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Gewässerunterhaltung; Wasser- und Bodenverband; Beitragsbescheid; Gemeinde; Gewässerunterhaltungsumlage; Grundstückseigentümer; Durchgriffsrüge


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 30.09.2013
Aktenzeichen OVG 9 N 65.13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 VwGO, § 80 WasG BB

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Oktober 2012 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 109,06 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beklagte ist Amtsdirektor des Amtes F.... Zu diesem Amt gehört u. a. die Gemeinde H... (im Folgenden: Gemeinde). Die Gemeinde ist Mitglied des Wasser- und Bodenverbandes S... (im Folgenden: Wasser- und Bodenverband). Dessen Verbandsvorsteher setzte gegenüber der Gemeinde jahresweise Gewässerunterhaltungsbeiträge fest (§ 80 Abs. 1 Satz 1 BbgWG). Der Gewässerunterhaltungsbeitragsbescheid für das Jahr 2006 wurde nach Angaben des Beklagten bestandskräftig. Die Bescheide für die Jahre 2007 bis 2010 wurden vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) aufgehoben (VG 8 K 351/07, VG 8 K 491/08, VG 8 K 903/09, VG 381/10). Die diesbezüglichen Berufungszulassungsanträge des Verbandsvorstehers des Wasser- und Bodenverbandes blieben erfolglos (OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 25. Januar 2013 - OVG 9 N 128.12, OVG 9 N 129.12, OVG 9 N 124.12, OVG 9 N 130.12 -).

Der Kläger ist Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Gemeinde. Mit Bescheid vom 2. Oktober 2007 setzte der Beklagte die vom Kläger an die Gemeinde zu zahlende Gewässerunterhaltungsumlage auf 31,16 Euro fest (§ 80 Abs. 2 BbgWG a. F.). Mit Urteil vom 10. Oktober 2012 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid auf. Das Urteil ist dem Beklagten am 16. Januar 2013 zugegangen. Er hat am 18. Februar 2013 (Montag) die Zulassung der Berufung beantragt und seinen Zulassungsantrag erstmals mit Schriftsatz vom 18. März 2013 begründet.

II.

Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO). Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, muss in Bezug auf jede Begründung ein Berufungszulassungsgrund dargelegt sein und vorliegen. Danach ist die Berufung hier nicht zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat die Aufhebung des Gewässerunterhaltungsumlagebescheides u. a. selbstständig tragend damit begründet, dass sich der Beitragssatz des Wasser- und Bodenverbandes als rechtsfehlerhaft erweise und dieser Fehler für den Kläger auch im Verhältnis zum Beklagten rügefähig sei. Zur weiteren Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen einen längeren Auszug aus seinem Urteil vom 27. Juni 2012 (VG 8 K 351/07) betreffend den Verbandsbeitrag der Gemeinde für das Jahr 2007 in seine Entscheidungsgründe eingerückt.

Die fristgerechten Darlegungen des Beklagten wecken keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Urteilsbegründung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 2. Oktober 2007 ist der Kläger zu einer Gewässerunterhaltungsumlage herangezogen worden, die zur Refinanzierung des von der Gemeinde für das Jahr 2006 zu zahlenden Gewässerunterhaltungsbeitrages dienen soll. Der Zulassungsantrag weist im Ansatz zu Recht darauf hin, dass es für die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides unerheblich ist, ob der von der Gemeinde für das Jahr 2007 zu zahlende Gewässerunterhaltungsbeitrag rechtmäßig gewesen ist oder nicht. Das allein genügt indessen hier nicht, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen. Das Verwaltungsgericht hat den von der Gemeinde für das Jahr 2007 zu zahlenden Verbandsbeitrag in seinem diesbezüglichen Urteil (8 K 351/07) für rechtwidrig gehalten, weil der Beitragssatz auf der Grundlage einer Gesamt(verbands)fläche ermittelt worden sei, welche nicht der in § 1 Abs. 3 der Verbandssatzungen von 1993 und 1996 entspreche, und der Beitrag nach dem in § 26 Abs. 1 Satz 1 beider Verbandssatzungen geregelten Flächenmaßstab auch für Flächen erhoben werde, die nicht zum satzungsmäßigen Verbandsgebiet gehörten. Diese Aussage und nähere Ausführungen dazu hat es - wie oben bereits erwähnt - in das hier angegriffene Urteil eingerückt. Die eingerückten Passagen sowie der Tatbestand des angegriffenen Urteils lassen indessen nicht den geringsten Anhalt dafür erkennen, dass der für 2007 bemängelte Fehler erst durch eine Neufestlegung des Abrechnungsgebiets für das Jahr 2007 verursacht worden ist. Vielmehr wird ausschließlich an weiter zurück liegende Sachverhalte angeknüpft. Das legt schon für sich genommen nahe, dass die Ausführungen für 2007 ohne weiteres auch für 2006 gelten. Darüber hinaus hat die Stellvertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2012 ausdrücklich zu Protokoll erklärt, dass sich die Ausgangslage betreffend die Gemeindegrenzen und die Verbandsgebietsgrenzen weder im Jahr 2005 noch im Jahr 2006 noch in den Folgejahren geändert habe; die Situationen seien jedes Mal die gleichen gewesen (GA 140 <143>). Jedenfalls vor dem Hintergrund dieser Erklärung ist es unsubstantiiert, wenn der Zulassungsantrag geltend macht, aus der Bewertung der Verhältnisse im Jahr 2007 könne nichts für die Bewertung der Verhältnisse im Jahr 2006 hergeleitet werden.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils werden weiter auch nicht durch den Umstand begründet, dass der für das Jahr 2006 gegenüber der Gemeinde erlassene Gewässerunterhaltungsbeitragsbescheid bestandskräftig geworden ist. Die Bestandskraft eines Gewässerunterhaltungsbeitragsbescheides nimmt den Grundstückseigentümern nicht die Möglichkeit, gegen die ihnen gegenüber erlassenen Gewässerunterhaltungsumlagebescheide im Wege der "Durchgriffsrüge" einzuwenden, dass bereits die Beitragsfestsetzung gegenüber der Gemeinde die hierfür geltenden Maßstäbe verfehlt habe (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. zuletzt Beschluss vom 6. September 2013 - OVG 9 S 8.13 -, juris, Rdnr. 6 und 7, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2007 - 9 C 1.07 u. a. -, juris, Rdnr. 32 ff. <39>). Der Umstand, dass die Möglichkeit der "Durchgriffsrüge" für die Gemeinde zu misslichen Konsequenzen führen kann, wenn sie gegen einen Gewässerunterhaltungsbeitragsbescheid nicht oder nur erfolglos vorgeht und später erleben muss, dass ihre Gewässerunterhaltungsumlagebescheide wegen eines Fehlers des Gewässerunterhaltungsbeitrages aufgehoben werden, lässt sich nicht von der Hand weisen, gibt aber keinen Anlass, den Grundstückseigentümern die Möglichkeit der "Durchgriffsrüge" vorzuenthalten. Zunächst sind die Gemeinden schon seit dem 1. Februar 2004 nicht mehr gezwungen, den Gewässerunterhaltungsbeitrag gerade im Wege der durchgriffsrügebelasteten Umlage zu refinanzieren (vgl. Beschluss des Senats vom 23. März 2010 - OVG 9 N 55.09 -, juris). Abgesehen davon tragen die Gemeinden als Mitglieder der Gewässerunterhaltungsverbände eine Mitverantwortung für deren Handeln, können schon auf der Verbandsebene auf rechtmäßige Beiträge hinwirken und haben daneben gerade auch die Möglichkeit, sich gegen Gewässerunterhaltungsbeitragsbescheide gerichtlich zu wehren. Bei sorgfältiger Ausnutzung aller gegebenen Möglichkeiten verbleibt für die Gemeinden ein durchaus überschaubares Risiko, Gewässerunterhaltungsbeiträge nicht refinanzieren zu können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).