegen. Nach der Gesetzesbegründung (BT – Drucksache a.a.O. Seite 52 ff) fällt die Erweiterung einer Anlage um zusätzliche weitere Generatoren nicht in den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 3. Im Fall der Erweiterung einer Anlage um zusätzliche Generatoren liegt keine Erneuerung oder kein Austausch vor, da die bereits vorhandenen Anlagenteile nicht verändert werden. Für die zusätzlichen Generatoren gelten danach die gleichen Regelungen, die auch für einzelne Anlagen gelten. In diesem Zusammenhang verweist die Gesetzesbegründung hinsichtlich der Vergütungshöhe auf § 19 EEG 2009, der jedoch gerade voraussetzt, dass mehrere Anlagen (nicht nur Generatoren) vorliegen. Dies hat zur Folge, dass nach § 21 Abs. 1 EEG 2009 die Vergütung für Strom, der aus dem zuletzt in Betrieb genommenen Generator, hier das BHKW 3, erzeugt wird, ab dem Zeitpunkt zu zahlen ist, in dem der Generator in Betrieb genommen wird. Wird eine bestehende Anlage in verschiedenen Kalenderjahren erweitert oder ergänzt, kann der später hinzukommende Generator zum Einen wegen der Degression nach § 20 EEG 2009 und zum Anderen wegen der gleitenden Vergütung bei Überschreiten der Schwellenwerte (§ 18 EEG 2009) nur eine geringere Vergütung beanspruchen (vgl. Wernsmann, AUR 2008, 329, 331).
b.
Die Entstehungsgeschichte des § 3 EEG 2009 spricht ebenfalls dafür, mehrere BHKW, die in unmittelbarer räumlicher Nähe errichtet und gemeinsam von einem oder mehreren Fermentern gespeist werden, als eine Anlage im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen.
Die vorhergehende Gesetzesfassung (§ 3 Abs. 2 Satz 1 EEG 2004) definierte die Anlage als jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 bestimmte, dass mehrere Anlagen dann als eine Anlage gelten, wenn sie mit gemeinsamen, für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind. Die Gesetzesbegründung nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den Fermenter von Biogasanlagen als für den Betrieb erforderliche Einrichtung (vgl. BT Drucksache 15/2864, Seite 30). Mit dem Wegfall der Attribute „selbständig“ und „technisch“ sollte der Neufassung des § 3 Nr. 1 EEG 2009 nunmehr ein weiter Anlagenbegriff zugrunde gelegt werden, um bestehende Auslegungs-unsicherheiten zu beseitigen (vgl. BT – Drucksache 16/8148, Seite 38). So hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung der Neufassung die bisherige Begründung zu § 3 Abs. 2 EEG 2004 übernommen und um das Beispiel des Gärrestlagers erweitert. In § 19 Abs. 1 EEG 2009 ist eine vergütungsrechtliche Zusammenfassung von Anlagen eingeführt worden, welche die bisherige, als unzureichend bzw. unklar erachtete Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 ersetzen sollte.
Durch die Ausweitung des Anlagenbegriffs infolge der Streichung der Begriffe „selbständig“ und „technisch“ füllen demnach nicht die Strom erzeugenden Einrichtungen selbst, sondern die Gesamtheit der zur Stromerzeugung erforderlichen Einrichtungen den Anlagenbegriff aus.
Eine Änderung der Rechtslage dahingehend, dass Anlagenkonfigurationen, die bereits nach der bisherigen Rechtslage über die Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 durch die gemeinsame Nutzung vorhandener baulicher Anlagen oder betrieblicher Einrichtungen als eine Anlage galten, wie es für die BHKW 1 und 3 unter der Geltung des EEG 2004 der Fall gewesen wäre, nicht mehr als eine solche im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 anzusehen wären, sondern nur noch bei Vorliegen der Voraussetzung des § 19 Abs. 1 EEG 2009, sollte mit der Novellierung des EEG nicht erfolgen.
Der Vorschrift des § 19 EEG 2009 kommt entgegen der Ansicht der Klägerin keine Funktion bei der Definition des Begriffs „Anlage“ zu.
§ 19 EEG 2009 ist Ausdruck der vergütungsrechtlichen Regelungsintention des Gesetzgebers. Danach ist die Vergütungsfähigkeit von Strom aus eigenständigen, nicht über gemeinsame technische Einrichtungen oder baulichen Anlagen miteinander verbundene Anlagen eingeschränkt worden. Es sollten nicht zusätzliche Vergütungsmöglichkeiten für Anlagen, die bereits nach der bestehenden Fiktion des § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 als eine Anlage galten, geschaffen werden.
Zweck des § 19 EEG 2009 ist die Verhinderung von Anlagensplitting zur Erzielung einer höheren Vergütung durch Umgehung der für die Vergütungshöhe geltenden Leistungsschwellen durch Aufteilung in kleinere Einheiten. Diese Vorgehensweise sah der Gesetzgeber als rechtsmissbräuchlich an (vgl. BT – Drucksache a.a.O. Seite 50) und hatte dabei in erster Linie die sogenannten Biogasanlagenparks im Blick. Bei diesen waren statt einer oder mehrerer großer Anlagen eine Vielzahl von kleinen Anlagen mit geringerer Leistungsstärke, die nicht untereinander verbunden waren, errichtet worden, um die höheren Vergütungen und Boni der unteren Leistungsklassen zu erhalten, wodurch erhebliche Mehrkosten hervorgerufen wurden, die letztlich von den Stromverbrauchern zu tragen waren (s. hierzu Schomerus, NVwZ 2010, 549 (551)). Diese Biogasanlagenparks aus einer Vielzahl von Einzelanlagen sollten vergütungsmäßig „reguliert“ werden, wobei Fehlvorstellungen korrigiert werden sollten, die unter Ausnutzung der technischen Definition des Anlagenbegriffs im EEG 2004 möglich waren. Im Hinblick darauf hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 Nr. EEG 2009 das Kriterium der unmittelbaren räumlichen Nähe eingeführt, um auch diese Fälle zu erfassen, da diese von der bisherigen geltenden Gesetzeslage des § 3 Abs. 2 Nr. 2 EEG 2004 nicht erfasst wurden, jedenfalls dies rechtlich zweifelhaft war (s. hierzu BVerfGE 122, 374).
Dass damit die Fälle, in denen bereits nach § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 eine einzige Anlage vorlag, rechtlich anders geregelt werden sollten, lässt sich dem EEG 2009 nicht entnehmen. Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber der Anregung des Bundesrates zur Neufassung des Anlagenbegriffs in § 3 Nr. 1 Satz 1 EEG 2009 nicht gefolgt ist, weil nach seiner Ansicht bereits nach der bisher geltenden Rechtslage zur Bestimmung einer Anlage neben der Strom erzeugenden Einrichtung auf sämtliche technisch und baulich erforderlichen Einrichtungen abzustellen sei (vgl. BT-Drucksache 17/6247 Seite 29).
Soweit es in der Gesetzesbegründung zu § 19 Abs. 1 EEG 2009 heißt, dass mehrere Biogasanlagen einen Fermenter oder einen Gärrestlager gemeinsam nutzen können (vgl. BT Drucksache a.a.O. Seite 51), widerspricht dies dem hier vertretenden Auslegungsergebnis nicht. Damit soll lediglich ein Indiz für das Kriterium der unmittelbaren räumlichen Nähe im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2009 gegeben werden (vgl. Wernsmann a.a.O. Seite 330).
c.
Nach der Gesetzessystematik des EEG 2009 ist der Begriff der Anlage in § 3 definiert, während § 19 eine reine Vergütungsvorschrift darstellt und konsequenterweise im dritten Teil des Gesetzes unter dem Titel „Vergütung“ angesiedelt ist.
Der Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 EEG 2009 ist erst eröffnet, wenn das Vorliegen mehrerer Anlagen im Sinne von § 3 Nr. 1 EEG 2009 feststeht. Dann greift, wenn die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind, die gesetzlich vorgeschriebene vergütungsrechtliche Fiktion des Vorliegens nur einer Anlage.
d.
Die Annahme einer einheitlichen Anlage in Fällen wie dem vorliegenden entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Novellierung des EEG 2009.
Wie bereits ausgeführt, sollten mit der Neuausrichtung des Anlagenbegriffs bestehende Auslegungsunsicherheiten beseitigt werden, die bei der Abgrenzung von zur Anlage gehörenden Bestandteilen aufgetreten waren. Zugleich verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, die vergütungsoptimierte Anlagenaufteilung auch hinsichtlich derjenigen Anlagen zu verhindern, die zwar nicht durch gemeinsam genutzte Einrichtungen oder bauliche Anlagen miteinander verbunden waren, aber gemeinsame Infrastruktureinrichtungen benutzten, was nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 EEG 2004 zulässig war, um damit volkswirtschaftlich unnötige Mehrkosten zu vermeiden. Mehrere Anlagen, die bereits nach der bisherigen Rechtslage in § 3 Abs. 2 Satz 2 EEG 2004 quasi wegen fehlender technischer Selbständigkeit als eine Anlage anzusehen waren, sollten hingegen auch weiterhin vergütungstechnisch wie eine Anlage behandelt werden.
Diese Intention des Gesetzgebers würde leerlaufen, wollte man für die Entscheidung des Vorliegens einer oder mehrerer Anlagen darauf abstellen, ob die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 erfüllt sind. In diesem Fall hätte es der Anlagenbetreiber in der Hand, jeweils im Abstand von 12 Monaten ein neues BHKW mit geringer Leistungsstärke zu errichten, welches mit bereits vorhandenen Fermentern und Gärrestbehältern verbunden wird, um damit für jedes einzelne BHKW die höheren Vergütungssätze für Anlagen mit geringer Leistungsstärke in Anspruch zu nehmen. Dies widerspräche dem Zweck des Gesetzes, unter Schaffung von wirtschaftlichen Investitionsanreizen die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung zu verringern.
Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass in ihrem Fall von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten durch eine gezielte Errichtung mehrerer kleiner statt einer großen Anlage nicht ohne weiteres auszugehen ist. Nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung machte sich die Errichtung eines weiteren BHKW vielmehr erforderlich, weil der Fermenter eine solche Masse an Biogas erzeugte, welche die Leistungsfähigkeit des BHKW 1 überschritt. Eine einschränkende Auslegung der zitierten Vorschriften nur auf die Fälle des Rechtsmissbrauchs ist jedoch nicht angezeigt, weil ein Missbrauchsmerkmal im Gesetzestext keinen Ausdruck gefunden hat (vgl. Senatsurteil vom 22.02.2011 – 6 U 39/10, RdE 2012, 158, zitiert nach juris).
e.
Der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung, wonach das BHKW 1 und das BHKW 3 als eigenständige Anlagen anzusehen sind und der in das Netz der Beklagten eingespeiste Strom mangels vorliegender Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 EEG 2009 auch separat zu vergüten ist, vermag sich der Senat daher aus den vorstehenden Erwägungen nicht anzuschließen.
Im vorliegenden Fall ist eine bereits bestehende Anlage lediglich erweitert worden, nicht jedoch eine weitere selbständige Anlage neu errichtet worden, so dass eine gesonderte Vergütung für die aus dem BHKW 3 im Jahr 2009 ins Netz eingespeiste Strommenge der Klägerin nicht zusteht.
Für die aus den BHKW 1 und 3 eingespeisten Strommengen hat die Beklagte den Vergütungsanspruch der Klägerin für 2009 bereits vollständig erfüllt, wie nachfolgende Berechnung zeigt.
Unter Zugrundelegung der von der Klägerin genannten Strommenge von 6.560.395 kWh errechnet sich die der Klägerin zustehende Vergütung für 2009 wie folgt:
Grundvergütung:
Bemessungsleistung (§ 18 Abs. 2 EEG 2009) 6.560.395 kWh : 8.760 Betriebsstunden = 748,90 kW.
Hiervon entfallen 150 kW = 1.314.000 kWh auf die erste Leistungsstufe nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG 2009, 350 kW = 3.066.000 kWh auf die zweite Leistungsstufe nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EEG 2009 und 248,90 kW = 2.180.395 kWh auf die 3. Leistungsstufe nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EEG 2009.
1.314.000 kWh x 0,1167 € =
153.343,80 €
3.066.000 kWh x 0,0960 € =
294.336,00 €
2.180.395 kWh x 0,0864 € =
188.386,13 €
Gesamt:
636.065,93 €
NaWaRo – Bonus (Anlage 2 zum EEG):
1.314.000 kWh x 0,07 € =
91.980,00 €
3.066.000 kWh x 0,07 € =
214.620,00 €
2.180.395 kWh x 0,04 € =
87.215,80 €
Gesamt:
393.815,80 €
Luftreinhaltebonus:
4.553.313 kWh x 0,01 € =
45.533,13 €
Technologie-Bonus:
6.560.395 kWh x 0,02 € =
131.207,90 €
KWK–Bonus:
3.569.782 kWh x 0,02 € =
71.395,64 €
Gesamtvergütung (Netto)
1.278.018,40 €
Bereits bezahlte Vergütung (Netto)
1.350.484,85 €
Eine Differenz zu Gunsten der Klägerin verbleibt danach nicht mehr.
2.
Es besteht demnach auch kein Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des Verzuges auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB). Ebenso wenig kann die Klägerin Verzugszinsen beanspruchen.
3.
Der mit dem Klageantrag zu 3. verfolgte Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, die für die Berechnung der Vergütung entscheidungserhebliche Frage, ob der Strom aus BHKW 1 und BHKW 3 jeweils als Strom aus eigenständigen, selbständigen Anlagen zu vergüten ist, im Hinblick auf die Abrechnung der Vergütung in den Folgejahren gerichtlich feststellen zu lassen.
Die Klage im Antrag zu 3. ist jedoch unbegründet, wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt. Dass sich an der hier zu Grunde liegenden Anlagenkonstellation ab dem Jahre 2010 etwas geändert hätte mit der Folge veränderter Vergütungsansprüche, lässt sich dem Vorbringen der Klägerin aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 25.06.2012 nicht entnehmen. Ein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO bestand daher nicht.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO), da die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob in den Fällen, in denen ein oder mehrere Energieträger mit mehreren Generatoren/BHKW verbunden sind, eine oder mehrere Anlagen im Sinne des § 3 Nr. 1 EEG 2009 vorliegen, bislang höchstrichterlich nicht entschieden und für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle von Bedeutung ist.
Der Gebührenstreitwert wird für die Berufungsinstanz sowie zugleich für die erste Instanz in Abänderung der Streitwertfestsetzung im Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 01.07.2011 auf bis zu 290.000,00 € festgesetzt (§§ 3 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie § 63 Abs. 3 GKG).