Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 11.08.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 M 28.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 6 Abs 5 RdFunkGeb1991Vtr BB, § 16 Abs 1 Nr 4 VwVfG, § 166 VwGO, § 114 ZPO |
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 4. April 2014 wird geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ohne Ratenzahlung bewilligt und ihm Rechtsanwalt ... beigeordnet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
Die Beschwerde des Klägers ist begründet. Der Kläger hat nach § 166 VwGO in Verbindung mit §§ 114 und 121 ZPO einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das erstinstanzliche Verfahren.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, die sich allein auf die Anfechtung der Festsetzung einer Rundfunkgebühr für den Monat Januar 2012 nebst Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 23,09 EUR durch den Gebührenbescheid des Beklagten vom 2. Juni 2012 bezieht, bot im Verfahren der ersten Instanz hinreichende Aussicht auf Erfolg und erschien auch nicht mutwillig.
Zwar verweist das Verwaltungsgericht in seinem die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss vom 4. April 2014 zu Recht darauf, dass eine Gebührenbefreiung gemäß § 6 Abs. 5 RGebStV nur für den auf den Befreiungsantrag folgenden Monat in Betracht kommt und dieser Antrag vom Kläger erst unter dem 23. Januar 2012 unterzeichnet worden bzw. beim Beklagten am 27. Januar 2012 eingegangen ist. Hieran würde sich - so das Verwaltungsgericht weiter - auch nichts ändern, wenn man insoweit bereits auf den „kommentarlosen Zugang“ des Bescheides des Landrates des Landkreises Märkisch-Oderland vom 15. Dezember 2011 über die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII beim Beklagten am 18. Januar 2012 abstellen würde. Jedoch war der Kläger zur rechtzeitigen Stellung des Befreiungsantrags aufgrund von Krankheit bzw. Behinderung, nämlich wegen eines chronischen hirnorganischen Psychosyndroms nach frühkindlichem Hirnschaden, ersichtlich nicht in der Lage. Rechtlich ist das vorliegend deshalb erheblich, weil die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in einem derartigen Fall erst nach Bestellung eines gesetzlichen Vertreters in Betracht kommt (§ 16 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG) und eine solche hier seinerzeit noch nicht erfolgt war.
Dass die genannte Erkrankung bzw. Behinderung des Klägers letztlich erst im Rahmen der Bestellung eines Betreuers für die Aufgabenkreise u.a. der Vertretung vor Ämtern, Behörden und vor Gericht sowie der Vermögenssorge durch das Amtsgericht Bad Freienwalde (Oder) mit Beschluss vom 25. April 2012 festgestellt wurden, d.h. nach der erforderlichen Stellung des Befreiungsantrags, stellt das seinerzeitige Unvermögen des Klägers zur Antragstellung im Dezember 2011 nach Erhalt des Bescheids vom 15. Dezember 2011 über die weitere Gewährung von Grundsicherung nach dem SGB XII nicht in Frage. Denn aus diesem Beschluss des Amtsgerichts bzw. dem zugrunde gelegten Betreuungsgutachten des Nervenarztes und Psychiatrischen Sachverständigen B... vom 26. März 2012 ergibt sich, dass der Kläger schon seit Jahren nicht in der Lage war, Angelegenheiten in den genannten Aufgabenkreisen selbst zu erledigen. Dass seine - nunmehr zur Betreuerin bestellte - Mutter dem volljährigen Kläger in der Vergangenheit bei der Wahrnehmung seiner diesbezüglichen Angelegenheiten die offensichtlich notwendige Hilfe geleistet bzw. ihn insoweit angeleitet hatte und deshalb auch die entsprechende Antragstellung hätte veranlassen können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn bis zu ihrer Betreuerbestellung durch den Beschluss vom 25. April 2012 fehlte die erforderliche rechtliche Grundlage für eine Vertretung durch sie, so dass dem Kläger ein eventuelles Verschulden seiner Mutter durch die verspätete Veranlassung der Stellung des Befreiungsantrags nicht zuzurechnen ist.
Der auch weiterhin nur über monatliche Einkünfte in Höhe von ca. 1... EUR und kein relevantes Vermögen verfügende Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung - und sei es auch nur ratenweise - aufzubringen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).