Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2009, mit der er bei verständiger Auslegung seiner Ausführungen begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig für die Zeit ab Eingang seines Antrags beim Sozialgericht (7. August 2009) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache zu zahlen, ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, in der Sache jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der angegriffene Beschluss ist unzutreffend, soweit dem Antragsteller hiermit die ihm nunmehr zuerkannten Leistungen versagt worden sind.
Bezogen auf diese Leistungen erweist sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG nicht nur als zulässig, sondern auch als begründet. Denn der Antragsteller hat insoweit sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Unter Beachtung des sich aus Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots effektiven Rechtsschutzes erweist sich die Sache bezogen auf die dem Antragsteller nunmehr zuerkannten Leistungen zunächst als eilbedürftig. Denn dem Antragsteller ist es nicht zuzumuten, eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten. Nach Lage der Akten verfügt er nicht über finanzielle Mittel, die es ihm erlaubten, sich selbst zu helfen, benötigt die zuerkannten Leistungen jedoch, um seinen laufenden Lebensunterhalt einschließlich der Kosten der Unterkunft und Heizung zu sichern. Dass er in der Vergangenheit auf sein Girokonto mehrfach Geldbeträge in Höhe von mindestens 250,00 € einzahlen konnte, ändert hieran nichts. Denn nach dem insoweit glaubhaften Vorbringen des Antragstellers hat es sich hierbei um Darlehen von Freunden gehandelt, die er auf sein Konto eingezahlt hat, um seinem Vermieter die von ihm geschuldete Miete überweisen zu können. Die Darlehen selbst sind ihm hierbei nur deshalb zur Verfügung gestellt worden, weil der Antragsgegner Leistungen nicht erbracht hat; um regelmäßige Einnahmen, auf deren Einsatz der Antragsteller zumutbar verwiesen werden könnte, handelte es sich nicht.
Darüber hinaus ist im Fall des Antragstellers hinsichtlich der ihm nunmehr zuerkannten Leistungen auch ein Anordnungsanspruch zu bejahen. Insoweit geht der Senat insbesondere davon aus, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Hilfe im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II bedarf, die hier auf 632,53 € monatlich zu bemessen ist und sich aus der Regelleistung in Höhe von 359,00 € und den Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 273,53 € zusammensetzt. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft und Heizung ist hierbei nach den glaubhaften Angaben des Antragstellers von einem Untermietzins in Höhe von 300,00 € monatlich auszugehen, der um die Stromkosten in Höhe von 20,00 € sowie die in der Regelleistung enthaltenen Kosten der Warmwasseraufbereitung von 6,47 € zu bereinigen ist. Dass Kosten der Warmwasseraufbereitung in seinem Fall gar nicht abgezogen werden dürften oder der hierfür angesetzte Betrag den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht wird, hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Über auf seinen Bedarf anzurechnende Mittel verfügt der Antragsteller nicht. Insbesondere stellen die ihm von seinen Freunden in der Vergangenheit geleisteten Darlehen keine Mittel im vorstehenden Sinne dar.
Mit dem Sozialgericht geht der Senat jedoch davon aus, dass der Antragsteller dem Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II unterliegt, weil sich sein Aufenthaltsrecht allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) herleiten lässt und sich damit aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Dass der Antragsteller nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU als Selbständiger freizügigkeitsberechtigt sein könnte, vermag auch der Senat nicht zu erkennen und verweist insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG zur weiteren Begründung auf die von ihm für zutreffend erachteten Gründe des angefochtenen Beschlusses. Das Beschwerdevorbringen führt im vorstehenden Zusammenhang zu keinem anderen Ergebnis, weil allein aus einem Internetauftritt auf die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des Gemeinschaftsrechts nicht geschlossen werden kann. Anders als das Sozialgericht hält es der Senat jedoch nach wie vor für problematisch, ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf einen Unionsbürger überhaupt Anwendung finden darf (vgl. hierzu: Hessisches Landessozialgericht – LSG –, Beschluss vom 14. Oktober 2009 – L 7 AS 166/09 B ER –, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. September 2009 – L 15 AS 905/09 B ER – und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Juni 2009 – L 34 AS 790/09 B ER –, die unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 4. Juni 2009 – C-22/08 und 23-08 – einen Ausschuss jedenfalls dann für europarechtskonform erachten, wenn keine Verbindung des Unionsbürgers zum deutschen Arbeitsmarkt besteht; vgl. ferner zum Meinungsstreit: Bayerisches LSG, Beschluss vom 4. Mai 2009 – L 16 AS 130/09 B ER –, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. November 2008 – L 5 B 801/08 AS ER – und Beschluss vom 30. Mai 2008 – L 14 B 282/08 AS ER – sowie LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14. Januar 2008 – L 8 SO 88/07 ER –). Angesichts der Schwierigkeit und der Komplexität muss die Klärung dieser Fragen jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, weil sie den Charakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens sprengen würde.
Ob sich ein Anspruch auf die dem Antragsteller nunmehr zuerkannten Leistungen aus dem von der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich ratifizierten Europäischen Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (BGBl. 1956, Teil II S. 563) in der Fassung des Gesetzes vom 20. September 2001 (BGBl. 2001, Teil II S. 1086) herleiten lässt (in diesem Sinne: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. Mai 2009 – L 20 B 15/09 AS ER –, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14. Januar 2008 – L 8 SO88/07 ER –, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Mai 2008 L 14 B 282/08 AS ER –; a. A.: Bayrisches LSG, Beschluss vom 4. Mai 2009 – L 16 AS 130/09 B ER –; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25. November 2008 – L 5 B 801/08 AS ER –), kann aus Sicht des Senats im Rahmen des hier nur anhängigen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ebenfalls noch nicht entschieden werden, weil auch diese Frage einer eingehenden Prüfung bedarf. Auch ihre Klärung muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Lässt sich aber in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, das Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts betrifft, die Sach- und Rechtslage nicht abschließend beurteilen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) der Fall im Lichte des sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Gebots effektiven Rechtsschutzes auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu entscheiden, bei der die Erwägung, wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat und stattdessen die Folgen abzuwägen sind, die eintreten würden, wenn die begehrte Anordnung nicht erginge, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren aber obsiegen würde, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die Anordnung erlassen würde, der Rechtsschutzsuchende im Hauptsacheverfahren indes keinen Erfolg hätte (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –, zitiert nach juris). Diese Folgenabwägung fällt im vorliegenden Fall zu Gunsten des Antragstellers aus, weil ihm bei einer Ablehnung seines Antrags existenzielle Nachteile drohen, die er aus eigener Kraft nicht imstande ist von sich abzuwenden. Diesen Nachteilen stehen auf der Seite des Antragsgegners lediglich finanzielle Interessen gegenüber, die sich in einem für ihn überschaubaren Rahmen halten und dementsprechend hinter den dem Antragsteller drohenden Nachteilen zurückzutreten haben.
Die Verpflichtung des Antragsgegners musste allerdings – wie von dem Antragsteller zu Recht auch nur beantragt – auf die Zeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens begrenzt werden, weil eine einstweilige Anordnung nicht über das im Hauptsacheverfahren erreichbare Begehren hinausgehen darf. Des Weiteren war der Anordnungszeitraum – ohne dass hiermit eine Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden wäre – auf längstens sechs Monate zu befristen, damit der Fall in leistungsrechtlicher Hinsicht sachgerecht unter Kontrolle gehalten werden kann. Die Möglichkeit, bei veränderten Umständen eine frühere Aufhebung oder Abänderung der einstweiligen Anordnung in analoger Anwendung von § 86 b Abs. 1 Satz 4 SGG zu erreichen, bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen weist der Senat klarstellend darauf hin, dass er den Antragsgegner – antragsgemäß – lediglich dazu verpflichtet hat, dem Antragsteller die tenorierten Leistungen – vorläufig – zu zahlen. Wie der Antragsgegner diesem Zahlungsausspruch Folge leistet, bleibt ihm überlassen.
Zurückzuweisen war die Beschwerde jedoch, soweit der Antragsteller Leistungen auch für die Zeit vor der Entscheidung des Senats begehrt. Insoweit gilt hinsichtlich der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 10. Januar 2010, für die der Senat dem Antragsteller mit seinem Beschluss vom 22. Dezember 2009 im Wege der richterlichen Zwischenverfügung höchst vorläufig Leistungen in der nunmehr zuerkannten Höhe zugesprochen hat, dass es nunmehr an dem auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Denn der Antragsgegner hat dieser Zwischenverfügung nicht durch schlichte Zahlung der zugesprochenen Leistungen Rechnung getragen, sondern dem Antragsteller die zugesprochenen Leistungen mit Bescheid vom 30. Dezember 2009 bewilligt, so dass es einer gerichtlichen Bestätigung der Zwischenverfügung durch Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht mehr bedarf. Dass es sich bei dieser Bewilligung nach dem Wortlaut des Bescheides um eine nur vorläufige Leistungsgewährung im Sinne des § 40 Abs. 1, Nr. 1 a SGB II i. V. m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches handelt, ändert an dem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nichts, weil auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur auf eine vorläufige Leistung zielt.
Für die übrige Zeit vom 7. August 2009 bis zum 10. Januar 2010 gilt demgegenüber, dass sich die Sache aus heutiger Sicht nicht (mehr) als eilbedürftig erweist. Dem Antragsteller ist es insoweit (mittlerweile) auch im Lichte des in Art. 19 Abs. 4 GG verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Denn der genannte Zeitraum ist abgelaufen und schwere und unwiederbringliche Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage sein könnte, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Sie sind auch sonst nach Lage der Akten nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst. Dabei wirkt sich der Umstand, dass der Antragsteller wegen des vom Antragsgegner zu seinen Gunsten erlassenen Bescheides vom 30. Dezember 2009 bzw. wegen Zeitablaufs für die Zeit vor dem 11. Januar 2010 mit seinem Antrag nicht mehr hat durchdringen können, nicht zu seinen Lasten aus.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen, denn der Antragsteller besitzt einen Anspruch auf vollständige Prozesskostenerstattung gegen den Antragsgegner und ist insoweit nicht bedürftig im Sinne des § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).