Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 17. Kammer | Entscheidungsdatum | 31.07.2013 | |
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Aktenzeichen | 17 TaBV 222/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 58 BetrVG, § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG |
Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats bei Überwachungseinrichtungen
I. Auf die Beschwerde des Konzernbetriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 12. Dezember 2012 – 10 BV 17034/12 – geändert:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
A.
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Konzertbetriebsrats (Beteiligter zu 2).
Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1.) betreibt als Konzernobergesellschaft eines Krankenhauskonzerns das ... (H.); bei ihr ist der Konzernbetriebsrat errichtet. In dem Klinikum werden Arbeitnehmer weiterer Konzernunternehmen sowie von Unternehmen, die aus dem Konzernverbund ausgeschieden sind, beschäftigt, ohne dass insoweit ein gemeinsamer Betrieb der Unternehmen besteht. Die Arbeitnehmer werden von den Beteiligten zu 3. bis 7. – teilweise in Ausübung eines Übergangsmandats – vertreten; wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung Bl. 227 bis 230 verwiesen.
Die Arbeitgeberin setzt im H. in der Neonatologie zwei Kameras zur Kontrolle des Zugangs zur Abteilung und zur Flurüberwachung ein. Die Aufnahmen werden ohne Speicherung der Bilder auf insgesamt drei Monitoren angezeigt. Von den Kameras werden Arbeitnehmer der Arbeitgeberin sowie weiterer Konzernunternehmen erfasst, sofern sie den jeweils überwachten Bereich betreten. Auf die Monitore können nur Arbeitnehmer der Arbeitgeberin zugreifen.
Auf dem Außengelände des H. werden zudem zwanzig Kameras eingesetzt, deren Bilder über Lichtwellenleiter an einen zentralen Schaltschrank übermittelt und durch dort installierte Geräte weiterverarbeitet werden; wegen der Einzelheiten wird auf I. 4. b) bb), cc) der Antragsschrift verwiesen. Von den Kameras werden je nach Standort Arbeitnehmer mehrerer (teils früherer) Konzernunternehmen aufgenommen; insoweit wird auf die Aufstellung Bl. 216 bis 224 verwiesen. Die Bilder werden auf fünf Monitoren in unterschiedlicher Weise wiedergegeben; wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Aufstellung Bl. 226 Bezug genommen. Die Monitore werden nur von Arbeitnehmern der Arbeitgeberin überwacht.
Das Arbeitsgericht Berlin setzte auf Antrag des Konzernbetriebsrats durch Beschluss vom 17.02.2011 eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Konzernbetriebsvereinbarung zur Verwendung arbeitnehmerbezogener Daten durch die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien“ ein; das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin durch Beschluss vom 05.04.2011 zurück. Die Einigungsstelle beschloss in ihrer Sitzung am 17.08.2012 u.a., dass sich ihre Zuständigkeit auf die genannten Kameras und Monitore erstrecke.
Mit ihrem Antrag hat die Arbeitgeberin die Feststellung begehrt, dass dem Konzernbetriebsrat in Bezug auf diese Überwachungsanlagen ein Mitbestimmungsrecht nicht zustehe. Der Konzernbetriebsrat sei nicht zuständig, weil für eine betriebs- oder unternehmensübergreifende Regelung kein zwingendes Erfordernis bestehe. Hierzu genüge es nicht, dass mehrere Betrieb bzw. Unternehmen in dem H. arbeitsteilig zusammenarbeiteten und von den Überwachungsanlagen Arbeitnehmer verschiedener Konzernunternehmen erfasst werden könnten. Die Überwachungsanlagen würden nicht mit einer betriebs- bzw. konzernübergreifenden Zielsetzung eingesetzt. Der Konzernbetriebsrat hat demgegenüber seine Zuständigkeit für gegeben gehalten. Eine unternehmensübergreifende Regelung sei zwingend erforderlich, weil jede Regelung durch eine der Betriebsvertretungen andere Regelungen präjudizieren würde.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin durch einen am 12.12.2012 verkündeten Beschluss entsprochen. Der Konzernbetriebsrat sei für die in Rede stehenden Überwachungseinrichtungen nicht zuständig, weil ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder zumindest unternehmensübergreifende Regelung fehle. So bestünden keine betriebsübergreifenden Vorgaben für die Einrichtung von Überwachungssystemen. Die jeweils gewählten Betriebsräte könnten in Bezug auf die von ihnen vertretenen Arbeitnehmer, die im H. eingesetzt würden, Regelungen mit den jeweiligen Unternehmen treffen. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass – sollte ein Konzernbetriebsrat fehlen – Mitbestimmungsrechte des Gesamtbetriebsrats oder Betriebsrats nicht gegeben seien, was nicht zutreffen könne. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen zu II. des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Gegen diesen ihm am 21.01.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 07.02.2013 eingelegte Beschwerde des Konzernbetriebsrats, die er innerhalb der verlängerten Beschwerdebegründungsfrist begründet hat.
Der Konzernbetriebsrat hält seine Zuständigkeit für die streitbefangenen Überwachungseinrichtungen unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin für gegeben; lediglich für die Kameras Nr. 2, 8 und 14 im Außenbereich sowie den Monitor Nr. 3, auf dem Bilder der Kamera Nr. 14 wiedergegeben werden, nehme er derzeit in Mitbestimmungsrecht nicht in Anspruch. Eine unternehmensübergreifende Regelung sei bereits deshalb zwingend erforderlich, weil eine betriebliche Regelung notwendigerweise die Regelungen in anderen Betrieben oder Unternehmen präjudizieren würde. Dies gelte umso mehr, als nur die Mitarbeiter eines Konzernunternehmens Zugriff auf die erhobenen Daten haben sollen; die Betriebsräte anderer Unternehmen oder Betriebe könnten keine Regelungen in Bezug auf diese Mitarbeiter treffen.
Der Konzernbetriebsrat beantragt,
den Antrag der Arbeitgeberin unter Änderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Berlin vom 12.12.2012 – 10 BV 17034/12 – zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens für zutreffend. Dem Konzernbetriebsrat stehe ein Mitbestimmungsrecht nicht zu. Es sei weder rechtlich noch tatsächlich unmöglich, Regelungen auf betrieblicher Ebene zu treffen. Auch wenn überwachte Arbeitnehmer nicht dem Betrieb angehörten, der die technische Überwachungsanlage einsetze, könnte der für sie zuständige örtliche Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG aus-üben. Die jeweiligen Betriebsräte könnten dabei mit ihrem Arbeitgeber Regelungen in der Weise treffen, dass die Arbeitnehmer nicht oder nur in bestimmter Weise von den Überwachungsanlagen erfasst würden; ein Bedürfnis für eine unternehmensübergreifende Regelung bestehe deshalb nicht. Zudem werde eine betriebsübergreifende oder unternehmenseinheitliche Überwachung weder bezweckt noch sei sie beabsichtigt; auch dies stehe einer Zuständigkeit des Konzernbetriebsrat entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Arbeitgeberin und des Konzernbetriebsrats in der Beschwerdeinstanz wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen vom 21.03., 22.04., 30.05., 10.07. und 17.07.2013 Bezug genommen. Die Beteiligten zu 3. bis 7. haben sich nicht geäußert.
B.
I.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und frist- und formgerecht gemäß §§ 89, 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 und 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Der Antrag der Arbeitgeberin war unter Änderung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
1. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.
a) Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts kann grundsätzlich zum Gegenstand eines Feststellungsbegehrens im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO gemacht werden; hierzu gehört auch die Frage, welche Betriebsvertretung für die Mitbestimmung zuständig ist (vgl. BAG, Beschluss vom 25.09.2012 – 1 ABR 45/11 – NZA 2013, 275 m.w.N.). Es ist jedoch erforderlich, dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der begehrten alsbaldigen Feststellung geltend machen kann. Fehlt dieses Interesse, ist der Feststellungsantrag als unzulässig zurückzuweisen.
b) Die Arbeitgeberin und der Konzernbetriebsrat streiten allein darüber, ob eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für Regelungen zur Anwendung der Kameras und Monitore im Bereich der Neonatologie und im Außenbereich gegeben ist; insoweit ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Dies gilt auch im Hinblick auf die Kameras Nr. 2, 8 und 14 sowie den diesbezüglichen Monitor Nr. 3. Die Erklärung des Konzernbetriebsrats in der mündlichen Anhörung vor der Beschwerdekammer vom 31.07.2013, er nehme insoweit derzeit ein Mitbestimmungsrecht nicht in Anspruch, lässt das Feststellungsinteresse nicht teilweise entfallen. Der Konzernbetriebsrat hat gerade nicht deutlich gemacht, er halte sich nun endgültig nicht mehr für zuständig, Regelungen zur Anwendung der genannten technischen Einrichtungen zu treffen; der Streit der Beteiligten zu 1. und 2. besteht daher auch insoweit fort.
Der Konzernbetriebsrat hat demgegenüber ein Mitbestimmungsrecht zur Einführung dieser technischen Überwachungsanlagen nicht geltend gemacht; dass die Überwachungseinrichtungen – nach Maßgabe der noch zu treffenden Regelungen – betrieben werden können, hat der Konzernbetriebsrat weder in dem diesbezüglichen Einigungsstellenverfahren noch in dem vorliegenden Beschlussverfahren in Abrede gestellt. Für das auf die Einführung der Einrichtungen gerichtete Feststellungsbegehren liegt deshalb ein Feststellungsinteresse der Arbeitgeberin nicht vor.
2. Der Antrag ist im Übrigen unbegründet. Dem Konzernbetriebsrat steht ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Anwendung der streitbefangenen Überwachungseinrichtungen zu.
a) Bei den Kameras und Monitoren im Bereich der Neonatologie und im Außenbereich des H. handelt es sich – was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist – um technische Überwachungseinrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Sie sind aufgrund der technischen Gegebenheiten und ihres konkreten Einsatzes objektiv dazu geeignet, das Verhalten und die Leistung der aufgenommenen bzw. wiedergegebenen Arbeitnehmer zu überwachen. Ob die Arbeitgeberin die Einrichtungen zur Überwachung der Arbeitnehmer eingeführt hat und ob die Aufnahmen ausgewertet und gespeichert werden, ist für das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ohne Bedeutung (vgl. BAG, Beschluss vom 06.12.1983 – 1 ABR 43/81 – AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG Überwachung; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 26. Aufl. 2012, § 87 Rn.226, jeweils m.w.N.).
b) Der Konzernbetriebsrat ist zuständig für Regelungen zur Anwendung der Überwachungseinrichtungen.
aa) Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats bezieht sich gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG auf Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Unternehmen, die einen Gesamtbetriebsrat nicht gebildet haben sowie auf Betriebe der Konzernunternehmen ohne Betriebsrat. Erforderlich ist, dass es sich um eine mehrere Unternehmen betreffende Angelegenheit handelt und objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung besteht. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt. Dabei kommt es stets auf die konkreten Um-stände im Konzern und in den einzelnen Unternehmen an; der Wunsch des Arbeitgebers (oder des Konzernbetriebsrats) nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung ist für die Frage der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ohne Bedeutung (BAG, Beschluss vom 25.09.2012 – 1 ABR 45/11 – a.a.O., m.w.N.).
bb) Der Einsatz der genannten Überwachungseinrichtungen betrifft mehrere Konzernunternehmen. Die Kameras im Bereich der Neonatologie und im Außenbereich sind objektiv dazu geeignet, die Arbeitnehmer verschiedener Konzernunternehmen aufzunehmen, ohne dass bei den Aufnahmen unterschieden werden kann, welche Arbeitnehmer welchen Konzernunternehmens erfasst werden. Nichts anderes gilt für die Monitore, die die Bilder der Kameras wiedergeben. Dass von einem Teil der Überwachungseinrichtungen neben den Arbeitnehmern der Arbeitgeberin nur Arbeitnehmer von Unternehmen erfasst werden, die aus dem Konzernverbund ausgeschieden sind (Kameras im Außenbereich Nr. 8 und 14 einschließlich Monitor Nr. 3), steht dem erforderlichen Konzernbezug nicht entgegen. Denn diese Arbeitnehmer werden noch von einem Betriebsrat des Konzerns im Wege des Übergangsmandats vertreten; ob dieses Übergangsmandat dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die fraglichen Überwachungseinrichtungen einräumt oder ob der Konzernbetriebsrat insoweit zuständig ist, muss deshalb weiterhin nach § 58 BetrVG festgestellt werden. Auch ist es für die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ohne Bedeutung, dass gegenwärtig die Monitore nur von Arbeitnehmern der Arbeitgeberin überwacht werden. Wer die Überwachung letztlich durchführen kann, ist Teil der noch zu treffenden Regelung; die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für diese Regelung kann deshalb nicht mit der Begründung verneint werden, nur Arbeitnehmer eines Unternehmens seien mit der Überwachung befasst. Die Arbeitgeberin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, der Einsatz der Überwachungseinrichtungen sei nicht darauf gerichtet, Arbeitnehmer mehrerer Konzernunternehmen zu erfassen. Für den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG kommt es zum einen nicht darauf an, ob und ggf. welche Zwecke der Arbeitgeber mit dem Einsatz der Überwachungseinrichtungen erfolgt. Dies gilt nicht nur für die Frage, ob eine Überwachungseinrichtung gegeben ist, sondern auch bei der Feststellung eines unternehmensübergreifenden Einsatzes einer derartigen Einrichtung. Zum anderen hat die Arbeitgeberin einen derartigen unternehmensübergreifenden Einsatz auch bezweckt, weil der von ihr vorgegebene Betriebsablauf eine Beschäftigung der Arbeitnehmer mehrerer Konzernunternehmen im H. beinhaltet und die Kameras diese Arbeitnehmer bei den betrieblich veranlassten Tätigkeiten aufnehmen. Der unternehmensübergreifende Bezug des Mitbestimmungstatbestandes würde nur dann fehlen, wenn bei den gegenwärtigen betrieblichen Verhältnissen ausschließlich die Arbeitnehmer eines Konzernunternehmens von einer Kamera erfasst werden könnten; in einem derartigen Fall wäre eine zufällige, durch den Betriebsablauf nicht vorgegebene Aufnahme der Arbeitnehmer weiterer Konzernunternehmen nicht geeignet, eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats zu begründen. Eine derartige Sachlage ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Auch wenn einzelne Kameras nur eingesetzt werden, um Arbeitnehmer eines Konzernunternehmens aufzunehmen (Kameras im Außenbereich Nr. 8 und 14), können von ihnen doch Arbeitnehmer weitere Unternehmen bei ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit und damit nicht zufällig aufgenommen werden; dies genügt für den erforderlichen Konzernbezug.
cc) Es besteht ferner ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmensübergreifende Regelung. Bei dem gegenwärtigen Einsatz der Überwachungseinrichtungen sind die einzelnen Betriebsvertretungen aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht in der Lage, das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG wahrzunehmen. Die Überwachungseinrichtungen erfassen – wie ausgeführt – jeweils die Arbeitnehmer mehrerer Unternehmen. Auch kann bei der Aufnahme bzw. Wiedergabe der Bilder nicht danach differenziert werden, welcher Arbeitnehmer welchen Unternehmens erfasst wird. Es ist damit nicht möglich, Regelungen nur für die Arbeitnehmer eines Unternehmens zu treffen, ohne dass sich diese nicht zugleich auf die Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens auswirken würden. Legt z.B. eine einzelne Betriebsvertretung mit dem Arbeitgeber fest, dass eine Kamera nur in einer bestimmten Zeit betrieben werden darf und nur bestimmte Arbeitnehmer berechtigt sind, die Bilder auf den Monitoren zu betrachten, könnte eine weitere Betriebsvertretung in Bezug auf die nämliche Überwachungseinrichtungen nicht mehr mit dem Arbeitgeber festlegen, dass die Kamera ohne Pause Aufnahmen fertigt und ein anderer Personenkreis Zugang zu den Monitoren hat. Die zuerst getroffene Regelung wäre präjudiziell für die später getroffenen Regelungen, ohne dass den Betriebsparteien eine Regelungskompetenz für die Arbeitnehmer anderer Unternehmen zusteht. Soweit die Arbeitgeberin eine Zuständigkeit der einzelnen Betriebsvertretungen auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 27.01.2004 – 1 ABR 7/03 – (AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung) annimmt, trifft dies nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung allerdings ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auch dann für gegeben gehalten, wenn der Arbeitgeber eine Überwachungsaufgabe einem Dritten überlässt. Die Entscheidung ist jedoch nicht auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Sie betraf eine Fallgestaltung, in der der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer in einen Kundenbetrieb (und nicht in ein Konzernunternehmen) sandte und diese dort einer Überwachungseinrichtung unterworfen wurden. Dies machte es erforderlich, dem bei dem Arbeitgeber gebildeten Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einzuräumen, wollte man den Einsatz der Überwachungseinrichtung im Interesse des Persönlichkeitsschutzes der Arbeitnehmer der betrieblichen Mit-bestimmung zuführen; denn der Betriebsrat hatte keine rechtliche Möglichkeit, Regelungen mit dem Drittunternehmen zu treffen. Was den Einsatz der Überwachungseinrichtungen im H. angeht, kann die betriebliche Mitbestimmung demgegenüber von dem Konzernbetriebsrat wahrgenommen und auf diese Weise gewährleistet werden, dass es – ggf. durch Spruch der Einigungsstelle – zu den gebotenen einheitlichen Regelungen kommt.
Der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats steht entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht entgegen, dass die einzelnen Betriebsvertretung mit ihren jeweiligen Arbeitgebern Regelungen treffen können, die – was die Anwendung der Überwachungseinrichtungen angeht – miteinander vereinbar sind. Die einzelnen Betriebsparteien können rechtlich nicht verpflichtet werden, derartige Regelungen zu treffen; auch besteht keine Gewähr dafür, dass etwaige Sprüche der im Falle einer Nichteinigung zu bildenden Einigungsstellen miteinander harmonisiert werden können. Dass ohne die Bildung eines Konzernbetriebsrats die einzelnen Betriebsvertretungen miteinander in Einklang zu bringende Regelungen schaffen müssten, bedeutet im Gegensatz zu der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht, dass der gebildete Konzernbetriebsrat für die vorliegende Angelegenheit nicht zuständig ist.
Die Arbeitgeberin kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, die einzelnen Betriebsparteien könnten Regelungen treffen, wonach die Arbeitnehmer nur bestimmte Bereiche des H. zu bestimmten Zeiten betreten dürften; auch könnte der Zugang zu anderen Bereichen ausgeschlossen werden. Ob der Konzernbetriebsrat für Regelungen zur Anwendung der Überwachungseinrichtungen zuständig ist, bestimmt sich nach den gegenwärtigen betrieblichen Verhältnissen. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass die Arbeitnehmer mehrerer Konzernunternehmen bei dem gewöhnlichen Betriebsablauf von den Überwachungseinrichtungen erfasst werden. Solange dieser Betriebsablauf beibehalten wird, bleibt der Konzernbetriebsrat zuständig. Sollte es eine Änderung der betrieblichen Verhältnisse mit sich bringen, dass von allen oder einzelnen Überwachungseinrichtungen jeweils nur Arbeitnehmer eines Unternehmens erfasst werden können, würde die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats entfallen. Bis zu einer derartigen Änderung bleibt es jedoch bei der Regelungskompetenz des Konzernbetriebsrats.
Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats hängt schließlich nicht davon ab, ob die Arbeitgeberin die Überwachungseinrichtungen unternehmensübergreifend einsetzen wollte. Die Ziele der Arbeitgeberin, die sie mit dem Einsatz der Überwachungseinrichtungen verfolgt, sind für das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ohne Belang. Entscheidend ist allein, dass die Überwachungseinrichtungen objektiv geeignet sind, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen und unternehmensübergreifende Regelungen zwingend erforderlich sind; diese Voraussetzungen sind – wie ausgeführt – gegeben.
Nach alledem war der Antrag der Arbeitgeberin unter Änderung des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtskostenfrei.
Die Beschwerdekammer hat die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gemäß § 92 Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.