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Entscheidung 3 WF 132/12


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 5. Senat für Familiensachen Entscheidungsdatum 10.01.2013
Aktenzeichen 3 WF 132/12 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen Art 111 Abs 4 FGG-RG, § 50 FamGKG

Leitsatz

1. Gemäß Art. 111 Abs 4 FGG-RG sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt waren (oder nach dem 1.9.2009 abgetrennt wurden) die nach Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften anzuwenden. Für die Verfahren auf Durchführung des Versorgungsausgleiches hat dies zur Folge, dass sich nunmehr auch das Kostenrecht (und damit verbunden die Entscheidung über die Festsetzung des Verfahrenswertes) nach neuem Recht richtet. Die Festsetzung eines Wertes von 1.000 DM scheidet danach aus.

2. Hat ein Ehegatte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte Ost erworben, handelt es sich für die Wertbemessung nach § 50 FamGKG nur um ein Anrecht.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Luckenwalde vom 20.9.2012 teilweise abgeändert. Der Wert des Verfahrensgegenstandes erster Instanz wird abweichend auf 1000,- Euro festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt bis zu 500,- Euro.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die Festsetzung des Gebührenwertes für das erstinstanzliche, auf die Durchführung des Versorgungsausgleiches gerichtete, Verfahren. Ihre Ehe mit dem 2005 verstorbenen Ehemann wurde durch Urteil vom 19.1.2000 geschieden. Das Verfahren zum Versorgungsausgleich wurde dabei unter Hinweis auf § 2 VAÜG abgetrennt und ausgesetzt. Im März 2010 nahm das Amtsgericht das Verfahren zum Versorgungsausgleich gemäß § 50 VersAusglG wieder auf und führte diesen mit Beschluss vom 20.9.2012 durch. Zugleich setzte es den „Streitwert“ für das Verfahren unter Anwendung der §§ 1 f, 17a, 73 GKG auf 1000,- DM fest. Es ist mit näheren Ausführungen der Rechtsauffassung, die Wertfestsetzung richte sich nach den vor Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften. Gegen die erfolgte Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die u.a. geltend macht, angesichts der Schwierigkeit der Sache und des überdurchschnittlichen erheblichen Arbeitsaufwandes sei – auch in Anwendung von § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG - der Verfahrenswert auf 6.960,- DM zu bestimmen.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte, sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat den Verfahrenswert zu Unrecht unter Anwendung der vor Inkrafttreten des FamFG-RG geltenden Rechtsvorschriften bestimmt. Tatsächlich ist insoweit § 50 FamFG anzuwenden, bei dessen Zugrundelegung der Wert in Höhe von 1.000,- Euro anzusetzen ist.

1. Der Senat schließt sich der – im übrigen ganz herrschenden - Rechtsauffassung der Beschwerde-führerin an, dass der Wert des Verfahrensgegenstandes in Fällen wie dem vorliegenden entsprechend den Vorgaben des FamGKG zu bestimmen ist. Gemäß Art. 111 Abs 4 FGG-RG sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1.9.2009 vom Verbund abgetrennt waren (oder nach dem 1.9.2009 abgetrennt wurden) die nach Inkrafttreten des FGG-RG geltenden Vorschriften anzuwenden. Für die Verfahren auf Durchführung des Versorgungsausgleiches hat dies zur Folge, dass sich nunmehr auch das Kostenrecht (und damit verbunden die Entscheidung über die Festsetzung des Verfahrenswertes) nach neuem Recht richtet (Meyer, Komm. zum GKG und FamGKG, 13. A., § 63 Rz. 2; Schneider/Wolf/Volpert, FamGKG, § 63 Rz. 39; Schulte-Bunert/ Weinreich, Komm. des FamFG, 3.Aufl. 2012, Art. 111 FGG-RG Rz. 22, 26 m.w.N.; vgl. auch BGH FamRZ 2011, 635 ff, 637 - Rz. 26). Dies entspricht bereits der erklärten Absicht des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 16/6308, S. 359) und dient zudem der Rechtsklarheit bzw. Einheitlichkeit der Rechtsordnung, richtet sich doch in den genannten Fällen das Versorgungsausgleichsverfahren selbst ebenfalls nach neuem Recht.

2. In Anwendung der danach einschlägigen Vorschrift des § 50 FamGKG ist der Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren auf 1.000,- Euro festzusetzen (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG).

Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Die Beschwerdeführerin hat unwidersprochen vorgetragen, das Gesamtnettoeinkommen der Eheleute habe für drei Monate bei 8.700,- DM gelegen (Ehefrau: Stanzerin, Ehemann: Hilfsarbeiter). Dieser Betrag ist allerdings lediglich mit dem Faktor 20 % zu multiplizieren, so dass sich zunächst 889,65 € errechnen. Denn dem Versorgungsausgleich unterliegen nur zwei Anrechte, eines auf Seiten des Antragstellers und eines auf Seiten der Antragsgegnerin.

Anrechte im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG sind alle Anrechte, die eine Versorgungsart des Ehegatten darstellen, gleich, ob sie im In- oder Ausland erworben worden sind (Thiel, in: Schneider/Wolf/Volbert, FamGKG, § 50 Rn. 10). Insoweit hat jeder der beiden Ehegatten ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Umstand, dass der frühere Ehemann in der gesetzlichen Krankenversicherung (hier: der Deutschen Rentenversicherung W…) sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben hat, die mit Rücksicht auf §§ 10 Abs. 1 VersAusglG, 120f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI gesondert auszugleichen sind (siehe auch Verfahrenshandbuch Familiensachen – FamVerf/Gutjahr, 2. Aufl., § 6 Rn. 76) und die nicht als gleichartig im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG anzusehen sind (vgl. BGH, FamRZ 2012, 192 Tz. 22), ändert nichts daran, dass es sich gebührenrechtlich nur um ein Anrecht handelt (Brandenburgisches Oberlandesgericht, 2. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 21.10.2011 – 10 UF 309/11, BeckRS 2011, 24724; Beschluss vom 14.6.2011 – 10 UF 249/10, BeckRS 2011, 16974; Senat, Beschluss vom 16.3.2012 – 3 UF 7/12 -; Keuter, FamRZ 2011, 1026; a. A. OLG Brandenburg, 3. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 12.1.2011 – 15 UF 136/10, FamRZ 2011, 1149; OLG Nürnberg, NJW 2011, 620, 621; OLG Jena, FPR 2010, 360, 361; OLG Stuttgart, NJW-RR 2010, 1376). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf der Grundlage des Anrechts, dem sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen, ein Anspruch auf eine einheitliche Rente erworben wird (vgl. OLG Brandenburg, 2. Senat für Familiensachen, Beschluss vom 26.7.2010 – 10 UF 78/10). Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber, indem er die Vorschrift des § 50 FamGKG durch Art. 13 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 3.4.2009 (BGBl. I, S. 700) eingeführt hat, dem konkreten Aufwand der Gerichte und den Leistungen der Anwältinnenund Anwälte im Versorgungsausgleich Rechnung tragen wollte (vgl. BT-Drs. 16/10144, S. 111). Ein nennenswerter zusätzlicher Aufwand entsteht sowohl für die Gerichte als auch für die Anwaltschaft aber nicht, wenn ein Ehegatte in der gesetzlichen Rentenversicherung sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) erworben hat (vgl. zu dem geringen Verwaltungsaufwand, den der Umstand, dass sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) auszugleichen sind, für den Versorgungsträger darstellt, BGH, FamRZ 2012, 192 Tz. 40 ff.).

Der Ausspruch zu Ziff. II. 2 lit. b) aa) der angegriffenen Entscheidung betrifft ebenfalls kein eigenständiges Anrecht. Der darin genannte Ausgleichswert errechnet sich aus der Differenz zwischen den von der DRV W… in ihrer Auskunft vom 4.4.2012 vorgeschlagenen ( 3,3053 bzgl. Anrechte „West“ + 8,8174 bzgl. Anrechte „Ost“ = 12,1226) und den erstinstanzlich unter Berücksichtigung des sog. Vorteilsausgleichs tatsächlich ausgeglichen bzw. nicht ausgeglichenen Ausgleichswerten (2,7239 + 8,8174 = 11,5413; 12,1226 – 11,5413 = 0,5813).

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich nach Vorstehendem ein Verfahrenswert von lediglich 8.700 DM, multipliziert mit 20 % = 1.740,- DM, entspricht bei einem Umrechnungsfaktor von 1,95583 einem Betrag von 889,65 Euro, ergäbe, war dieser gemäß § 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG auf 1.000,- Euro anzuheben.

Veranlassung, unter Anwendung von § 50 Abs. 3 FamGKG einen höheren Wert festzusetzen, hat der Senat nicht. Denn es ist nicht erkennbar, weshalb der Aufwand der Beteiligten und die – noch nicht erheblichen – rechtlichen Schwierigkeiten des Falles unter Zugrundelegung des Mindestwertes nicht hinreichend berücksichtigt sein sollten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.