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Entscheidung 8 K 4052/17


Metadaten

Gericht VG Potsdam 8. Kammer Entscheidungsdatum 06.11.2020
Aktenzeichen 8 K 4052/17 ECLI ECLI:DE:VGPOTSD:2020:1106.8K4052.17.00
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 163 AO, § 242 BGB, § 60 Abs 1 VwVfG

Leitsatz

Hat der Zweckverband sich einem Grundstückseigentümer gegenüber in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag verpflichtet, die Wartungskosten für eine Druckent-wässerungsstation zu tragen, so kann sich der Verbandsvorsteher nicht darauf berufen, unter dem Aspekt eines Abgabenverzichts sei die Geschäftsgrundlage des Vertrags entfallen, nachdem der Zweckverband durch eine Satzungsänderung die Druckentwässerungsstation dem Grundstücksanschluss zugeordnet hat.

Tenor

Der Kostenersatzbescheid des Verbandsvorstehers des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Jüterbog-Fläming vom 12. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2017 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die Kläger Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen ihre Heranziehung zu den Wartungskosten für eine Druckentwässerungsstation.

Sie sind Eigentümer des Grundstücks S...62 in 1..., Ortsteil S.... Das Grundstück wurde im Jahr 2001 mittels einer Druckentwässerungsstation, die sich am Ende der Leitungsstrecke auf dem Grundstück befindet, an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Zweckverbandes, dem die Beklagte vorsteht, angeschlossen.

Die seinerzeit geltende Entwässerungssatzung („Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlagen des Wasser- und Abwasserzweckverbandes J...“) vom 12. Oktober 1994 (i.F.: EntwS 1994) definierte in ihrem § 5 Abs. 4 Buchst. d als „Anschlusskanäle“ die Rohrleitungen zwischen dem öffentlichen Abwasserkanal und der Grundstücksgrenze bzw. der ersten Reinigungsöffnung (z.B. Übergabeschacht) auf dem Grundstück. Diese Begriffsbestimmung wurde in § 3 Abs. 4 Buchst. d der Entwässerungssatzung vom 18. November 2004 („Satzung über den Anschluss- und Benutzungszwang zur Entwässerung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes J...“; EntwS 2004) sowie § 3 Abs. 4 Buchst. d der nachfolgenden Entwässerungssatzung vom 21. Juni 2007 („Satzung über die Grundstücksentwässerung und den Anschluss der Grundstücke an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Wasser- und Abwasserzweckverbandes J...“; EntwS 2007) inhaltlich unverändert übernommen. Durch die 2. Änderungssatzung vom 26. September 2013 zur Entwässerungssatzung vom 21. Juni 2007 wurde § 3 Abs. 4 Buchst. d EntwS 2007 durch einen zweiten Satz wie folgt erweitert:

„…Erfolgt die Grundstücksentwässerung mittels einer Druckentwässerung, so endet der Grundstücksanschluss abweichend von Satz 1 an der Grundstücksgrenze“.

Schließlich erhielt § 3 Abs. 4 Buchst. d EntwS 2007 durch die 3. Änderungssatzung vom 4. Dezember 2014 mit Wirkung zum 1. Januar 2015 die folgende Fassung:

„Grundstücksanschluss bei einer Entwässerung mittels Freigefälleleitung ist die Rohrleitung vom öffentlichen Schmutzwasserkanal bis zur Grundstücksgrenze bzw. – soweit vorhanden – bis einschließlich zum Revisionsschacht vor oder auf dem Grundstück. Grundstücksanschluss bei einer Entwässerung mittels Druckentwässerung ist die Rohrleitung vom öffentlichen Schmutzwasserkanal bis einschließlich zur Druckentwässerungsstation auf dem Grundstück“.

Die Kosten für die Lieferung, den Einbau und die Inbetriebnahme der Druckentwässerungsstation wurden den Klägern vom Zweckverband im Februar 2002 in Höhe von 2.221,32 € in Rechnung gestellt.

Am 4. Januar 2005 trafen die Klägerin und der Zweckverband eine schriftliche Vereinbarung, in der es heißt, die Bereitstellung und der Einbau der Druckentwässerungsstation sei zum Teil über Fördermittel finanziert, diese gehe in die Grundmittel des Zweckverbandes ein und werde dem Grundstückseigentümer zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Der elektroseitige Anschluss der Druckentwässerungsstation sei durch den Grundstückseigentümer abzusichern, der auch die anfallenden Energiekosten zu übernehmen habe. Nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistung erfolge eine jährliche kostenlose Wartung durch den Zweckverband.

Mit Schreiben vom Dezember 2014 („Information zum Hauspumpwerk“) setzte der Zweckverband die betroffenen Eigentümer von der am 4. Dezember 2014 beschlossenen Änderung der Entwässerungssatzung in Kenntnis und führte aus, die Änderung bedeute, dass Hauspumpwerke wieder dem Grundstücksanschluss zugeordnet seien. Wartungs- und notwendige Reparaturarbeiten würden durch den Zweckverband veranlasst und die dabei entstehenden Kosten seien, wie bisher auch, vom Eigentümer zu tragen. Mit der Satzungsänderung sei damit der gleiche Stand wie zum Zeitpunkt der Errichtung des Pumpwerks eingetreten. Der Beschluss über die Änderung der Entwässerungssatzung sei von der Verbandsversammlung vor dem Hintergrund gefasst worden, dass die zwischenzeitlich geltende Satzung, auf deren Grundlage der Eigentümer sowohl Wartung als auch Reparatur selbstbestimmt habe durchführen können, zu erheblichen Irritationen und Fehlinterpretationen bei den Grundstückseigentümern geführt habe. Schreiben des Zweckverbandes, in denen die kostenlose Wartung und Instandhaltung der Pumpwerke zugesichert worden seien, seien spätestens mit der Änderung der Satzung über die Grundstücksentwässerung und den Anschluss der Grundstücke an die zentrale öffentliche Schmutzwasserbeseitigungsanlage vom 26. September 2013 gegenstandslos geworden.

Im September 2016 ließ der Zweckverband die Druckentwässerungsstationen unter anderem im Ortsteil S...durch ein privates Unternehmen warten. Dieses stellte dem Zweckverband unter dem 23. September 2016 dafür 112 € (netto) je Einzelpumpwerk in Rechnung.

Mit Bescheid vom 12. April 2017 zog der Amtsvorgänger der Beklagten die Kläger für die Wartung ihrer Druckentwässerungsstation zu einer Kostenerstattung in Höhe von 133,28 € heran. Hiergegen erhoben die Kläger Widerspruch mit der Begründung, bei Anschluss ihres Grundstücks mit der Druckentwässerungsstation sei ihnen zugesagt worden, dass die Druckentwässerungsstation Eigentum des Zweckverbandes bleibe und für sie keine Kosten anfielen. Im Januar 2005 hätten sie diesbezüglich eine Vereinbarung mit dem Zweckverband getroffen, die nunmehr durch eine bloße Satzungsänderung gegenstandslos sein solle.

Den Widerspruch wies der Amtsvorgänger der Beklagten mit Bescheid vom 19. Juni 2017 mit der Begründung zurück, für die Aufrechterhaltung und Gewährleistung einer sicheren Entsorgung sei es erforderlich, die vorhandene Druckentwässerungsstation regelmäßig zu warten. Die im Januar 2005 getroffene Vereinbarung über die vom Zweckverband kostenlos durchzuführenden Wartungen sei mit der Änderung der Entwässerungssatzung vom 26. September 2013 gegenstandslos geworden. Hierauf seien die Kläger in dem im Dezember 2014 zugegangenen Schreiben ausdrücklich hingewiesen worden.

Die Kläger haben am 12. Juli 2017 Klage erhoben. Die Voraussetzungen für die angefochtene Kostenerhebung lägen nicht vor. Im Rahmen der damaligen Trink- und Schmutzwasseranschließung des Ortes Seehausen sei durch den Verbandsvorsteher während der Planung und Bürgerbeteiligung vorgetragen worden, dass eine Erschließung bestimmter Grundstücke technisch nur über eine Druckentwässerungsstation möglich sei. Tragender Grund sei jedoch vielmehr die Tatsache gewesen, dass die Gesamtkosten der Erschließung zu Gunsten aller übrigen Grundstückseigentümer hätten gedrückt werden sollen. Dies sei dadurch geschehen, dass die Eigentümer mit Druckentwässerungsstationen im Gegensatz zu den übrigen Anschließern für einen erheblichen Kostenanteil hätten allein aufkommen müssen. Diese Eigentümer hätten sämtliche Kosten der Druckentwässerungsstationen zu tragen gehabt, wodurch die übrigen, konventionell angeschlossenen Grundstückseigentümer im Rahmen des Erschließungsbeitrags begünstigt worden seien. Diesen Erschließungsbeitrag hätten die Grundstückseigentümer mit Druckentwässerungsstationen zusätzlich in voller Höhe zahlen müssen. Insofern sei eine entsprechende Solidarumlage nicht zum Tragen gekommen. Die betroffenen Grundstückseigentümer seien durch den Zweckverband dahin vertröstet worden, dass sie zwar auch die Einbau- und die Stromkosten alleine zu tragen hätten, dass weitere Kosten allerdings unter keinen Umständen entstünden. Insbesondere die Wartung und damit entsprechende Kosten würden durch den Verbandsvorsteher allein getragen, wie am 4. Januar 2005 vereinbart. Im Hinblick darauf hätten sich die betroffenen Eigentümer schließlich auf diese Art der Planung eingelassen und teils horrende Zusatzkosten im Vergleich zu den Inhabern konventioneller Grundstücksanschlüsse getragen. Die nunmehrige Inanspruchnahme entgegen den damaligen Beteuerungen des Zweckverbandes im Rahmen der Kostenbescheidung von Wartungskosten könne nicht mit der Änderung des Begriffs des Hausanschlusses in der Satzung begründet werden.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid des Zweckverbandes J... vom 12. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, der angefochtene Bescheid beruhe auf § 10 KAG sowie §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 der Schmutzwasserkostenersatzsatzung (SWKS) des Zweckverbandes in der seit dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung. Danach erhebe der Zweckverband Kostenersatz unter anderem für die Unterhaltung von Grundstücksanschlüssen, zu der auch die Wartungsarbeiten an der auf dem Grundstück der Kläger befindlichen Druckentwässerungsstation zählten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SWKS sei die Druckentwässerungsstation Bestandteil des Grundstücksanschlusses. Die Vereinbarung vom 4. Januar 2005 stehe der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenersatzbescheides nicht entgegen. Sie sei zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als eine Satzungsregelung, nach der der Zweckverband Kostenersatz für die Unterhaltung von Druckentwässerungsstationen hätte erheben dürfen, nicht bestanden habe. § 5 Abs. 4 Buchst. d EntwS 1994 habe eine Druckentwässerungsstation nicht als Bestandteil des Grundstücksanschlusses (seinerzeit als „Anschlusskanal“ bezeichnet) definiert. Dies habe sich erst mit der 3. Änderungssatzung vom 4. Dezember 2014 zur Entwässerungssatzung 2007 geändert. Aufgabenträger seien berechtigt, die Rechtsverhältnisse bei den Anschlussleitungen nachträglich zu ändern, insbesondere den Umfang der öffentlichen Einrichtung neu abzugrenzen und Anschlussleitungen aus dem Bereich der öffentlichen Einrichtung auszunehmen mit der Folge, dass etwa künftig für Unterhaltungsmaßnahmen entstehende Kosten den Grundstückseigentümern auferlegt werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten und die von ihr vorgelegte Betriebsanweisung für die auf dem Grundstück der Kläger installierte Pumpe haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kostenersatzbescheid des Amtsvorgängers der Beklagten vom 12. April 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger dadurch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Beklagte ist gehindert, die Kläger zum Kostenersatz für die im September 2016 an der Druckentwässerungsstation durchgeführten Wartungsarbeiten heranzuziehen. Zwar erweist sich die Kostenersatzforderung als rechtmäßig (vgl. dazu das Urteil der Kammer vom heutigen Tage im Parallelverfahren VG 8 K 2007/18), doch ist die Beklagte aufgrund der Vereinbarung vom 4. Januar 2005 nicht berechtigt, diese Forderung gegenüber den Klägern geltend zu machen.

Bei der Vereinbarung vom 4. Januar 2005 handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, den der Zweckverband und die Kläger (durch die seinerzeit handelnde Klägerin) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts geschlossen haben. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob es sich dem Schwerpunkt nach um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auf dem Gebiet des Kommunalabgabenrechts oder auf dem Gebiet des kommunalen Anschluss- und Benutzungsrechts handelt. Zwar fänden im ersteren Fall die §§ 54 ff. VwVfG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG Bbg keine Anwendung, weil das brandenburgische Verwaltungsverfahrensgesetz nach seinem § 2 Abs. 2 Nr. 1 nicht für Verfahren gilt, in denen Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind, was es nach § 12 KAG in kommunalabgabenrechtlichen Verfahren der Fall ist (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. November 2019 - OVG 9 B 40.18 -, juris, Rz. 15). Dies würde jedoch nicht zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit der im Januar 2005 getroffenen Vereinbarung führen. Im Allgemeinen ist der Abschluss von öffentlich-rechtlichen Verträgen im Abgabenrecht nicht unzulässig (VG Cottbus, Urteil vom 5. Dezember 2019 - VG 6 K 2418/16 -, juris, Rz. 28); anderes gilt allerdings im Hinblick auf die Grundsätze der Abgabengerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung (Art. 3, 20 Abs. 3 GG), wenn der Vertrag einen Abgabenverzicht zum Gegenstand hat (vgl. Kluge in Becker u.a., KAG Brandenburg, Stand Juli 2020, Rzn. 33a f., 283 f. zu § 6). Ein Abgabenverzicht war mit der Vereinbarung vom 4. Januar 2005 jedenfalls anfänglich nicht verbunden, da im Zeitpunkt ihres Abschlusses eine Druckentwässerungsstation nach der Definition in § 3 Abs. 4 Buchst. d EntwS 2004 nicht Teil der Grundstücksanschlusses war, so dass die in § 10 Abs. 1 KAG genannten Maßnahmen nicht zur Kostenersatzpflicht des Grundstückseigentümers führen konnten. Die Übernahme der Kosten für Wartungen, die den Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne von § 10 Abs. 1 KAG zuzuordnen sind (vgl. Unkel in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2019, Rz. 23 zu § 10; Queitsch, KStZ 2019, S. 201, 205), stellte mithin seinerzeit keinen Abgabenverzicht des Zweckverbandes dar.

An die nach allem wirksame Vereinbarung, die Kosten für die Wartung der Druckentwässerungsstation zu tragen, ist die Beklagte gebunden. Eine Befristung weist die Vereinbarung nicht auf und in ihr ist dem Zweckverband auch ein Kündigungsrecht nicht eingeräumt.

Auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage kann sich die Beklagte nicht berufen. Insoweit dürfte auf das Inkrafttreten der 3. Änderungssatzung vom 4. Dezember 2014 zur Entwässerungssatzung abzustellen sein, die zur Folge hatte, dass eine Druckentwässerungsstation dem Grundstücksanschluss zugeordnet wurde. Dass, wie der Bevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, bereits § 3 Abs. 2 SWKS eine Druckentwässerungsstation zum Grundstücksanschluss zählte, ist unerheblich. Dies hätte allenfalls zu einem früheren Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung vom 4. Januar 2005, nämlich mit dem rückwirkenden Inkrafttreten der Schmutzwasserkostenersatzsatzung vom 7. Oktober 2008 am 1. Januar 2006 (§ 9 SWKS) führen können. Davon ging der Amtsvorgänger der Beklagten aber offenbar selbst nicht aus; jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass er die Kläger schon zu den Kosten für die der Wartung vom September 2016 vorangegangene Wartung im Jahre 2012 herangezogen hätte.

Die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrags und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen sind in § 60 Abs. 1 VwVfG geregelt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 2 B 73.10 -, juris, Rz. 7). Die Vorschrift findet als Ausdruck allgemeiner Rechtsgrundsätze entsprechende Anwendung auch auf öffentlich-rechtliche Verträge, die außerhalb des Geltungsbereichs des Verwaltungsverfahrensgesetzes geschlossen sind (vgl. Bonk/ Neumann/Siegel in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, Rz. 6 zu § 60; Feh-ling in HK-VerwR, 4. Aufl. 2016, Rz. 4 zu § 60 VwVfG), etwa auf dem Gebiet des Kommunalabgabenrechts. Nach § 60 Abs. 1 VwVfG wäre die Beklagte zur Kündigung der Vereinbarung vom 4. Januar 2005 oder zu einer Forderung nach deren Anpassung auch dann nicht berechtigt, wenn die Änderung der Begriffsbestimmung in der Entwässerungssatzung des Zweckverbandes eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, wie sie bei Abschluss der Vereinbarung geherrscht haben, darstellen würde. Das Kündigungs- und Anpassungsrecht des § 60 VwVfG setzt voraus, dass die Änderung der bei Vertragsschluss obwaltenden Umstände nicht in die Risikosphäre des nun Nachteile erleidenden Vertragspartners fällt (VGH Mannheim, Urteil vom 9. März 1999 - 8 S 2877/98 -, juris, Rz. 40; Bonk/Neumann/Siegel, a.a.O., Rz. 26; Fehling, a.a.O., Rz. 15; Spieth in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1. Juli 2020, Rz. 12 zu § 60). Das ist hier gerade nicht der Fall. Die Änderung der bei Abschluss der Vereinbarung bestehenden Verhältnisse beruht auf der Änderung der Begriffsbestimmungen in der Entwässerungssatzung des Zweckverbandes und fällt damit in die Risikosphäre der Beklagten. Diese ist Vorsteherin des Zweckverbandes und steht ihm in einer Weise nahe, dass sie sich dessen Satzungsänderungen als in ihrer Risikosphäre liegend zurechnen lassen muss.

Daraus ergibt sich zugleich, dass die Beklagte sich nicht darauf berufen kann, dass infolge der geänderten Begriffsbestimmungen in der Entwässerungssatzung die Vereinbarung vom 4. Januar 2005 nunmehr den Charakter eines unzulässigen Abgabenverzichts erhalten hat und deswegen unwirksam geworden wäre. Dies ist ihr nach Treu und Glauben gemäß der auch im öffentlichen Recht geltenden Vorschrift des § 242 BGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 -, juris, Rz.19; Looschelders/Olzen in Staudinger, BGB [2019], Stand 10. September 2019, Rz. 1141 zu § 242) verwehrt, weil die zum Abgabenverzicht führenden Umstände in ihrer Sphäre entstanden sind. Der Beklagten wird damit auch nicht zugemutet, auf unabsehbare Zeit mit den Grundsätzen der Abgabengerechtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Abgabenerhebung in Konflikt zu geraten. Vielmehr bietet ihr § 163 Satz 1 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b, Abs. 2 KAG die gesetzliche Grundlage dafür, der sachlichen Unbilligkeit, die in der Geltendmachung der Wartungskosten gegenüber den Klägern angesichts der Vereinbarung vom 4. Januar 2005 liegt, Rechnung zu tragen, indem sie den Klägern diese Ersatzforderung bereits im Festsetzungsverfahren erlässt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Ein Grund für die Zulassung der Berufung (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegt nicht vor.

Beschluss
Der Streitwert wird auf 133 Euro festgesetzt.

Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GKG.