Toolbar-Menü
 
Sie sind hier: Gerichtsentscheidungen Dienstunfall; qualifizierter Dienstunfall; Lebensgefahr; Angriff; SEK-Beamter;...

Dienstunfall; qualifizierter Dienstunfall; Lebensgefahr; Angriff; SEK-Beamter; Schreckschusswaffe; Sprengstoffattrappen; einmalige Unfallentschädigung; Unfallausgleich; Minderung der Erwerbsfähigkeit; Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht; Versorgungsmedizin-Verordnung; MdE-Erfahrungswerte in der gesetzlichen Unfallversicherung; posttraumatische Belastungsstörung; Persönlichkeitsveränderung; komplexe posttraumatische Belastungsstörung


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat Entscheidungsdatum 25.03.2014
Aktenzeichen OVG 4 B 3.11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 35 Abs 1 BeamtVG, § 35 Abs 2 S 1 BeamtVG, § 37 Abs 1 S 1 BeamtVG, § 37 Abs 2 Nr 1 BeamtVG, § 43 Abs 1 BeamtVG, § 291 BGB

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. November 2010 im Umfang der Klageabweisung geändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidenten in Berlin vom 26. März 2010 verpflichtet, dem Kläger eine einmalige Unfallentschädigung in Höhe von 80.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Februar 2010 zu gewähren.

Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Leistungen der Unfallfürsorge in Gestalt einer einmaligen Unfallentschädigung und von Unfallausgleich für den Zeitraum zwischen im Mai 2001 und im November 2005 erlittenen Dienstunfällen und der Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand.

Der im Jahre 1966 geborene Kläger, der zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des Beklagten stand, wurde durch Bescheid des Polizeipräsidenten in Berlin (Polizeipräsident) vom 26. Mai 2009 mit Ablauf des 30. Juni 2009 wegen Polizei- und allgemeiner Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Das Landesverwaltungsamt Berlin setzte nach Auswertung des von ihm in Auftrag gegebenen psychiatrischen Gutachtens über den Kläger dessen Versorgungsbezüge mit Bescheid vom 11. Dezember 2009 rückwirkend als Unfallruhegehalt fest.

Der Kläger wurde seit 1995 beim Landeskriminalamt als Gruppenführer im Spezialeinsatzkommando (SEK) dienstlich verwendet. Am 7. Mai 2001 war er an einem Einsatz zur Verhinderung eines Raubüberfalls auf einen Supermarkt beteiligt. Der Kläger befand sich zunächst, um die Bewegungen der beiden Täter und den Beginn der Tatausführung verfolgen zu können, in einem polizeilichen Beobachtungsfahrzeug. Weitere an dem Einsatz beteiligte SEK-Beamte waren innerhalb und außerhalb des Gebäudes, in dem sich der Supermarkt befand, postiert. Als die Täter im Eingangsbereich des Supermarktes Masken überzogen, veranlasste der Kläger den Zugriff und verließ das Polizeifahrzeug. Einer der Täter hatte den Supermarkt betreten und von dort waren Schussgeräusche zu hören gewesen. Der Kläger traf vor dem Markt auf diesen Täter, der mit einer auf ihn gerichteten Waffe in der Hand, die sich später als Schreckschussrevolver herausstellte, fliehen wollte, schoss auf diesen und verletzte ihn schwer. Dann setzte der Kläger dem zweiten flüchtenden Täter nach und überwältigte ihn. Das Strafverfahren gegen den Kläger endete im Jahre 2004 mit Freispruch.

Am 17. November 2005 leitete der Kläger einen Einsatz des SEK in einem Wohngebäude, nachdem der Mieter einer Wohnung über den polizeilichen Notruf gedroht hatte, die Wohnung wegen einer für denselben Tag geplanten Zwangsräumung in die Luft zu sprengen. Nach Evakuierung des Hauses stürmten die Einsatzbeamten die Wohnung unter Zündung von Irritationskörpern über Leitern durch Fenster; an der Wohnungseingangstür waren zuvor sprengkörperverdächtige Materialien festgestellt worden. Bei dem Eindringen in die Wohnung bemerkten die Beamten eine dort installierte Verkabelung und vernahmen ein brummendes Geräusch. Der Kläger und die anderen Einsatzbeamten gingen davon aus, dass der Mieter die installierten Sprengsätze entsprechend seiner Drohung gezündet hatte. Daraufhin verließen sie fluchtartig die Wohnung. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass sich der Mieter nicht in der Wohnung aufgehalten hatte, sich dort ausschließlich drei Sprengstoffattrappen befunden hatten und das Geräusch von einem Haarschneidegerät ausgelöst worden war, nachdem dieses aus einer von einem Polizeibeamten umgestoßenen Ladestation herausgefallen war.

Der seit Anfang Januar 2006 - unterbrochen durch einen vom 1. August bis zum 21. September 2006 durchgeführten Arbeitsversuch - bis zu seiner Zurruhesetzung dienstunfähig erkrankte Kläger erstattete wegen der beiden vorgenannten Geschehnisse unter dem 5. Februar 2006 Unfallanzeigen. Der Polizeipräsident erkannte mit Bescheiden vom 22. und 23. Juni 2006 die beiden Unfälle jeweils als Dienstunfall an und stellte als Verletzungsfolge jeweils eine posttraumatische Belastungsstörung sowie mit weiterem Bescheid vom 11. Juli 2008 als zusätzliche Verletzungsfolge des Dienstunfalls vom 17. November 2005 ein akustisches Trauma beider Ohren fest.

Mit Bescheid vom 5. Januar 2009 stellte der Polizeipräsident auf der Grundlage einer vorangegangenen polizeiärztlichen Begutachtung fest, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund der erwerbsmindernden Unfallfolgen 20 v. H. betrage. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 6. August 2009 zurück und stützte sich auf die polizeiärztliche Stellungnahme vom 23. Juni 2009. Danach ergebe sich die Höhe der MdE nicht unmittelbar aus den Krankheitssymptomen, vielmehr seien nach den wegen übereinstimmender Beurteilungskriterien heranzuziehenden, in der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannten MdE-Erfahrungswerten - wie hier - stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit einem MdE-Wert von 20 bis 40 v. H. zu gewichten. Nachdem sich die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung ausweislich der polizeiärztlichen Untersuchung am 4. Dezember 2008 gegenüber der im Mai 2007 durchgeführten Untersuchung gebessert habe, begegne die Festsetzung einer MdE in Höhe von nunmehr 20 v. H. keinen durchgreifenden Bedenken. Mit weiterem Bescheid vom 16. März 2010 stellte der Polizeipräsident gestützt auf die polizeiärztlichen Stellungnahmen vom 20. und 28. Januar 2010 fest, dass es in Bezug auf die Unfallfolge der posttraumatischen Belastungsstörung auf Dauer bei der MdE von 20 v. H. verbleibe und hinsichtlich der Unfallfolge des akustischen Traumas beider Ohren erwerbsmindernde Unfallfolgen nicht zurückgeblieben seien, so dass ein Anspruch auf Gewährung eines Unfallausgleichs nicht bestehe. Unter dem 24. März 2010 erhob der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch.

Den Antrag des Klägers vom 10. August 2009 auf Zahlung einer einmaligen Unfallentschädigung lehnte der Polizeipräsident mit Bescheid vom 26. März 2010 ab, weil die festgestellte MdE von 20 v. H. für die Gewährung dieser Leistung nicht ausreiche, nachdem er schon mit Schreiben vom 14. August 2009 dieses aus seiner Sicht bestehende Hindernis für den geltend gemachten Anspruch aufgezeigt und auf den hiergegen erhobenen Widerspruch mit weiterem Schreiben vom 21. Januar 2010 mitgeteilt hatte, dass im Hinblick auf die Festsetzung der MdE eine erneute polizeiärztliche Stellungnahme auch zur Bewertung des zwischenzeitlich vorliegenden fachärztlichen psychiatrischen Gutachtens von Dr. K... erwartet werde. Gegen den ablehnenden Bescheid erhob der Kläger unter dem 6. April 2010 Widerspruch.

Der Kläger hat am 20. August 2009 Klage gegen die Versagung von Unfallausgleich erhoben. Am 12. Februar 2010 hat er die Klage um den Anspruch auf Gewährung einer einmaligen Unfallentschädigung erweitert. Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage mit Urteil vom 4. November 2010 teilweise stattgegeben. Es hat den Beklagten verpflichtet, dem Kläger antragsgemäß Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 40 v. H. ab dem 7. Mai 2001 und in Höhe von 60 v. H. ab dem 17. November 2005 bis zum 30. Juni 2009 zu gewähren. Demgegenüber hat es den Anspruch auf Gewährung einer einmaligen Unfallentschädigung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Voraussetzungen für den Unfallausgleich lägen für den streitgegenständlichen Zeitraum insbesondere deshalb vor, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers infolge der Dienstunfälle aufgrund der Gesamtschau aller Unterlagen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht lediglich um 20 v. H., sondern um 40 v. H. seit dem 7. Mai 2001 und um 60 v. H. seit dem 17. November 2005 gemindert gewesen sei. Ausgehend von den entweder in den vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht oder in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung angegebenen Werten bei den Krankheitsbildern der psychischen Traumen ergebe sich der Grad der bei dem Kläger aufgrund der Dienstunfälle verursachten MdE um 40 bzw. 60 v. H. aus dem von Dr. Kalus erstatteten Gutachten vom 21. November 2009. Nach der überzeugenden Darstellung des Gutachters habe der Kläger infolge des ersten Unfalls eine „schwergradig ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung“ entwickelt und habe sich sein Zustand infolge des zweiten Unfalls nochmals erheblich verschlechtert. Die gutachterliche Einordnung der posttraumatischen Belastungsstörung des Klägers als ausgeprägt und schwer stelle sich auf der Grundlage des im Einzelnen beschriebenen Krankheitsbildes als nachvollziehbar dar, während die polizeiärztlichen Stellungnahmen nicht überzeugten, die einen geringeren Grad der Erwerbsminderung des Klägers befürworteten. Soweit sie Richtlinien aus dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung heranzögen, beruhe die Einstufung der Erwerbsminderung auf einer sachfremden rechtlichen Grundlage. Im Übrigen würden die gutachterlichen Erkenntnisse zu den bei dem Kläger festgestellten gravierenden Symptomen im Wesentlichen von der polizeiärztlich-psychiatrischen Stellungnahme vom 16. Dezember 2008 bestätigt. - Hingegen lägen die Voraussetzungen für die Gewährung einer einmaligen Unfallentschädigung nicht vor, weil der Kläger keinen qualifizierten Dienstunfall im Sinne des § 37 BeamtVG erlitten habe, wie die Kammer im Einzelnen in dem zum Aktenzeichen VG 5 K 58.10 (OVG 4 B 4.11) ergangenen Urteil vom selben Tage ausgeführt habe. Danach habe sich der Kläger bei Ausübung der Diensthandlung weder am 7. Mai 2001 noch am 17. November 2005 einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt. Die von dem Täter am 7. Mai 2001 mitgeführte PTB-Waffe sei nicht in einer für den Kläger lebensgefährlichen Weise eingesetzt worden und am 17. November 2005 habe bei gebotener objektiver Betrachtung keine lebensgefährliche Situation vorgelegen. Da der Sprengstoff unecht und der Täter nicht vor Ort gewesen sei, habe es auch an einem rechtswidrigen Angriff gegen den Kläger gefehlt. Dazu sei es bei dem Einsatz am 7. Mai 2001 ebenfalls nicht gekommen, weil der Täter durch die Androhung des Gebrauchs der Waffe auf die freie Willensbetätigung des Klägers, nicht jedoch auf dessen körperliche Unversehrtheit gezielt habe.

Gegen das ihnen am 28. Dezember 2010 und am 30. Dezember 2010 zugestellte Urteil haben der Kläger am 21. Januar 2011 und der Beklagte am 27. Januar 2011 die im Urteil zugelassene Berufung eingelegt, mit welcher der Kläger sein Begehren auf Gewährung einer einmaligen Unfallentschädigung weiter verfolgt und sich der Beklagte gegen den dem Kläger zugesprochenen Unfallausgleich wendet.

Der Kläger macht zur Begründung im Wesentlichen geltend: Das Verwaltungsgericht sei von einem verkürzt dargestellten Lebenssachverhalt ausgegangen. Bei dem Überfall am 7. Mai 2001 habe bereits die Art des Einsatzes dem Grunde nach eine besondere Lebensgefahr begründet. Der Umstand, dass der Täter nur eine Schreckschusswaffe mitgeführt habe, lasse eine besondere Lebensgefahr nicht entfallen. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers und nach der Rechtsentwicklung genüge die Annahme vom Bestehen einer Lebensgefahr. Mit der Gesetzesänderung im Jahre 2001 habe der versorgungsrechtliche Schutz für solche Beamte verbessert werden sollen, deren Dienst über eine allgemeine Gefährdung hinaus stets mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden sein kann. Dies treffe für ihn zu, weil er beim SEK mit Dienstverrichtungen beauftragt gewesen sei, die dem Grunde nach besonders gefahrgeneigt seien, ohne dass es darauf ankomme, dass der Täter nur mit einer Schreckschusswaffe ausgerüstet gewesen sei. Bei einem Einsatz in einem SEK bei einem Raubüberfall auf einen Supermarkt sei dem Grunde nach jede Diensthandlung mit einer Gefährdung des Lebens verbunden. Zudem habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht einen rechtswidrigen Angriff verneint. Der für einen Dienstunfall erforderliche Körperschaden könne auch in einer psychischen Beeinträchtigung bestehen und durch eine Nötigungshandlung verursacht werden. In diesem Sinne sei der Täter zielgerichtet gegen ihn vorgegangen und habe zumindest eine psychische Verletzung beabsichtigt, nämlich die rechtswidrige Beugung seines Willens, den Täter an der Flucht zu hindern. - Gegen die Berufung des Beklagten wendet er ein, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Recht den begehrten Unfallausgleich zuerkannt, sei dabei von den im sozialen Entschädigungsrecht geltenden Maßstäben ausgegangen und habe diese auf der Grundlage des vorliegenden Gutachtens zutreffend angewandt. Demgegenüber lasse der Polizeiärztliche Dienst bei der Einstufung der Schwere des Unfallereignisses neue Empfehlungen für die ärztliche Gutachtertätigkeit außer Acht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. November 2010 teilweise zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidenten in Berlin vom 26. März 2010 zu verpflichten, ihm eine einmalige Unfallentschädigung in Höhe von 80.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Februar 2010 zu gewähren, sowie die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 4. November 2010 teilweise zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er macht zur Begründung im Kern geltend: Der Anspruch auf Unfallausgleich sei unbegründet, da die MdE des Klägers 20 v. H. nicht überschreite. Sowohl der Gutachter Dr. K... als auch das Verwaltungsgericht hätten bei der Bemessung der Erwerbsminderung einen falschen, nicht mit § 35 Abs. 2 BeamtVG in Einklang zu bringenden Maßstab angewendet. Der Umfang der Erwerbsminderung sei nicht nach den Begutachtungsgrundsätzen des sozialen Entschädigungsrechts zu bestimmen, da diese die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen in allen Lebensbereichen berücksichtigten. Demgegenüber komme es bei der Bewertung der dienstunfallbedingten MdE allein darauf an, wie sich die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben auswirkten. Da diese Beurteilungskriterien mit denjenigen in der gesetzlichen Unfallversicherung übereinstimmten, könne im Dienstunfallrecht auf die dort gewonnenen und in einer MdE-Tabelle zusammengefassten Erfahrungsgrundsätze zurückgegriffen werden. Aber auch unabhängig von der Frage des anzuwendenden Maßstabes überzeuge die gutachterliche Bewertung der Schädigungsfolgen nicht. Das Gutachten lasse in seinen Feststellungen jegliche konkrete Anhaltspunkte für die Diagnose, dass sich aus der posttraumatischen Belastungsstörung eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung entwickelt habe, vermissen. Extrembelastungen mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Persönlichkeit hätten auf den Kläger nicht eingewirkt. - Der Berufung des Klägers tritt er entgegen. Der Anspruch auf eine einmalige Unfallentschädigung stehe ihm nicht zu. Der Kläger sei nicht objektiv einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt gewesen; die irrige Annahme einer besonderen Lebensgefahr genüge nicht. Das Vorliegen einer solchen Gefahr könne auch nicht generell für bestimmte Berufsgruppen unterstellt werden. Ebenso wenig sei der Kläger rechtswidrig angegriffen worden. Ein Angriff im Sinne von § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG sei nicht identisch mit einem Angriff im Sinne des Notwehrrechts, sondern erfordere eine gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtete Handlung. Bei beiden Dienstunfällen sei es nicht zu einer zielgerichteten, auf die Herbeiführung eines Körperschadens gerichteten Handlung gegen den Kläger gekommen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen Privatdozent Dr. K..., Facharzt für Neurologie und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, zur Erläuterung seines fachärztlichen psychiatrischen Gutachtens vom 21. November 2009 gehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte dieses und des Verfahrens VG 5 K 58.10, die Personal-, Unfall-, Gesundheits- und Versorgungsakte sowie die weiteren Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt - soweit erheblich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg, die des Beklagten hat keinen Erfolg.

Insbesondere die Berufung des Beklagten ist zulässig. Obwohl das Verwaltungsgericht die Berufung durch Bezugnahme auf das zu VG 5 K 58.10 ergangene Urteil nur im Hinblick auf die bei § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG aufgeworfenen Rechtsfragen wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat und es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen auf Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG und auf eine einmalige Unfallentschädigung nach § 43 BeamtVG um einen teilbaren Streitgegenstand handelt, ist die Berufung nicht lediglich beschränkt auf den Streit um die einmalige Unfallentschädigung - ausschließlich in diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach dem Vorliegen eines qualifizierten Dienstunfalls nach § 37 BeamtVG - zugelassen worden. Denn das Verwaltungsgericht hat die Berufungszulassung im Tenor uneingeschränkt ausgesprochen und auch aus der für die Zulassung gegebenen Begründung nicht den Schluss gezogen, diese zu beschränken. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassungsentscheidung nach § 124a Abs. 1 Satz 2 VwGO gebunden; sie unterliegt nicht der obergerichtlichen Überprüfung (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juli 2004 - 5 C 65.03 -, juris Rn. 9).

I. Die Berufung des Klägers ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Gewährung einer einmaligen Unfallentschädigung zu Unrecht abgewiesen. Die zulässige Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) ist begründet. Der ablehnende Bescheid des Polizeipräsidenten vom 26. März 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer einmaligen Unfallentschädigung, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere der Kläger einen qualifizierten Dienstunfall erlitten hat.

Der Anspruch des Klägers beurteilt sich nach § 43 Abs. 1 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3592). Diese Vorschrift ist in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung als bei Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers mit Ablauf des 30. Juni 2009 fortgeltendes Bundesrecht (vgl. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, § 108 Abs. 1 BeamtVG) anzuwenden.

Nach § 43 Abs. 1 BeamtVG in der hier noch maßgeblichen Fassung erhält ein Beamter, der einen Dienstunfall der in § 37 bezeichneten Art erleidet, neben einer beamtenrechtlichen Versorgung bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine einmalige Unfallentschädigung von 80.000 Euro, wenn er infolge des Unfalles in seiner Erwerbsfähigkeit in diesem Zeitpunkt um mindestens 50 v. H. beeinträchtigt ist. Da die Vorschrift hinsichtlich der materiell-rechtlichen Voraussetzung der um mindestens 50 v. H. beeinträchtigten Erwerbsfähigkeit an die Beendigung des Dienstverhältnisses anknüpft, ist dieser Zeitpunkt nach materiellem Recht für die anzuwendende Gesetzesfassung maßgeblich (vgl. OVG Münster, Urteil vom 4. April 2011 - 1 A 3037/08 -, juris Rn. 85; Senatsbeschluss vom 29. Juli 2011 - OVG 4 N 122.10 -, EA S. 3).

1. Dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers seit dem Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung über das von § 43 Abs. 1 BeamtVG verlangte Mindestmaß hinaus gemindert ist, steht zwischen den Beteiligten fest, nachdem das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 4. November 2010 zum Aktenzeichen VG 5 K 58.10 insoweit rechtskräftig geworden ist, als es den Beklagten verpflichtet hat, dem Kläger ab dem 1. Juli 2009 einen Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 60 v. H. zu gewähren. Die Rechtskraft eines Urteils bindet nach § 121 Nr. 1 VwGO auch, wenn und soweit sich die im Urteil entschiedene Frage in einem Verfahren mit anderem Streitgegenstand als Vorfrage stellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 41.11 -, juris Rn. 24). Streitgegenstand des teilweise rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts war der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Unfallausgleich ab dem 1. Juli 2009 mit einer MdE von 60 v. H., der allein vom Grad der Minderung abhängt. Mit Eintritt der Rechtskraft des der Klage insoweit stattgebenden Urteils steht auch für Verfahren mit einem anderen Streitgegenstand fest, dass der Kläger seit dem 1. Juli 2009, d.h. mit Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand, in seiner Erwerbsfähigkeit um 60 v. H. gemindert ist.

2. Der Kläger hat durch die Unfallereignisse vom 7. Mai 2001 und vom 17. November 2005 Dienstunfälle nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erlitten. Mit bestandskräftigen Bescheiden des Polizeipräsidenten vom 22. und 23. Juni 2006 sowie vom 11. Juli 2008 sind diese Unfallereignisse als Dienstunfälle mit der Unfallfolge einer posttraumatischen Belastungsstörung anerkannt. Die Dienstunfälle erfüllen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen qualifizierten Dienstunfall. Sie stellen sich zwar nicht als qualifizierte Dienstunfälle im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG dar, aber der Kläger war nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG in Ausübung des Dienstes rechtswidrigen Angriffen ausgesetzt.

Der rechtlichen Beurteilung der beiden Dienstunfälle sind verschiedene Fassungen des § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG zugrunde zu legen. Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2013 - 2 C 9.12 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Insbesondere die Frage, ob ein Unfall einen einfachen oder einen qualifizierten Dienstunfall darstellt, ist nach dem Recht, das im Zeitpunkt des Unfalles galt, zu beantworten (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Januar 1969 - VI C 38.66 -, BVerwGE 31, 170, 172 und vom 16. Mai 1963 - II C 27.60 -, BVerwGE 16, 103, 104). Hiervon ausgehend ist der Dienstunfall vom 7. Mai 2001 nach § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der für die Zeit von Juli 1997 bis Dezember 2001 gültigen Fassung auf Grund der Änderung durch das Verwaltungsreformgesetz 1998 vom 29. Juni 1998 (BGBl. I S. 1666) - im Folgenden: BeamtVG 1998 - zu beurteilen, während es für den Dienstunfall vom 17. November 2005 auf § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3926) geänderten Fassung - im Folgenden: BeamtVG 2001 - ankommt, ohne dass der geänderte Wortlaut für die rechtliche Bewertung der Unfallereignisse allerdings ausschlaggebende Bedeutung gewinnt; § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG gilt für beide Dienstunfälle in unverändert gebliebener Fassung.

a) § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 1998 setzt voraus, dass ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der für ihn eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, sein Leben einsetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet. Im Unterschied dazu setzt § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 2001 voraus, dass sich ein Beamter bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet. Die durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vorgenommene Gesetzesänderung betrifft ausschließlich die Frage, ob für die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 2001 nach wie vor ein subjektives Tatbestandselement erforderlich ist. Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht bejaht und als Ergebnis der an Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Normzweck ausgerichteten Auslegung der Neufassung angenommen, das Gesetz verlange zwar nicht mehr, dass der Beamte in dem Bewusstsein handelt, bei der Dienstverrichtung sein Leben einzusetzen, aber es setze bei dem Beamten unverändert das Bewusstsein der seinem Leben drohenden Gefahr voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 2 C 51.11 -, juris Rn. 13 ff.).

Unabhängig von dem Bewusstsein des Beamten als subjektivem Element verlangt § 37 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in beiden maßgeblichen Fassungen, dass objektiv eine das Leben des Beamten gefährdende Lage bestand. Die besondere Lebensgefahr ist ein objektives spezifisches Merkmal der Diensthandlung im Sinne des § 37 Abs. 1 BeamtVG. Die Vorschrift erfordert eine Diensthandlung, mit der für den Beamten typischerweise eine besondere, über das übliche Maß der Lebens- oder Gesundheitsgefährdung hinausgehende Lebensgefahr verbunden ist. Die Gewährung eines erhöhten Unfallruhegehalts setzt damit eine Dienstverrichtung voraus, die bei typischem Verlauf das Risiko entsprechender Verletzungen in sich birgt, so dass deren Eintritt als Realisierung der gesteigerten Gefährdungslage und nicht als Verwirklichung eines allgemeinen Berufsrisikos erscheint. Ob die Diensthandlung für das Leben des Beamten eine solche Gefahr begründet hat, erfordert eine wertende Betrachtung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012, a.a.O. Rn. 10 f.; auch BVerwG, Beschluss vom 30. August 1993 - 2 B 67.93 -, juris Rn. 6; OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 5 LA 149/13 -, juris Rn. 7 m.w.N.; OVG Münster, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 A 2881/02 -, juris Rn. 32). Die demgegenüber von dem Kläger vertretene Auffassung, zur Erfüllung des Tatbestandes genüge die Annahme vom Bestehen einer Lebensgefahr, findet entgegen dem Berufungsvorbringen insbesondere in den Materialien zum Versorgungsänderungsgesetz 2001 keine Stütze. Die von der Berufung aus den parlamentarischen Dokumenten angeführte Textpassage („Durch die vorgeschlagene Änderung soll die Versorgungssituation insbesondere bei den Vollzugs- und Feuerwehrbeamten verbessert werden, da deren Dienst bei bestimmten Einsätzen über eine allgemeine Gefährdung hinaus mit einer besonderen Lebensgefahr verbunden sein kann.“) trägt die gezogene Schlussfolgerung nicht. Die Berufung lässt bei ihrer Würdigung den Zusammenhang unberücksichtigt, in dem die vorgenannte Absichtserklärung steht und aus dem heraus sie verstanden werden muss. Wie die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auswertung der Gesetzgebungsmaterialien ergibt, war im Zuge der parlamentarischen Beratungen erwogen worden, auf das subjektive Merkmal („bewusster Lebenseinsatz“) vollständig zu verzichten, nicht indes auf den objektiven Umstand der Lebensgefahr (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012, a.a.O. Rn. 15 m.w.N.).

Ausgehend von diesen Maßstäben bestand für den Kläger bei seinem Einsatz im SEK weder am 7. Mai 2001 noch am 17. November 2005 objektiv eine besondere Lebensgefahr. Dass er aufgrund der für ihn erkennbaren Umstände annahm, sich in einer derartigen Gefahr zu befinden, und in dem Bewusstsein einer für ihn bestehenden Lebensgefahr handelte, ändert nichts an der bei objektiver Betrachtung fehlenden Lebensgefahr.

Der Umstand, dass bei dem Einsatz am 7. Mai 2001 einer der beiden Täter eine Waffe bei sich führte, begründete für den Kläger keine lebensgefährliche Situation. Es handelte sich nicht um eine Schusswaffe, sondern um eine PTB-Waffe, d.h. um eine Signal-, Reizstoff- oder Schreckschusswaffe mit einem PTB-Prüfzeichen. Das Mitführen dieser Waffe durch den Täter ließ für den Kläger in keiner Phase des gesamten Geschehensablaufs eine besondere Lebensgefahr entstehen. Es kam auch nicht zu einer Anwendung dieser Waffe, die aufgrund besonderer Umstände eine besondere Lebensgefahr hätte herbeiführen können. Selbst wenn die Dienstverrichtung während der Einsätze in einem SEK für die beteiligten Beamten regelmäßig eine gesteigerte Gefährdungslage und womöglich eine lebensbedrohliche Situation entstehen lassen sollte, muss es dazu nicht in jedem Einzelfall kommen. Die gebotene wertende Betrachtung der jeweiligen Einzelfallumstände kann - wie hier - dazu führen, dass sich eine etwaige generelle Einschätzung besonderer Gefahrgeneigtheit als nicht zutreffend erweist; die aufgrund äußerer Anzeichen angenommene Gefährdungslage muss mit den tatsächlichen Gegebenheiten keinesfalls übereinstimmen. Der Kläger glaubte, mit einem Täter konfrontiert zu sein, der sich im Besitz einer echten Schusswaffe befand und im Begriff war, diese unmittelbar gegen ihn einzusetzen, um nicht an der Flucht gehindert zu werden. In einem solchen Fall, in dem die Gefahr nur nach der subjektiven Vorstellung des Beamten besteht, rechtfertigt der Zweck des § 37 BeamtVG, mit den verschiedenen Fallgruppen dieser Vorschrift einer gesteigerten, im dienstlichen Bereich wurzelnden Gefährdungslage durch die Gewährung eines erhöhten versorgungsrechtlichen Schutzes Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012, a.a.O. Rn. 16), die Annahme eines qualifizierten Dienstunfalls nicht.

Nicht anders verhielt es sich bei dem Einsatz am 17. November 2005. Die durch die Angaben des Mieters und die in der Wohnung vorgefundene Situation erregte Vorstellung, dass sich in der Wohnung explosiver Sprengstoff befinde, wurde nach Auffinden der Sprengstoffattrappen nicht bestätigt. Auch andere Umstände der Art und Weise des Einsatzes und seines Ablaufs, die für den Kläger eine besondere Lebensgefahr begründet haben könnten, sind nicht ersichtlich und werden von dem Kläger auch nicht vorgebracht.

b) Nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG ist Voraussetzung für einen qualifizierten Dienstunfall, dass der Beamte in Ausübung des Dienstes durch einen rechtswidrigen Angriff einen Dienstunfall erleidet. Demnach muss es sich bei dem rechtswidrigen Angriff um einen Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG handeln. Dies setzt nach der gesetzlichen Begriffsbestimmung des Dienstunfalls unter anderem voraus, dass der Angriff einen Körperschaden des Beamten, d.h. eine Beeinträchtigung der körperlichen Integrität oder eine psychische Krankheit verursacht hat. Bei Berücksichtigung des systematischen Regelungszusammenhangs mit dem Dienstunfallbegriff des § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG liegt ein Angriff im Sinne des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG vor, wenn sich der Beamte in Ausübung oder infolge des Dienstes einem plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmbaren Verhalten eines Dritten ausgesetzt sieht, durch das ihm zielgerichtet, d.h. mit zumindest bedingtem Vorsatz, ein Körperschaden zugefügt werden soll. Allerdings ist nicht erforderlich, dass der Angriff zu der vom Täter beabsichtigten Körperverletzung des Beamten geführt hat. Es reicht aus, dass dieser in der konkreten Gefahr der beabsichtigten Körperverletzung geschwebt hat und infolgedessen einen anderweitigen Körperschaden, insbesondere eine Verletzung der seelischen Integrität erlitten hat. Andernfalls wären solche Fälle nicht erfasst, bei denen nur der Zufall eine Verletzung der körperlichen Integrität verhindert hat, der Beamte aber wegen der erlittenen Bedrohung erheblich psychisch belastet ist und erkrankt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012, a.a.O. Rn. 12 ff. m.w.N.). Vom Tatbestand des Angriffs sind nur solche Verhaltensweisen erfasst, die den Beamten objektiv in die Gefahr bringen, einen Körperschaden zu erleiden. Nur hinsichtlich solcher realen Gefahren bedarf der Beamte des Schutzes durch seinen Dienstherrn (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 2 C 134.07 -, juris Rn. 20 zum inhaltsgleichen Angriffsbegriff des § 31 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG; OVG Münster, Urteil vom 4. April 2011 - 1 A 3037/08 -, juris Rn. 45). Der Gesetzgeber will mit den Fallgruppen des § 37 BeamtVG einer gesteigerten, im dienstlichen Bereich wurzelnden Gefährdungslage durch die Gewährung eines erhöhten versorgungsrechtlichen Schutzes Rechnung tragen. Nicht zuletzt im öffentlichen Interesse an einer effektiven Erledigung der öffentlichen Aufgaben soll die Bereitschaft des Beamten zur Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten gestärkt werden, weil er damit rechnen kann, die Folgen dienstlich bedingter Körperschäden in Fällen einer solchen Gefährdung nicht allein tragen zu müssen. Niveaugleich mit den anderen Fallgruppen des erhöhten Unfallruhegehalts ist die Gefährdungslage nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG dann gegeben, wenn die Verletzungshandlung vom Schädiger mit Wissen und Wollen der zu erwartenden Rechtsgutbeeinträchtigung ausgeführt wird und sie in einem inneren Zusammenhang mit der Dienstverrichtung des Amtsträgers steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012, a.a.O. Rn. 16 m.w.N.). Der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung fordert nicht, das Tatbestandsmerkmal „Angriff“ in § 37 Abs. 2 BeamtVG ebenso zu verstehen wie in § 32 StGB. Die Vorschriften stehen in keinem Regelungs- oder Sinnzusammenhang, der die Annahme einer identischen Bedeutung des in beiden verwendeten Begriffs nahelegen oder gar gebieten könnte (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Oktober 1998 - 2 C 17.98 -, juris Rn. 18 und vom 29. Oktober 2009, a.a.O. Rn. 21).

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Kläger bei den fraglichen Einsätzen Opfer von Angriffen im Sinne von § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG geworden.

Bei dem Einsatz am 7. Mai 2001 kam es zu einer auf den Kläger zielenden Angriffshandlung des mit einer Schreckschusswaffe ausgerüsteten Täters. Nach dem Geschehensablauf spricht zwar nichts dafür, dass das Verhalten des mit erhobener PTB-Waffe flüchtenden Täters darauf gerichtet war, dem Kläger einen physischen Körperschaden zuzufügen. Ein tätlicher Angriff gegen die physische Unversehrtheit des Klägers fand nicht statt und er hatte nach dem Tatgeschehen eine solche Verletzungshandlung, die bei einer Verwendung der Waffe als Schlagwerkzeug hätte vorliegen können, nicht zu gewärtigen. Aber der Täter wollte einen psychischen Körperschaden verursachen. Nach den Umständen des Einzelfalls setzte der flüchtende Täter die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als Schusswaffe wahrzunehmende Scheinwaffe zielgerichtet gegen den Kläger als Mittel der Bedrohung mit existenzieller Gefahr ein, um diesen zu nötigen, der beabsichtigten Flucht nicht entgegenzutreten. Die psychische Bedrohungssituation unterschied sich für den Kläger nicht von der Situation, in der er sich befunden hätte, wenn er mit einer einsatzfähigen Schusswaffe bedroht worden wäre. Aus der Sicht des Klägers stellte sich die Konfrontation mit der Scheinwaffe nicht anders dar als eine solche mit einer Schusswaffe. Gerade wegen dieser gleichermaßen einschüchternden Wirkung, die Existenzangst und Schrecken bei dem sich ihm in den Weg stellenden Kläger auslösen sollte, bediente sich der Täter dieser Waffe, um seiner Nötigung Nachdruck zu verleihen. Der Kläger musste die Bedrohung mit akuter Lebensgefahr zumal deshalb ernst nehmen, weil er kurz zuvor aus der Supermarktfiliale, aus der der Täter heraus stürmte und in der sich weitere Einsatzbeamte befanden, Schussgeräusche gehört hatte. Diese Betrachtung der psychischen Folgen der Bedrohung entspricht derjenigen in der strafgerichtlichen Rechtsprechung. Dort ist bei der Anwendung der relevanten Straftatbestände anerkannt, dass Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben über die Beeinträchtigung des seelischen Gleichgewichts hinaus zu körperlichen oder nachhaltigen psychischen Auswirkungen mit Krankheitswert führen können, wobei die durch die Drohwirkung hervorgerufenen psychischen Folgen ungeachtet der objektiven Ungefährlichkeit des Tatmittels entstehen können (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2012 - 5 StR 431/12 -, juris Rn. 29 m.w.N.). Die mit dem Einsatz einer als Schusswaffe wahrgenommenen Schreckschusswaffe verbundenen psychischen Auswirkungen auf das Tatopfer lassen sich einer akuten Belastungsreaktion (ICD-10: F43.0) zuordnen. Damit wird eine vorübergehende Störung von beträchtlichem Schweregrad beschrieben, die sich als Reaktion auf eine außergewöhnliche körperliche oder seelische Belastung auch bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen entwickelt, und im Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt (vgl. Internationale Klassifikation psychischer Störungen, 9. Auflage 2014, F43.0). Dem Kläger einen solchen Körperschaden zuzufügen, war auch vom Vorsatz des Täters umfasst. Angesichts der Schwere und Schockartigkeit der von ihm gezielt eingesetzten Bedrohung rechnete der Täter mit einer körperlichen Beeinträchtigung des Klägers und nahm diese um die Erreichung seines erstrebten Zieles willen jedenfalls billigend in Kauf.

Ebenso wenig stehen die besonderen Umstände des SEK-Einsatzes am 17. November 2005 seiner Würdigung als Angriff entgegen. Weder die Abwesenheit des Schädigers vom Ort des Geschehens noch die am Einsatzort ausschließlich deponierten Sprengstoffattrappen noch der Umstand, dass der Schädiger nicht gerade gegen den Kläger vorging, hindern die Annahme eines Angriffs. Ein Angriff geht auch dann von einem Menschen aus, wenn eine Materie von einem Menschen in Zielrichtung auf den Beamten in Bewegung gesetzt wird, was beispielsweise bei einer unter einem Polizeifahrzeug angebrachten Sprengladung, die beim Anlassen des Motors explodiert, der Fall ist (vgl. Wilhelm, in: Fürst, GKÖD, Bd. I, O § 37 BeamtVG Rn. 13). Zudem ist nicht erforderlich, dass sich die Tat gerade gegen denjenigen Beamten richtet, der von ihr letztlich betroffen ist (vgl. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz, Stand: Februar 2014, § 37 BeamtVG Rn. 77). Hier hatte der Mieter den Polizeieinsatz gezielt herbeigeführt, indem er über den polizeilichen Notruf gedroht hatte, sich der bevorstehenden Zwangsräumung seiner Wohnung durch Zündung von Sprengstoffen zu widersetzen. Erklärtermaßen richtete sich die Drohung, vermeintlich echten Sprengstoff zur Explosion zu bringen, gegen jeden, der den Versuch unternehmen würde, die Wohnung zu betreten, mithin insbesondere zielgerichtet gegen die erwarteten Polizeibeamten, deren Einsatz der Mieter veranlasst hatte. Die zunächst nur verbale Drohung stellte sich für die Einsatzbeamten, als sie sich Zugang zu der Wohnung verschafften, aufgrund der vorgefundenen Situation, namentlich der installierten Verkabelung, als unmittelbar bevorstehende Gefahr für Leib und Leben dar, die sie zum fluchtartigen Verlassen der Wohnung veranlasste. Die von dem Schädiger in der Wohnung vorgenommene Installation versetzte insbesondere den Kläger als den den Einsatz leitenden Beamten in Angst und Schrecken, die zu dem überstürzten Rückzug aus der Wohnung führten. Diese Reaktion war in dem Plan des Mieters angelegt. Sein Vorgehen war darauf gerichtet, eine einschüchternde schockartige Wirkung auszulösen. Dadurch wurde der Kläger objektiv in die Gefahr gebracht, eine akute Belastungsreaktion zu erleiden. Mit dieser Folge seines planvollen Handelns hat der Schädiger gerechnet und sie zumindest billigend in Kauf genommen.

Auch der Normzweck rechtfertigt es, beide Unfallereignisse als qualifizierte Dienstunfälle im Sinne des § 37 Abs. 2 Nr. 1 BeamtVG einzuordnen, weil der Kläger in dienstlich bedingt besonders gefährlichen Situationen zu Schaden gekommen ist. Die Abgeltung des durch die Erfüllung der dienstlichen Pflichten in diesen Situationen erbrachten Sonderopfers entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Bereitschaft des Beamten zur Dienstausübung gerade unter solchen Bedingungen zu stärken, unter denen er befürchten muss, bei seiner dienstlichen Tätigkeit attackiert zu werden.

II. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat der auf Unfallausgleich für den Zeitraum zwischen den Unfallereignissen und der Versetzung des Klägers in den Ruhestand gerichteten Klage zu Recht stattgegeben. Die Verpflichtungsklage ist begründet. Die ablehnenden Bescheide des Polizeipräsidenten vom 5. Januar und 6. August 2009 sowie vom 16. März 2010 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Unfallausgleich in der begehrten Höhe, weil die anerkannten Verletzungsfolgen der Dienstunfälle vom 7. Mai 2001 und vom 17. November 2005 zu einer MdE von 40 v. H. bzw. 60 v. H. geführt haben.

Nach § 35 Abs. 1 BeamtVG erhält der Beamte, der infolge eines Dienstunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist, solange dieser Zustand andauert, neben dem Ruhegehalt einen Unfallausgleich. Wesentlich bedeutet, dass die MdE mindestens 25 v. H. beträgt. Dies folgt aus der Verweisung in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG auf § 31 Abs. 1 und 2 BVG a.F. (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1965 - VI C 38.63 - BVerwGE 21, 282, 283 f.). Daran ist auch nach der zum 21. Dezember 2007 in Kraft getretenen Neufassung des § 31 BVG (BGBl. I S. 2904) festzuhalten. Der Regelungsgehalt des § 31 Abs. 2 BVG a.F., nach dem eine bis zu 5 v. H. geringere Minderung der Erwerbsfähigkeit vom höheren Zehnergrad mit umfasst ist, ist in § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG aufgenommen worden. Zwar verweist § 35 BeamtVG in der hier anzuwendenden bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung nicht auf § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG, aber über den Verweis auf § 31 Abs. 1 BVG, der aufgrund von § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG auch einen Grad der Schädigungsfolgen von 25 v. H. erfasst, behält diese Regelung zugleich auch ihre Bedeutung für den Begriff der wesentlichen Beschränkung der Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 35 BeamtVG (vgl. bereits Senatsurteil vom 19. Januar 2011 - OVG 4 B 32.10 -, juris Rn. 21; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, a.a.O., § 35 Rn. 39; OVG Bremen, Urteil vom 29. Oktober 2008 - 2 A 38.05 - juris Rn. 53).

Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Erwerbsfähigkeit ist die Kompetenz des Verletzten, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 2 B 57.12 -, juris Rn. 9; Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 27.99 -, BVerwGE 112, 92, 97; Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, a.a.O. § 35 Rn. 33).

Die von dem Polizeipräsidenten als Dienstunfälle mit der Unfallfolge einer posttraumatischen Belastungsstörung anerkannten Unfallereignisse haben zu einer Beschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers mit einer MdE zunächst von 40 v. H. und anschließend als Gesamt-MdE für beide Dienstunfälle von 60 v. H. geführt. Der Senat hält die dieser Bewertung zugrunde liegenden Feststellungen des Sachverständigen in dem schriftlichen Gutachten einschließlich ihrer näheren Erläuterung in der mündlichen Verhandlung für überzeugend.

Die Einschätzung des Sachverständigen ist entgegen der Annahme des Beklagten nicht deswegen als fehlerhaft zu beanstanden, weil er seiner Bewertung der erwerbsmindernden Folgen unrichtige Bemessungsmaßstäbe zugrunde gelegt hätte.

Der Senat hält unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 19. Januar 2011 (a.a.O. Rn. 23) daran fest, dass bei der Feststellung der nach dem Beamtenversorgungsrecht maßgeblichen MdE als Basis für den Unfallausgleich die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)“ - AHP - bzw. die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), in Kraft getreten am 1. Januar 2009, im Ausgangspunkt herangezogen werden können. Zwar regelt die VersMedV u.a. die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG. Nach dieser Vorschrift ist der Grad der Schädigungsfolgen nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung in allen Lebensbereichen zu beurteilen, während es für die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 35 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG auf die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben ankommt. Aus diesen unterschiedlichen Maßstäben folgt jedoch nicht, dass die Gesichtspunkte, die der Bestimmung der Beeinträchtigung im sozialen Entschädigungs- und Schwerbehindertenrecht zugrunde liegen, in der Unfallfürsorge keinerlei Berücksichtigung finden können. Diese sind vielmehr entsprechend anzuwenden, soweit das mit dem Begriff der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Einklang steht (vgl. Groepper/Tegethoff, in: Plog/Wiedow, a.a.O. § 35 BeamtVG Rn. 37). Auch in der gesetzlichen Unfallversicherung, in der die AHP aufgrund des sich von dem sozialen Entschädigungs- und Schwerbehindertenrecht gleichfalls unterscheidenden Bemessungsansatzes nicht unmittelbar galten, waren sie entsprechend anzuwenden, soweit dies mit dem Begriff der MdE gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII zu vereinbaren war (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - juris Rn. 13f.). Für die der Entscheidung über den Anspruch auf Unfallausgleich zugrunde liegende Begutachtung bedeutet dies, dass der Sachverständige, der bei der Beurteilung der MdE die Versorgungsmedizinischen Grundsätze bzw. die zuvor angewendeten AHP als Ausgangspunkt nimmt, berücksichtigen muss, dass der zutreffende Maßstab bei der dienstunfallrechtlichen Bewertung die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben ist (vgl. BayVGH, Urteil vom 29. Juli 2010 - 3 B 09.659 -, juris Rn. 46, 50 und Beschluss vom 1. Februar 2013 - 3 ZB 11.1166 -, juris Rn. 6).

Hiervon ausgehend hat der Sachverständige Dr. K... in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlüssig dargelegt, dass sein Gutachten auf Begutachtungsgrundsätzen basiert, die mit dem gesetzlichen Begriff der MdE im Einklang stehen. Er hat deutlich gemacht, sich darüber im Klaren zu sein, auf welchen Maßstab es für die Bestimmung der MdE ankommt. Er hat die in dem schriftlichen Gutachten (S. 33) enthaltene Wendung „in Anlehnung an die Begutachtungsgrundsätze des sozialen Entschädigungsrechts“ inhaltlich ausgefüllt und überzeugend erläutert. Danach hat er die Grundlagen für die Begutachtung zum Einen den AHP bzw. der Anlage zu § 2 VersMedV und zum Anderen Richtwerten entnommen, die sich aus allgemeinen Erfahrungen der Begutachtungspraxis von Unfallfolgen in der gesetzlichen Unfallversicherung ergeben und in der Literatur festgehalten sind. Stellvertretend für letztere hat er die Bewertungen von Foerster benannt (abgedruckt in: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 156 ff.) und ausgeführt, dass sich für psychische Erkrankungen die in diesen Richtwerten enthaltenen Bewertungsansätze für die MdE-Einschätzung durchaus erheblich von denjenigen unterscheiden, die in den AHP bzw. in der Anlage zu § 2 VersMedV vorgesehen sind. Bei der Anwendung der von Foerster für posttraumatische Belastungsstörungen angenommenen Richtwerte einer MdE von bis zu 50 v. H. müsse allerdings berücksichtigt werden, dass diese weitergehende Persönlichkeitsstörungen unberücksichtigt lassen, die sich aus einer posttraumatischen Belastungsstörung entwickeln können, so dass sie eine unzureichende Beschreibung des Krankheitsbildes darstellten. In Bezug auf die Anwendung der Anhalts- und Erfahrungswerte hat er weiterhin plausibel dargestellt, dass eine Einzelfallbetrachtung der krankheitsbedingten Beeinträchtigungen und ihrer Auswirkungen auf die allgemeine Lebensführung oder das allgemeine Erwerbsleben erforderlich ist. Diese Betrachtung führt aus Sicht des Gutachters, die er nachvollziehbar aus dem individuellen Störungsbild abgeleitet hat, bezogen auf den Kläger und seine Erkrankung zu keinen wesentlichen Unterschieden; denn die festgestellten Beeinträchtigungen erfassten zum überwiegenden Teil sowohl das allgemeine Erwerbsleben als auch die allgemeine Lebensführung.

In Anwendung dieser Begutachtungsgrundsätze ist der Sachverständige zu plausibel begründeten Einschätzungen der unfallbedingten MdE gelangt. Dabei ist er von den Maßgaben in Nr. 26.3 der AHP „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen“ ausgegangen. Danach sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB/MdE-Grad von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB/MdE-Grad von 30 bis 40 und schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB/MdE-Grad von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB/MdE-Grad von 80 bis 100 zu bewerten. Eine inhaltlich unveränderte Bewertung nimmt Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV (Teil B GdS-Tabelle) vor. Diese Schweregrade bieten nach der in sich stimmigen Erläuterung des Sachverständigen ungeachtet der generellen Schwierigkeit, psychische Störungen zu quantifizieren, eine gewisse Orientierung bei der Einordnung des Einzelfalls, wobei die Abstufungen folgendermaßen zu umschreiben seien: Leichtere Störungen zeichneten sich durch das Vorhandensein psychischer Symptome aus, ohne dass diese jedoch zu einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit führten. Maßstabsbildend für schwere Störungen sei die exemplarisch genannte schwere Zwangskrankheit. Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass die eigene Willensbetätigung über die Teilnahme am sozialen Leben generell weitestgehend eingeschränkt sei. Die zwischen diesen Fallgruppen angesiedelten stärker behindernden Störungen seien anzunehmen, wenn von der wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit einzelne Lebensbereiche betroffen seien.

Ausgehend von diesen Abstufungen der Schweregrade psychischer Störungen hat der Sachverständige die in dem schriftlichen Gutachten vorgenommene Einordnung des bei dem Kläger festgestellten Störungsbildes, das ihn für den Zeitraum seit dem ersten Unfallereignis eine MdE von 40 v. H. und seit dem zweiten Unfallereignis eine MdE von 60 v. H. annehmen lässt, in der mündlichen Verhandlung schlüssig begründet. Nach seiner Erläuterung war die bei dem Kläger durch das Geschehen vom 7. Mai 2001 ausgelöste posttraumatische Belastungsstörung auch auf der Basis der Bewertungen von Foerster nicht mehr dem leichten Schweregrad zuzuordnen, sondern ragte bereits in den Bereich hinein, der einen schweren, mit einer MdE von mehr als 30 v. H. und bis zu 50 v. H. zu bewertenden Fall beschreibt (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 157 „Schwerer Fall, gekennzeichnet durch massive Schlafstörungen mit Alpträumen, heftige Erinnerungseinbrüche, Angstzustände, die auch tagsüber auftreten können, und ausgeprägtes Vermeidungsverhalten“). Diesen Schluss hat der Sachverständige in nachvollziehbarer Weise aus Art und Schwere der bei dem Kläger vorgelegenen Symptome gezogen, die bei einer posttraumatischen Belastungsstörung auftreten und sich den drei für dieses Störungsbild charakteristischen Merkmalen zuordnen lassen. Danach waren sowohl das mit einer Angstsymptomatik einhergehende ungewollte Wiedererleben des traumatisierenden Ereignisses (Intrusionen) etwa in Gestalt von Alpträumen als auch die Symptome eines erhöhten psychovegetativen Erregungsniveaus wie Reizbar- und Schreckhaftigkeit bei dem Kläger stark, hingegen das Vermeidungsverhalten eher weniger ausgeprägt. Im Laufe der Jahre habe sich auch unter dem Eindruck des Strafverfahrens, das für den Kläger eine besondere Belastungssituation dargestellt habe, eine Persönlichkeitsänderung zu entwickeln begonnen; während deren Symptome hinzugetreten seien, seien die Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung abgeklungen, so dass bis zu dem Unfallereignis im Jahre 2005 eine im Wesentlichen konstant gebliebene MdE von 40 v. H. anzunehmen sei. Für den Zeitraum seit diesem zweiten Dienstunfall hat sich das bei dem Kläger vorliegende Störungsbild nach der überzeugenden Herleitung des Sachverständigen qualitativ verändert, so dass aus seiner Sicht die Schwelle zu einer schweren Störung anhand der Schweregrade der AHP bzw. der Anlage zu § 2 VersMedV überschritten sei; die Bewertungsansätze von Foerster seien insoweit unzureichend. Das Unfallgeschehen habe wegen der Bedrohungskulisse, der der Kläger ausgesetzt gewesen sei, schwerwiegenden Traumacharakter gehabt. Da der Kläger fortan keinen Dienst mehr habe leisten können, habe er einen wesentlichen Lebensinhalt verloren und sei sein Lebensentwurf zerstört worden. Dieser Umstand habe im Laufe der Zeit zu einer tiefgreifenden Persönlichkeitsveränderung geführt, die mit dem Krankheitsbild einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung zutreffend zu beschreiben sei. Diese sei dadurch gekennzeichnet, dass zu den klassischen Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung die Merkmale einer affektiven Dysregulation, eines negativen Selbstkonzepts sowie einer interpersonellen Störung hinzuträten. Den neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass - wie im Falle des Klägers - auch ein singuläres Trauma eine Persönlichkeitsveränderung auslösen könne, werde die im ICD-10 als F62.0 verschlüsselte „andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung“ nicht gerecht, so dass sie künftig aufgegeben und als zusätzliches Krankheitsbild die komplexe posttraumatische Belastungsstörung aufgenommen werde. Insoweit müsse er - auch in Auseinandersetzung mit den von dem Beklagten erhobenen Einwänden gegen die diagnostische Einordnung - die in dem schriftlichen Gutachten vorgenommene Verschlüsselung des Störungsbildes nach ICD-10: F62.0 korrigieren, ohne dass sich daraus jedoch für die angenommene MdE Änderungen ergäben. Der Sachverständige hat schließlich mit schlüssiger Argumentation ausschließen können, dass seine Feststellungen durch Aggravation oder Simulation des Klägers beeinflusst sind, obwohl er dahingehende psychologische Testverfahren ungeachtet ihrer Aussagekraft nicht durchgeführt hat. Er habe eine Korrelation zwischen den durch eigene Beobachtung gewonnenen Erkenntnissen und den von dem Kläger geschilderten Symptomen festgestellt, zumal in der Untersuchungssituation deutliche, nicht simulierbare psychopathologische Symptome wie Konzentrationseinbrüche, eine psychovegetative Unruhe und vermehrte Schreckhaftigkeit aufgetreten seien.

Die Feststellungen und Bewertungen des Sachverständigen werden durch polizeiärztliche Stellungnahmen, auf die der Beklagte seine Einwände stützt, nicht in Frage gestellt. Die verschiedenen polizeiärztlichen Aussagen stellen sich als nicht widerspruchsfrei dar. Soweit die polizeiärztliche Stellungnahme vom 23. Juni 2009 davon ausgeht, nach den in der gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde gelegten Empfehlungen bezeichne eine MdE von 20 v. H. eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Lebens- [gemeint: Erlebnis-] und Gestaltungsfähigkeit, gibt sie den Inhalt der MdE-Erfahrungswerte unvollständig wieder und lässt außer Acht, dass Nr. 2.3 „Psychische Folgen“ der MdE-Erfahrungswerte - Auszug mit geringfügigen Änderungen aus Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Anhang 12 - (abgedruckt bei: Brackmann/Burchardt, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Stand: 2013, Anhang zu § 56) eine ähnliche Staffelung wie die AHP bzw. die Anlage zu § 2 VersMedV vornimmt. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit werden mit einer MdE von 20 bis 40 v. H., schwere Störungen mit erheblichen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (z. B. nach schwerer Zwangskrankheit) mit einer MdE von 50 bis 100 v. H. bewertet. Die besagte Stellungnahme gibt nicht zu erkennen, dass die Polizeiärztin die in den ihrer Beurteilung zugrunde gelegten MdE-Erfahrungswerten vorgesehene Bandbreite erkannt und bei der Bewertung der erwerbsmindernden Einbußen berücksichtigt hat. Die polizeiärztliche Einschätzung vom 23. Juni 2009 lässt sich auch mit weiteren polizeiärztlichen Aussagen nicht in Einklang bringen. Aufgrund der Untersuchung des Klägers am 6. Mai 2007 hatte der Polizeiärztliche Dienst noch eine MdE von 40 v. H. befürwortet, so dass nicht erkennbar ist, auf welche Tatsachen sich die Herabsetzung auf 20 v. H. für die gesamte Zeitspanne seit Mai 2001 gründet. Ein widersprüchlicher Eindruck entsteht insbesondere im Vergleich zu der im Zuge des Zurruhesetzungsverfahrens des Klägers abgegebenen polizeiärztlichen Stellungnahme vom 16. Dezember 2008, zumal beide ärztlichen Äußerungen auf derselben Untersuchung des Klägers am 4. Dezember 2008 beruhen. In der zuletzt genannten Stellungnahme wird der Zustand des Klägers dahingehend beschrieben, dass er aufgrund der bestehenden depressiven Symptomatik unter erheblichen Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, vermehrtem Grübeln und Gefühlsausbrüchen leide, die permanente innere Anspannung zu verbalen und körperlichen Fehlhandlungen führe, massive Ein- und Durchschlafstörungen bestünden, ein adäquater sozialer Kontakt zu anderen Menschen kaum möglich sei und wegen der massiven Ängste keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzt und Menschenansammlungen vermieden würden. Symptome dieser Art und dieses Ausmaßes anhand der herangezogenen Bewertungskriterien mit einer MdE von 20 v. H. zu bemessen, überzeugt nicht. Auch vor dem Hintergrund dieser polizeiärztlich festgestellten Symptomatik weist die zusammenfassende Wiedergabe des psychopathologischen Befundes des Sachverständigen aus dem schriftlichen Gutachten in der polizeiärztlichen Stellungnahme vom 20. Januar 2010, der aus der Sicht der Polizeiärztin die gutachterliche Diagnose nicht zu tragen vermag, eine bagatellisierende Tendenz auf, wenn dort von mittelgradigen Symptomen im Bereich der Konzentration, Aufmerksamkeit, Stimmungslage, leichter Ängstlichkeit, vermehrter Unruhe und Schreckhaftigkeit, seltenem Auftreten von flash-back-Erinnerungen die Rede ist. Das Festhalten an einer MdE von 20 v. H. stellt sich auf einer solchen verzerrten Grundlage als nicht tragfähig dar.

III. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen ist nach § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung begründet (vgl. Senatsurteil vom 10. September 2010 - OVG 4 B 35.08 -, juris Rn. 27; Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2012 - OVG 4 N 22.11 -). Danach ist § 291 Satz 1 BGB anwendbar, wenn das einschlägige Fachgesetz - hier: das Beamtenversorgungsgesetz - keine gegenteilige Regelung enthält. Unter dieser Voraussetzung tritt die Rechtshängigkeit einer Geldschuld im Sinne des § 291 Satz 1 BGB nicht nur bei Klagen auf Verurteilung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme ein, sondern auch bei Klagen, die auf die Verpflichtung zum Erlass eines die Zahlung einer bestimmten Geldsumme unmittelbar auslösenden Verwaltungsaktes gerichtet sind. Diese Verpflichtung muss allerdings in der Weise konkretisiert sein, dass der Umfang der zugesprochenen Geldforderung feststeht, diese also eindeutig bestimmt ist. Das setzt nicht voraus, dass die Geldsumme nach Klageantrag und Urteilsausspruch der Höhe nach beziffert ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Geldschuld rein rechnerisch, und nicht erst im Wege einer weiteren Rechtsanwendung, unzweifelhaft ermittelt werden kann (zu Vorstehendem: BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 2 B 36.05 -, juris Rn. 18, Urteile vom 28. Mai 1998 - 2 C 28.97 -, juris Rn. 10 ff., vom 28. Juni 1995 - 11 C 22.94 -, juris Rn. 10 und vom 15. Juni 2011 - 9 C 5.10 -, juris Rn. 22). Diese Voraussetzung ist auch bei dem Unfallausgleich erfüllt, weil der jeweilige Betrag aus § 31 Abs. 1 BVG abzulesen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG liegen nicht vor.