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Wirtschaftliches Eigentum und Teilleistungen


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 7. Senat Entscheidungsdatum 12.03.2014
Aktenzeichen 7 K 7163/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 64 EGRL 112/2006, Art 65 EGRL 112/2006, Art 93 EGRL 112/2006, Art 95 EGRL 112/2006, § 13 Abs 1 Nr 1a UStG, § 27 Abs 1 S 2 UStG, § 3 Abs 1 UStG

Leitsatz

Zum wirtschaftlichen Eigentum an Grundstücken bei einem Immobilienentwickler.
Die deutschen Regelungen über Teilleistungen sind unionsrechtskonform.
Zu den Anforderungen an die Vereinbarung von Teilleistungen.

Tenor

Abweichend vom Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 11.11.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.04.2011 wird die Umsatzsteuer 2004 auf 748.825,59 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 94 % und dem Beklagten zu 6 % auferlegt.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern die Klägerin nicht Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen, soweit das Verfahren das Streitjahr 2007 betrifft.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob Umsätze der Jahre 2004 bis 2006 als Umsätze, die dem Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG – unterfallen, steuerbefreit sind und ob im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung 2007 zu Unrecht Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 1 Satz 3 Umsatzsteuergesetz -UStG- berichtigt wurde, obwohl die entsprechenden Umsätze als Teilleistungen abschließend der Umsatzsteuer 2006 zu unterwerfen waren.

Die Klägerin wurde 1992 gegründet und firmierte in der Zeit vom 05.05.1997 bis 25.04.2007 als B… GmbH, danach unter ihrer aktuellen Firma. Sie erzielte in den Streitjahren Umsätze als Bauträger und aus der Errichtung von Fertigteilhäusern.

In den Jahren 2002 ff. standen diese Umsätze jedenfalls teilweise im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Siedlungsgebiets in der damaligen Gemeinde C…. Dieses Projekt sollte zunächst von der D… GmbH durchgeführt werden, die zu diesem Zweck die für das Siedlungsgebiet vorgesehenen Grundstücke erwarb. Vor einer Bebauung und/oder Veräußerung der Grundstücke wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der D… GmbH eröffnet. Zu den Insolvenzgläubigern gehörte eine durch Grundpfandrechte gesicherte Bank, die gegenüber der Klägerin am 21.03.2000 ihre Bereitschaft erklärte, an einem Verkauf der Grundstücke der D… GmbH mitzuwirken, wenn dadurch ein Kaufpreis in Höhe von 1,75 Mio. DM zu ihren Gunsten realisiert werde. Dieser Regelung stimmte der Insolvenzverwalter gegenüber der Bank zu, wobei etwaige Kosten von der Bank zu übernehmen waren. Im Gefolge schloss C… am 12.02.2002 mit der Klägerin und dem Insolvenzverwalter der D… GmbH einen städtebaulichen Vertrag zur Entwicklung des ins Auge gefassten Baugebietes. Danach verpflichtete sich die Klägerin, die vorgesehenen Erschließungsanlagen (Straßen, Wege, Entwässerung, Straßenbeleuchtung, Immissionsschutzanlagen und Straßenbegleitgrün) bis zum 31.12.2004 fertig zu stellen. Die D… GmbH und die Klägerin verpflichteten sich, die Anlagen einschließlich der zugehörigen Grundstücke sodann kosten- und lastenfrei an C… zu überlassen. In diesem Zuge schloss die Klägerin auch Erschließungsverträge mit den Versorgungsunternehmen. Darin verpflichtete sich die Klägerin, die Versorgungsanlagen herzustellen und danach auf das Versorgungsunternehmen zu übertragen. Sofern eine zivilrechtliche Übereignung ausschied, sollte dem Versorgungsunternehmen das wirtschaftliche Eigentum verschafft werden. Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Anlagen 1 und 2 zum Schriftsatz der Klägerin vom 07.09.2011 (Bl. 64 ff. Gerichtsakte, Bl. 584 ff. der Betriebsprüfungsakte) Bezug.

Hinsichtlich der einzelnen Baugrundstücke schlossen die Bauherren jeweils zwei Verträge, nämlich zunächst einen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung, in dem der Geschäftsführer der Klägerin als vollmachtloser Vertreter des Insolvenzverwalters der D… GmbH auftrat, sowie – nach Aktenlage unmittelbar anschließend im gleichen Notartermin – einen notariellen Unternehmer-Bauwerksvertrag in gesonderter Urkunde, in dem die Klägerin sich verpflichtete, das soeben erworbene Baugrundstück mit einem Einfamilienhaus zu bebauen. Im Grundstückskaufvertrag verpflichteten sich die Käufer, den Kaufpreis auf ein Konto der finanzierenden Bank (Darlehensnehmerin: D… GmbH) zu überweisen. Der Kaufpreis wurde fällig innerhalb von vier Wochen nach einer Mitteilung des Notars an den/die Käufer, wonach eine Vormerkung für den Anspruch auf Eigentumsverschaffung im Grundbuch eingetragen war und die zuständige Gemeinde bestätigt hat, dass kein gesetzliches Vorkaufsrecht besteht oder ausgeübt wird. Die Auflassung wurde im Grundstückskaufvertrag erklärt. Nutzen und Lasten sollten auf den Käufer mit dem Tage der Kaufpreiszahlung übergehen. Hinsichtlich der Erschließungs- und Anliegerkosten wurde vereinbart, dass diese über den Unternehmer-Werkvertrag abgerechnet werden sollten. Im Unternehmer-Werkvertrag wurde in § 4 Ziffer 8 bestimmt, dass der Besitz des Hauses und die Befugnis zum Bezug erst durch Aushändigung der Hausschlüssel übergeben werden sollten. Für die Bauzeit sollte die Klägerin unmittelbare Besitzerin des Grundstücks und des Bauobjektes sein und als solches für den Bauherrn nur Besitzmittlerin. Das Betreten der Baustelle sollte nur in Absprache mit der Klägerin erfolgen. Wegen der weiteren Einzelheiten der vorbezeichneten Verträge nimmt das Gericht auf die Anlage zum Schriftsatz vom 28.06.2011 (Bl. 28 ff. Gerichtsakte) und die Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 23.06.2011 (Bl. 31 ff. Gerichtsakte 7 V 6158/11) Bezug.

Nach den im Jahre 2006 im Zusammenhang mit anderen Bauprojekten verwendeten privatschriftlichen Verträgen sicherte die Klägerin dem Käufer die Lieferung und Errichtung eines Fertigteilhauses (in der Regel eines Einfamilienhauses) eines näher bezeichneten Typs zu. Für dieses Haus wurde in einer Anlage („Beilage 1“) eine detaillierte Baubeschreibung beigefügt. Für die Einzelgewerke/-leistungen waren keine Einzelpreise ausgewiesen (vgl. Bl. 377 ff. Betriebsprüfungsakten). In § 4 der Bauverträge wurde ein Hausgesamtpreis vereinbart, der sowohl als Brutto- als auch als Nettopreis ausgewiesen wurde. In § 5 des Bauvertrags hieß es: „Die Zahlung des Kaufpreises wird wie folgt vereinbart: (5.1) … € nach Vertragsschluss, (5.2) … € nach Fertigstellung der Bodenplatte/Kellerrohbau, (5.3) nach Errichtung des erweiterten Rohbaus gemäß Beilage 3a, (5.4) … € nach Erreichen des Arbeitsstandes gemäß Beilage 3b, (5.5) bei Abnahme des Fertigteilhauses. Die Raten werden gegen folgende zahlungsauslösende Dokumente gezahlt: (5.1): unterschriebener vorliegender Vertrag und Übergabe der Bauantragsunterlagen, (5.2): Abnahme der Bodenplatte/Kellerrohbau durch A…, (5.3): Abrechnung des Bautenstandes gemäß Beilage 3a, (5.4): Protokoll über den erreichten Arbeitsstand gemäß Beilage 3b durch A…, (5.5): Abnahmeprotokoll bzw. Innutzungsnahme.“ (Bl. 366 f. Betriebsprüfungsakten). Die Beilage 3a sieht unter der Überschrift „Bautenstand für Rechnungslegung nach § 5.3“ folgende Arbeiten als erledigt vor (vgl. Bl. 394 Betriebsprüfungsakte):

Wände und Decken sind komplett montiert
Dach ist montiert (bis Unterspannbahn)
Fenster sind montiert
Rollläden sind eingebaut (falls im Lieferumfang)
Material für die Heizungs- und Sanitärverrohrung ist angeliefert
Gipskarton für Deckenbekleidung ist angeliefert
Dachsteine/Dachziegel/Dachklempnermaterial ist angeliefert

Die Beilage 3b sieht unter der Überschrift „Bautenstand für Rechnungslegung nach § 5.4“ folgende Arbeiten als erledigt vor (vgl. Bl. 394 Betriebsprüfungsakte):

Kabel für Elektroinstallation wurden eingebaut,
Rohrleitungen für Wasser- und Abwasserinstallationen sind verlegt,
Heizungsinstallation ist erfolgt,
Wände/Decken sind mit Gipskarton verkleidet, Fugen sind gespachtelt und geschliffen, Acrylfugen sind gezogen,
Fensterbänke/-bretter sind eingebaut,
Dachdeckungs-/Dachklempnerarbeiten sind ausgeführt,
Holzbekleidung ist komplettiert,
Fassade EG (falls vorgesehen DG) ist geschlossen/gespachtelt.

Ferner war die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B -VOB/B- 2002 Gegenstand des Vertrages. Diese sehen in § 12 Ziffer 2 vor, dass auf Verlangen in sich abgeschlossene Teile der Leistung besonders abzunehmen sind. Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen nimmt das Gericht auf die Kopie in der Betriebsprüfungsakte (Bl. 366 ff.) Bezug.

Nachdem der Bautenstand gemäß den Beilagen 3a bzw. 3b erreicht war, erteilte die Klägerin Rechnungen unter der Überschrift „Rechnungen – 3./4. Rate / Bautenstand gemäß Beilage 3a/3b“, in denen sie die sogenannte 3./4. Rate zzgl. 16 % Mehrwertsteuer abrechnete. Ferner ließ sich die Klägerin von den Bauherren „Übergabe-/Übernahmeprotokolle nach Beilage 3a/3b“ unterzeichnen, in denen nochmals die in den Beilagen 3a/3b genannten Gewerke aufgeführt wurden. Ferner bestätigte der Bauherr, dass die fertig gestellten Leistungen hiermit übergeben/übernommen würden. Wegen der Einzelheiten verweist das Gericht auf die bei der Betriebsprüfungsakte befindlichen Kopien (Bl. 403 f., 406 bis 409, 414). Bei 11 Bauvorhaben (vgl. Bl. 325 ff. Betriebsprüfungsakte) stellte die Klägerin die Rechnungen für die sog. 4. Rate vor dem 01.01.2007 und die Schlussrechnung nach dem 01.01.2007. Die Summe der daraus mit einem Steuersatz von 16 % in 2006 versteuerten Umsätze beträgt 1.469.343,31 € brutto, was Nettoumsätzen von 1.266.675,44 € und einer Umsatzsteuer von 202.668,07 € entspricht (vgl. Bl. 331 Betriebsprüfungsakte).

Bestandteil der Bauverträge war ferner jeweils eine „Beilage 5 Allgemeine Garantiebedingungen“, nach der die Klägerin „bei Lieferung und Errichtung eines A… Fertigteilhauses folgende Garantien“ übernahm: Tragende Baukonstruktion 5 Jahre, Betondachstein (über Hersteller) 30 Jahre, übrige Lieferungen 2 Jahre, übrige Leistungen nach VOB/B.

Die Klägerin behandelte die im Zusammenhang mit den Bauvorhaben in C… erzielten Umsätze als nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a UStG umsatzsteuerfrei und nahm sie entsprechend in ihre ab dem 23.03.2006 eingereichten Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2004 bis 2006 auf.

Die bis zum 31.12.2006 vereinnahmten Raten aus den genannten 11 Bauvorhaben unterwarf die Klägerin als sogenannte Teilleistungen einer Umsatzsteuer von 16 %, während sie die Schlussraten, die im Jahre 2007 gezahlt wurden, als weitere Teilleistungen dem Steuersatz von 19 % unterwarf.

Die Umsatzsteuererklärungen der Klägerin für die Streitjahre wirkten als Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (ggf. nach Zustimmung durch den Beklagten).

Vom 15.03.2010 bis 31.08.2010 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die u. a. die Umsatzsteuer 2004 bis 2007 umfasste. Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die Umsätze der Klägerin im Zusammenhang mit dem Bauprojekt C… nicht der Umsatzsteuerfreiheit nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a UStG unterlägen, weil Grundstückslieferung einerseits und Bauleistungen andererseits keine einheitliche Leistungen darstellten. Die Umsatzerhöhung für 2004 bezifferte der Prüfer in seinen vorläufigen Prüfungsfeststellungen auf 402.341,- €, reduzierte sie jedoch auf Einwände der Klägerin in der Schlussbesprechung auf 373.541,34 € (vgl. Bl. 580, 604, 606 und Tz 12.1 des Prüfungsberichts). Schließlich seien die im Zusammenhang mit den kurz nach dem Jahreswechsel 2006/2007 fertig gestellten Bauvorhaben vereinnahmten Raten keine Zahlungen auf Teilleistungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Sätze 2 und 3 UStG gewesen. Insoweit handele es sich um bloße Anzahlungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG, so dass sich gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG der Steuersatz nach dem im Jahr 2007 geltenden Steuersatz in Höhe von 19 % richte.

Dem im Grundsatz folgend erließ der Beklagte am 11.11.2010 geänderte Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2007 (Bl. 25 ff. Gerichtsakte), wobei er im Rahmen der Umsatzsteuerfestsetzung 2004 die Umsatzerhöhung entsprechend den vorläufigen Prüfungsfeststellungen (402.341,- €) zugrunde legte. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 08.12.2010 Einspruch ein. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21.04.2011 (Bl. 24 Gerichtsakte) als unbegründet zurück.

Daraufhin hat die Klägerin am 19.05.2011 unter dem Az 6 K 6155/11 Klage erhoben, die hinsichtlich der streitbefangenen Bescheide abgetrennt und an den erkennenden Senat abgegeben wurde.

Die Klägerin macht geltend, die von ihr im Zusammenhang mit den Bauvorhaben in C… ausgeführten Umsätze seien nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a UStG umsatzsteuerfrei. Sie sei zwar nicht zivilrechtliche, jedoch wirtschaftliche Eigentümerin der Grundstücke gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem städtebaulichen Vertrag aus dem Jahre 2002, ferner daraus, dass bei sämtlichen Grundstückskaufverträgen ihr Geschäftsführer aufgetreten sei und schließlich daraus, dass ihr nach § 4 Ziffer 8 der Unternehmer-Werkverträge der unmittelbare Besitz an den Grundstücken während der Bauzeit eingeräumt gewesen sei. Vor einer Übergabe des Hauses seien daher weder der Insolvenzverwalter der D… GmbH, noch die Bauherren wirtschaftlich in der Lage gewesen, über die Grundstücke zu verfügen. Dass die Grundstücke nicht im Wege eines zivilrechtlichen Zwischenerwerbs zunächst auf sie und von ihr auf die Bauherren übertragen worden seien, habe abwicklungstechnische und finanzielle Gründe (Grunderwerbsteuer, Notargebühren) gehabt. De facto habe es sich um einen vereinfachten Zahlungsweg gehandelt. Dass die Klägerin wirtschaftliche Eigentümerin der Grundstück gewesen sei, ergebe sich daraus, dass sie im Rahmen der Erschließungsmaßnahmen in die Substanz der an die Bauherren veräußerten Parzellen eingegriffen habe (insbesondere durch die Verlegung von Leitungen). Gegenstand der mit den Bauherren abgeschlossenen Verträge sei gewesen, dass die Klägerin diesen die vermessenen und bebauten Grundstücke zu übergeben habe. Daher seien sich die Bauherren im Klaren gewesen, dass sie über die Grundstücke zwischenzeitlich nicht verfügen konnten.

Im Hinblick darauf, dass in der Beilage 3b detailliert aufgelistet sei, welche Leistungen die Klägerin bis zur Fälligkeit der 4. Rate zu erbringen hatte, sowie im Hinblick auf die Übernahmeprotokolle, die Abnahmeerklärungen darstellten, seien hinsichtlich der um den Jahreswechsel 2006/2007 fertiggestellten Bauvorhaben die Voraussetzungen für die Annahme von Teilleistungen im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Sätze 2 und 3 UStG gegeben gewesen. Daher hätten die entsprechenden Beträge dem im Jahre 2006 geltenden Regelsteuersatz von 16 % unterlegen. Der Beklagte übersehe die Besonderheit von Bauverträgen bei Fertighäusern. Nach Erreichen des Arbeitsstandes gemäß Beilage 3b seien die Bauherren dazu übergegangen, die von ihnen selbst erbrachten Restarbeiten im Innenausbau (Tapezieren, Malerarbeiten, Verlegung von Bodenbelägen) durchzuführen. Die Klägerin habe danach nur noch geringfügige Restarbeiten, insbesondere den Außenputz, erbringen müssen. Dass mit der Aufnahme der Eigenarbeiten die Gefahr auf die Bauherren übergegangen sei, entspreche der ohne weiteres einsichtigen Interessenlage, da mit den Eigenarbeiten auch Beschädigungen der Bausubstanz hätten einhergehen können. Es sei sogar zu erwägen, ob nicht bereits mit dem Abschluss der in Beilage 3b genannten Arbeiten die gesamte Werklieferung erbracht worden sei.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von den Umsatzsteuerbescheiden 2004 bis 2007 vom 11.11.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.04.2011 die Umsatzsteuer 2004 auf 735.269,57 €, die Umsatzsteuer 2005 auf 663.989,92 €, die Umsatzsteuer 2006 auf 612.481,34 € und die Umsatzsteuer 2007 auf 512.862,24 € festzusetzen,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, die Umsatzsteuer 2004 auf 748.825,59 € festzusetzen.

Er hält die Klage für im Wesentlichen unbegründet.

Der Erwerb des Grund und Bodens und dessen Bebauung seien nicht im Rahmen einer einheitlichen Leistung erfolgt. Denn Lieferant des Grund und Bodens sei die D… GmbH gewesen, Leistender für die Bebauung die Klägerin.

Den Unternehmerwerkverträgen lasse sich nicht entnehmen, dass den Auftraggebern an Teilleistungen bereits die Verfügungsmacht verschafft werden sollte. Es sei jeweils das Gesamtwerk Haus geschuldet worden. Es sei auch bei der Vereinbarung des Entgelts nur ein Gesamtentgelt vereinbart worden und keine gesonderten Entgelte für einzelne Teilleistungen. Abweichendes ergebe sich nicht aus der sog. Preiszusammenstellung, weil darin für die Einzelpositionen kein jeweils gesondertes Entgelt sondern wiederum nur ein Gesamtbetrag ausgewiesen worden sei. Bei den in § 5 der Unternehmerwerkverträge ausgewiesenen Einzelpositionen handele es sich um die Vereinbarung von Abschlagszahlungen, jedoch nicht um die Vereinbarung von Teilentgelten. Dem entsprechend sei in den von der Klägerin verwandten Garantiebedingungen kein Hinweis darauf erfolgt, dass – wie es bei der Annahme von Teilleistungen nach § 13 Abs. 4 Nr. 3 VOB/B der Fall gewesen wäre – bereits mit der Abnahme der Teilleistungen zu einem darauf bezogenen Verjährungsbeginn gekommen sei. Nach § 12 Abs. 6 VOB/B wäre auch die Gefahr für die abgenommenen Teilleistungen vor Abschluss der Gesamtmaßnahme auf die Bauherren übergegangen. Für solche – für die Bauherren tendenziell ungünstigen – Regelungen fehle es an hinreichend deutlichen Vereinbarungen.

Mit Beschluss vom 01.11.2011 7 V 6158/11 hat der erkennende Senat im vorläufigen Rechtsschutz der Klägerin Aussetzung der Vollziehung für den Streitkomplex „Teilleistungen“ gewährt und im Übrigen den Antrag als unbegründet zurückgewiesen.

Dem Gericht haben zwei Halbhefter Einspruchsvorgänge, drei Bände Betriebsprüfungsakten sowie je ein Band Umsatzsteuer-, Vertrags-, Bilanz-, Körperschaftsteuer-, Einheitswert- und Gewerbesteuerakten vorgelegen, die vom Beklagten für die Klägerin unter der Steuernummer … geführt werden.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist im Wesentlichen unbegründet.

Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nur insoweit i.S. des § 100 Abs. 1 und 2 Finanzgerichtsordnung -FGO- in ihren Rechten verletzt, als der Beklagte im Rahmen der Auswertung der Prüfungsfeststellungen einen um 28.799,66 € zu hohen Umsatz der Umsatzbesteuerung zugrunde gelegt hat. Im Übrigen hat der Beklagte hinsichtlich der streitbefangenen Umsätze zu Recht das Vorliegen nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a UStG steuerfreier Umsätze und von Teilleistungen i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Sätze 2 und 3 UStG verneint.

II. 1. Nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a UStG sind steuerfrei die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG- fallen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u. a. ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf die Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet. Dem gegenüber ist die Bebauung von fremdem Grund und Boden kein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang. Allerdings kann nach den Grundsätzen des sogenannten einheitlichen Vertragswerks ein im Zusammenhang mit einem Grundstückserwerb abgeschlossener Bauvertrag die Bemessungsgrundlage für den grunderwerbsteuerpflichtigen Grundstückskauf erhöhen (vgl. z. B. Bundesfinanzhof -BFH-, Urteile vom 27.09.2012 II R 7/12 Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFHE- 239, 154, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2013, 86, Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- vom 20.05.2013 1 BvR 2766/12 n.v.; vom 19.06.2013 II R 3/12 BFHE 242, 173, BStBl II 2013, 965; vom 27.11.2013 II R 56/12 Der Betrieb -DB- 2014, 343). Auch unionsrechtlich ist dagegen nichts einzuwenden (Gerichtshof der Europäischen Union -EuGH-, Beschluss vom 27.11.2008 C-156/08 – Vollkommer, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2009, 223; grundlegend a.A. Niedersächsisches Finanzgericht -FG-, Urteil vom 20.03.2013 7 K 223, 224/10 Deutsche Wohnungswirtschaft -DWW- 2013, 308, Revision anhängig unter dem Az. II R 22/13).

2. a) Ungeachtet dessen erstreckt sich die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchstabe a UStG allein auf solche Vorgänge, bei denen sich die Vorgänge als einheitliche Lieferung eines bebauten Grundstückes darstellen (BFH, Urteile vom 07.02.1991 V R 53/85, BFHE 164, 482, BStBl II 1991, 737; vom 29.10.2008 XI R 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256; Beschluss vom 12.02.2009 XI B 76/08, BFH/NV 2009, 974, Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen durch Beschluss des BVerfG vom 27.05.2009 1 BvR 901/09 n.v.; Urteil vom 19.03.2009 V R 50/07, BFHE 225, 224, BStBl II 2010, 78).

Daran fehlt es im Streitfall. Die Erwerber von Grundstücken im Baugebiet C… haben kein zu bebauendes Grundstück von einem Leistenden erworben. Vielmehr war die Leistung aufgespalten in eine Grundstückslieferung seitens des Insolvenzverwalters der D… GmbH und eine Werklieferung seitens der Klägerin. Ungeachtet aller sachlichen Zusammenhänge schließt die Erbringung von Leistungen durch zwei verschiedene Leistende die Annahme einer einheitlichen Leistung aus (BFH, Urteile vom 29.10.2008 XI R 74/07, BFHE 74/07, BFHE 223, 498, BStBl II 2009, 256; vom 19.03.2009 V R 50/07, BFHE 225, 224, BStBl II 2010, 78 m. w. N.; vom 11.04.2013 V R 28/12, BFH/NV 2013, 1638).

b) aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin war diese nicht Lieferer des Grundstücks. Sie hat den Erwerbern nicht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG die Verfügungsmacht an den Grundstücken verschafft.

Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, bestimmt sich regelmäßig nach den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (BFH, Urteile vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541 m. w. N.; vom 26.04.2012 V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634; vgl. auch EuGH, Urteil vom 20.06.2013 C-653/11 – Newey, Mehrwertsteuerrecht -MwStR- 2013, 373 Rn 43 m. Anm. Grube). Diese sahen vor, dass der Insolvenzverwalter der D… GmbH den Erwerbern das Eigentum an den Grundstücken übertrug. Der Geschäftsführer der Klägerin trat insoweit nur als Vertreter ohne Vertretungsmacht auf, wobei das Gericht mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgeht, dass dieser Mangel durch spätere Genehmigungserklärungen geheilt worden ist.

bb) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei wirtschaftliche Eigentümerin der Grundstücke gewesen. Zwar ist die Verschaffung der Verfügungsmacht nur in der Regel, aber nicht notwendig mit dem zivilrechtlichen Eigentum verbunden, jedoch müsste die Klägerin den Grundstückserwerbern Substanz, Wert und Ertrag der Grundstücke übertragen und diese zuvor innegehabt haben (vgl. BFH, Urteile vom 09.02.2006 V R 22/03, BFHE 213, 83, BStBl II 2006, 727; vom 16.04.2008 XI R 56/06, BFHE 221, 475, BStBl II 2008, 909).

Dafür bestehen im Streitfall keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Insolvenzverwalter der D… GmbH rechtlich gebunden war, die von der Klägerin präsentierten Käufer zu akzeptieren und die Genehmigungen zu den vollmachtlos geschlossenen Kaufverträgen zu erteilen. Dies mag der wirtschaftlichen Vernunft entsprochen haben, weil auf diese Art und Weise die Verbindlichkeiten gegenüber den finanzierenden Banken reduziert wurden. Solche wirtschaftlichen Zwangslagen reichen jedoch nicht aus, um im rechtlichen Sinne die Verfügungsmacht zu verneinen. Auf die fehlende Verfügungsmacht der Klägerin deutet auch hin, dass nicht sie, sondern die Insolvenzmasse der D… GmbH bzw. deren Grundpfandrechtsgläubigerin durch den Grundstückskaufpreis bereichert wurde. Ferner ergibt sich eine Verfügungsmacht der Klägerin auch nicht daraus, dass ihr für die Bauzeit das Besitzrecht eingeräumt wurde. Denn das Besitzrecht stellt kein umfassendes Verfügungsrecht über das Grundstück dar. Vielmehr entspricht es nahezu dem wirtschaftlichen Regelfall, dass der Grundstückseigentümer einem Dritten ein exklusives Besitzrecht einräumt, wie etwa bei der Wohnungsvermietung, die den Vermieter auch von einem jederzeitigen Betretungsrecht ausschließt. Insbesondere ist nichts ersichtlich, was die Erwerber der Grundstücke gehindert haben sollte, diese an Dritte weiter zu veräußern, wenn es ihnen opportun erschien. Damit hätten sie auch etwaige Wertsteigerungen seit der Eigentumseintragung bzw. dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Zeitpunkt des Lastenwechsels realisieren können. Soweit die Klägerin dagegen einwendet, es sei den Käufern klar gewesen, vor einem Abschluss des Bauvorhabens über das Grundstück nicht verfügen zu können, ist nicht nachvollziehbar, woraus sie diese Schlussfolgerung ableitet. Ausweislich des vorgelegten Mustervertrags waren die Grundstücke im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits vermessen (vgl. Bl. 44 R Gerichtsakte). Im Übrigen wären auch noch zu vermessende Grundstücke bestimmbar und verkehrsfähig gewesen. Auch insoweit ist für einen Zwischenerwerb der Klägerin nichts ersichtlich. Zwar wären die Bauherren weiterhin gegenüber der Klägerin aus den Bauverträgen verpflichtet gewesen. Dies hinderte sie jedoch nicht, die erworbene, ggf. noch zu vermessende Teilfläche, im Zustand der Bebauung zu veräußern.

Unbeachtlich ist schließlich der städtebauliche Vertrag mit C…. Die darin vorgesehene Übertragung von Grundstücksflächen auf die Gemeinde betrifft nicht die hier streitigen, für Wohnzwecke vorgesehenen Parzellen, sondern Flächen des Gemeingebrauchs.

Der Umstand, dass aufgrund der Verträge mit den Versorgungsunternehmen Baumaßnahmen auf den Parzellen der Bauherren vorzunehmen waren, gibt ebenfalls keinen Anlass zu der Annahme, dass die Klägerin den Bauherren die Verfügungsmacht an den Grundstücken übertragen hat. Denn es entspricht der üblichen Vorgehensweise bei der Erschließung einzelner oder mehrerer Grundstücke, dass die von den Versorgungsunternehmen beauftragten Firmen Leistungen auf fremden Grundstücken durchführen. Dadurch erwerben weder die Versorgungsunternehmen noch die von ihnen beauftragten Firmen die wirtschaftliche Verfügungsmacht an den Grundstücken, zu deren Nutzen sie dort Erschließungsanlagen herstellen oder anschließen.

3. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, leidet die Umsatzsteuerfestsetzung an einem Fehler bei der Auswertung des Betriebsprüfungsberichts (vgl. die Verfügung des Vorsitzenden vom 27.02.2014), so dass die Steuer entsprechend der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Proberechnung herabzusetzen ist.

III. 1. Der Beklagte ist hinsichtlich der um den Jahreswechsel 2006/2007 durchgeführten streitigen Bauvorhaben zu Recht davon ausgegangen, dass insoweit eine Nachversteuerung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG in Höhe von 31.932,99 € vorzunehmen war. Die den streitbefangenen Bauvorhaben zugrunde liegenden Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 UStG) sind weder bereits in 2006 bewirkt worden, noch sind dabei Teilleistungen im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Sätze 2 und 3 UStG bewirkt worden.

2. a) Für den Zeitpunkt der Lieferung eines Bauwerks ist unerheblich, ob und in welchem Umfang der Werkbesteller bereits vor Fertigstellung des Bauwerks zivilrechtlich aufgrund einer Verbindung der Baumaterialien mit dem Grundstück nach §§ 946 ff. Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- Eigentum am Werk im jeweiligen Bauzustand erlangt hat. Vielmehr sind Abnahmen (§ 640 BGB) Indiz für den Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Bauwerk, das Gegenstand einer Werklieferung i.S. des § 3 Abs. 4 UStG ist (BFH, Urteil vom 30.04.2009 V R 1/06, BFHE 226, 130, BStBl II 2010, 138; vgl. auch BFH, Urteile vom 09.11.2006 V R 9/04, BFHE 215, 372, BStBl II 2007, 285, unter II. 2. b; vom 13.01.2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61, Rn 49).

b) Im Streitfall sind bei den streitigen 11 Bauvorhaben in 2006 noch keine Leistungen bewirkt worden. In den von der Klägerin verwendeten Bauverträgen war jeweils vorgesehen, dass die letzte Kaufpreisrate nach der Vorlage des Abnahmeprotokolls bzw. der Inbenutzungnahme zu zahlen. Diese Regelung der Bauverträge steht im Einklang mit § 12 Nr. 5 Abs. 2 Satz 1 VOB/B, nach dem die Inbenutzungnahme dazu führt, dass die Abnahme, wenn sie nicht verlangt wurde, 6 Tage später als erfolgt gilt. Ausweislich der von der Klägerin im Rahmen der Außenprüfung gefertigten Aufstellung (Bl. 325 bis 330 Betriebsprüfungsakte) sind bei den unter dem Stichwort „Teilleistungen“ streitbefangenen Bauvorhaben nach dem 31.12.2006 noch jeweils niedrige fünfstellige Euro-Beträge an die Klägerin gezahlt worden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass diese Zahlungen nicht im Zusammenhang mit Abnahmen oder Inbenutzungnahmen standen, die erst nach dem 31.12.2006 erfolgt sind. Daraus schließt das Gericht, dass die Abnahmen oder Inbenutzungsnahmen in den 11 streitigen Fällen erst in 2007 stattgefunden haben. Als Inbenutzungnahme gilt nicht, dass – wie die Klägerin unbelegt vorgetragen hat – möglicherweise alle oder einige der Bauherren nach Vorlage der Beilage 3b durch die Klägerin an ihren Objekten Innenausbauleistungen durchgeführt haben. Denn nach § 12 Nr. 5 Abs. 2 Satz 2 VOB/B gilt die Benutzung von Teilen einer baulichen Anlage zur Weiterführung der Arbeiten nicht als Abnahme. Dies erscheint zwingend, weil die Durchführung von Malerarbeiten usw. nicht der bestimmungsgemäße Gebrauch von Wohnhäusern ist. Solche Arbeiten sind lediglich die notwendige Vorbedingung oder Begleiterscheinung des bestimmungsgemäßen Zwecks „Wohnen“. Dem entsprechend besteht auch kein Anlass, in der Einräumung derartiger Betretungsrechte die Einräumung der Verfügungsmacht am Gesamtobjekt zu sehen. Schließlich hat die Klägerin nichts substantiiert dafür dargelegt, dass abweichend von der oben zitierten bestehenden Regel Vereinbarungen mit den Bauherren bestanden hätten, dass diese ohne bzw. vor einer Abnahme des Gesamtobjekts die wirtschaftliche Verfügungsmacht an dem Bauwerk hatten, dass z.B. Bauherren der Streitobjekte berechtigt gewesen wären, die Wohnnutzung in den von der Klägerin errichteten Gebäuden aufzunehmen. Die in diese Richtung gehenden Darlegungen der Klägerin im Schriftsatz vom 19.03.2012 (Bl. 3 oberes Drittel, Bl. 124 Gerichtsakte) sind allgemein gehalten und frei von konkreten Angaben zu betroffenen Bauherren und Daten.

3. a) Ferner entstand in den zum Stichwort „Teilleistungen“ streitigen Fällen die Steuer im Zusammenhang mit den vor dem 31.12.2006 vereinnahmten Zahlungen nicht als Umsatzsteuer auf Teilleistungen i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 2 UStG. Nach dieser Vorschrift entsteht die Umsatzsteuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Teilleistung ausgeführt worden ist. Eine solche liegt vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 3 UStG).

b) Diese Vorschriften sind für Zeiträume bis zum 31.12.2006 mit Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG -6. EG-Richtlinie-, für Zeiträume danach mit Art. 64 Abs. 1 Mehrwertsteuersystemrichtlinie -MwStSystemRL- vereinbar (im Ergebnis gleicher Auffassung: Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 152 Rn 16; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 13 Rn 14.1; Bülow in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 13 Rn 54; Leipold in Sölch/Ringleb, UStG, § 13 Rn 34; Herbert in Hartmann/Metzenmacher, UStG, E § 13 Rn 61; wohl auch Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 13 Rn 41; a.A. Stadie, UStG, 2. Aufl. 2012, § 13 Rn 22; § 27 Rn 13; Ammann, UR 2010, 252 [256]).

Nach diesen Regelungen gelten Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben, als jeweils mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen. Der Umstand allein, dass bei wirtschaftlich teilbaren komplexen Bauleistungen zeitlich gestaffelt Zahlungen geleistet werden, gibt i. S. der Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-Richtlinie, Art. 64 Abs. 1 MwStSystemRL allein noch keinen Anlass zu Abrechnungen oder Zahlungen i.S. dieser Vorschrift (in diesem Sinne jedoch Stadie, UStG, 2. Aufl. 2012, § 13 Rn 22; § 27 Rn 13; wohl auch Ammann, UR 2010, 252 [255 f.]). Denn der Steuertatbestand i.S. der Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-Richtlinie, Art. 64 Abs. 1 MwStSystemRL ist von den in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie und Art. 65 MwStSystemRL erwähnten Anzahlungen abzugrenzen. Dafür erscheint das vom deutschen Gesetzgeber verwendete Abgrenzungskriterium der gesonderten Entgeltvereinbarung geeignet. Denn auch nach dem Unionsrecht bestimmen sich die umsatzsteuerlichen Leistungsbeziehungen wesentlich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Beteiligten (EuGH, Urteil vom 20.06.2013 C-653/11 – Newey, MwStR 2013, 373 Rn 43 m. Anm. Grube).

Dieses Ergebnis wird bestätigt bei einem Blick auf die wesentliche Auswirkung der Unterscheidung zwischen Teilleistungen i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 2 UStG und Anzahlungen (Teilentgeltsvereinnahmung i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG). Denn § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 2 UStG stellt einen eigenständigen Besteuerungstatbestand dar, der bei Steuersatzerhöhungen nach Erbringung der Teilleistung und vor Erbringung der Gesamtleistung nicht wie § 13 Abs. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG durch § 27 Abs. 1 Satz 2 UStG durchbrochen wird. Für Anzahlungen ist dann nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG eine Berichtigung auf den im Zeitpunkt der Leistungserbringung geltenden Steuersatz vorzunehmen. Diese Differenzierung ist unionsrechtlich unbedenklich. Zwar wird für Anzahlungen i.S. der Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie und Art. 65 MwStSystemRL durch Art. 12 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a der 6. EG-Richtlinie, Art. 93 Satz 2 Buchstabe a MwStSystemRL bestimmt, dass es im Fall der Steuersatzänderung bei dem im Zeitpunkt der Anzahlung geltenden Steuersatz bleibt (Abweichung vom Grundsatz des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der 6. EG-Richtlinie, Art. 93 Satz 1 MwStSystemRL, nach dem auf die steuerpflichtigen Umsätze der Steuersatz anzuwenden ist, der zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem der Steuertatbestand eintritt). Jedoch räumen Art. 12 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie, Art. 95 Satz 1 MwStSystemRL den Mitgliedstaaten im Fall der Steuersatzänderung das Recht ein, in den Fällen der Anzahlungen i.S. des Art. 65 MwStSystemRL eine Berichtigung auf den im Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistungserbringung geltenden Steuersatz vorzunehmen. Diese Differenzierung lässt es als zwingend erscheinen, dass die vom Steuertatbestand der Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 der 6. EG-Richtlinie, Art. 64 Abs. 1 MwStSystemRL (Teilleistungen) umfassten Vorgänge eine stärker herausgehobene Eigenständigkeit aufweisen als die vom Steuertatbestand der Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der 6. EG-Richtlinie und Art. 65 MwStSystemRL (Anzahlungen) umfassten Vorgänge. Dafür erscheinen die nach nationalem Recht geltenden Kriterien der gesonderten Entgeltsvereinbarung und wirtschaftlichen Teilbarkeit geeignet.

c) In den hier streitigen Fällen hat die Klägerin zwar Leistungen erbracht, die grundsätzlich wirtschaftlich teilbar waren, jedoch sind für solche wirtschaftlich teilbaren Leistungen vor dem 01.01.2007 keine gesonderten Teilentgelte vereinbart worden.

Nach dem Merkblatt des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – zur Umsatzsteuerbesteuerung in der Bauwirtschaft vom 12.10.2009 (BStBl I 2009, 1292, II.2.) sind Bauleistungen hinsichtlich der einzelnen Gewerke, wie z. B. elektrische Anlagen, Heizungsanlagen, Dachdeckerarbeiten usw. wirtschaftlich teilbar. Davon geht auch die Rechtsprechung aus (BFH, Beschluss vom 09.03.2006 V B 77/05, BFH/NV 2006, 1530; Urteil vom 30.04.2009 V R 1/06, BFHE 226, 130, BStBl II 2010, 138 unter II. 3. b); Sächsisches FG, Urteil vom 21.07.2011 1 K 2028/07, juris).

Davon ausgehend dürften die in Beilage 3 b zu den streitigen Bauvorhaben aufgeführten Arbeiten jeweils Gegenstand von Teilleistungen sein können, wovon offenbar auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen.

d) Es fehlt jedoch an der gesonderten Vereinbarung von Einzelentgelten. Wegen der erforderlichen Abgrenzung zu Anzahlungen reicht es insoweit nicht aus, dass Zahlungsfälligkeiten vom Erreichen eines bestimmten Bautenstandes (in Anlehnung an die Vorgaben des im Streitjahr geltenden § 3 Abs. 2 Makler- und Bauträgerverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 07.11.1990 [Bundesgesetzblatt -BGBl- I 1990, 2479] sowie der Verordnung vom 06.09.1995 [BGBl I 1995, 1134]) abhängig gemacht werden. Da die Vertragsparteien sich der VOB/B unterworfen haben, kommt es insoweit entscheidend darauf an, dass in dem Leistungsverzeichnis, das jeweils Inhalt der Bauverträge war, für die dort ausgewiesenen Einzelleistungen (oder jedenfalls für zusammengefasste Teile davon) gesonderte Entgelte vereinbart wurden (Sächsisches FG, Urteil vom 21.07.2011 1 K 2028/07, juris; Merkblatt des BMF zur Umsatzsteuerbesteuerung in der Bauwirtschaft vom 12.10.2009, BStBl I 2009, 1292, II.2.; Weick in Nicklisch/Weick, VOB/B, 3. Aufl. 2001, § 1 Rn 3; Bülow in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 13 Rn 67; wohl auch Nieskens in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3 Rn 131; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 13 Rn 43a; a.A. Böcker, DStR 2007, 2194).

Diese Sichtweise ist vorgeprägt durch § 5 Ziff. 1 VOB/A 2002, die bis zum 31.12.2006, also auch bei Abschluss der streitbefangenen Verträge, verwendet wurde. Diese Ziffer lautet: „Bauleistungen sollen so vergeben werden, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird (Leistungsvertrag), und zwar: a) in der Regel zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Gewicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen anzugeben ist (Einheitspreisvertrag), b) in geeigneten Fällen für eine Pauschalsumme, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist (Pauschalvertrag).“ Zwar haben die Vertragsschließenden im Streitfall die Geltung der VOB/A nicht ausdrücklich vereinbart, jedoch die Geltung der VOB/B, deren Begrifflichkeiten durch die VOB/A vorgeprägt sind. Die in diesen Regelungen zum Ausdruck kommende Auffassung der fachkundigen Verkehrskreise ist bei der umsatzsteuerlichen Würdigung mit heranzuziehen.

An der Vereinbarung von Einzelpreisen für die einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses fehlt es jedoch im Streitfall vollständig, wie sich aus dem im Rahmen der Außenprüfung beispielhaft übergebenen Leistungsverzeichnis (Bl. 377 f. Betriebsprüfungsakte) ergibt. Dies wird noch dadurch unterstützt, dass im Rahmen der Preisvereinbarungen in § 4 des Bauvertrags und der einen Vertragsbestandteil bildenden Preiszusammenstellung (vgl. z.B. Bl. 367, 369 Betriebsprüfungsakte) jeweils nur Gesamtpreise für das Haus, nur untergliedert in den Grundpreis und Zusatzleistungen, vereinbart wurden. Alles in allem sind Pauschalpreise i.S. des § 5 Ziff. 1 Buchstabe b) VOB/A vereinbart worden, die keine Grundlage für Teilleistungen sein können. Die im Beschluss vom 01.11.2011 7 V 6158/11 für möglich gehaltene großzügigere Auffassung wird nach der Überprüfung im hiesigen Hauptsacheverfahren nicht für zutreffend gehalten.

Die vorstehenden Erwägungen gelten ungeachtet der Tatsache, dass im Streitfall Fertigteilhäuser errichtet wurden. Denn auch in diese gehen die in der Leistungsbeschreibung dargelegten Einzelleistungen ein, wenngleich zu einem großen Teil im Rahmen des besonderen Fertigungsverfahrens, einer nahezu industriellen Fertigung im Fertighauswerk. Gleichwohl muss jede Einzelleistungen von der Klägerin oder ihrem Vorlieferanten kalkulatorisch bewertet worden sein. Es kann dahinstehen, ob eine ausreichende Aufgliederung in Einzelentgelte vorläge, wenn die Klägerin und ihre Kunden Einzelentgelte für die Bodenplatte, den von der Fertighausfirma gelieferten Rohbau, die durch die Klägerin bewirkte Montage, Dachdeckerarbeiten und weitere Ausbaumaßnahmen vereinbart hätten. Denn auch eine solche Aufgliederung liegt im Streitfall nicht vor.

e) Mangels gesondert vereinbarter Entgelte für Einzelleistungen kamen auch keine Teilabnahmen in Betracht.

f) Dem entsprechend war im Streitjahr für die bis zum 31.12.2006 abgerechneten Raten ausgehend von dem durch Art. 4 Nr. 1 des Haushaltbegleitgesetzes – HBeglG – 2006 vom 29.06.2006, BGBl I 2006, 1402 mit Wirkung vom 01.01.2007 auf 19 % erhöhten Regelsteuersatz (Art. 14 Abs. 3 HBeglG 2006) nach § 27 Abs. 1 Satz 3 UStG die Umsatzsteuer zu berichtigen. Gegen die rechnerische Umsetzung durch den Beklagten hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben. Auch nach Aktenlage ist insoweit kein Fehler ersichtlich.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 136 Abs. 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V. mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung analog.

V. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hinsichtlich des Streitjahres 2007 zuzulassen, weil die genaue Abgrenzung von Teilleistungen und Anzahlungen bei Bauleistungen höchstrichterlich ungeklärt ist. Im Übrigen hat der Senat eine Einzelfallwürdigung vorgenommen und ist dabei von der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen.