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FRG-Zeiten - Entgeltpunkte - Umzug alte und neue Bundesländer - gewöhnlicher Aufenthalt


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 8. Senat Entscheidungsdatum 31.05.2012
Aktenzeichen L 8 R 26/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen Art 6 § 4 Abs 6 FRG

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. November 2010 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung des Sozialgerichts.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens darüber, ob der Berechnung der Rente des Klägers Entgeltpunkte (Ost) zugrunde gelegt werden dürfen.

Der 1934 geborene Kläger ist, nachdem er verschiedene Beschäftigungszeiten in Polen zurückgelegt hatte, am 3. Dezember 1988 von Polen in die Bundesrepublik Deutschland (Niedersachsen) übergesiedelt und ist als Aussiedler Inhaber des Vertriebenenausweises A. Er bezieht – nachdem er auch in Deutschland noch beschäftigt gewesen war – seit dem 1. August 1995 eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit von der Beklagten (Bescheid vom 17. Januar 1997). Hierbei wurden die Beschäftigungszeiten in Polen als Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) berücksichtigt. Der Bescheid enthält auf dessen Seite 4 den Hinweis, dass sich die Rentenhöhe für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vermindern könne.

Am 29. Juni 2007 wendete sich die Ehefrau des Klägers telefonisch an eine Auskunfts- und Beratungsstelle der Beklagten und fragte ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen vorliegenden Aktenvermerks nach den Folgen eines Umzugs nach Polen für die Rentenhöhe des Klägers und danach, ob die Rente dann weiterhin von dem deutschen Träger gezahlt werde oder ob sie sich an den polnischen Träger wenden müsse. Mit Schreiben vom 2. August 2007 informierte die Beklagte den Kläger über die Folgen einer Wohnsitznahme in Polen, Ausführungen zu den Folgen einer Wohnsitznahme im Beitrittsgebiet enthielt das Schreiben nicht. Mit Schreiben vom 29. Juni 2007 wandte sich die Ehefrau des Klägers zudem auch in eigener Angelegenheit an ihren Rentenversicherungsträger, die Deutsche Rentenversicherung Bund, wies auf den Wunsch hin, „eventuell“ nach Polen zu übersiedeln und bat um Auskunft, welche Auswirkungen auf ihre Rente eine Übersiedlung nach Polen habe, wie hoch ihre Rente in Polen sein würde und ob die Kürzung in Deutschland durchgeführt würde. Mit Schreiben vom 12. Juli 2007 antwortete die DRV Bund der Ehefrau des Klägers.

Am 1. Oktober 2007 zog der Kläger – nach Abschluss des Mietvertrags am 24. Juli 2007 – aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet um. Mit Schreiben vom 7. September 2007 informierte er die Beklagte über den Umzug.

Mit Schreiben vom 2. November 2007 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigen Aufhebung der Gewährung der Altersrente hinsichtlich der Rentenhöhe ab dem 1. Oktober 2007 wegen der Verlegung des Wohnsitzes an. Mit Bescheid vom 2. November 2007 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers in Höhe eines Zahlbetrags von 847,33 EUR (statt zuletzt 958,29 EUR) ab dem 1. Oktober 2007 neu fest. Mit weiterem Bescheid vom 11. Januar 2008 hob sie die Rentengewährung der Höhe nach ab dem 1. Oktober 2007 auf und forderte den überzahlten Betrag von 221,92 EUR für die Monate Oktober und November 2007 von dem Kläger zurück. Sie stützte sich auf die Rechtsgrundlagen des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Art. 6 § 4 Abs. 6 Fremdrenten – und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG). Danach würden bei Personen, die nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet verlegten und am 31. Dezember 1991 keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem FRG hätten, für nach dem FRG anrechenbare Zeiten grundsätzlich nur noch Entgeltpunkte (Ost) ermittelt.

Gegen diese Bescheide erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Verminderung der Rente habe ihn überraschend getroffen. Die Regelung sei sozial ungerechtfertigt und stehe im Widerspruch zu der Verfassung. Den Umzug nach Frankfurt (Oder) habe er im September 2007 mitgeteilt. Er fühle sich vernachlässigt, dass ihm niemand Bescheid gegeben habe, dass die Rente gekürzt werde. Wegen seiner Herkunft (Aussiedler aus Danzig) und seines Alters (Rentenbezug) dürfe er sich nicht mehr in Deutschland frei bewegen. Die Informationen im Rentenbescheid vom 17. Januar 1997 seien nicht ausreichend, wie solle er sich daran erinnern, dass er nicht in die neuen Bundesländer umziehen dürfe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Nach erneutem Umzug nunmehr nach Berlin-Reinickendorf am 6. März 2008 beantragte der Kläger am 25. März 2008 die „Wiederherstellung“ seiner „vorherigen Rente“. Dieses lehnte die Beklage mit Bescheid vom 8. April 2008 ab, da sich aus Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG ergebe, dass auch nach Rückverlegung des gewöhnlichen Aufenthalts aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer die Zahlung der früheren Rente nicht wieder aufgenommen werde.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 beantragte der Kläger - nunmehr anwaltlich vertreten - die Überprüfung der Bescheide vom 2. November 2007 und vom 8. April 2008. Die Regelung des Art 6 § 4 Abs. 6 sei mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren, verstoße gegen Art. 14 GG, gegen das Sozialstaatsprinzip, das Rückwirkungsverbot, den Vertrauensschutz und gegen das Freizügigkeitsgebot nach Art. 11 GG. Bei Kenntnis der Rechtslage wäre er nicht in das Beitrittsgebiet verzogen. Die Regelung verstoße auch gegen das europäische Recht auf Freizügigkeit (Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 – C 396/05 u.a.). Die Rechtsprechung des EuGH sei auch auf innerstaatliche Sachverhalte analog anwendbar. Deutsche Staatsangehörige, die in das Beitrittsgebiet zögen, dürften nicht schlechter gestellt werden als solche, die in das Ausland verzögen. Er sei zudem nicht hinreichend über die Konsequenzen eines Umzugs in die neuen Bundesländer beraten worden.

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab und berief sich vor dem Hintergrund einer unveränderten Sach- und Rechtslage auf die Bindungswirkung der Bescheide vom 2. November 2007 und vom 8. April 2008 (§ 77 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 2009 wies die Beklagte den hiergegen gerichteten Widerspruch zurück. Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG bestimme, in welchen Fällen für nach dem FRG anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) bestimmt würden. Es handele sich dabei u.a. um Personen, die nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus den alten Bundesländern in das Beitrittsgebiet verlegten unter der Voraussetzung, dass am 31. Dezember 1991 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentegesetz nicht bestanden habe. Es verbleibe auch im Falle einer Zurückverlegung des Wohnsitzes in die alten Bundesländer bei Entgeltpunkten (Ost). Der Rentenbewilligungsbescheid vom 17. Januar 1997 habe auch Hinweise enthalten, wonach sich der Rentenanspruch für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet mindern könne. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, er sei über die Folgen eines Umzugs nicht informiert worden. Die Ehefrau des Klägers habe sich im Juni 2007 nur nach den Folgen eines Verzugs nach Polen für die Rentenhöhe erkundigt, nicht aber eines Verzugs in das Beitrittsgebiet. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen daher nicht vor.

Mit seiner am 18. Mai 2009 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt, zur Begründung auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren verwiesen und ergänzend vorgetragen, er stütze sich auf den Herstellungsanspruch, da er vor dem Umzug nicht über eine Rentenkürzung in Kenntnis gesetzt worden sei. Er sei zumindest so zu stellen, als ob bei zutreffender Beratung ein Wohnsitzwechsel in die neuen Bundesländer nicht erfolgt wäre bzw. der Wohnsitz in den alten Bundesländern beibehalten worden wäre. Auch wenn sich das Auskunftsersuchen seiner Ehefrau des Klägers nur auf einen Umzug nach Polen bezogen habe, hätte die Beklagte dieses umfassend hinsichtlich aller Fallgestaltungen beantworten müssen. Er habe keinen Unterscheid zwischen neuen und alten Bundesländern gesehen und die Hinweise in dem Rentenbescheid nicht verstanden, da es doch Deutschland sei. Deswegen habe für ihn und seine Ehefrau die Frage des Umzugs in die neuen Bundesländer keine Rolle gespielt. Die Regelung verstoße zudem gegen das Freizügigkeitsgebot innerhalb der EG.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die an die Ehefrau von der Deutschen Rentenversicherung Bund erteilten Hinweise für den Rechtstreit des Klägers ohne Belang seien. Der Rentenbescheid habe Hinweise enthalten, dass sich der Rentenanspruch für die Dauer eines gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet mindern könne und auch eine entsprechende Mitteilungspflicht aufgeführt; solche seien auch in den Rentenanpassungsmitteilungen aufgenommen. Die Ehefrau des Klägers habe sich im Juni 2007 lediglich nach den Folgen eines Umzugs nach Polen erkundigt, nicht aber eines Umzug in das Beitrittsgebiet.

Mit Urteil vom 30. November 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, soweit eine Rücknahme des Aufhebungsbescheids für den Zeitraum ab dem 1. Dezember 2007 im Streit war, und der Klage im Übrigen hinsichtlich der Aufhebung für die Monate Oktober und November 2007 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 44 SGB X seien überwiegend nicht erfüllt. Die Beklagte habe die Rente des Klägers zu Recht mit Bescheiden vom 2. November 2007 und vom 11. Januar 2008 unter Zugrundelegung von Entgeltpunkten (Ost) neu festgestellt. Rechtsgrundlage sei § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Aus Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 c) FANG folge daraus die Ermittlung von Entgeltpunkten (Ost) für die nach dem FRG anerkannten Zeiten. Der Kläger habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt zum 1. Oktober 2007 von Niedersachsen nach Brandenburg verlegt. Dass sich schon nach kurzer Zeit herausgestellt habe, dass er aufgrund des menschlichen und gesellschaftlichen Klimas nicht in Frankfurt (Oder) bleiben wollte und er mit seiner Ehefrau daraufhin nach Berlin gezogen sei, ändere an der Tatsache des gewöhnlichen Aufenthalts in Frankfurt (Oder) nichts. Die Kammer halte die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG auch nicht für verfassungswidrig. Auf Art. 14 GG könne sich der Kläger nicht berufen, da Ansprüchen aus dem Fremdrentenrecht keine Eigenleistungen zugrunde lägen (Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 1 BvL 9/00 u.a.) Auch eine Verletzung des Art. 3 GG sei nicht ersichtlich. Die unterschiedliche Behandlung von nach dem FRG Berechtigten gegenüber den Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da keine volle Gleichstellung mit denjenigen erfolgen müsse, die ein Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik Deutschland begründet hätten (Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1970, BvL 8/65; Beschluss vom 13. Juni 2006,a.a.O.). Die Ungleichbehandlung im Vergleich zu denjenigen, die Anwartschaften im sozialen Sicherungssystem der DDR erworben hätten, rechtfertige sich aus dem Ziel der Schaffung einheitlicher Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands. Auch ein Verstoß gegen Art. 2 GG in Verbindung mit dem Vertrauensschutzprinzip liege nicht vor. An den rechtlichen Grundlagen für die Berechnung der Rente habe sich seit Rentenbeginn nichts geändert, die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 habe bereits seit 1992 bestanden. Art. 11 GG sei ebenfalls nicht verletzt, da das Recht auf Freizügigkeit nicht gegen mittelbare und nur faktische Belastungen schütze. Zudem seien Differenzierungen, die aus den besonderen Lebensumständen in besonderen Regionen herrührten, sachgerecht.

Schließlich seien auch Art. 18, 39, 42 EG-Vertrag nicht verletzt. Staatsbürger könnten sich gegenüber ihrem Heimatstaat gerade nicht auf Grundfreiheiten nach dem EG-Vertrag berufen; eine Inländerdiskriminierung verstoße nicht gegen europäisches Recht. Es handele sich nicht um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, sondern um einen rein internen nationalen Sachverhalt.

Auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs könne der Kläger nicht so gestellt werden, als sei der Umzug nach Frankfurt (Oder) nicht erfolgt. Selbst wenn von einer Fehlberatung der Beklagten ausgegangen würde, könnte dadurch die Tatsache der Aufnahme des gewöhnlichen Aufenthalts in den neuen Bundesländern nicht beseitigt werden. Es läge auch keine Pflichtverletzung der Beklagten vor, da sich die Anfrage des Klägers wegen der Folgen eines Umzugs für die Rentenhöhe nur auf einen Umzug nach Polen bezogen habe, nicht aber auf einen Umzug in die neuen Bundesländer.

Für eine rückwirkende Aufhebung fehle es jedoch an den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, so dass die Aufhebung für die Monate Oktober und November rechtswidrig sei.

Mit der nur von ihm erhobenen Berufung macht der Kläger weiterhin einen Verstoß gegen Verfassungs- und Europarecht geltend. Es handele sich nicht nur um einen mittelbaren Eingriff in die Freizügigkeit, die Rechtsfolge der Rentenkürzung komme vielmehr einem direkten Eingriff gleich. Er führt zudem aus, dass mit dem nur fünfmonatigen Aufenthalt in Frankfurt (Oder) bis zum Umzug nach Berlin (West) kein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden sei (vor dem Hintergrund, dass die Organisation des Umzugs nach Berlin auch eine erhebliche Zeit benötigte). Es sei ausgeschlossen, dass er in so kurzer Zeit seinen Lebensmittelpunkt in Frankfurt (Oder) begründet habe; der Umzug sei unter Vorbehalt erfolgt, ob er sich dort einleben könne. Da er mitgeteilt habe, dass er nur „eventuell“ nach Polen umziehen wolle, habe die Beklagte auch Anlass gehabt, auf alle möglichen Folgen eines Umzugs in die alten, die neuen Bundesländer und nach Polen hinzuweisen. Es sei zudem nicht angemessen, ihn für den Fehler eines in Unkenntnis der Rechtsfolgen erfolgten Umzugs in das Beitrittsgebiet auf Dauer zu „bestrafen“.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. November 2010 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Bescheide vom 2. November 2007 und vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 auch insoweit zurückzunehmen, als der Bescheid vom 17. Januar 1997 ab dem 1. Dezember 2007 teilweise aufgehoben wurde, sowie den Bescheid vom 8. April 2008 zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich auf die erstinstanzliche Entscheidung und ihr Vorbringen in erster Instanz. Der Kläger habe nur nach den Folgen eines Umzugs nach Polen gefragt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Rücknahme der Teilaufhebung der Rentengewährung ab dem 1. Dezember 2007 im Streit war.

Streitgegenstand ist – nachdem nur der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Berufung eingelegt hat – nur noch die Rechtmäßigkeit der Teilaufhebung für den Zeitraum ab dem Dezember 2007, die davon abhängt, ob die Beklagte für die nach dem FRG anrechenbaren Zeiten zu Recht der Rentenberechnung ab dem 1. Dezember 2007 Entgeltpunkte (Ost) zugrunde gelegt hat.

Der Kläger kann sich für sein Begehren nicht auf § 44 SGB X stützen. Die angegriffenen Bescheide vom 2. November 2007 und vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 sowie der Bescheid vom 8. April 2008 waren – soweit sie noch im Streit stehen – nicht rechtswidrig.

Die Bescheide vom 2. November 2007 und vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 finden ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Bei dem ursprünglichen Rentenbescheid vom 17. Januar 1997 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Mit dem Umzug von Niedersachsen nach Brandenburg ist eine wesentliche Änderung eingetreten, da danach den nach dem FRG berücksichtigten Zeiten nur noch Entgeltpunkte (Ost) zuzuordnen waren.

Für in Deutschland zurückgelegte Beitragszeiten hängt die Zuordnung zu Entgeltpunkten bzw. Entgeltpunkten (Ost) im Grundsatz davon ab, ob sie im Beitrittsgebiet oder im alten Bundesgebiet zurückgelegt worden sind (§ 254d Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]). Soweit - wie im vorliegenden Fall - im nichtdeutschen Herkunftsland zurückgelegte Beitragszeiten in Anwendung des FRG ebenfalls mit Entgeltpunkten berücksichtigt werden, hat der Gesetzgeber in Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG folgende Regelung hinsichtlich ihrer Zuordnung zu den Entgeltpunkten bzw. Entgeltpunkten (Ost) getroffen:

Bei Berechtigten nach dem Fremdrentengesetz, die

a) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet haben und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz erwerben,

b) nach dem 31. Dezember 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen und dort nach dem 31. Dezember 1991 einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz erwerben oder

c) nach dem 31. Dezember 1991 ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegen und bereits vor Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz haben,

werden für nach dem Fremdrentengesetz anrechenbare Zeiten Entgeltpunkte (Ost) ermittelt; im Falle von Buchstabe c gilt dies nur, sofern am 31. Dezember 1991 Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz nicht bestand. Dies gilt auch für die Zeiten eines weiteren Rentenbezuges aufgrund neuer Rentenfeststellungen, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen. Bei Berechtigten nach Satz 1 Buchstabe a und c, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verlegen, verbleibt es für Zeiten nach dem Fremdrentengesetz bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost).

In Anwendung dieser gesetzlichen Regelung hat die Beklagte mit den Bescheiden vom 2. November 2007 und vom 11. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Februar 2008 zutreffend entschieden, dass die vom Kläger im Herkunftsland zurückgelegten Beitragszeiten bei dem mit Rentenbescheid vom 17. Januar 1997 auf der Grundlage des FRG zugesprochenen Rentenanspruch mit Entgeltpunkten (Ost) zu bewerten sind. Der Kläger hat im Sinne von Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 c) FANG im Oktober 2007 und damit nach dem 31. Dezember 1991 seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet in das Beitrittsgebiet verlegt, hatte zu diesem Zeitpunkt (nämlich ab dem 1. August 1995) bereits einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nach dem Fremdrentengesetz und hatte einen solche Anspruch am 31. Dezember 1991 (noch) nicht.

Soweit der Kläger vorträgt, mit dem nur fünfmonatigen Aufenthalt in Frankfurt (Oder), der nur „zur Probe“ gedient habe, habe er noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet genommen, ist dem – wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat – nicht zu folgen. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Danach ist entscheidend, ob der Kläger den örtlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Beitrittsgebiet hatte. Dauerhaft ist ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Auf die Dauer des tatsächlichen Aufenthalts kommt es nicht an. Nach den Umständen bestehen keine Zweifel daran, dass der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt ab dem 1. Oktober 2007 in Frankfurt (Oder) begründet hat. Er hat seinen bisherigen Wohnsitz in Niedersachsen endgültig aufgegeben und hatte keinen anderen außerhalb Frankfurts (Oder) begründet. Dass der Umzug nach Frankfurt nur übergangsweise erfolgen sollte, ergibt sich aus den Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten weder bei seinem Auskunftsersuchen noch bei seiner Umzugsmitteilung; nach seinem eigenen Vorbringen hat er den Entschluss zu einem erneuten Umzug nach Berlin erst gefasst, nachdem ihm das menschliche Klima in Frankfurt (Oder) nicht gefiel.

Der Kläger kann sich auch nicht auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Auf die zutreffenden Ausführungen des SG wird insoweit Bezug genommen. Ergänzend ist anzumerken, dass der Kläger sich zu Unrecht auf ein Auskunftsersuchen, das seine Ehefrau in eigener Angelegenheit an ihre Rentenversicherung gerichtet hat und in dem der Umzug nach Polen als „eventuell“ bezeichnet wird, stützt. In dem Auskunftsersuchen des Klägers in seiner Angelegenheit ist eine solche Eingrenzung jedenfalls nicht ersichtlich, ohne dass vorliegend entschieden werden müsste, ob das Auskunftsersuchen der Ehefrau zu Hinweisen auch auf die Sach- und Rechtslage bei einem Umzug in die neuen Bundesländer Anlass hätte geben müssen (vgl. zum Umfang von Beratungspflichten etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2000 – B 8 KN 8/99 R, Fundstelle Juris).

Nach dem erneuten Umzug nunmehr aus Frankfurt (Oder) nach Berlin-Reinickendorf am 6. März 2008 war die vorherige Rentenhöhe nicht wieder festzustellen. Die Beklagte hat diesen Antrag des Klägers mit Bescheid vom 8. April 2008 ebenso zu Recht abgelehnt wie den auf Aufhebung dieses Bescheids gerichteten Überprüfungsantrag. Sie konnte sich hierfür auf Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 3 FANG stützen, wonach es auch bei einem (erneuten) Umzug aus dem Beitrittsgebiet in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet bei den ermittelten Entgeltpunkten (Ost) verbleibt.

Dass der Kläger von dem Bestehen der gesetzlichen Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 c), Satz 3 FANG „überrascht“ wurde, kann nicht dazu führen, diese nicht anzuwenden. Es greift insoweit der Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen.

Durchgreifende Zweifel an der Verfassungs- und Europarechtskonformität der Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 Satz 1 c), Satz 3 FANG ergeben sich nicht.

Ob für den Kläger, dessen Rente nicht nur nach dem FRG anrechenbare Zeiten zugrunde liegen, auch Art. 14 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab zugrunde zu legen ist (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvL 9/00 u.a., zit. nach Juris), kann dahin stehen, da ein Eingriff jedenfalls gerechtfertigt wäre. Die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG dient dazu (vgl. BT-Drs. 12/405, S. 114 f.), den eingetretenen Veränderungen durch die Öffnung der deutsch-deutschen Grenzen auch im Fremdrentenrecht Rechnung zu tragen. Dieses sollte so weiter entwickelt werden, dass es am jeweiligen Aufenthaltsort in den alten Bundesländern oder im Beitrittsgebiet einen angemessenen Lebensstandard sichert. Wer Aufnahme im Beitrittsgebiet finde, solle Leistungen entsprechend dem Rentenniveau der dortigen Bürger erhalten. Die unterschiedliche Leistungshöhe mache es erforderlich, Anreize für einen Wohnortwechsel in die alten Bundesländer zu nehmen und für Aussiedler keine günstigeren Regelungen zu treffen, als sie für Bundesbürger im Beitrittsgebiet gelten. Die Neuordnung des Fremdrentenrechts in der Weise, dass die Rentenhöhe auch vom Aufenthaltsort im Beitrittsgebiet oder in den alten Bundesländern abhängt, war vor dem Hintergrund der eingetretenen Änderungen der Grenzöffnung und der Verhältnissen in den Herkunftsgebieten des FRG-Rechts erforderlich; sie ist auch in geeigneter Weise und verhältnismäßig getroffen worden. Eine Neuordnung ohne Einschränkungen in der Rentenberechnung vorzunehmen war von Verfassungs wegen nicht erforderlich.

Ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 GG liegt in der Regelung ebenfalls nicht. Es fehlt bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 11 GG. Ein unmittelbarer Eingriff in die Freizügigkeit ist durch eine gesetzlich unter weiteren Voraussetzungen geregelte Rentenminderung bei einem Umzug in die neuen Bundesländer nicht gegeben. Dieses enthält keine unmittelbare Beschränkung der Freizügigkeit, die Möglichkeit zur Verlegung des Wohnsitzes wird nicht direkt beschränkt. Die mittelbaren Auswirkungen einer mit einem Umzug verbundenen Rentenkürzung erreichen – anders als bei einer Kürzung von Sozialhilfeleistungen auf das Maß des Unerlässlichen (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. März 2004 – 1 BvR 1266/00, zit. nach Juris) – auch kein solches Ausmaß, dass sie einem unmittelbaren Eingriff in die Freizügigkeit gleichzusetzen wären. Die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG setzt durch die Ermittlung von Entgeltpunkten (Ost) nach einem Umzug von den alten in die neuen Bundesländer (unter weiteren Voraussetzungen) zwar einen Anreiz, Umzüge, die zu Rentenkürzungen führen könnten, zu unterlassen. Entsprechend der Zielsetzung wird mit der Bestimmung der Ermittlung von Entgeltpunkten (Ost) bei gewöhnlichem Aufenthalt im Beitrittsgebiet die Rentenhöhe nach dem FRG jedoch weiterhin derart gestaltet, dass damit ein angemessener Lebensstandard, der sich an den Verhältnissen des Aufenthaltsorts orientiert, gesichert wird. Dass für Verlegungen des Wohnsitzes von den neuen in die alten Bundesländer nicht die Ermittlung von Entgeltpunkten vorgesehen ist, gilt gleichermaßen für solche Rentenberechtigte, die Zeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben, denen Entgeltpunkte (Ost) zugeordnet werden, wie auch für Rentenberechtigte nach dem FRG wie den Kläger. Die Auswirkungen der Regelung sind zudem zeitlich bis zu einer Angleichung der Lebensverhältnisse in den neuen und alten Bundesländern begrenzt.

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder Abs. 3 GG liegt nicht vor. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet, eine Gruppe von Normadressaten im Verhältnis zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG 55, 72; 71, 255; 81, 156). Für das seit der Wiedervereinigung notwendige Übergangsrecht steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in West und Ost mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise entsprochen wird. Eine Verfestigung der Ungleichheit der Lebensverhältnisse entspricht dem nicht, vielmehr eine Sichtweise, im Hinblick auf die Angleichung der Rechts- und Lebensverhältnisse Verschiedenheiten allmählich abzubauen (vgl. BSG SozR 3-2600 § 228 a SGB VI Nr 1; BVerfG vom 14. März 2000 - 1 BvR 284/96, Fundstelle Juris). Den durch die Grenzöffnung eingetretenen Änderungen musste der Gesetzgeber auch im Fremdrentenrecht Rechnung tragen und hat dabei sachgerecht auf den gewöhnlichen Aufenthalt und die unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den neuen und alten Bundesländern abgestellt. Dass bei einer Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts aus den neuen in die alten Bundesländer weiterhin Entgeltpunkte (Ost) zugeordnet bleiben, entspricht der Lage für solche Rentenberechtigte, die Zeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben, denen Entgeltpunkte (Ost) zugeordnet werden. Eine Gleichstellung mit denjenigen, die ein Versicherungsverhältnis zu einem Versicherungsträger in der BRD begründet hatten, musste nicht erfolgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1970 - BvL 8/65 - Fundstelle Juris; Beschluss vom 13. Juni 2006, a.a.O.).

Erst recht wird der Kläger durch diese Regelung auch nicht wegen seiner Herkunft benachteiligt (Art. 3 Abs. 3 GG). Auf die Ausführungen des SG wird insoweit Bezug genommen.

Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, insbesondere das Vertrauensschutzprinzip liegt nicht vor. Weder handelt es sich bei der Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG um eine Regelung mit echter Rückwirkung, noch durfte der Kläger darauf vertrauen, dass der Berechnung seiner Rente immer Entgeltpunkte wie bei einem Aufenthalt in den alten Bundesländern zugrunde gelegt werden. Die Regelung des Art. 6 § 4 Abs. 6 FANG bestand bereits seit dem 1. Januar 1992 und damit auch bereits vor dem Rentenbeginn des Klägers; in dem Rentenbescheid ist zudem auf die mögliche Minderung der Rente bei Aufenthalt im Beitrittsgebiet hingewiesen worden.

Nicht verletzt wird schließlich auch die europarechtlich garantierte Freizügigkeit, insbesondere Art. 42 des EG-Vertrags (EG-V). Zwar hat der EuGH entschieden, dass es insbesondere mit Art. 42 EG-V unvereinbar ist, wenn nach dem FRG berücksichtigte Zeiten dann nicht mehr für die Rentenberechung berücksichtigt werden, wenn der Berechtigte seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedsstaat nimmt (EuGH, Urteil vom 18. Dezember 2007 C-396/05). Art. 42 EG-V befasst sich jedoch nur mit der Zahlung von Leistungen auch in andere Mitgliedsstaaten, jedoch nicht mit der Zahlung von Leistungen innerhalb eines Mitgliedstaates. Eine „analoge Anwendung“ – wie vom Kläger begehrt – kommt bereits vor dem Hintergrund des grundsätzlich unterschiedlichen Sachverhalts nicht in Betracht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 18. August 2011 – L 33 R 851/10, Fundstelle Juris). Auch auf Art. 18 EG-V kann sich der Kläger bei dem vorliegenden rein inlandsbezogenen Sachverhalt nicht stützen; ein Verbot der Inländerdiskriminierung ist auch daraus nicht abzuleiten (vgl. EuGH, Urteil vom 5. Juni 1997 - Rs C 64/96, Fundstelle Juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.