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Grundsteuer


Metadaten

Gericht VG Potsdam 11. Kammer Entscheidungsdatum 03.12.2013
Aktenzeichen 11 K 1492/10 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 130 AO, § 131 AO, § 34 Abs 3 S 2 GrStG

Tenor

1. Der Grundbesitzabgabenbescheid der Beklagten vom 22. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2010 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Grundsteuerbescheides.

Betroffen ist das gemischt genutzte Grundstück mit der postalischen Anschrift „... 10 in ... “, welches mit Bescheid der Denkmalschutzbehörde des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 10. August 1993 in das Verzeichnis der Denkmale der Stadt ... aufgenommen wurde.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 1994 setzte das Finanzamt ... den Grundsteuermessbetrag im Rahmen einer Neuveranlagung auf den 1. Januar 1994 – wie bisher – auf 468,00 DM fest und bestimmte den Kläger und seinen Bruder als hälftige Miteigentümer des Grundstücks zu Steuerschuldnern.

Auf dieser Grundlage zog der Rechtsvorgänger der Beklagten den Kläger mit Abgabenbescheid vom 24. Januar 1995 zur Zahlung der Grundsteuer B heran.

Mit Schreiben vom 18. Februar bzw. 12. März 1995 beantragten der Kläger und sein Bruder den Erlass der Grundsteuer gemäß § 32 GrStG für die Jahre ab 1994. Nachdem der Kläger die erforderlichen Unterlagen zur Begründung des Antrages Anfang 1997 beim Rechtsvorgänger der Beklagten einreichte, wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. Mai 1999 die Grundsteuerbefreiung gemäß § 32 GrStG für die Jahre ab 1994 gewährt.

Ausweislich der Anlage zu diesem Bescheid ging der Rechtsvorgänger der Beklagten von folgender Einnahme- bzw. Ausgabensituation aus:

Jahr   

Einnahmen

Ausgaben

Gewinn/Verlust

        

(Mieten und

(Erhaltungsaufwand

        
        

(Fördermittel)

und Abschreibungen)

        

1995   

186.772,00 DM

264.825,31 DM

 (-) 78.053,31 DM

1996   

123.443,00 DM

 70.975,70 DM

 (+) 52.467,30 DM

1997   

142.142,00 DM

184.766,26 DM

 (-) 42.624,26 DM

Abschließend enthielt der Bewilligungsbescheid folgenden Hinweis: „Sollten sich jedoch Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse ergeben, die zum Erlass der Grundsteuer führten, sind diese binnen 3 Monaten dem Kämmerei- und Steueramt/Sachgebiet Steuern mitzuteilen.“

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die geltende Rechtsprechung zum Grundsteuererlass davon ausgehe, dass spätestens nach 10 Jahren keine Unrentabilität des Grundstückes mehr gegeben sei. Überdies habe der Kläger entgegen seiner Verpflichtung bisher keine Änderungsanzeige erstattet. Aus diesem Grunde bat sie den Kläger um den Nachweis der weiteren Unrentabilität für das Grundstück ab dem 1. Januar 2004 – 31. Dezember 2006.

Da der Kläger trotz einer von ihm beantragten Fristverlängerung diesen Nachweis bis Anfang Januar 2010 nicht erbrachte, zog die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 22. Januar 2010 rückwirkend zur Zahlung der Grundsteuer B ab dem Jahre 2004 – 2010 in Höhe von jährlich 1.076,76 €; somit insgesamt in Höhe von 7.537,32 € heran.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22. Februar 2010 Widerspruch mit der Begründung ein, dass das Grundstück nach wie vor unrentabel sei und er den Nachweis bis spätestens zum 15. April 2010 erbringen werde.

Mit Schreiben vom 21. April 2010 wies der Kläger ergänzend zum einen darauf hin, dass hinsichtlich der Jahre 2004 und 2005 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Zum anderen legte er einen Leitzordner mit Mietverträgen und Rechnungen vor, aus dem sich auch für die Jahre 2006 – 2008, für die er hiermit ausdrücklich einen Antrag stelle, eine Unrentabilität in jeweils folgendem Umgang ergäbe:

Jahr   

Einnahmen

Ausgaben

Gewinn/Verlust

2006   

43.551,96 €

62.022,34 €

 (-) 18.470,38 €

2007   

46.048,45 €

47.064,48 €

 (-) 1.016,73 €

2008   

46.936,05 €

56.169,29 €

 (-) 9.233,24 €

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2010 – Ausgangsvermerk vom 20. Juli 2010 - wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 22. Februar 2010 gegen den Grundbesitzabgabenbescheid vom 22. Januar 2010 zurück. Zur Begründung wies er für die Jahre 2006 – 2008 darauf hin, dass entgegen der klägerischen Auffassung von einer durchgehenden Rentabilität des Grundstücks auszugehen sei. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Kosten für Grundsteuer, Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren, Schornsteinfegergebühren, Gebäude- und Haftpflicht-versicherung außer Ansatz bleiben müssten, weil sie auf die Mieter umgelegt werden könnten und somit auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite auftauchen würden. Der gezahlte Straßenausbaubeitrag, sowie die geltend gemachten Rechtsanwalts-, Telefon- und Fahrtkosten sowie die Aufwendungen für Porto und Sonstiges könnten ebenfalls nicht anerkannt werden, weil diese nicht dem Herstellungs- bzw. Erhaltungsaufwand zugerechnet werden könnten.

Auf der Grundlage dieser Ausführungen und der anerkannten Rückstellungen bzw. der Abschreibungen ging die Beklagten von folgender Einnahme- bzw. Ausgabensituation aus:

Jahr   

Einnahmen

Ausgaben

Gewinn/Verlust

2006   

39.016,10 €

25.119,92 €

 (+) 13.896,18 €

2007   

42.384,64 €

 6.597,68 €

 (+) 35.786,96 €

2008   

42.297,24 €

 3.075,00 €

 (+) 39.222,24 €

Hinsichtlich der Jahre 2004 und 2005 sei davon auszugehen, dass die Festsetzungsfrist hier gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO zehn Jahre betrage, weil von einer Steuerhinterziehung i. S. d. § 370 AO ausgegangen werden müsse. Denn der Kläger habe die ihm obliegende erweiterte Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO, auf die er ihm Bewilligungsbescheid ausdrücklich hingewiesen worden sei, schuldhaft verletzt.

Am 19. August 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung weist er darauf hin, dass er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt habe, da in der Vergangenheit jeweils über einen Zeitraum von drei Jahren gesehen, eine Rentabilität des Grundstückes nicht gegeben gewesen sei. Zudem sei nicht nachvollziehbar, warum gewisse Aufwandspositionen von der Beklagten für die Jahre 2006 – 2008 nicht anerkannt würden bzw. wie sich die anerkannten Beträge zusammensetzten. Letztlich könne von einer konkludenten Rücknahme des Erlassbescheides nicht ausgegangen werden, weil eine solche rechtlich nicht möglich sei. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme nicht vor bzw. leide der Bescheid an einer fehlenden Ermessensausübung. Letztlich sei auch die Frist zur Rücknahme des Erlassbescheides nicht eingehalten worden.

Der Kläger beantragt,

den Grundbesitzabgabenbescheid vom 22. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide. Ergänzend weist sie darauf hin, dass für die Jahre 2004 und 2005 auch deshalb keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei, da wegen der vom Kläger unterlassenen Veränderungsanzeigen von einer Anlaufhemmung ausgegangen werden müsse, und somit die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO erst mit dem Ablauf des dritten Kalenderjahres, welches auf das Kalenderjahr folge, in dem die Steuer entstanden sei, zu laufen beginne. Für die Jahre 2006 – 2008 könnten die Gebühren für Wasser, Abwasser, Heizung, Müllabfuhr, Strom usw. nicht berücksichtigt werden, weil es sich insoweit um Betriebskosten handele, die von der Gewohnheit der Nutzer abhängig seien und diese daher nicht zu den Grundstückskosten im engeren Sinne gehören würden.

Nach gerichtlichem Hinweis vom 14. März 2013, in dem auf den Charakter des Erlassbescheides als Dauerverwaltungsakt hingewiesen wurde, der nicht automatisch nach einem gewissen Zeitablauf erlösche, weist die Beklagte ergänzend darauf hin, dass der Erlassbescheid vom 11. Mai 1999 mit dem Grundsteuerbescheid vom 22. Januar 2010 ausdrücklich gemäß § 130 AO zurückgenommen worden sei. Denn dort sei in einem eigenen, von der Festsetzung getrennten Abschnitt ausgeführt, dass „die Erlassvoraussetzungen nach § 32 GrStG ab 2004 nicht mehr gegeben seien, weil der Kläger die erforderlichen Nachweise über die dauernde Unrentabilität nicht erbracht habe und er somit ab dem 1. Januar 2004 wieder zur Zahlung der Grundsteuern heranzuziehen sei“.

Von einer Rücknahme des Erlasses sei auch der Kläger ausgegangen, da er sich in seiner Widerspruchsbegründung gegen die Festsetzung für die Jahre 2004 und 2005 ausdrücklich auf die Festsetzungsverjährung berufen und lediglich für die Jahre 2006 – 2008 den Erlass der Grundsteuer beantragt habe. Und auch im Widerspruchsbescheid habe sich die Beklagte nochmals detailliert mit der Frage auseinandergesetzt, dass der seinerzeit ausgesprochene Erlass keinen Bestand mehr haben solle, zumal sich derzeit für das klägerische Grundstück ein Überschuss ergäbe.

Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Erlassbescheides gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO vor, da der Kläger seine Mitwirkungspflicht aus § 34 Abs. 3 Satz 2 GrStG schuldhaft vernachlässigt habe, indem er der Beklagten die Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse, die nicht auf der Grundlage des Erlassbescheides sondern auf der Grundlage der gesetzlichen Vorschrift zu ermitteln seien, nicht angezeigt habe. Einer gesonderten Ausübung des Rücknahmeermessens bedürfe es hier nicht, da es sich in der vorliegenden Konstellation um ein sog. intendiertes Ermessen handele, bei der die Tatbestandserfüllung im Regelfall die Rechtsfolge der Rücknahme nach sich ziehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Grundbesitzabgabenbescheid und der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 22. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2010 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -). Die Beklagte ist derzeit nicht berechtigt, gegen den Kläger für den streitbefangenen Grundbesitz die Grundsteuer B festzusetzen, weil dieser Befugnis der Erlassbescheid vom 11. Mai 1999 entgegensteht.

Dieser Erlassbescheid ist im Gegensatz zu den Ausführungen der Beklagten im Schreiben an den Kläger vom 20. Oktober 2009 nicht deshalb unwirksam geworden, weil seit der Bewilligung im Jahre 1999 zehn Jahre vergangen sind. Denn eine dahingehende Rechtsprechung existiert nicht. Und auch den gesetzlichen Regelungen der §§ 32 und 34 GrStG ist eine derartige zeitliche Beschränkung nicht zu entnehmen.

Hinsichtlich des Erlassbescheides kann auch nicht von einer wirksamen Rücknahme gemäß § 130 AO ausgegangen werden. Insoweit ist bereits sehr zweifelhaft, ob angesichts der Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Bescheid, dass „die Erlassvoraussetzungen gemäß § 32 GrStG nicht mehr erfüllt seien, weil der Nachweis über die dauernde Unrentabilität ab dem 01.01.2004 nicht erbracht worden sei“ aus der Sicht eines verobjektivierten Empfängerhorizontes überhaupt von einer Regelungswirkung dahingehend ausgegangen werden kann, dass der Erlassbescheid wegen seiner Rechtswidrigkeit mit Wirkung für die Vergangenheit beseitigt werden sollte.

Diese Problematik kann indes dahinstehen, da bereits die Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nicht vorliegen. Für die Frage, ob § 130 AO (Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes) oder § 131 AO (Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes) als maßgebliche Aufhebungsvorschrift heranzuziehen ist, kommt es grundsätzlich darauf an, ob der aufzuhebende Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig oder rechtmäßig war. Bei einem sog. Dauerverwaltungsakt, bei dem die Erlassvoraussetzungen nicht nur einmal bei seinem Erlass sondern – wie hier beim Erlassbescheid - dauernd vorliegen müssen, ist ausnahmsweise darauf abzustellen, ob dieser Dauerverwaltungsakt zwischenzeitlich rechtswidrig geworden ist, weil sich seine Aufhebung dann nach § 130 AO richtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2012 – 2 C 13/11 -, Juris, Rn. 15).

Eine Rechtswidrigkeit des Erlassbescheides zum 1. Januar 2004 kann jedoch nicht festgestellt werden. Diese ergibt sich jedenfalls nicht daraus, dass der Kläger seine Mitwirkungspflicht aus § 34 Abs. 3 Satz 2 GrStG verletzt hat. Hiernach ist der Steuerschuldner verpflichtet, eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse der Gemeinde binnen drei Monaten nach Eintritt der Änderung anzuzeigen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann hieraus keinesfalls abgeleitet werden, dass der Kläger per Gesetz dazu verpflichtet gewesen wäre, für jedes Jahr nach Ablauf des Drei-Jahres-Prüfungszeitraumes unaufgefordert eine Rentabilitätsberechnung vorzulegen, um der Gemeinde die Möglichkeit zur Überprüfung des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen zu geben. Dadurch würde die Befreiungsvorschrift des § 32 GrStG vollständig der des § 33 GrStG nachgebildet, was aufgrund der gesetzlichen Konzeption gerade nicht gewollt ist. Denn die von der Beklagten propagierte Vorlageverpflichtung liefe im Ergebnis auf eine jährliche konkludente Antragstellung hinaus, die gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 GrStG nicht einmal für den erstmaligen Prüfungszeitraum vorgesehen ist. Nach Auffassung des Gerichts ist der Anwendungsbereich dieser Vorschrift deshalb nur dann eröffnet, wenn der Steuerpflichtige erkennt bzw. erkennen kann, dass sich die eigentlichen Erlassvoraussetzungen (besonderes öffentliches Interesse, dauernde Unrentabilität, Kausalität der Denkmalseigenschaft für die Unrentabilität) derartig geändert haben, dass ein Widerruf des Erlassbescheides von der Gemeinde in Betracht gezogen werden könnte. Hierfür kommt es – neben dem eher ungewöhnlichen Fall, dass die Denkmalseigenschaft ersatzlos wegfällt - maßgeblich darauf an, dass der Steuerpflichtige auf der Grundlage der im Erlassbescheid vorgenommenen Drei-Jahres-Prüfung erkennen kann, welche Einkommens- und Aufwandspositionen die Gemeinde generell für ansatzfähig gehalten hat, um die Unrentabilität und die Kausalität zu begründen. Denn nur auf dieser Grundlage kann der Steuerpflichtige - und somit auch der Kläger - erkennen, welche Veränderungen insbesondere der Kostenpositionen er im Auge behalten muss, um seinerseits erkennen zu können, wann für ihn die Mitteilungsverpflichtung des § 34 Abs. 3 Satz 2 GrStG aktuell wird. Diesbezügliche Feststellungen können indes nicht (mehr) getroffen werden, weil die diesbezüglichen Unterlagen nicht mehr vorliegen. Zwar behauptet die Beklagte, ihr Rechtsvorgänger habe die diesbezüglichen Unterlagen an den Kläger zurückgereicht; irgendwelche Anhaltspunkte hierfür lassen sich dem Verwaltungsvorgang indes nicht entnehmen. Demgegenüber behauptet der Kläger, er habe diese Unterlagen nicht vom Rechtsvorgänger der Beklagten zurückerhalten. Da den Kläger – unabhängig hiervon - Ende des Jahres 2009 auch keine steuerlichen Aufbewahrungspflichten für Belege aus den Jahren 1995 – 1997 mehr trafen, kann mangels „Geschäftsgrundlage“ nicht einmal festgestellt werden kann, ob für das Jahr 2004 überhaupt eine Verletzung der klägerischen Mitteilungspflicht vorliegt. Diese Unerweislichkeit geht zu Lasten der Beklagten, weil sie sich auf die Verletzung der Mitwirkungspflicht bezieht und für sich hieraus günstige Rechtsfolgen herleiten will.

Eine ursprüngliche Rechtswidrigkeit des Erlassbescheides ergibt sich aber auch nicht aus der Annahme heraus, dass eine Kausalität der Denkmalseigenschaft für die Unrentabilität nicht gegeben war. Zwar spricht der Ablauf des Erlassverfahrens und die Gestaltung des Erlassbescheides dafür, dass diese Tatbestandsvoraussetzung trotz der zum Erlasszeitpunkt am 11. Mai 1999 bereits vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1988 – 8 C 23.97 -) nicht beachtet wurde. Diesbezügliche Feststellungen können jedoch – wie bereits oben dargelegt – mangels vorhandener Unterlagen nicht mehr getroffen werden.

Kann somit weder eine ursprüngliche noch eine nachträgliche Rechtswidrigkeit des Erlassbescheides vom 11. Mai 1999 festgestellt werden, kam angesichts der fehlenden Mitwirkung des Klägers Ende des Jahres 2009 allenfalls ein Widerruf des rechtmäßigen Erlassbescheides für die Veranlagungsjahre ab 2010 gemäß § 131 AO in Betracht. Eine Umdeutung der vermeintlichen Aufhebungsentscheidung in diese Richtung kommt gemäß § 128 AO indessen nicht in Betracht. Denn nach der insoweit allein einschlägigen Regelung des § 131 Abs. 2 Nr. 3 AO käme ein Widerruf nur dann in Betracht, wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre. Diesbezügliche Ermessenserwägungen enthält der angefochtene Bescheid - bereits unabhängig von der oben dargestellten Problematik einer fehlenden Regelungswirkung - auf jeden Fall nicht.

Hatte damit der Erlassbescheid vom 11. Mai 1999 seine Regelungswirkungen behalten, konnte der Kläger nicht rückwirkend zur Zahlung der Grundsteuer B für die Jahre nach 2003 veranlagt werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Abs. 1 Nr. 11 und 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes auf 10.767,60 € festgesetzt.

Die für die Jahre 2004 – 2010 festgesetzten Grundsteuern belaufen sich bei gleichbleibendem Grundsteuermessbetrag bzw. gleichbleibendem Hebesatz von 450 % auf 7 Jahre x 1.076,76 € = 7.537,32 €.

Da die Beklagte davon ausgeht, mit dem angefochtenen Bescheid werde auch gleichzeitig der Erlassbescheid vom 11. Mai 1999 als Dauerverwaltungsakt gemäß § 130 AO zurückgenommen, ist der obige Betrag um den 3-fachen Jahresbetrag zu erhöhen. Dieser 3-fache Jahresbetrag gilt nach der Rechtsprechung zwar nur bei den sog. fortgeltenden Abgabenbescheiden im Sinne des § 12 b Abs. 2 KAG (vgl. hierzu Ziffer 3.1 des Streitwertkataloges 2013). Da der gewährte Erlass als Dauerverwaltungsakt eine hiermit vergleichbare Situation darstellt, ist auch hierfür der 3-fache Jahresbetrag anzusetzen. Dies muss dann auch für den actus contrarius – die Aufhebung des Erlassbescheides – gelten. Dieser Teil ist deshalb mit 3 x 1.076,76 € = 3.230,28 € zu bewerten.