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Allgemeinverbindlicher Tarifvertrag - Entstehungsprinzip - Arbeitsstelle


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 1. Senat Entscheidungsdatum 12.06.2015
Aktenzeichen L 1 KR 48/13 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 28p SGB 4, § 4 TVG

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladenen müssen jedoch ihre Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Streit ist ein Prüfbescheid der Beklagten, soweit dort für die Zeit vom 1. März 1999 bis 31. Dezember 2002 Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) – 3) und zu 7) – 9) nachgefordert werden.

Die Klägerin betrieb ein Gebäudereinigungsunternehmen und war nicht tarifgebunden. Die genannten Beigeladenen waren bei ihr beschäftigt. Sie hatte ihren Geschäftssitz zunächst in Berlin und verlegte diesen am 1. März 2001 nach N in Brandenburg.

Für das Gebäudereinigerhandwerk galt in Berlin im streitgegenständlichen Zeitraum ein räumlich auf das Gebiet von Berlin beschränkter und für allgemein verbindlich erklärter Lohntarifvertrag. In Brandenburg galten im streitgegenständlichen Zeitraum im Bezirk der Handwerkskammer Cottbus, welcher Klägerin angehörte, die Lohntarifverträge vom 12. Mai 1997 bzw. vom 20. August 2002. Daneben galt dort der für allgemein verbindlich erklärte Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk Deutschland ohne das Land Berlin vom 16. August 2000, allgemein verbindlich ab 1. September 2000.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend nur noch: „die Beklagte“), führte in der Zeit vom 15. April 2003 bis zum 16. April 2003 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) für den Prüfzeitraum 1. Januar 1999 bis 31.12.2002 durch.

Mit Bescheid vom 8. Mai 2003 forderte die Beklagte von der Klägerin Beiträge in Höhe von 13.877,31 € nach. Bescheidbestandteil ist eine Anlageberechnung der Beiträge, welche nach den einzelnen Arbeitnehmern sowie den beteiligten Einzugsstellen aufgeschlüsselt ist. Zur Begründung führte die Beklagte u. a. aus, dass Beiträge auch für geschuldetes Arbeitsentgelt zu berechnen und zu entrichten seien, selbst wenn Arbeitsentgelt an den Arbeitnehmer nicht gezahlt worden sei. Die Klägerin falle mit einem Teil ihrer Beschäftigten in den Geltungsbereich der allgemein verbindlichen Tarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks in Berlin. Im Geltungsbereich eines allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages richte sich der Anspruch auf das Arbeitsentgelt auch bei nicht bereits tarifgebundenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern mindestens nach den tarifvertraglichen Regelungen. Hier seien bei einigen Mitarbeitern der Klägerin die durch Tarifvertrag zustehenden Stundenlöhne und Sonderzahlungen nicht gezahlt worden. Die Nachberechnung erfolge unter Berücksichtigung der Mindestentgelte des Tätigkeitsbereiches II (Gebäudeinnenreinigung), der für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge des Gebäudereinigerhandwerks Berlin, da die betreffenden Arbeitnehmer nachweislich in Berlin beschäftigt gewesen seien.

Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 28. Mai 2003 Widerspruch: Seit dem 1. März 2001 habe sie ihren Firmensitz in Brandenburg, die Festsetzung der Nachforderung beruhe deshalb auf einer falschen Grundlage.

Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005 zurück.

Die Klägerin hat hiergegen am 29. August 2005 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhoben.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 5. November 2010 den Bescheid vom 8. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2005 teilweise zurückgenommen und die Nachforderung auf 13.098,10 € reduziert. Für den Beigeladenen zu 1) würden Beiträge für das Jahr 2001 nicht mehr geltend gemacht und nur noch 459,15 € für den Zeitraum 1. April 1999 bis 31. Dezember 2000 gefordert. Die Nachforderung betrage für den Beigeladenen zu 2) für den Zeitraum 1. März 1999 bis 31. Dezember 2002 betrage insgesamt 5.799,69 €, für die Beigeladene zu 3) für den Zeitraum 1. September 1999 bis 31. März 2002 insgesamt 1.859,10 €, für den Beigeladenen zu 7) für den Zeitraum 2. April 2001 bis 15. Oktober 2002 insgesamt 2.156,56 €, für den Beigeladenen zu 8) für den Zeitraum 1. Juli 2001 bis 30. September 2002 insgesamt 1.719,45 € und für den Beigeladenen zu 9) für den Zeitraum vom 2. April 2002 bis 31. Dezember 2002 insgesamt 1.104,24 €. Auch dieser Bescheid enthielt in der Anlage eine Aufschlüsselung der berechneten Beiträge hinsichtlich der einzelnen Beigeladenen und der beteiligten Einzugsstellen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat die Klägerin am 2. Oktober 2007 erklärt, sie könne Unterlagen darüber, wann die betroffenen Arbeitnehmer in Berlin und wann in Brandenburg beschäftigt gewesen seien, nicht mehr vorlegen.

Der Beigeladene zu 1) hat schriftlich mitgeteilt, sich nicht mehr an seine Arbeitsstellen zu erinnern. Er habe auch keine schriftlichen Nachweise mehr.

Die Beigeladene zu 3) früherer Nachnahme: K hat mitgeteilt, im „Hotel M“ in Berlin- tätig gewesen zu sein.

Die Klägerin hat ihren Sitz wieder nach Berlin verlegt.

Der Beigeladene zu 2) hat im Erörterungstermin am 18. Juni 2012 erklärt, 1999 – 2002 in Berlin gearbeitet zu haben. Er sei an einem Einsatzort fest eingesetzt gewesen, den H in Berlin-. Auch seine Arbeitskollegen dürften im Wesentlichen in Berlin eingesetzt worden sein. Es sei eher die Ausnahme gewesen, dass in Brandenburg gearbeitet worden sei.

Der Beigeladene zu 9) hat schriftlich mitgeteilt, alle Arbeitsorte hätten sich bis auf eine Ausnahme in Berlin befunden.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Klage ausgeführt, sie wende sich gegen die Anwendung der tariflichen Regelungen hinsichtlich des Mindestlohnes sowie der Sonderzuwendungen des für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk des Landes Berlin. Sie sei nicht in Berlin, sondern in Brandenburg ansässig und unterliege ausschließlich dem Tarifvertrag des Landes Brandenburg. Sie rüge auch, dass die Beklagte pauschaliert und ohne Einzelnachweis einzelne Mitarbeiter herausgegriffen und deren dauernde Beschäftigung im Tarifgebiet Berlin unterstellt habe. Die Klägerin hat ferner Verjährungseinrede erhoben.

Die Beklagte habe der Berechnung zudem fehlerhaft eine Arbeitszeit von 39 Stunden pro Woche zugrunde gelegt und damit eine Arbeitszeit von 7,8 Stunden täglich. Hingegen hätten die Beigeladenen weniger Stunden täglich und ausschließlich nachts gearbeitet. Dies ergebe sich aus den eingereichten Lohnabrechnungen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2012 (berichtigt durch den Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 4. Juni 2013) abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe richtigerweise den für allgemein verbindlich erklärten Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk der Bundesrepublik Deutschland ohne Berlin vom 16. August 2000 angewendet. Danach gelte der Lohn der Arbeitsstelle. Zugrunde zu legen sei dabei der höhere Tariflohn für Berlin. Die Mitarbeiter der Klägerin, die in Berlin tätig gewesen seien, hätten daher nach § 7 Nr. 9 des Tarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk der Bundesrepublik Deutschland ohne Berlin vom 16. August 2000 einen Anspruch auf den höheren Lohn der auswärtigen Stelle gehabt. Zur Überzeugung des SG stehe fest, dass die beigeladenen Mitarbeiter der Klägerin in Berlin tätig gewesen seien. Die Klägerin könne auch nicht geltend machen, nicht untertariflich gezahlt zu haben. Das SG sei überzeugt, dass die beigeladenen Mitarbeiter der Klägerin in Vollzeit beschäftigt gewesen seien. In den vorliegenden Arbeitsverträgen seien Teilzeitbeschäftigungs-Vereinbarungen nicht getroffen worden. Der Sozialversicherung seien nach Auskunft der Beklagten Beschäftigungen in Vollzeit gemeldet gewesen. Dass die auf dem Stundenzettel vermerkten Arbeitszeiten (möglicherweise) geringer ausfielen als Vollzeit sei insofern unerheblich. Im Übrigen ergebe sich aus den durch die Klägerin geführten Arbeitsnachweisen, dass die Arbeitszeit der beigeladenen Mitarbeiter 7,8 Stunden täglich betragen habe (Bezugnahme auf Blatt 37, 47, 62, 79, 101 und 103 R des VV betreffend der von der Klägerin exemplarisch angeführten Mitarbeitern). Die Beiträge seien auch nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjährten Beitragsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Auch die Fälligkeit der Beiträge gemäß § 23 SGB IV richte sich nicht danach, ob ein Arbeitsentgelt tatsächlich ausgezahlt worden sei. Vielmehr würden Beiträge, die nach Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen seien, spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folge, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt werde oder als ausgeübt gelte. Demnach hätten hier Beiträge für die Zeit ab 1. Januar 1999 noch im Kalenderjahr 2003 gefordert werden können.

Die Klägerin ist zum 31. Dezember 2011 aufgelöst worden. Dies hat sie dem Gericht am 1. Februar 2013 mitgeteilt.

Gegen das ihr am 16. Januar 2013 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung der Klägerin vom 15. Februar 2013. Zu deren Begründung hat sie ihr Vorbringen wiederholt und vertieft: Maßgeblich könne nur die tatsächlich gearbeitete tägliche Stundenzahl sein, so dass der Tariflohn keinesfalls unterschritten worden sei. Lohn für nicht erarbeitete Zeit hätten die Arbeitnehmer nicht gehabt. Sie hat sich auf die bereits eingereichten Stundenzettel bezogen.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Dezember 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2005 in Gestalt des Bescheides vom 5. November 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung und verweist auf das sogenannte Entstehungsprinzip.

Der Senat hat bei den Beigeladenen zu 1) bis 3) und 7) bis 9), mit Verfügung vom 3. Februar 2015 nachgefragt, wieviel Wochenstunden diese für die Klägerin tätig war.

Auf die Antwortschreiben sowie auch ansonsten auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten (ein Aktenhefter und zwei Aktenordner) lagen zur Verhandlung vor und waren Gegenstand der Erörterung.

Entscheidungsgründe

Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2005 in Gestalt des Bescheides vom 5. November 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28 a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28 h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 SGB IV i. V. m. § 89 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch nicht (§ 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV).

Nach § 28 d Sätze 1 und 2 SGB IV werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten. Nach § 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen.

In der Krankenversicherung sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, versicherungspflichtig. In der Rentenversicherung sind nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) u. a. Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, versicherungspflichtig. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sind nach dem Recht der Arbeitsförderung Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (versicherungspflichtige Beschäftigung) versicherungspflichtig. In der sozialen Pflegeversicherung sind nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 erster Halbsatz Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Dies sind Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.

Hinsichtlich der beitragspflichtigen Einnahmen als Beitragsbemessungsgrundlage bestimmen die besonderen Regelungen des Sozialgesetzbuchs Folgendes: In der Krankenversicherung wird nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V der Beitragsbemessung bei versicherungspflichtig Beschäftigten das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zugrunde gelegt. In der Rentenversicherung sind die beitragspflichtigen Einnahmen Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige (§ 161 Abs. 1 SGB VI), wobei nach § 162 Nr. 1 SGB VI beitragspflichtige Einnahmen bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung, jedoch bei Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden, mindestens 1 v. H. der Bezugsgröße sind. Nach dem Recht der Arbeitsförderung sind die beitragspflichtigen Einnahmen Beitragsbemessungsgrundlage (§ 341 Abs. 3 Satz 1 SGB III), wobei nach § 342 SGB III beitragspflichtige Einnahme bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt, bei Personen, die zur Berufsausbildung beschäftigt sind, jedoch mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße ist. In der sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 57 Abs. 1 SGB XI bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, für die Beitragsbemessung unter anderem der bereits genannte § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V.

Die genannten Vorschriften knüpfen alle am Begriff des Arbeitsentgeltes an. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.

Nach § 22 Abs. 1 SGB IV entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, sobald ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Nach § 23 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB IV werden laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend den Regelungen der Satzung der Kranken- und Pflegekasse fällig. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt (zum Geltungsbereich des SGB IV vgl. § 1 Abs. 1 SGB IV).

Diese Vorschriften regeln als öffentlich-rechtliche Normen, wann und in welcher Höhe eine Beitragsforderung kraft Gesetzes entsteht. Da das Arbeitsentgelt Voraussetzung für das Entstehen der Beiträge ist, findet zwar insoweit eine Anknüpfung am Arbeitsrecht statt. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgelt (Vergütung) ist hinsichtlich seiner Entstehung (§ 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) zivilrechtlich geregelt, wobei er hinsichtlich der Höhe auch tarifvertragsrechtlich, ggf. über eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung beeinflusst wird (§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, Abs. 4 und § 5 Abs. 1, Abs. 4 Tarifvertragsgesetz - TVG -). Ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt jedoch einmal entstanden, ist zugleich auch der öffentlich-rechtliche Beitragsanspruch begründet worden. Dieser öffentlich-rechtliche Beitragsanspruch unterliegt nicht der Disposition der Arbeitsvertragsparteien, sondern bestimmt sich hinsichtlich des Erlöschens, der Verwirkung oder der Verjährung ausschließlich nach öffentlich-rechtlichen Regelungen. Deswegen ist es für diesen öffentlich-rechtlichen Beitragsanspruch ohne Belang, was nach seiner Entstehung aus dem davon zu unterscheidenden arbeitsvertraglichen (zivilrechtlichen) Anspruch auf Arbeitsentgelt wird. Die Parteien von Arbeitsverträgen und die Tarifpartner haben es zwar in der Hand, durch Vereinbarung von Entgelt und seiner Höhe den Eintritt der öffentlich-rechtlichen Versicherungs- und Beitragspflicht aufgrund eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses mit entsprechenden Beitragsforderungen auszulösen. Ist dieses jedoch einmal geschehen, so können sie das Versicherungsverhältnis in seiner öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung durch ein späteres Verhalten für die Vergangenheit nicht mehr beeinflussen, sondern seine Änderung lediglich für die Zukunft nach Maßgabe einer neuen Entgeltvereinbarung oder Entgeltzahlung bewirken. So führt die Vereinbarung einer rückwirkenden Lohnerhöhung nicht dazu, dass schon in der Vergangenheit auch ein höherer Beitragsanspruch entstanden ist. Entsprechend bringt eine rückwirkende Verringerung des Arbeitsentgelts eine einmal entstandene Beitragsforderung nicht zum Erlöschen. Ebenso ist es auf einen in der Vergangenheit entstandenen Beitragsanspruch ohne Einfluss, wenn der entstandene Arbeitsentgeltanspruch später entfällt, weil der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig gegenüber seinem Arbeitgeber geltend gemacht hat und eine tarifliche Ausschlussklausel eingreift (vgl. Bundessozialgericht -BSG, Urteil vom 30. August 1994 - 12 RK 59/92 -; abgedruckt in SozR 3-2200 § 385 Nr. 5 und BSGE 75, 61).

Für die Feststellung der Beitragshöhe gilt das Entstehungsprinzip. Auf den Zufluss kommt es nur an, soweit über das geschuldete Arbeitsentgelt hinaus überobligatorische Zahlungen zugewendet oder geleistet werden (BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 7/04 R - und - B 12 KR 1/04 R -).

Das Zuflussprinzip trägt dem Schutzzweck der Sozialversicherung nicht hinreichend Rechnung. Für den Beginn der Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt und der Versicherungsverhältnisse kommt es nicht darauf an, ob und wann der Arbeitgeber das mit dem Arbeitnehmer vereinbarte Arbeitsentgelt tatsächlich zahlt und dieses dem Arbeitnehmer zufließt. Anderenfalls hätte es der Arbeitgeber in der Hand, durch verzögerte oder verkürzte Zahlung des Arbeitsentgelts über den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers zu verfügen. Ob ein bestimmter Arbeitnehmer in seiner Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliegt, muss bereits bei Aufnahme der Beschäftigung und auch danach zu jeder Zeit mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können. Diese zum Schutz der Beschäftigten erforderliche Rechtssicherheit ist nur gewährleistet, wenn bei der Frage, ob das Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt oder die Versicherungspflichtgrenze (Jahresarbeitsentgeltgrenze) in der Krankenversicherung überschritten wird, auf das einzelvertraglich oder tariflich zustehende Arbeitsentgelt abgestellt wird (BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 7/04 R - und - B 12 KR 1/04 R -). Dementsprechend kann nichts anderes gelten, wenn es auf der Grundlage eines so festgestellten Versicherungsverhältnisses um die Festsetzung der Höhe der Beiträge geht. Da sowohl die Versicherungspflicht als auch die Beitragshöhe vom maßgeblichen Arbeitsentgelt abhängig ist und es nur einen einheitlichen Begriff des Arbeitsentgeltes gibt, kommt eine unterschiedliche Auslegung nicht in Betracht. Für die Feststellung der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe gilt gleichermaßen das Entstehungsprinzip (BSG, Urteile vom 14. Juli 2004 - B 12 KR 7/04 R - und - B 12 KR 1/04 R -).

Zu Recht hat die Beklagte danach den ab September 2000 für allgemein verbindlich erklärten Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk der Bundesrepublik Deutschland ohne Berlin vom 16. August 2000 angewendet.

Dieser bestimmt in § 7 Nr. 9, den Lohn der Arbeitsstelle anzusetzen:

§ 7 Nr. 9 Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk lautet wie folgt:

9. Lohn der Arbeitsstelle

Es gilt der Lohn der Arbeitsstelle. Werden Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen an anderer Arbeitsstelle eingesetzt, behalten sie den Anspruch auf den Tariflohn der Arbeitsstelle, auf der sie zuerst nach ihrer Einstellung gearbeitet haben, wenn der Lohn der auswärtigen Arbeitsstelle niedriger ist. Ist der Lohn der auswärtigen Stelle höher, so haben sie Anspruch auf diesen Tariflohn, solange sie auf dieser Arbeitsstelle arbeiten. (…)

Zugrunde zu legen war hier dabei der gegenüber Brandenburg höhere Tariflohn für Berlin.

Die einzelnen Mitarbeiter der Klägerin, die in Berlin arbeiteten, hatten einen Anspruch auf diesen höheren Lohn der auswärtigen Stelle:

Der Lohn-Tarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk Brandenburg, Handwerkskammerbezirke Frankfurt (Oder) und Cottbus vom 12. Mai 1997 sah für den Tätigkeitsbereich (2, Innenreinigung und Unterhaltsreinigung) für Innenreiniger/Innen und Unterhaltsreiniger/Innen (Ecklohn) einen Stundenlohn von 11,40 DM vor. Der Nachfolgertarifvertrag vom 22. April 2002 bestimmte entsprechend einen Stundenlohn in Höhe von 6,20 €.

In Berlin war aufgrund des Lohn-Tarifvertrages für das Gebäudereinigerhandwerk Berlin vom 23. November 1999 für den entsprechenden Tätigkeitsbereich ein Stundenlohn von 15,30 DM vorgesehen. Der Nachfolgertarifvertrag vom 31. April 2003 legte einen Stundenlohn in Höhe von 7,82 € fest.

Auch zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Beigeladenen für die Klägerin in Berlin gearbeitet haben:

Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, ist bereits aus den Unterlagen der Klägerin erkennbar, dass der Beigeladene zu 1) im Januar 2000 im DHBerlin-M tätig war. Gleiches gilt für den Beigeladenen zu 2).

Der Beigeladene zu 8) hat gegenüber der Prüf- und Beratungsstelle für das Gebäudereiniger-Handwerk Berlin GmbH angegeben, dass sein Arbeitsort Berlin gewesen sei. Nach seinem Arbeitsvertrag vom 27. März 2001 war er verpflichtet gewesen, auch an auswärtigen Arbeitsplätzen zu arbeiten. Auch der Beigeladene zu 9), dessen Arbeitsvertrag vom 28. März 2002 keine Aussage zum Arbeitsort enthält, gab gegenüber der Prüf- und Beratungsstelle an, in Berlin an verschiedenen Objekten tätig gewesen zu sein.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die tatsächliche Arbeitszeit der beigeladenen Arbeitnehmer nicht einem Vollzeitbeschäftigungsverhältnis entsprochen und die Lohnbuchungsunterlagen, aufgrund derer die Beklagte die Beitragsnachforderung errechnet hat, nicht die tatsächlichen Arbeitszeiten, sondern lediglich fiktive („Soll-Arbeitszeit“) enthalten hätten.

Der Einwand kann von vorneherein nicht greifen, soweit die Nachforderungen Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) und 3) betreffen. Insoweit werden nämlich nur Beiträge auf Weihnachts- und Urlaubsgeld nachgefordert (Beigeladener zu 1) bzw. liegt bereits dem Bescheid nur eine Teilzeitbeschäftigung zu Grunde (Beigeladene zu 3).

Für die übrigen Beigeladenen gibt es keine Arbeitsverträge, aus denen sich die Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung ergeben könnte:

Der Beigeladene zu 7) hat auf Befragen des Senats mitgeteilt, vierzig Stunden die Woche gearbeitet zu haben (Sonntags- bis Freitag 22 Uhr bis 6 Uhr). Der Beigeladene zu 9) schrieb, 22.00 bis 6.30 Uhr (Sonntag bis Freitag) beschäftigt gewesen zu sein.

Der Beigeladene zu 2) war nach seinen Angaben Montag bis Freitag von 4.00 Uhr bis 12.30 Uhr und zusätzlich ein Wochenende pro Monat von jeweils 5-00 Uhr bis 11.00 Uhr tätig.

Lediglich der Beigeladene zu 8) hat betont, keine Angaben mehr zur Arbeitszeit machen zu können. Es fehlen allerdings Anhaltspunkte dafür, dass bei diesem ehemaligen Mitarbeiter der Klägerin besondere Teilzeitregelungen vereinbart gewesen sein könnten.

Soweit diese einwendet, ihre ehemaligen Mitarbeiter hätten die zwingend vorgesehen Pausen vergessen bzw. längere (unbezahlte) Pausen eingelegt, gibt es hierfür bereits rein tatsächlich auch keine Anhaltspunkte, geschweige den folgt hieraus ein Indiz für die Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung.

Da -wie ausgeführt- von normalen (Vollzeit-)Arbeitsverhältnissen auszugehen ist, kommt -außer wie dargestellt bei der Beigeladenen zu 3)- auch aus Rechtsgründen nicht darauf an, dass die Lohnbuchunterlagen nach dem Vorbringen der Klägerin nicht richtig geführt wurden, da die beigeladenen ehemaligen Arbeitnehmer, soweit sie als Gebäudereiniger für die Klägerin gearbeitet haben, nicht aufgrund ausdrücklicher Teilzeitbeschäftigungsverträge tätig wurden:

Der mit Wirkung vom 1. September 2000 allgemein verbindliche Rahmen-Tarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer und Auszubildende des Gebäudereinigerhandwerks in der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Landes Berlin vom 16. August 2000 sah in § 3 Nr. 1 eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden (in Brandenburg bis 31. Dezember 2001 40 Stunden) vor. Weiter galt die Regelung, dass Mehrarbeit oder ausfallende Arbeitszeit durch Verkürzung oder Verlängerung der festgelegten Wochenarbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb von einem Monat ohne Mehrarbeitszuschlag ausgeglichen werden könne (§ 3 Nr. 1 Nr. 1.4). Nach 1.3 konnte eine abweichende Vereinbarung aus betrieblichen Gründen vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgelegt werden.

Eine solche Vereinbarung mit dem Betriebsrat hat hier die Klägerin nicht vorgetragen oder ist auch ansonsten nicht ersichtlich.

Da die Klägerin allgemeine Arbeitsverträge abgeschlossen hat, galt § 3 Nr. 1 für die Arbeitsverhältnisse der Beigeladenen. Die Klägerin schuldete nach dem Tarifvertrag die Entlohnung für die regelmäßige Arbeitszeit.

Zur weiteren Begründung wird auf zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil verwiesen, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VGO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.