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Einkommen- und Umsatzsteuer 2011


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 9. Senat Entscheidungsdatum 19.12.2019
Aktenzeichen 9 K 9073/18 ECLI ECLI:DE:FGBEBB:2019:1219.9K9073.18.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Die Prozessbeteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger einen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Herabsetzung der Einkommen- und der Umsatzsteuer 2011 auf die Beträge hat, die sich bei vollständiger Berücksichtigung seiner Angaben in der von ihm am 15. August 2016 beim Beklagten eingereichten Jahressteuererklärungen 2011 ergeben.

Der ledige Kläger, von Beruf Diplom-Ingenieur für Nachrichtentechnik, erzielte im Streitjahr 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus freiberuflicher Tätigkeit, aus nichtselbständiger Arbeit, aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen. Für seine Veranlagung zur Einkommen- und Umsatzsteuer war der Beklagte zuständig.

In steuerlichen Angelegenheiten wurde er gegenüber dem Beklagten von seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten. Dieser hatte mit Schreiben vom 29. Dezember 2011 Fristverlängerung für die Abgabe der Jahressteuererklärungen 2011 bis zum 28. Februar 2012 beantragt, die vom Beklagten auch gewährt wurde. Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers war damals Partner einer Kanzlei von Rechtsanwälten, Notaren und Steuerberatern „B…“ mit Kanzleisitz „C…-straße, D…“.

Mangels Einreichung von Jahressteuererklärungen durch den Kläger schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) betr. Einkommen- und Umsatzsteuer und setzte diese mit zwei Bescheiden vom 6. Mai 2013 auf 77 970,00 EUR (= ESt 2011) bzw. 1 350,00 EUR (= USt 2011) fest. Die beiden Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO). Folgende (Netto-)Einkünfte wurden in dem Einkommensteuerbescheid angesetzt:

 Einkünfte aus Gewerbebetrieb:

 580,00 EUR

 Einkünfte aus selbständiger Arbeit:

 10 000,00 EUR

 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit:

 202 265,00 EUR

In seinem Umsatzsteuerbescheid ging der Beklagte von folgenden Besteuerungsgrundlagen aus:

Umsätze zum vollen Steuersatz in Höhe von 15 000,00 EUR

Vorsteuern in Höhe von 1 500,00 EUR

Der Beklagte erließ in der Folgezeit aufgrund mehrerer Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO folgende geänderte Einkommensteuerbescheide:

 Bescheid v. 31.05.2013: Festsetzung der ESt 2011 auf 79 066,00 EUR

 Bescheid v. 04.09.2013: Festsetzung der ESt 2011 auf 79 307,00 EUR

 Bescheid v. 20.12.2013: Festsetzung der ESt 2011 auf 79 320,00 EUR

 Bescheid v. 22.07.2014: Festsetzung der ESt 2011 auf 79 949,00 EUR

 Bescheid v. 02.09.2014: Festsetzung der ESt 2011 auf 80 039,00 EUR

Mittels zweier Bescheide vom 16. Februar 2015 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung sowohl hinsichtlich der Einkommensteuer- als auch hinsichtlich der Umsatzsteuerveranlagung 2011 auf.

Unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erging am 3. Juli 2015 ein weiterer geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2011, mittels dessen die Einkommensteuer auf 80 008,00 EUR herabgesetzt wurde.

Unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erging am 28. Juli 2016 ein weiterer geänderter Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2011, mittels dessen die Einkommensteuer auf 81 915,00 EUR erhöht wurde. Gegen den Bescheid legte der Kläger, vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, fristgerecht Einspruch ein. Bereits einige Tage zuvor (am 15. August 2016) hatte der Kläger die noch ausstehenden Jahressteuererklärungen 2011 beim Beklagten eingereicht. Der Kläger begehrte eine Herabsetzung der Einkommensteuer auf 75 014,00 EUR und eine Herabsetzung der Umsatzsteuer auf 753,55 EUR.

Der Beklagte wertete die eingereichte Umsatzsteuererklärung als einen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO und lehnte diesen mit Schreiben vom 17. Juli 2017 ab. Zur Begründung führte er aus, dass den Kläger ein grobes Verschulden an der verspäteten Einreichung der Jahressteuererklärungen 2011 treffe.

Mittels Bescheid vom 1. August 2017 hob der Beklagte den Einkommensteuerbescheid vom 28. Juli 2016 unter Berufung auf § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO auf. In den Erläuterungen zum Bescheid wurde dargelegt, dass der Einspruch des Klägers hierdurch als erledigt angesehen werde, weil unter Beachtung von § 177 AO i. V. m. § 351 AO keine Minderung der im Bescheid vom 3. Juli 2015 bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuer (80 008,00 EUR) mehr möglich sei.

Sämtliche Bescheide waren postalisch an den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers unter dessen damaliger Kanzleianschrift „C…-straße, D…“ adressiert.

Mit Schreiben vom 11. August 2017 legte der Kläger, vertreten durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten, sowohl gegen den ablehnenden Bescheid vom 17. Juli 2017 betr. Umsatzsteuer 2011 als auch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 1. August 2017 Einsprüche ein. Zur Begründung trug er vor, dass ihm insgesamt drei Bescheide nicht zugegangen seien (zwei Bescheide vom 16. Februar 2015 betr. Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung betr. ESt und USt sowie der Einkommensteuerbescheid vom 3. Juli 2015). Alle vom Beklagten bis zum 30. Juni 2016 erlassenen und seinem Bevollmächtigten zugegangenen Bescheide hätten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden. Der nächste von ihm erhaltene Bescheid sei der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 28. Juli 2016 gewesen, der dann keinen Vorbehaltsvermerk mehr enthalten habe. Gleichzeitig stellte er einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 AO, da er vermutlich ohne Verschulden eine gesetzliche Frist versäumt habe.

Der Beklagte forderte den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 8. September und vom 17. Oktober 2017 vergeblich auf, den Nichtzugang der Bescheide vom 16. Februar 2015 durch die Übersendung einer Kopie des Posteingangsbuches für den Zeitraum 17. bis 27. Februar 2015 nachzuweisen.

Mittels zweier Einspruchsentscheidungen vom 22. März 2018 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass Nachweise, die den Nichtzugang der Bescheide vom 16. Februar und vom 3. Juli 2015 belegen würden, nicht vorliegen würden.

Ein Grund für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Sinne von § 110 AO wegen schuldloser Versäumung der Einspruchsfrist betr. die Bescheide vom 16. Februar 2015 sei nicht ersichtlich.

Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Klage vertieft der Kläger sein Vorbringen im Einspruchsverfahren. Die Forderung des Beklagten nach Vorlage des Posteingangsbuches stelle eine Umkehr der Beweislast betr. den Zugang eines Steuerverwaltungsaktes dar: Nicht der Steuerpflichtige, sondern das Finanzamt müsse den Zugang der beiden Bescheide vom 16. Februar 2015 beweisen. Sein Prozessbevollmächtigter führe bis heute kein Posteingangsbuch. Daher sei dessen Vorlage nicht möglich. Das Fehlen solcher Dokumentationen führe aber nicht zu einer Beweislastumkehr (Hinweis auf BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 – I R 103/04, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2005, 623 sowie FG Düsseldorf, Urteil vom 18. Mai 2004 – 6 K 2695/02 K, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 85 als Vorinstanz zum vorgenannten BFH-Urteil).

Im Übrigen seien die Zustelldienste der E… als Zustellerin von Briefsendungen der Finanzverwaltungen von Berlin und Brandenburg mit erheblichen Mängeln behaftet.

Er, der Kläger, habe daher einen Anspruch auf Durchführung einer Einkommen- und Umsatzsteuerveranlagung für das Streitjahr 2011 nach Maßgabe der von ihm eingereichten Jahressteuererklärungen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 17. Juli 2017 in Gestalt der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22. März 2018 zu verpflichten, die Umsatzsteuer 2011 auf 753,55 EUR festzusetzen;

die Einkommensteuer 2011 unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 1. August 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2018 auf 75 865,00 EUR festzusetzen

sowie die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in der angefochtenen Einspruchsentscheidung. Zu dem erstmaligen Vortrag des Klägers im Klageverfahren, sein steuerlicher Vertreter führe kein Posteingangsbuch, sei anzumerken, dass aus den Anlagen 1 und 2 zum Klagebegründungsschriftsatzes vom 21. Juni 2018 (Bl. 22 ff. d. A.) eindeutig hervorgehe, dass auf allen beim Prozessbevollmächtigten des Klägers eingehenden Unterlagen ein Eingangsstempel vermerkt werde und jedes einzelne Schreiben eine laufende Nr. und einen Fristvermerk aufweise. Somit gehe er, der Beklagte, davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers ein Fristenkontrollbuch führe. Diese Vorgehensweise sei bei Steuerberatern auch üblich.

Mit Telefax-Schreiben vom 12. Februar 2019 (Bl. 55 und 56 d. A.) an den Prozessbevollmächtigten des Klägers forderte der Berichterstatter des erkennenden Senats den Kläger unter Berufung auf § 79 b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf, bis zum 5. April 2019

- Kopien aus dem Fristenkontrollbuch seines steuerlichen Beraters für die Zeiträume 17. bis einschließlich 27. Februar 2015 sowie 4. bis einschließlich 14. Juli 2015 beim FG einzureichen

- zu den auf den Eingangsschreiben vergebenen laufenden Nummern Stellung zu nehmen.

Gleichzeitig wurde der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die Folgen einer nicht fristgerechten Beachtung dieser Aufforderung nach § 79 b Abs. 3 FGO hingewiesen.

Eine Reaktion der Klägerseite auf diesen Schreiben erfolgte nicht.

Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung vier Bände Steuerakten des Beklagten betr. den Kläger (StNr.: …) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

A. Die Klage ist unbegründet.

Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 17. Juli 2017 betr. Umsatzsteuer 2011 und der geänderte Einkommensteuerbescheid 2011 vom 1. August 2017, jeweils in Gestalt der beiden hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 22. März 2018, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

I. Einkommensteuer 2011

§ 164 Abs. 2 AO erlaubt keine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung auf einen Betrag unter 80 008,00 EUR, wie er mit Änderungsbescheid vom 3. Juli 2015 festgesetzt wurde. Denn die Bescheide vom 16. Februar (Aufhebung des VdN) und vom 3. Juli 2015 (Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO) sind dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach der Überzeugung des erkennenden Gerichts zugegangen.

Der Kläger behauptet zwar, dass die beiden vorgenannten Bescheide seinem Prozessbevollmächtigten nicht zugegangen seien. Aber das Gericht geht davon aus, dass es sich bei diesen Behauptungen um Schutzbehauptungen handelt.

Nach § 122 Abs. 2 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, zu dem dort näher bezeichneten Zeitpunkt als bekanntgegeben; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts nachzuweisen. Der Nachweis des Zugangs kann von der Behörde nicht nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises (prima-facie-Beweis) geführt werden; es gelten vielmehr die allgemeinen Beweisregeln, insbesondere die des Indizienbeweises. Demnach können bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheids im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung vom FG im Wege einer freien Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO dahingehend gewürdigt werden, dass entgegen der Behauptung des Steuerpflichtigen von einem Zugang des Steuerbescheids ausgegangen wird (z. B. BFH-Urteil vom 14. März 1989 VII R 75/85, BStBl II 1989, 534, BFH-Beschluss vom 31. Juli 2000, BFH/NV 2001, 145; BFH-Beschluss vom 4. November 2008 – I B 106/08, juris; FG Hamburg, Urteil vom 1. November 2016 – 6 K 122/16, juris).

Demnach kann der Beweis auf Indizien gestützt und im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden (BFH-Urteil vom 12. März 2003, X R 17/99, BFH/NV 2003, 1031). Dabei ist die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Brief tatsächlich zugegangen ist, allein kein ausreichendes Indiz. Denn auch wenn dies nach der Lebenserfahrung in der Regel anzunehmen ist, so lässt sich doch eine volle Überzeugung auf eine bloße Wahrscheinlichkeit nicht gründen.

Unter Zugang i. S. des § 122 Abs. 2 AO wird nicht allein die tatsächliche Kenntnisnahme des Schriftstückes verstanden. Zugegangen ist es bereits dann, wenn es derart in den Machtbereich des Empfängers (Inhaltsadressaten) gelangt ist, dass dieser unter Ausschluss unbefugter Dritter von dem Schriftstück Kenntnis nehmen und diese Kenntnisnahme nach den allgemeinen Gepflogenheiten auch von ihm erwartet werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 14. März 1990 – X R 104/88, BStBl II 1990, 612 und vom 14. August 1975 IV R 150/71, BStBl II 1976, 764). Diese Voraussetzungen sind regelmäßig erfüllt, wenn die Sendung entsprechend den postalischen Vorschriften zugestellt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 9. Dezember 1999 III R 37/97, BStBl II 2000, 175).

Übertragen auf den Streitfall folgt hieraus, dass von einer Bekanntgabe der beiden streitgegenständlichen Bescheide auszugehen ist.

Das Gericht ist nach vorliegender Aktenlage davon überzeugt, dass die Bescheide am 16. Februar bzw. am 3. Juli 2015 zur Post gegeben worden sind. Die betreffenden Briefe, die die beiden Bescheide enthielten, sind auch nicht an den Beklagten zurückgesandt worden, denn dann wäre dieser Brief mit dem Vermerk ebenfalls abgeheftet worden.

Das Gericht geht außerdem davon aus, dass die Bescheide den Prozessbevollmächtigten des Klägers auch erreicht haben. Es ist in diesem Zusammenhang ausreichend, dass die Briefe, die die streitgegenständlichen Bescheide enthalten haben, beim Prozessbevollmächtigten des Klägers in den Briefkasten eingeworfen wurden, und hiervon ist das Gericht überzeugt. Diese Beweiswürdigung ergibt sich aufgrund folgender Indizien:

- Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in seinem Einspruchsbegründungsschreiben vom 25. August 2016 betr. den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 28. Juli 2016 nicht beanstandet, dass er den vorangegangenem Änderungsbescheid vom 3. Juli 2015 und den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 16. Februar 2015 gar nicht erhalten habe (obwohl dazu Anlass bestanden hat, denn in den „Erläuterungen“ zum Bescheid vom 28. Juli 2016 heisst es u.a. ausdrücklich „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 3. Juli 2015“).

- Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat auf die richterliche Verfügung vom 12. Februar 2019 (Bl. 55 d. A.) nicht reagiert. Ein Steuerberater oder Rechtsanwalt muss ein Fristenkontrollbuch oder einen Fristenkalender führen (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO-FGO, § 110 AO Rz. 269; Bruns, in: Gosch, AO/FGO, § 110 AO Rz. 32). Wenn er diese Dokumente nicht vorlegt, darf das Gericht aus diesem Umstand für den Kläger ungünstige Schlussfolgerungen ziehen. Dem steht das BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 103/04, BStBl II 2005, 623 nicht entgegen. Im dortigen Fall hatte der Steuerberater tatsächlich kein Fristenkontrollbuch geführt. Im vorliegenden Fall führt der Prozessvertreter des Klägers nach eigenem Bekunden kein Posteingangsbuch. Er hat aber nicht bestritten, dass er ein Fristenkontrollbuch führt. Darauf deuten zum einen die Nummern hin, die offensichtlich von seiner Kanzlei auf den eingegangenen Bescheiden angebracht worden sind (vgl. Bl. 50 und Bl. 53 d. A.). Zum anderen war der Prozessbevollmächtigte des Klägers im relevanten Zeitraum Partner einer Kanzlei von Rechtsanwälten, Notaren und Steuerberatern in D…. Es erscheint unglaubhaft, dass er in dieser Situation kein Fristenkontrollbuch geführt hat, denn dies wäre auch für die Partner in der Kanzlei mit hohen finanziellen Risiken verbunden (z. B. könnten die Partner der Kanzlei Schadensersatzforderungen von Mandanten des Prozessbevollmächtigten des Klägers wegen mangelhafter Büroorganisation etc. ausgesetzt sein).

Eine Änderungsmöglichkeit der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO besteht ebenfalls nicht, da die stark verspätete Einreichung der Einkommensteuererklärung 2011 durch den Kläger auf dessen Verschulden beruht.

Gründe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i. S. von § 110 AO wegen schuldloser Versäumung der Einspruchsfristen betr. den Bescheid vom 16. Februar und denjenigen von 3. Juli 2015 sind nicht ersichtlich.

II. Umsatzsteuer 2011

Für die Umsatzsteuer 2011 gelten dieselben Ausführungen wie bei der Einkommensteuer 2011.

B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.