Gericht | LSG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 27.03.2013 | |
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Aktenzeichen | L 7 KA 87/10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 10 Abs 2 SGG, § 40 S 2 SGG, § 89 SGB 5 |
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2010 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Die Klägerin wendet sich gegen den Schiedsspruch des Beklagten vom 18. März 2005, durch den der Vertrag nach § 115 b Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) – ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus – (AOP-Vertrag 2005, Geltungsdauer 1. April 2005 bis 30. September 2006) festgesetzt worden ist; die Klage richtet sich ausschließlich gegen die in § 9 Abs. 2 bis 5 des AOP-Vertrages 2005 enthaltenen Regelungen zur Vergütung von Sachkosten.
Durch Art. 1 Nr. 71 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz [GSG]) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I 1992, S. 2266) wurde § 115 b in das SGB V eingefügt. Durch diese inzwischen mehrfach geänderte Vorschrift sind die Krankenhäuser zur Durchführung ambulanter Operationen und stationsersetzender Eingriffe - neben den Vertragsärzten - zugelassen worden (Abs. 2 Satz 1). Die Versicherten erhielten dadurch die Möglichkeit, das Krankenhaus unmittelbar und ohne Verordnung eines Vertragsarztes zur ambulanten Durchführung einer Operation in Anspruch zu nehmen. Nach § 115 b Abs. 1 SGB V in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Beklagten geltenden Fassung vereinbarten die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam, die Deutsche Krankenhausgesellschaft oder die Bundesverbände der Krankenhausträger gemeinsam und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen u.a. einen Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe (Nr. 1) sowie einheitliche Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte (Nr. 2). Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 1 ganz oder teilweise nicht zu Stande, wird ihr Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch das Bundesschiedsamt nach § 89 Abs. 4 SGB V festgesetzt, das um Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft in der gleichen Zahl erweitert wird, wie sie jeweils für die Vertreter der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vorgesehen ist (erweitertes Bundesschiedsamt, § 115 b Abs. 3 SGB V).
Mit Wirkung zum 1. April 1993 vereinbarten die Vertragspartner des § 115 b SGB V erstmals einen AOP-Vertrag (AOP-Vertrag 1993), der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum 31. Dezember 2003 gekündigt und durch den bis zum 31. März 2005 geltenden AOP-Vertrag ersetzt wurde.
Auf eine Folgevereinbarung konnten die Vertragspartner sich insbesondere im Hinblick auf die Vergütung von Sachkosten nicht einigen. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 rief daher die Klägerin das erweiterte Bundesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung (den Beklagten) an und beantragte die Festsetzung des dem Schreiben beigefügten so genannten Grundvertrages zu § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V. Im Hinblick auf die Sachkosten begehrte die Klägerin eine Vergütung „nach dem jeweiligen Einstandspreis“; auch vom Krankenhaus verabreichte oder abgegebene Arzneimittel seien der Krankenkasse, orientiert an den Preisen der „Lauer-Taxe“, für jeden Einzelfall in Rechnung zu stellen. Auch ambulant operierende Vertragsärzte hätten die Möglichkeit, sämtliche benötigten Sachmittel, entweder als Sprechstundenbedarf oder im Wege der vertragsärztlichen Einzelverordnung, zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung zu verordnen. Der für die Krankenhäuser bislang geltende pauschale Aufschlag auf die Gesamthonorarsumme sei demgegenüber defizitär. § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V fordere ausdrücklich einheitliche Vergütungen für Vertragsärzte und Krankenhäuser.
Im Laufe der Einigungsverhandlungen legte die Klägerin geänderte Entwürfe vom 3. und 16. März 2005 vor. Mit Schreiben vom 31. Januar 2005, 24. Februar 2005, 8. und 17. März 2005 legten die Spitzenverbände der Krankenkassen ihrerseits Vertragsentwürfe vor. Unterschiedliche Vorschläge gab es insbesondere zur Höhe des pauschalen Zuschlags auf die Honorarsumme (später § 9 Abs. 2), zur Einbeziehung der vertraglich vereinbarten Sachkostenpauschalen des EBM (später § 9 Abs. 2), zur Kostenerstattung nach Einzelaufwand bei Überschreitung eines bestimmten Betrages im Einzelfall (später § 9 Abs. 3) und zur Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall ab Erreichen bestimmter Kosten (später § 9 Abs. 4).
Mit Beschlüssen vom 18. März 2005 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Vertragsfestsetzung ab, setzte den Vertrag nach § 115 b Abs. 1 SGB V in der Fassung des Vertragsentwurfs der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 17. März 2005 mit Modifikationen und unter maßgeblicher Berücksichtigung des Formulierungsvorschlages der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 (Anlage 6 der Ergebnisniederschrift) fest und ordnete die sofortige Vollziehung an.
§ 9 des am 1. April 2005 in Kraft getretenen AOP-Vertrages 2005 regelte danach die hier streitbefangene Vergütung von Sachkosten (Arzneimittel, Verbandmittel, Heilmittel, Verbrauchsmaterialien) vor dem Hintergrund der zuletzt verfassten Entwürfe der Klägerin einerseits und der Spitzenverbände der Krankenkassen andererseits und unter Übernahme des Vorschlags der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wie folgt:
· § 9 Abs. 1, zwischen den Beteiligten unumstritten, lautet: „Die Kosten des Praxisbedarfs sind mit den ärztlichen Leistungen des EBM vergütet und werden vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt.“
· § 9 Abs. 2:
„Sachkosten, die im Krankenhaus im Zusammenhang mit ärztlichen Leistungen dieses Vertrags entstehen und die
- nicht mit den ärztlichen Leistungen (Praxisbedarf),
- nicht mit den vertraglich vereinbarten Sachkostenpauschalen des Kapitels 40 des EBM,
- nicht mit den Vereinbarungen gemäß Abs. 3 und Abs. 4
abgeholten sind, werden durch einen pauschalen Zuschlag auf die gesamte Honorarsumme in Höhe von 7,0 % vergütet.“
Demgegenüber hatte die Klägerin in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 zuletzt vorgeschlagen (Anlage 2 der Ergebnisniederschrift), die Sachkosten durch einen pauschalen Zuschlag auf die gesamte Honorarsumme in Höhe von 10 % zu vergüten, bei einer Honorarsumme von mehr als 127,82 Euro in Höhe von 8 %.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 zuletzt vorgeschlagen (Anlage 4 der Ergebnisniederschrift), die Sachkosten durch einen pauschalen Zuschlag auf die gesamte Honorarsumme in Höhe von 4 % zu vergüten, bei einer Honorarsumme von mehr als 127,82 Euro in Höhe von 3,2 %.
· § 9 Abs. 3:
„Nachfolgende Sachkosten werden zusätzlich zu der Vereinbarung in Abs. 2 nach Einzelaufwand erstattet, soweit sie den Betrag von 15,00 Euro im Einzelfall überschreiten:
- im Körper verbleibende Implantate,
- Röntgenkontrastmittel,
- Diagnostische und interventionelle Katheter einschl. Führungsdraht, Gefäßschleuse und Einführungsbesteck im Zusammenhang mit angiologisch-diagnostischen und –therapeutischen, gefäßchirurgischen und phlebologischen Leistungen,
- Iris-Retraktoren und Injektionshalterungen bei opthalmochirurgischen Eingriffen,
- Ophthalmica (Perfluordecaline, Silikonäl, C3F8-Gas) bei ophthalmo-chirurgischen Operationen,
- Narkosegase,
- Sauerstoff.“
Demgegenüber hatte die Klägerin in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 zuletzt einen umfassenderen Leistungskatalog vorgelegt, für den der Einzelaufwand zu erstatten sei, sofern der Betrag von 15 Euro im Einzelfall überschritten sei (Anlage 2 der Ergebnisniederschrift).
Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 zuletzt vorgeschlagen, nur Implantate und Röntgenkontrastmittel nach Einzelaufwand zu erstatten, soweit der Betrag von 25,56 Euro im Einzelfall überschritten sei (Anlage 4 der Ergebnisniederschrift).
· § 9 Abs. 4:
„Übersteigt der Preis eines Arzneimittels im Einzelfall einen Betrag von 65,00 Euro und ist er nicht Bestandteil der Vergütungen gemäß Abs. 2 und 3, erfolgt eine zusätzliche Erstattung. Die Erstattung erfolgt in der Höhe der Hälfte des rechnerischen Bruttopreises im Einzelfall. Die Berechnung erfolgt auf der Grundlage einer Einzeldosis, der größten angegebenen Packungseinheit der Großen Deutschen Spezialitätentaxe (Lauertaxe).
Demgegenüber hatte die Klägerin in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 zuletzt vorgeschlagen (Anlage 2 der Ergebnisniederschrift): „Die für die Durchführung der Leistungen (…) benötigten Arzneimittel werden nach Großer Deutscher Spezialitätentaxe (Lauertaxe) erstattet. Der Betrag ergibt sich aus den tatsächlich für den Behandlungsfall verbrauchten Einheiten des jeweiligen Arzneimittels (…). Erstattet wird der die Wertgrenze in Höhe von 10,00 Euro übersteigende Betrag des jeweiligen Arzneimittels.“
Die Spitzenverbände der Krankenkassen hatten in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 zuletzt vorgeschlagen (Anlage 4 der Ergebnisniederschrift): Soweit die Kosten eines Arzneimittels einen Betrag von 100 Euro im Einzelfall übersteigen und sie nicht Bestandteil einer anderen Sachmittelpauschale sind, werden sie nach Einzelaufwand erstattet.“
· § 9 Abs. 5:
„Die Abrechnung der Sachkosten gemäß Abs. 3 und der Arzneimittel gemäß Abs. 4 erfolgt zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen gemäß § 18. Das Krankenhaus wählt dabei Materialien, die mit den Sachkosten gemäß Abs. 3 vergütet werden, unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und der medizinischen Notwendigkeit aus. Es hat die rechnungsbegründenden Unterlagen in Form der Originalrechnungen für die Dauer von fünf Jahren aufzubewahren und vorzuhalten. Aus den Originalrechnungen muss der Name des Herstellers bzw. des Lieferanten, die Artikelbezeichnung sowie die vom Hersteller bzw. Lieferanten festgelegte Artikelnummer hervorgehen. Das Krankenhaus ist verpflichtet, die tatsächlich realisierten Preise in Rechnung zu stellen und gegebenenfalls die vom Hersteller bzw. vom Lieferanten gewährte Rückvergütung wie insbesondere Preisnachlässe, Rabatte und andere geldwerte Vorteile mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten bis zu 3 % weiterzugeben. (…)“
Demgegenüber hatten weder die Klägerin noch die Spitzenverbände der Krankenkassen eine Weitergabe gewährter Preisnachlässe und Rabatte u.ä. vorgeschlagen (Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005, Anlage 2 und 4 der Ergebnisniederschrift).
· § 9 Abs. 6: (zur Mitgabe von Arzneimitteln, zwischen den Beteiligten unumstritten)
· § 9 Abs. 7: (zwischen den Beteiligten unumstritten:) „Die Vertragsparteien vereinbaren für die Vergütung von Sachkosten zum 01. Januar 2006 entsprechende Sachkostenpauschalen. Hierzu nehmen sie unverzüglich Verhandlungen auf.“
Zur Begründung führte der schriftliche Bescheid des Beklagten vom 30. April 2005 aus: Der Grundsatz einheitlicher Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte gemäß § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V könne nicht undifferenziert auf die Erstattung von Sachkosten angewendet werden. Zu der Honorierung erbrachter Leistungen bestehe ein Unterschied. Krankenhäuser seien nämlich in der Lage, Sachmittel und insbesondere Arzneimittel preisgünstiger zu beschaffen als Vertragsärzte. Daher sei die Erstattung von Sachkosten unterschiedlich zu regeln. Dies gebiete auch das Wirtschaftlichkeitsgebot. Der AOP-Vertrag müsse Anreize zu kostengünstigem Einkauf von Sachmitteln setzen. Gleichzeitig müsse sichergestellt sein, dass die Krankenhäuser die Sachkosten nicht zum Teil aus den Leistungsvergütungen zu decken hätten. Zu aufwändig und bürokratisch sei ein System der Einzelerstattung. Sachgerecht sei der pauschale Aufschlag von 7 Prozent gemäß § 9 Abs. 2 AOP-Vertrag 2005. Eine notwendige Individualisierung regele der Katalog in § 9 Abs. 3 AOP-Vertrag mit der Möglichkeit von Einzelabrechnungen, so weit ein Betrag von 15 Euro überschritten sei. In Bezug auf Arzneimittel habe man Wirtschaftlichkeitsreserven in der Beschaffung durch die Krankenhäuser gesehen; soweit der Preis eines Arzneimittels im Einzelfall einen Betrag von 65,00 Euro übersteige, erscheine eine Einzelabrechnung unter Berücksichtigung der weiter geregelten Abrechnungsmodalitäten sachgerecht. Die Gesamtregelung in § 9 gehe weit über die früheren Angebote der Spitzenverbände der Krankenkassen hinaus und sei im Hinblick auf § 9 Abs. 7 AOP-Vertrag 2005 auch nur eine kurzfristig geltende Übergangsregelung.
Mit der am 8. Juni 2005 erhobenen Klage wendet die Klägerin sich gegen die im Schiedsspruch des Beklagten vom 18. März 2005 enthaltenen Regelungen zur Vergütung von Sachkosten in § 9 Abs. 2 bis 5 des AOP-Vertrag 2005.
Das Sozialgericht Berlin (79. Kammer, zuständig für Vertragsarztrecht) hat die Klage mit Urteil vom 1. September 2010 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es handele sich um eine vertragsarztrechtliche Streitigkeit, denn der Beklagte sei als gemeinsames Gremium der Selbstverwaltung institutionell im Vertragsarztrecht verortet. Inhaltlich habe der Beklagte den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum eingehalten und den Schiedsspruch ohne Rechtsverstoß beschlossen. Insbesondere gebiete die gesetzliche Vorgabe der „einheitlichen Vergütungen für Krankenhäuser und Vertragsärzte“ nicht, beide Gruppen auch bei der Vergütung von Sachkosten gleich zu behandeln. Sie beschafften Sach- und Arzneimittel nämlich auf unterschiedliche Weise. Es drohten Wettbewerbsverzerrungen, wenn für Krankenhäuser durch Großeinkäufe im Sachmittelbereich Überschüsse erzielbar seien, die den Vertragsärzten nicht offen stünden. Ein Gutachten zu den zu erzielenden Preisnachlässen, drohenden Kostenunterdeckungen und Wirtschaftlichkeitsreserven in Krankenhäusern habe der Beklagte nicht einholen müssen, zumal es insoweit an substantiiertem Vorbringen der Klägerin im Schiedsverfahren gemangelt habe. Sofern es in Einzelfällen durch die in § 9 AOP-Vertrag 2005 getroffenen Regelungen in Krankenhäusern zu Kostenunterdeckungen kommen sollte, führe dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Beklagten vom 18. März 2005, denn es bestehe für Krankenhäuser keine Verpflichtung, ambulant durchführbare Operationen auch als solche anzubieten. Die vom Beklagten getroffene Entscheidung diene der Konfliktlösung und bewirke durch die gefundenen ausgewogenen Kompromisse einen weit gehenden Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien. In weiten Teilen sei der Beklagte dem Begehren der Klägerin entgegen gekommen. Einseitig habe er sein Gestaltungsrecht damit nicht ausgeübt sondern sich im Rahmen der von den Beteiligten des Schiedsverfahrens gestellten Anträge bewegt; dabei habe der Beklagte auch berücksichtigt, dass die getroffenen Regelungen nur von begrenzter zeitlicher Geltungsdauer gewesen seien.
Gegen das ihr am 18. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Sie bringt vor: Die 79. Kammer des Sozialgerichts Berlin sei für eine Entscheidung über den Rechtsstreit nicht zuständig gewesen, weil es sich um keine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handele; Krankenhäuser seien keine Vertragsärzte im Sinne von § 10 Abs. 2 SGG. Unabhängig davon verstießen die Regelung zur Sachkostenvergütung in § 9 Abs. 2 bis 5 AOP-Vertrag 2005 im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts gegen das Gebot der einheitlichen Vergütung für Krankenhäuser und Vertragsärzte in § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Damit sei nicht nur eine einheitliche Leistungsvergütung gemeint, sondern auch eine einheitliche Sachkostenvergütung. Anzustreben sei Kostengleichheit im Außenverhältnis zwischen Leistungserbringer und Krankenkasse; die gesetzliche Vorgabe wolle bewirken, dass es für die Krankenkassen ohne Bedeutung sei, ob ein ambulanter Eingriff in der Vertragsarztpraxis oder im Krankenghaus durchgeführt werde. Unterschiedliche Einkaufspreise für Sachmittel dürften nicht zu unterschiedlichen Vergütungen im Bereich des ambulanten Operierens führen. Den Sachverhalt habe der Beklagte unzureichend aufgeklärt. Die Klägerin habe im Schiedsverfahren im Bereich der Sachkostenvergütung eine Abrechnung nach Einkaufspreisen begehrt und hinsichtlich der Abrechnung von Arzneimitteln auf die „Lauer-Taxe“ abgestellt. Daher habe keine Veranlassung bestanden, vor dem Schiedsamt in irgendeine Richtung substantiierter vorzutragen. Nachweislich zögen die angefochtenen Regelungen Kostenunterdeckungen bei einzelnen Krankenhäusern in Höhe von bis zu 100.000 Euro nach sich. Der Hinweis des Sozialgerichts auf einen möglichen Verzicht der betroffenen Krankenhäuser auf Erbringung der Leistungen gehe fehl.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. September 2010 aufzuheben sowie die Beschlüsse des Beklagten vom 18. März 2005 in der Fassung des Bescheides vom 30. April 2005 in Bezug auf § 9 Abs. 2 bis 5 des AOP-Vertrages 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Beschlüsse des Beklagten vom 18. März 2005 in Bezug auf § 9 Abs. 2 bis 5 des AOP-Vertrages 2005 rechtswidrig waren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die getroffenen Regelungen zur Sachkostenvergütung trügen den unterschiedlichen Beschaffungs- und Abrechnungsmodalitäten im Vertragsarzt- bzw. Krankenhausbereich Rechnung. Weiterer Ermittlungsbedarf habe im Schiedsverfahren nicht bestanden, zumal der Vertreter der Klägerin am 18. März 2005 selbst beantragt habe, eine Sachentscheidung noch in der Sitzung vom selben Tage zu treffen. Auch die in § 9 Abs. 7 AOP-Vertrag 2005 vorgesehene Vereinbarung von Sachkostenpauschalen zum 1. Januar 2006 und die damit verbundene kurze Geltungsdauer der ansonsten in § 9 AOP-Vertrag 2005 getroffenen Regelungen habe den Beklagten weiterer Sachaufklärung enthoben.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten (drei Ordner) Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.
A. Zur Entscheidung des Rechtsstreits ist gemäß § 10 Abs. 2 i.V.m. § 40 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der für das Vertragsarztrecht zuständige 7. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg berufen; er entscheidet nach § 10 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Ärzte und Psychotherapeuten und dem Kreis der Krankenkassen. Die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Norm betrifft unmittelbar vertragsärztliche Belange, indem sie in § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V die Vereinbarung eines Katalogs ambulant durchführbarer Operationen vorsieht, der auch das ambulante Operieren von Vertragsärzten regelt. Betroffen sind damit auch ambulante Eingriffe, die von niedergelassenen Ärzten als vertragsärztliche Leistungen nach den Bedingungen des Vertragsarztrechts erbracht werden; durch die in § 115 b Abs. 1 SGB V vorgeschriebene dreiseitige Vereinbarung, die in Teilen Gegenstand der streitgegenständlichen rechtlichen Überprüfung ist, sollen Leistungs- und Vergütungsbedingungen festgelegt werden, die für vertragsärztliche Praxen und Krankenhäuser gleichermaßen gelten und den Wettbewerb zwischen beiden Leistungsbereichen ermöglichen (vgl. Steege in Hauck/Noftz, SGB V, Rdnr. 2 zu § 115 b). Teil des beklagten erweiterten Bundesschiedsamtes ist nach § 89 Abs. 4 SGB V zudem u.a. die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Die damit gegebenen vertragsärztlichen Bezüge rechtfertigen eine Entscheidung durch den für Vertragsarztrecht zuständigen Senat. Bei Zuordnung des Rechtsstreits zum Vertragsarzt- bzw. Krankenversicherungsrecht allein darauf abzustellen, ob die Klägerseite dem vertragsärztlichen Sektor zuzuordnen ist, griffe demgegenüber zu kurz. Dann wäre nämlich denkbar, dass derselbe Schiedsspruch des Beklagten von Vertragsarztseite vor dem Vertragsarztsenat und von Seiten der Krankenhäuser und der Krankenkassen vor dem Krankenversicherungssenat angegriffen werden könnte. Entscheidend ist und bleibt daher, ob der Rechtsstreit und die zugrunde liegenden rechtlichen Regelungen vertragsärztliche Belange unmittelbar berühren, was vorliegend zur Überzeugung des Senats zu bejahen ist.
B. Die Klägerin hat, was den Hauptantrag betrifft, mit ihrem Aufhebungs- und Neubescheidungsantrag nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGG die statthafte Klageart gewählt. Die Anfechtung des Schiedsspruchs mit der beantragten Verpflichtung zur Neubescheidung berücksichtigt, dass die Festsetzung des Vertragsinhalts durch ein Schiedsamt gegenüber den Vertragspartnern ein Verwaltungsakt ist (vgl. nur Bundessozialgericht, Urteil vom 21. März 2012, B 6 KA 21/11 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20). Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht. Es folgt aus der Eigenart der Tätigkeit des Schiedsamtes, das bei der Vertragsfestsetzung an die Stelle der Vertragsparteien tritt, dass eine Überprüfung des Schiedsspruchs nur im gerichtlichen Verfahren erfolgen kann (vgl. Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 21).
C. Im Gegensatz zu der vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vertretenen Auffassung ist das Verfahren nicht etwa durch Zeitablauf erledigt; der hilfsweise auf Fortsetzungsfeststellung gerichtete Antrag der Klägerin ist daher von vornherein unzulässig. Zwar galt der streitgegenständliche § 9 AOP-Vertrag 2005 nur vom 1. April 2005 bis zum 30. September 2006. Gleichwohl ist die Beschwer nicht weggefallen, denn die Klägerin hat den ambulant operierenden Krankenhäusern in ihrem Rundschreiben Nr. 113/2005 vom 20. April 2005 empfohlen, ihre Abrechnungen aus dem fraglichen Zeitraum nur unter Vorbehalt zu erstellen, so dass für den Fall eines Erfolgs der Klage realistisch mit Nachforderungen zu Lasten der Krankenkassen aus den vom 1. April 2005 bis 30. September 2006 erbrachten Leistungen zu rechnen sein wird (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. Juli 2009, L 7 B 74/08 KA ER, zitiert nach juris, dort Rdnr. 27 [AOP-Vertrag 2006]).
D. I. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Schiedsspruch des Beklagten vom 18. März 2005, soweit die Klägerin Einwendungen gegen dessen Rechtmäßigkeit erhoben hat. Schiedssprüche gemäß § 115 b Abs. 3 in Verbindung mit § 89 SGB V sind allerdings der gerichtlicher Kontrolle nur in eingeschränktem Umfang zugänglich. Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass die Schiedsämter, deren Sprüche fehlende Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, wie diese eine weite Gestaltungsfreiheit haben. Dies trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben. Dementsprechend sind sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. Mithin ist in formeller Hinsicht zu prüfen, ob das Schiedsamt den von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der dem Schiedsspruch zu Grunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, d.h. die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe und die zwingenden rechtlichen Vorgaben beachtet hat (vgl. zu alledem Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Juli 2003, B 6 KA 29/02 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 21).
II. Bezüglich des Verfahrens vor dem Erweiterten Bundesschiedsamt sind Mängel weder gerügt noch sonst ersichtlich.
III. Der Schiedsspruch erweist sich – unter Beachtung der eingeschränkten gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten – auch in der Sache hinsichtlich der gerügten Einzelregelungen in § 9 Abs. 2 bis 5 AOP-Vertrag 2005 als rechtlich beanstandungsfrei.
1. Der maßgebliche rechtliche Maßstab für den Schiedsspruch ergibt sich im Wesentlichen aus § 115 b Abs. 1 SGB V. Der Hauptzweck dieser Vorschrift besteht darin, den Krankenhäusern im Interesse der Patienten und der Wirtschaftlichkeit die Möglichkeit ambulanten Operierens zu eröffnen (vgl. hierzu und zum Folgenden die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 12/3608, S. 103; Steege in Hauck/Noftz, SGB V, Rdnr. 1 bis 4 zu § 115 b). Vor Einführung der Vorschrift im Jahre 1993 durften Krankenhäuser grundsätzlich nicht ambulant operieren. Dem unnötigen Ausweichen auf teure stationäre Versorgung sollte entgegengewirkt, Behandlungskosten auf diese Weise gesenkt und der Sicherstellungsauftrag der niedergelassenen Ärzte ergänzt werden. Der Gesetzgeber beabsichtigte damit „in einem wichtigen Bereich eine Verbindung zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung“, indem das Krankenhaus als Institution kraft Gesetzes unmittelbar zur Durchführung ambulanter Operationen zugelassen wurde. Aus der in § 115 b SGB V normierten Zielsetzung, einheitliche Regelungen für das ambulante Operieren im vertragsärztlichen und im Krankenhaus-Bereich zu schaffen, folgt, dass die Partner der dreiseitigen Verträge auch befugt sind, die Regelungen einheitlich auf den ambulanten vertragsärztlichen Bereich zu erstrecken, für den sonst die Krankenkassen und die Vertragsärzte die Regelungen allein treffen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 26. Juni 2002, B 6 KA 6/01 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 18).
Durch die in § 115 b Abs. 1 SGB V vorgeschriebene dreiseitige Vereinbarung werden Leistungs- und Vergütungsbedingungen festgelegt, die für vertragsärztliche Praxen und Krankenhäuser gleichermaßen gelten und einen Wettbewerb zwischen beiden ermöglichen. Die Gleichbehandlung auch bei der Vergütung (§ 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) ergibt sich entscheidend aus der Zielsetzung des Gesetzgebers, gleiche Wettbewerbsbedingungen bei ambulanten Operationen zu schaffen. Durch die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Operationen sollte diesen die Möglichkeit gegeben werden, kostenaufwändige stationäre Behandlungen zu vermeiden; andererseits sollte die Zulassung der ambulanten Operationen nicht zu einer Benachteiligung der niedergelassenen Ärzte führen, die ambulante Operationen ebenfalls durchführen und diese nach dem EBM-Ä abrechnen. Die gesetzliche Vorgabe einheitlicher Vergütungen sollte bewirken, dass es für die Kostenträger ohne Bedeutung ist, ob eine bestimmte ambulante Operation in der Arztpraxis oder im Krankenhaus durchgeführt wird. Damit entfällt auch jeder Anreiz auf dieser Seite, direkt oder indirekt auf die freie Arztwahl des Versicherten Einfluss zu nehmen. Müsste etwa ein Krankenhaus die von ihm durchgeführten Operationen zu geringeren Entgelten durchführen als niedergelassene Ärzte, wäre die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass dies auf Dauer auch zu Lasten der niedergelassenen Ärzte ginge. Die Vergütung muss deshalb der Höhe nach grundsätzlich der der vergleichbaren Facharztpraxis entsprechen; Abweichungen infolge unterschiedlicher Punktbewertungen bei fester Punktzahl im Krankenhausbereich und schwankendem Punktwert im vertragsärztlichen Bereich sind nur hinzunehmen, soweit sie systembedingt unvermeidbar sind (so ausdrücklich Bundessozialgericht, Urteil vom 11. April 2002, B 3 KR 25/01 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20, im Streit um die Höhe der Ordinationsgebühren und Konsultationsgebühren bei ambulanten Operationen im Krankenhaus).
§ 115 b SGB V schafft damit insgesamt die rechtlichen Voraussetzungen für das ambulante Operieren und beschränkt sich auf Grundaussagen zum Leistungsumfang, zu den Modalitäten der Leistungserbringung und zur Vergütung. Die Ausgestaltung im Einzelnen wird der gemeinsamen Selbstverwaltung von Krankenkassen, Vertragsärzten und Krankenhäusern überlassen (Steege, a.a.O., Rdnr. 4).
2. a) Die so umschriebenen rechtlichen Maßstäbe verletzt der angegriffene Schiedsspruch nicht. § 9 Abs. 2 bis 5 AOP-Vertrag 2005 verstößt nicht gegen § 115 b SGB V oder sonstige relevante rechtliche Regelungen. Insbesondere verletzen die von der Klägerin beanstandeten Regelungen zur Vergütung von Sachkosten nicht die gesetzliche Vorgabe einheitlicher Vergütungen von Vertragsärzten und Krankenhäusern bei Erbringung ambulanter Operationsleistungen in § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V. Die vom Beklagten getroffenen Festsetzungen bewegen sich vielmehr vollständig innerhalb des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums. Erneut ist dabei zu betonen, dass der Senat sein Ermessen hier nicht an die Stelle der Entscheidungskompetenz des Beklagten setzen darf. Dies widerspräche der Autonomie der hier dreipoligen gemeinsamen Selbstverwaltung und griffe unzulässig in die Gestaltungs- und Konfliktlösungskompetenz des Beklagten ein, so lange mit dem Schiedsspruch keine Verletzung geltenden Rechts verbunden ist.
b) Der Schiedsspruch hat in seinen umstrittenen Passagen klassischen Kompromisscharakter, der die im Schiedsverfahren zutage getretenen Konfliktlinien auf Grundlage eines am 18. März 2005 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vorgelegten Formulierungsvorschlags im Sinne eines (erzwungenen) gegenseitigen Nachgebens auflöste. Der Senat kann keine rechtlich relevante einseitige Bevor- oder Benachteilung einer der Konfliktparteien erkennen. Dabei ist zunächst von Bedeutung, dass die Klägerin selbst sich im Laufe der mehrmonatigen Verhandlungen von der noch im Antrag vom 15. Oktober 2004 vertretenen Maximalforderung gelöst hat, die in Zusammenhang mit ambulanten Eingriffen entstehenden Sachkosten bezogen auf jeden Einzelfall in Rechnung stellen zu können. Den hier beabsichtigten Systemwechsel gab sie auf, indem sie in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 ihre im Tatbestand wiedergegebenen Formulierungsvorschläge vom 16. März 2005 in die Beratung einbrachte, die an der Zahlung eines pauschalen Zuschlags für die Sachkostenvergütung anknüpften und verschiedene (höhere) Quoten in den Raum stellten. „Vom System her“ unterschieden sich daher die konfligierenden Verhandlungsstandpunkte nicht mehr; gestritten wurde im Wesentlichen nur um die konkrete Höhe der der Sachkostenvergütung zugrunde liegenden Quoten. Dass die Klägerin im Rahmen der förmlichen Antragstellung in der Sitzung des Beklagten vom 18. März 2005 dann ihren sich der Position der Krankenkassen annähernden Vorschlag vom 16. März 2005 aufgab und auf ihren den „Systemwechsel“ vorsehenden Antrag vom 3. März 2005 / 15. Oktober 2004 zurückkam, ist demgegenüber unerheblich. Denn im Laufe der Verhandlungen im Schiedsverfahren hat die Klägerin gezeigt, dass sie auch mit einer pauschalen Vergütung von Sachmittelkosten zufrieden ist, so lange nur die Erstattungsquoten hoch genug sind. Dies spricht dafür, dass der angefochtene Schiedsspruch auch aus dem Blickwinkel der Klägerin die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten hat. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass einer der Verhandlungspartner mit eigenen Vorschlägen in die Verhandlungen geht, die er selber für offensichtlich ermessensfehlerhaft hält.
Auf die Entscheidung des Beklagten vom 18. März 2005 aufbauend haben sich Methode und Struktur der Sachkostenvergütung bis heute nicht verändert, was die praktische Tragfähigkeit des angefochtenen Schiedsspruchs belegt. Der seit dem 1. Juni 2012 geltende AOP-Vertrag 2012 sieht so etwa für die Vergütung der Sachkosten – wie § 9 Abs. 2 AOP-Vertrag 2005 – einen Zuschlag von 7 % auf die gesamte Honorarsumme vor. Der Katalog der individuell zu erstattenden Sachkosten (§ 9 Abs. 3 AOP-Vertrag 2005) wurde nach den Vorstellungen der Klägerin erweitert und sieht als Kappungsgrenze nunmehr einen Betrag von (nur noch) 12,50 Euro vor. Auch die Arzneimittelvergütung sieht – ähnlich § 9 Abs. 4 AOP-Vertrag 2005 – eine individuelle Erstattung vor, sofern der Preis (nunmehr) 40 Euro übersteigt. Tendenziell ist damit die derzeit geltende Rechtslage der Klägerin günstiger als nach dem AOP-Vertrag 2005, ohne dass allerdings der im Antrag vom 15. Oktober 2004 noch gewünschte Systemwechsel im Sinne einer kompletten Angleichung an das vertragsärztliche System der Kostenerstattung für Sachmitteleinsatz erreicht wäre. Offensichtlich ist es der Klägerin über die Jahre im Verhandlungswege gelungen, bessere Erstattungskonditionen auszuhandeln. Dies zeigt, dass Höhe und Methode der Sachkostenerstattung im Zentrum der Verhandlung stehen und dass durch ihre Festsetzung innerhalb des durch den Schiedsspruch geschaffenen Systems zwingende rechtliche Grenzen nicht verletzt werden, weil die vom Gesetzgeber beabsichtigte gleiche Wettbewerbssituation für Vertragsärzte und Krankenhäuser nicht messbar beeinträchtigt ist. Weitere Rechtsstreitigkeiten im Hinblick auf die Sachkostenvergütung für Zeiträume nach dem hier streitgegenständlichen sind nicht anhängig; auch der Beklagte wurde von den Beteiligten der Selbstverwaltung insoweit nicht wieder bemüht. Auch dies spricht für den sach- und praxisgerechten Charakter des streitgegenständlichen Schiedsspruchs, der in allen relevanten Details eine Lösung gefunden hat, die dem Zweck der Ermächtigung des Beklagten entspricht.
Mit der in § 9 Abs. 2 AOP-Vertrag 2005 getroffenen Regelung zum pauschalen Zuschlag in Höhe von 7 % auf die Honorarsumme bewegt der Schiedsspruch sich genau in der Mitte zwischen den Positionen der Klägerin (10 %) und der Krankenkassen (4 %). Die in den Vorschlägen der beiden Konfliktparteien vorgesehene Kappungsgrenze von 127,82 Euro mit der Folge eines niedrigeren Erstattungssatzes ist nicht festgesetzt, was sich zugunsten der Klägerin auswirkt, da es stets bei dem 7-prozentigen Zuschlag bleibt. Die ebenfalls in § 9 Abs. 2 AOP-Vertrag 2005 enthaltene Regelung zur Sachkostenpauschale nach Kapitel 40 des EBM hat die Klägerin ausdrücklich nicht angegriffen.
Auch in § 9 Abs. 3 AOP-Vertrag 2005 hat der Beklagte einen Mittelweg gefunden, der beide Konfliktparteien gleichermaßen zu einem Nachgeben zwang. Während der Vorschlag der Krankenkassen Erstattung nach Einzelaufwand nur für Implantate und Röntgenkontrastmittel vorsah und zudem eine Mindestgrenze von 25,56 Euro, ab der eine Erstattung beansprucht werden kann, hatte die Klägerin eine Mindestgrenze von 15,00 Euro vorgeschlagen und einen Katalog von 15 Posten. Der Beklagte entschied zugunsten der Klägerin für die Mindestgrenze von 15,00 Euro und benannte einen Katalog mit sieben Posten, die eine Erstattung nach Einzelaufwand zulassen.
Die in § 9 Abs. 4 AOP-Vertrag 2005 gefundene Regelung zur Erstattung von Arzneimittelkosten setzt diese Methode fort: Die Krankenkassen hatten eine Erstattung nach Einzelaufwand ab einem Betrag von 100,00 Euro vorgeschlagen, während die Klägerin eine einzelfallbezogene Erstattung des 10,00 Euro übersteigenden Preises gefordert hatte. Der Schiedsspruch sah eine zusätzliche Erstattung für Arzneimittelkosten vor, sobald im Einzelfall ein Betrag von 65,00 Euro überstiegen war, und zwar, orientiert an der Lauertaxe, in Höhe der Hälfte des rechnerischen Bruttopreises im Einzelfall.
§ 9 Abs. 5 AOP-Vertrag 2005 schließlich regelt die Verpflichtung des Krankenhauses, bei Abrechnung der Sachkosten die tatsächlich realisierten Preise in Rechnung zu stellen und Preisnachlässe etc. mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten bis zu 3 % weiterzugeben.
Der Kompromisscharakter all dieser Regelungen steht dem Schiedsspruch auf der Stirn geschrieben. In Bezug auf die Einzelregelungen lässt sich bei der rechtlichen Überprüfung kein Ansatzpunkt finden, der für ein Überschreiten des Ermessensspielraumes des Beklagten sprechen würde. Mit der Entwicklung der Kompromisslösungen hat der Beklagte von seinem originären Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Der gefundene Kompromiss ist von sachgerechten Erwägungen getragen, was die schriftliche Begründung im Bescheid vom 30. April 2005 zeigt. Zunächst ist der dort gewählte Differenzierungsansatz nicht zu beanstanden, dass nämlich die Erstattung für Sachmittelaufwendungen grundsätzlich etwas anderes ist als die (streng gleich zu behandelnde) Vergütung der Operationsleistung an sich. Denn bei Letzterem geht es um die Herbeiführung von Umsatzsteigerung und Gewinn im Rahmen wettbewerblichen Auftretens am Markt, während es bei der Vergütung für Sachkostenaufwand nur darum geht, Kompensation für tatsächlich aufgewandte Mittel zu erlangen, den Mittelaufwand also kostenneutral zu gestalten. Zum anderen ist der vom Beklagten festgesetzte Kompromiss getragen von einer Orientierung am Wirtschaftlichkeitsgebot, das gesetzlich in den §§ 12 und 71 SGB V vorgegeben ist und keine sachwidrige Leitschnur für schiedsamtliche Entscheidungen sein kann. Denn ohne Zweifel haben Krankenhäuser aufgrund der georderten Mengen beim Einkauf von Sach- und Arzneimitteln andere und günstigere Konditionen zu erwarten als sie auf dem vertragsärztlichen Sektor existieren. Und drittens ist die angestrebte Entbürokratisierung eine sachgerechte Erwägung, weil eine durchweg einzelfallgebundene Abrechnung von Sachmitteln ohne jede Pauschalierung für die Krankenkassen kaum zu bewältigen wäre.
c) Der Schiedsspruch hat in seinen umstrittenen Passagen außerdem den Charakter einer (nur vorübergehend geltenden) Anfangs- und Erprobungsregelung. Er wich nämlich erheblich von dem zuvor die Sachkostenerstattung regelnden § 6 des RT-Vertrages („Vereinbarung zu den regelungsbedürftigen Tatbeständen des Vertrages nach § 115 b Abs. 1 SGB V“) ab, der ein erheblich weniger ausdifferenziertes Instrumentarium vorgesehen hatte. Daher hat der Beklagte – ähnlich wie eine Kassenärztliche Vereinigung bei Einführung von Anfangs- und Erprobungsregelungen im Honorarverteilungsmaßstab (vgl. dazu Bundessozialgericht, Urteil vom 29. Januar 1997, 6 RKa 3/96, zitiert nach juris, dort Rdnr. 14) – auch unter diesem Gesichtspunkt zusätzlich einen besonders weiten Gestaltungsspielraum, der mit sich bringt, dass auch bestimmte Typisierungen zunächst hingenommen werden müssen, weil sich häufig bei Erlass der maßgeblichen Vorschriften deren Auswirkungen nicht in allen Einzelheiten übersehen lassen. Der damit korrespondierenden Beobachtungspflicht hat der Beklagte mit der in § 9 Abs. 7 AOP-Vertrag 2005 getroffenen Regelung Rechnung getragen, wonach die Vertragsparteien für die Vergütung von Sachkosten zum 1. Januar 2006 entsprechende Sachkostenpauschalen vereinbaren und hierzu unverzüglich Verhandlungen aufnehmen, mithin die am 18. März 2005 getroffenen Regelungen einer Überprüfung unterziehen.
d) Die gesetzliche Vorgabe einheitlicher Vergütungen von Vertragsärzten und Krankenhäusern bei Erbringung ambulanter Operationsleistungen in § 115 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist bei alledem zur Überzeugung des Senats nicht verletzt. Insbesondere bewegt es sich im Rahmen des dem Beklagten eingeräumten Gestaltungsspielraums, es bei dem System der Pauschalvergütung für Sachmittelaufwand belassen und nicht dem anfänglichen Wunsch der Klägerin nach einer Einzelkostenerstattung entsprochen zu haben.
Die unterschiedslose Vergütung der Leistungserbringung bei Operationen im ambulanten Bereich steht sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach der kategorischen Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11. April 2002 (B 3 KR 25/01 R) zur Höhe der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühren außer Frage. Für den gesonderten Bereich der Sachkosten bleibt allerdings darauf hinzuweisen, dass eine vollständige Kongruenz zwischen vertragsärztlichem Bereich und Krankenhausbereich aus im System der vertragsärztlichen Vergütung liegenden strukturellen Gründen kaum erreichbar sein dürfte (vgl. nur die detaillierten Vereinbarungen zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen über Anforderung und Verwendung Sprechstundenbedarf sowie § 44 Abs. 5 Bundesmantelvertrag - Ärzte).
Auch wenn es mit dem Gesetz zu vereinbaren gewesen wäre, wenn die Beteiligten das System der Einzelkostenerstattung für Sachmittelaufwand vereinbart hätten, hat die Klägerin jedoch hierauf einen aus dem Gesetz ableitbaren Anspruch nicht. Denn das vom Beklagten fortgeschriebene und bis heute geltende System der pauschalierten Sachkostenerstattung trägt so lange keinen Gesetzesverstoß in sich, wie nicht offensichtlich wird, dass die gewählten Erstattungsquoten zu einer systematischen Unterdeckung der für das Krankenhaus bei ambulantem Operieren entstehenden Sachkosten führen. Eine relevante „Schieflage“ wäre erst erreicht, wenn der Beklagte hätte erkennen können und müssen, dass die angefochtene Form der Sachkostenvergütung mindestens in einem abgrenzbaren fachärztlichen (Teil-)Bereich des ambulanten Operierens für die Krankenhäuser durchweg zur Kostenunterdeckung führt. Dies wird allerdings nicht einmal von der Klägerseite behauptet, die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vielmehr bestätigt hat, dass es sich bei dem seit 2005 geltenden System der Sachkostenerstattung in Zusammenhang mit ambulantem Operieren um eine Mischkalkulation handelt; dem wohnt jedoch inne, dass gegebenenfalls einzelne Eingriffe nicht kostendeckend abgewickelt werden können, was aber durch die Vergütung für andere Eingriffe wieder wettgemacht wird. Hiergegen ist nichts zu erinnern.
Es wäre Sache der Klägerin gewesen, im Verfahren vor dem mit Mitgliedern der gemeinsamen Selbstverwaltung und zwei unparteiischen Mitgliedern sachkundig besetzten Erweiterten Bundesschiedsamt die im Antrag vom 15. Oktober 2004 aufgestellte Behauptung der (umfassenden) Kostenunterdeckung in einer nachvollziehbaren Form darzulegen, die zumindest gezielte Nachfragen erlaubt hätte. Nur sie hätte die dafür erforderlichen Tatsachen vortragen und Nachweise vorlegen können. Von dieser Möglichkeit hat sie jedoch bis zum Abschluss des Schiedsverfahrens keinen Gebrauch gemacht. Soweit sie im Laufe des Gerichtsverfahrens erstmals (mit Schriftsatz vom 16. Januar 2006) substantiierte Berechnungen in Bezug auf einzelne Eingriffe in einzelnen Krankenhäusern vorgelegt hat, kann sie darauf die Klage nicht mit Erfolg stützen. Aus ihrer Sicht entscheidende Daten hatte sie im Verfahren vor dem Beklagten vorzulegen. Denn der Senat darf seiner Entscheidung keinen anderen Sachverhalt zugrunde legen als denjenigen, von dem der Beklagte unter Beachtung des Amtsermittlungsgrundsatzes ausgehen konnte (vgl. ähnlich in Zusammenhang mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung: Urteil des Senats vom 30. September 2011, L 7 KA 16/08, zitiert nach juris, dort Rdnr. 24). Der Amtsermittlungsgrundsatz ist im Schiedsverfahren maßgeblich beeinflusst von der Mitwirkung der am Schiedsverfahren Beteiligten. Je substantiierter diese zu einem Sachverhalt vortragen, umso intensiver hat das (erweiterte) Schiedsamt diesem Vorbringen auf den Grund zu gehen. Von sich aus und geradezu ins Blaue hinein musste der Beklagte im vorliegenden Zusammenhang keine Ermittlungen zur Frage kostendeckender Sachmittelvergütung anstellen, zumal dazu angesichts der zeitlichen Vorgabe in § 115 b Abs. 3 i.V.m. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V (Entscheidung binnen dreier Monate) kein Raum war. Er durfte sich an den Verhandlungspositionen der Beteiligten orientieren und den oben umschriebenen Kompromiss festsetzen. Denn die Klägerin erschöpfte ihr Vorbringen im Antrag vom 15. Oktober 2004 und den weiteren Stellungnahmen im Verfahren in der Behauptung, der bisher praktizierte pauschale Ausgleich in Gestalt eines Aufschlags auf die Gesamthonorarsumme sei bei vielen Katalogleistungen nicht kostendeckend, so dass diese Leistungen nur defizitär erbringbar seien. Daher sei eine Orientierung am vertragsärztlichen Vergütungssystem wünschenswert. Diese Behauptung einer zu niedrigen Sachkostenerstattung hat der Beklagte in seinem Schiedsspruch aufgegriffen und Lösungen festgesetzt, die zwischen den jeweiligen Positionen der Verhandlungspartner liegen und für die Klägerin höhere Erstattungsquoten gewährleisteten als zuvor von den Krankenkassen angeboten. Ihr rechtliches verspätetes Vorbringen kann nicht dazu führen, den Schiedsspruch des Beklagten gleichsam durch den Senat ersetzen zu lassen, dem umfangreicheres Erkenntnismaterial zur Verfügung stand als dem Beklagten am Tage des Schiedsspruchs. Andernfalls liefe die mit einem Gestaltungsspielraum verbundene Sachentscheidungskompetenz des Beklagten leer, weil ein Beteiligter des Schiedsverfahrens es in der Hand hätte, Entscheidungen des Beklagten durch ein Zurückhalten relevanten Tatsachenvortrags bis zum sozialgerichtlichen Verfahren rechtswidrig werden zu lassen.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zugelassen, § 160 Abs. 2 SGG.