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Gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2008


Metadaten

Gericht FG Berlin-Brandenburg 6. Senat Entscheidungsdatum 07.01.2014
Aktenzeichen 6 K 6209/11 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 vom 15. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 wird aufgehoben. Der Beklagte hat die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zur Qualifikation des Gewinnanteils in Höhe von 2.163.805 € neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 50 % und dem Beklagten zu 50 % auferlegt.

Beschluss

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im außergerichtlichen Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG. Komplementärin und Geschäftsführerin ist die Grundstücksgesellschaft B… GmbH; Kommanditisten sind insgesamt 31 Anleger mit unterschiedlich hohen Beteiligungen. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz -EStG-.

Die Klägerin ist seit 1977 Eigentümerin des mit 41 Wohneinheiten bebauten Grundstückes C…-Straße in D…. Diese Wohnungen unterlagen der Wohnraumbindung. Die Errichtung des Gebäudes wurde durch ein Aufwendungsdarlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau i. H. v. 7.679.356,00 DM gefördert.

Die Klägerin erhielt bis einschließlich 2007 sog. Aufwendungszuschüsse durch die Wohnungsbaukreditanstalt (WBK), die im Kalenderjahr 2006 154.118,94 € und im Kalenderjahr 2007 149.519,63 € betrugen. Ab dem Kalenderjahr 2008, dem Streitjahr, wurde ein solcher Zuschuss nicht mehr gewährt. Die Jahresüberschüsse der Gesellschaft betrugen im Kalenderjahr 2006 149.764,97 € und im Kalenderjahr 2007 155.838,86 € und entsprachen damit in etwa der Höhe des jeweiligen WBK-Zuschusses.

Die Klägerin hatte zum 31. Dezember 2007 Verbindlichkeiten i. H. v. 4.888.219,31 € passiviert, darunter das Darlehen der Investitionsbank D…, Rechtsnachfolgerin der WBK, das noch mit 3.920.128,00 € valutierte.

Am 5. Juni 2008 vereinbarten die Investitionsbank D… und die Klägerin in einem Änderungsvertrag zum Aufwendungsdarlehen eine Rückzahlungsvereinbarung, wonach bezogen auf das Restkapital zum 31. Mai 2008 in Höhe von 3.920.127,70 € bis zum 31. Mai 2008 eine erste Rate in Höhe von 1.737.859,51 € und am 01. November 2009 eine zweite Rate in Höhe von 17.563,17 € an die Investitionsbank D… zu leisten war. Die Summe der beiden Raten entsprach dem von der Investitionsbank D… ermittelten Barwert der Darlehensforderung. Nach Zahlung der beiden Raten buchte die Klägerin die Restverbindlichkeit gegenüber der Investitionsbank D… in Höhe von 2.163.805 € ertragswirksam aus.

Die Rückzahlung wurde ausweislich der Bilanz auf den 31. Dezember 2008 nicht durch ein weiteres langfristiges Darlehen refinanziert. Die Verbindlichkeit der Investitionsbank D… (erste Rate) wurde über ein Kontokorrentkonto der E… Bank (Buchungskonto #1240) zwischenfinanziert. Ferner gewährte der Gesellschafter F… ein Gesellschafterdarlehen, welches zum 31. Dezember 2008 noch mit 123.183,97 € valutierte. In den Jahren 2009 bis 2012 veräußerte die Klägerin 14 ihrer insgesamt 41 Wohnungen für insgesamt 2.146.336 € und führte mit den Verkaufserlösen die Zwischenfinanzierung zurück.

In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008 beantragte die Klägerin, den durch diesen „Darlehensverzicht“ entstandenen Gewinn in Höhe von 2.163.805 € als Sanierungsgewinn im Sinne des Erlasses des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 27. März 2003 (IV A 6-S-2140-803, BStBl I 2003, 240; im weiteren „Sanierungserlass“) zu behandeln.

Der Beklagte erließ am 15. Februar 2010 den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008, in dem er den erklärten Sanierungsgewinn wie folgt auswies:

„In den Einkünften enthaltener Sanierungsgewinn i.S. der Rn. 3 bis 5 des BMF-Schreibens IV A 6 – S 2140 – 8/03 vom 27.03.2003 (nachrichtlich) … 0,00“.

In der Begründung zum Bescheide wurde ausgeführt:

„Ein Gewinnbestandteil, der als Sanierungsgewinn i.S.d. BMF-Schreibens […] zu qualifizieren ist, liegt nicht vor. […] ist der durch die Erfüllung der Vereinbarung mit der Investitionsbank D… entstandene Buchgewinn kein Gewinn i.S.d. Definition. Ein Schuldenerlass liegt nicht vor. Es handelt sich vielmehr um einen zinsähnlichen a.o.Ertrag infolge der vorzeitigen Rückzahlung einer Schuld zum aktuellen Wert […].“

Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen Erfolg. Der Beklagte begründete seine Entscheidung damit, dass ein Sanierungsgewinn deshalb nicht vorliege, weil es an einem Gläubigerverzicht fehle. Es handele sich vielmehr um einen zinsähnlichen Ertrag in Folge der vorzeitigen Rückzahlung einer Schuld und damit um einen Abzinsungsgewinn.

Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben; ebenso alle ihre Gesellschafter. Die Klagen der Kommanditisten sind mit Schriftsatz vom 03. Juli 2012 zurückgenommen worden.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, die Vereinbarung mit der Investitionsbank D… stelle einen Darlehensverzicht dar, der als Sanierungsgewinn steuerrechtlich anzuerkennen sei. Auf die Bezeichnung dieser Maßnahme als Darlehensverzicht oder Abzinsung auf den Barwert komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr, dass sie, die Klägerin, durch diese Maßnahme saniert worden sei. Die Investitionsbank D… habe neben dem Betrag von 2.163.805 € auf 7,5 % Zinsen und Bearbeitungsgebühren für ca. 20 Jahre verzichtet, die bereits im ersten Jahr 294.010 € betragen hätten.

Hilfsweise macht sie geltend, dass die im Feststellungsbescheid enthaltene Aussage, der Sanierungsgewinn betrage 0,00 €, nichtig sei. Der Beklagte habe mit dieser Mitteilung und den Ausführungen im Erläuterungsteil des Bescheids über das Vorliegen eines Sanierungsgewinns entschieden. Insbesondere habe er sich entsprechend den Anweisungen im sog. Sanierungserlass verhalten. Es sei zu befürchten, dass kein Wohnsitzfinanzamt von dieser Mitteilung abweichen werde. Nach § 157 Abs. 2 AO bilde zwar die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheides; dies gelte aber nur, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden. In § 157 Abs. 1 AO werde die Frage der selbständigen Anfechtung verneint, in § 179 Abs. 1 AO aber wieder als Ausnahme bejaht. Beide Vorschriften bezögen sich daher als Regel und Ausnahme aufeinander. Daraus folge die Zulässigkeit des Hilfsantrags.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 vom 15. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 dahingehend zu ändern, dass ein Sanierungsgewinn in Höhe von 2.163.805 € festgestellt wird, und den Beklagten zu verpflichten, diesen den Wohnsitzfinanzämtern der Kommanditisten nachrichtlich mitzuteilen;

hilfsweise, die in dem Feststellungsbescheid vom 15. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Juni 2011 getroffene Aussage, dass der Sanierungsgewinn der Klägerin 0,00 € betrage, für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine früheren Ausführungen und vertieft diese. Er hält den Hilfsantrag für unzulässig. Die im Feststellungsbescheid für 2008 erfolgte Ermittlung und nachrichtliche Mitteilung des Sanierungsgewinns durch das Betriebsfinanzamt sei keine selbständig anfechtbare Besteuerungsgrundlage. Eine gesonderte Feststellung des Sanierungsgewinns sei nicht ergangen. Demzufolge könne die getroffene Aussage über einen Sanierungsgewinn auch nicht für nichtig erklärt werden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Entscheidungsgründe

Die Klage - über die das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) entscheiden konnte - ist zulässig, aber nur zum aus dem Tenor ersichtlichen Teil begründet. Da die Sache nicht spruchreif ist, wird der Beklagte zur Neubescheidung verpflichtet (§ 101 Satz 2 FGO), weshalb die Klage im Übrigen abzuweisen war.

Die Klägerin kann ihre Klage in der Hauptsache als Verpflichtungsklage (dazu unten I.) zulässig (dazu unten II.) verfolgen. Die Klage ist jedoch nur zum Teil begründet (dazu unten III.).

I. Das Gericht legt die Klage als Verpflichtungsklage aus. Die Klägerin wendet sich in der Hauptsache gegen die Entscheidung des Beklagten einen Sanierungsgewinn „nachrichtlich“ mit 0,00 € „festzustellen“ und begehrt die tatsächliche Feststellung eines solchen Sanierungsgewinns. Während sich die Anfechtungsklage gegen etwas Vorhandenes, einen schon erlassenen Verwaltungsakt, richtet, wendet sich die Verpflichtungsklage gerade dagegen, dass ein Verwaltungsakt (noch) nicht ergangen ist (von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. 2010, § 40 FGO Rn. 18). Die Klägerin kann ihr Begehr in der Hauptsache nur mittels einer Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, 2. Alt. FGO) erreichen. Die grundsätzlich zulässige Anfechtung der „nachrichtlichen Feststellung“ ist hierzu nicht geeignet.

II. Für die von der Klägerin begehrte Verpflichtung zur Feststellung eines Sanierungsgewinns in Höhe von € 2.163.805 im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2008, fehlt ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin ist klagebefugt.

Durch die Verpflichtungsklage kann die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Die Klage ist jedoch nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den Nichterlass eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO). Was unter „Geltendmachung“ einer Rechtsverletzung zu verstehen ist, ist zwar umstritten, die Klägerin erfüllt jedoch auch die höheren Anforderungen der sog. Schlüssigkeitstheorie. Diese verlangt eine substantiierte und schlüssige Behauptung, dass der Kläger durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt wird. Der Kläger muss also Tatsachen vortragen, aus denen sich – ihre Richtigkeit unterstellt – ergibt, dass er in seinen Rechten verletzt ist (vgl. von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. 2010, § 40 FGO Rn. 62 ff.). Ob er tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist, stellt sich erst als Frage der Begründetheit der Klage dar (§ 100 Abs. 1 Satz 1, § 101 Satz 1 FGO).

Im Streitfall hat die Klägerin eine Rechtsbeeinträchtigung substantiiert und in sich schlüssig geltend gemacht. Insbesondere hat sie schlüssig dargelegt, dass ein Anspruch auf die begehrte Feststellung bestehen kann. Den Vortrag der Klägerin als richtig unterstellt, ergibt sich durch die Ablehnung durch den Beklagten eine Rechtsverletzung.

Dass die Klägerin keine Verletzung eigener Rechte geltend macht, kann hier dahinstehen, da insoweit § 48 Abs. 1 Nr. 1, 1. Var. FGO - abweichend zu § 40 Abs. 2 FGO – die Klageerhebung durch Nichtbetroffene in gesetzlicher Prozessstandschaft regelt. Hiernach können die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Klage erheben.

III. Die Klage ist im Hauptantrag nur zum Teil begründet (dazu unten 1.). Über den Hilfsantrag musste das Gericht nicht entscheiden (dazu unten 2.).

1. Die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts ist rechtswidrig, und die Klägerin ist dadurch in ihren Rechten verletzt, wenn sie einen Anspruch auf die begehrte Feststellung durch den Beklagten hat.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte verpflichtet wird, den Gewinnanteil in Höhe von 2.163.805 € als Sanierungsgewinn in einem geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 festzustellen. Sie hat jedoch einen Anspruch auf Neubescheidung in der Sache.

Der Senat lässt offen, ob die Entscheidung über die Qualifikation des Gewinnanteils als Sanierungsgewinn eine im Bescheid nach § 180 Abs.1 Nr. 2 Buchst. a AO aufzunehmende Feststellung ist (dazu unten a). Ebenfalls kann unentschieden bleiben, ob der Sanierungserlass gegen den Vorrang des Gesetzes verstößt (dazu unten b), da die Klägerin aus anderen Gründen keinen Anspruch auf die Feststellung eines begünstigten Sanierungsgewinns hat, da die Sache nicht spruchreif ist (dazu unten c).

a) Im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften sind nach § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen festzustellen, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind.

Im Rahmen dieser Feststellung wurde bis zum Veranlagungszeitraum 1997 auch darüber entschieden, ob bestimmte Einkünfte infolge der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz -EStG- a.F. nicht der Einkommensteuer unterliegen (vgl. BFH, Urteil vom 3. Juli 1997, IV R 31/96, BStBl II 1997, 690). § 3 Nr. 66 EStG a.F. wurde durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) aufgehoben. Nach der Streichung von § 3 Nr. 66 EStG a.F. kann persönlichen oder sachlichen Härtefällen in Einzelfällen allenfalls im Stundungs- und Erlasswege begegnet werden. Das Bundesministerium der Finanzen hat hierzu im Sanierungserlass (a.a.O.) die weiteren Einzelheiten geregelt.

Da die Klägerin aus anderen Gründen zurzeit keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung hat (dazu unten c) kann offen bleiben, ob eine Feststellung eines Sanierungsgewinns im Sinne des Sanierungserlasses in einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich erfolgen kann.

Dafür spricht grundsätzlich, dass es zweckmäßig ist, wenn das Betriebsfinanzamt im Feststellungsverfahren die abschließenden Prüfung der Rn. 3 bis 6 des Sanierungserlasses vornimmt, da dieses mit den Verhältnissen des Betriebs besser vertraut ist als die Wohnsitzfinanzämter der Gesellschafter der Klägerin. Auch aus Sicht des rechtsschutzsuchenden Steuerpflichtigen ist vorteilhaft, wenn eine solche Feststellung in einem Feststellungsbescheid getroffen wird, da dann auch der Personengesellschaft als Unternehmensträger die Möglichkeit der Anfechtung einer solchen Entscheidung offensteht. Dies ist gegenüber der Zulassung von Einzelanfechtungen durch die Gesellschafter auch verwaltungsökonomischer.

Im Übrigen sind die nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO in einen Bescheid aufzunehmenden Feststellungen nicht auf die Art und Höhe der Einkünfte beschränkt. Vielmehr müssen darüber hinaus in einer für die Veranlagung zur Einkommensteuer bindenden Weise auch noch andere Entscheidungen getroffen werden (st. Rspr., vgl. BFH, Urteile vom 11. Juli 1985, IV R 61/83, BStBl II 1985, 577; vom 04. September 1996, XI R 50/96, BStBl 1997, 243, m.w.N.). Dies trifft nach der Rechtsprechung insbesondere auf die Qualifikation der Einkünfte als Entschädigungen i.S. des § 24 Nr.1 EStG, Veräußerungsgewinne i.S. des § 16 EStG oder außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 EStG zu. Der Grund für die Einbeziehung solcher Feststellungen in das Feststellungsverfahren nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO liegt darin begründet, dass diese Sachverhaltswürdigungen und Qualifikationen am Besten durch das mit den Verhältnissen des Betriebs vertraute Betriebsfinanzamt entschieden werden sollen. Ferner ist es zweckmäßig, diese Entscheidung mit den übrigen vom Gesetz geforderten Feststellungen zu verbinden (vgl. BFH, Urteil vom 09. November 1978, IV R 185/74, BStBl II 1979, 330).

Diesen Gedanken greift auch der Sanierungserlass des BMF in Rn. 6 auf. Hiernach „erfolgt die Ermittlung des Sanierungsgewinns i. S. der Rn. 3 bis 5 [des Sanierungserlasses] durch das Betriebsfinanzamt“ wenn der Gewinn des betroffenen Unternehmens gesondert festgestellt wird.

Auf der anderen Seite bestehen aber auch gute Gründe gegen eine solche Feststellung auf Ebene der Gesellschaft, da es sich bei der Entscheidung insgesamt um eine Ermessensentscheidung handelt, welche durch die Feststellung auf Ebene der Gesellschaft zwingend aufgeteilt wird.

b) Der Senat kann deshalb auch offen lassen, ob der Sanierungserlass in Verbindung mit §§ 222 und 227 AO eine dem Vorbehalt des Gesetzes genügende Rechtsgrundlage für eine solche - positive oder negative - Feststellung durch Verwaltungsakt darstellt. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt.

Nach einer Ansicht ist wegen des ausdrücklichen Willens des Gesetzgebers, wie er sich in der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gezeigt hat, nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung jede abweichende - auch den Steuerpflichtigen begünstigende - Handhabung ausgeschlossen. Dies umfasst auch eine Handhabung mittels ermessensreduzierter Billigkeitsentscheidung. Eine solche Verwaltungspraxis kann nach dieser Ansicht auch nicht mit einem Zielkonflikt mit dem „neueren“ Insolvenzrecht gerechtfertigt werden; vielmehr ist der Konflikt zwischen Wertungen des Insolvenzrechts und dem materiellen Steuerrecht so zu lösen, dass vorrangig die des Insolvenzrechts gelten (vgl. Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24. April 2013, 1 K 759/12, juris, Revision anhängig beim BFH, Az: X R 23/13; ebenso Finanzgericht München, Urteil vom 12. Dezember 2007, 1 K 4487/06, EFG 2008, 615; im Ergebnis durch den BFH als „nicht von vornherein abzulehnen“ offen gelassen durch Beschluss vom 28. Februar 2012, VIII R 2/08, DStR 2012, 989).

Nach der anderen Ansicht hat der Gesetzgeber mit der Aufhebung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. gerade nicht zum Ausdruck gebracht, dass es für Sanierungsgewinne keine Erlassmöglichkeit mehr geben kann. Vielmehr zeigt nach dieser Ansicht die Gesetzesbegründung, dass die Steuerbefreiung einen Ausgleich für nicht abziehbare Verluste habe bewirken sollen und dieser Ausgleich seit Einführung eines unbegrenzten Verlustvortrags nicht mehr gerechtfertigt ist (vgl. BFH, Urteil vom 14. Juli 2010, X R 34/08, BStBl II 2010, 916; dem folgt das Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 16. März 2011, 7 K 3831/10 AO, EFG 2011, 1685; der BFH hat in dem dagegen geführten Revisionsverfahren die Frage offen gelassen, ob der Sanierungserlass den Erfordernissen des allgemeinen Gesetzesvorbehalts genügt, vgl. BFH, Urteil vom 25. April 2012, I R 24/11, BFH/NV 2012, 1516).

Die Frage, ob der Sanierungserlass eine dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers entgegenstehende Regelung ist und somit als „Rechtsgrundlage“ des Begehrs der Klägerin von vornherein nicht in Betracht kommt, kann nach Auffassung des Gerichts hier dahinstehen, da die Klägerin im Streitfall nicht die Stundung (§ 222 AO) oder den Erlass (§ 227 AO) von Steuern für ihre Gesellschafter begehrt, sondern nur - gewissermaßen als Vorstufe einer abgestuften Billigkeitsmaßnahme - die Feststellung des Gewinnanteils als begünstigten Sanierungsgewinn im Sinne der Rn. 3 bis 6 des Sanierungserlasses.

c) Die Klägerin kann jedoch - zum Zeitpunkt der Entscheidung - aus dem Sanierungserlass keinen Anspruch auf Feststellung als begünstigten Sanierungsgewinn herleiten.

Das Gericht kann die Entscheidung des Beklagten nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüfen, da es sich um eine Ermessensentscheidung handelt (dazu unten [1]). Die Entscheidung des Beklagten, der Gewinnanteil aus der Ausbuchung der Restdarlehensverbindlichkeit gegenüber der Investitionsbank D… stelle keine Erhöhung des Betriebsvermögens wegen eines Erlasses dar, ist ermessensfehlerhaft (dazu unten [2]). Der Beklagte muss für eine Neubescheidung noch weitere Tatsachen ermitteln. Bei der Überprüfung der Sanierungsabsicht der Investitionsbank D… kann der Beklagte allerdings die bisherigen wirtschaftlichen Erwägungen zur „Erlassqualität“ einfließen lassen (dazu unten [3]).

[1] Die Klägerin hat in der Sache keinen Anspruch auf Feststellung durch den Beklagten, dass es sich bei dem streitigen Betrag um einen begünstigten Sanierungsgewinn handelt.

Beim Sanierungserlass handelt es sich um eine Verwaltungsanweisung, welche eine einheitliche Ausübung des Verwaltungsermessens in Bezug auf § 227 AO gewährleisten soll. Nach § 227 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine Unbilligkeit kann entweder in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (BFH, Urteil vom 2. März 1961, IV 126/60 U, BStBl III 1961, 288). Dies ist auf der Ebene der Einkommensbesteuerung der Gesellschafter zu prüfen. Im Feststellungsverfahren kann nicht geklärt werden, ob bei den Gesellschaftern ein steuerpflichtiger Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht, ob dieser durch Verlustvorträge ausgeglichen wird und ob die Voraussetzungen eines Billigkeitserlasses vorliegen. Der Sanierungserlass geht jedoch davon aus, dass im Fall der gesonderten (und einheitlichen) Feststellung des Gewinns die Ermittlung des Sanierungsgewinns durch das Betriebsfinanzamt zu erfolgen hat. Auch wenn die Tatbestandsvoraussetzungen und die Rechtsfolgen des Sanierungserlasses wenig bzw. keinerlei Spielraum für die Finanzverwaltung im Einzelfall belassen (vgl. nur den Hinweis in Rn. 12 des Erlasses auf eine Ermessensreduzierung „auf Null“), handelt es sich um eine Ermessensentscheidung im Einzelfall. Auch die Würdigung, ob ein Gewinnanteil einen Sanierungsgewinn darstellt, ist ein Teil dieses Billigkeitsverfahrens.

Solche Entscheidungen der Finanzbehörden können von den Gerichten nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden. Das Gericht prüft nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung können unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung auch Verwaltungsvorschriften relevant werden. Verwaltungsanweisungen, in denen tatbestandliche Voraussetzungen für eine einheitliche Ausübung des Verwaltungsermessens enthalten sind, stellen eine sachgerechte Maßnahme dar (BFH, Urteil vom 16. Juni 1994, IV R 48/93, BStBl II 1996, 82). Für die Auslegung einer Verwaltungsvorschrift ist nicht maßgeblich, wie das Gericht eine solche Verwaltungsanweisung versteht, sondern wie die Verwaltung sie verstanden hat und verstanden wissen wollte. Das Gericht darf daher Verwaltungsanweisungen nicht selbst auslegen, sondern nur darauf überprüfen, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist (BFH, Urteil vom 13. Januar 2005, V R 35/03, BStBl II 2005, 460).

Die frühere Rechtsprechung kann für die Überprüfung, ob die Auslegung durch die Behörde möglich ist, insoweit von Bedeutung sein, als der Sanierungserlass ausdrücklich BFH-Entscheidungen zu den Vorgängernormen (§ 3 Nr. 66 EStG a.F. sowie § 11 Nr. 4 KStG 1934) in Bezug nimmt (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 08. Juni 2011, X B 209/10, BFH/NV 2011, 1828). Für die im Streitfall zu beurteilende Frage fehlt in dem genannten BMF-Schreiben indes eine ausdrückliche Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung. Nach Ansicht des Gerichts stellt jedoch auch nicht ausdrücklich in Bezug genommene Rechtsprechung eine geeignete Quelle dar, um zu bewerten, ob eine vertretbare Auslegung der Verwaltungsanweisung vorliegt.

Nach Rn. 3 und 4 des Sanierungserlasses ist als Sanierungsgewinn die Erhöhung des Betriebsvermögens zu qualifizieren, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Weitere Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns sind die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger.

[2] Der Beklagte wertet die Vereinbarung mit der Investitionsbank D… nicht als Erlass einer Schuld, sondern als einen zinsähnlichen außerordentlichen Ertrag infolge der vorzeitigen Rückzahlung einer Schuld zum aktuellen Wert. Ein Sanierungsgewinn sei deshalb nicht gegeben. Ob der Sanierungsgewinn dann auch begünstigter Sanierungsgewinn ist, prüft der Beklagte nicht mehr. Der Beklagte geht in den angefochtenen Verwaltungsakten augenscheinlich davon aus, dass die Barwertermittlung der zukünftigen Zahlungsströme (Tilgungsleistungen der Klägerin nach bisheriger vertraglicher Vereinbarung) dazu geführt habe, dass die Investitionsbank D… im Ergebnis auf nichts verzichtet habe. Verzichtet habe die Investitionsbank D… - wirtschaftlich betrachtet - nur auf eine Anlage ihrer Mittel bei der Klägerin zu einem vereinbarten Zinssatz. Auch sei der Klägerin wirtschaftlich nichts erlassen worden, da sich nur die Tilgungsmodalität von einer gestreckten Ratentilgung auf eine Einmalzahlung verringert habe. Hätte die Klägerin nicht einzelne Wohneinheiten veräußert, um Liquidität zu beschaffen, hätte sie den zu zahlenden Barwert refinanzieren müssen.

Diese Auslegung der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Investitionsbank D… ist nach Auffassung des Gerichts nicht vertretbar. Das Gericht sieht es als ermessensfehlerhaft an, den Sanierungserlass dahingehend auszulegen, dass die wirtschaftliche Erwägungen der Vertragsparteien bereits zur Verneinung der Tatbestände „Erlass“ und „Betriebsvermögensmehrung“ führen können.

Die Unzulässigkeit der Erwägungen ergibt sich zum einen aus dem im Einkommensteuerrecht geltenden Nominalwertprinzip. Bei der Ermittlung der Einkünfte wird die Geldwertentwicklung nicht berücksichtigt (Grundsatz Euro = Euro). Die Rechtsprechung hat stets am Nominalwertprinzip festgehalten (vgl. nur BFH, Beschluss vom 12. November 2007, IV B 36/07, BFH/NV 2008, 766, m.w.N.). Es ist anerkannt, dass das Nominalwertprinzip nicht nur zur Besteuerung von Scheingewinnen führen kann, sondern auch zur Steuerentlastung bei langfristigen Verbindlichkeiten und Rückstellungen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für bestimmte Verbindlichkeiten - insb. unverzinsliche - eine Abzinsung eingeführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Die Betrachtungsweise des Beklagten würde jedoch dazu führen, dass der Gewinn aus dem Wegfall der Darlehensverbindlichkeit zwar der Besteuerung unterliegt, aber bei der Auslegung des Sanierungserlasses so behandelt würde, als ob die Verbindlichkeit generell und über den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG hinaus abzuzinsen ist. Denn im Ergebnis wird die Klägerin durch diese Betrachtungsweise so gestellt, als hätte eine Verpflichtung zur Abzinsung der Verbindlichkeit bestanden. Dies ist jedoch ausdrücklich nicht der Fall (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG).

Die Fehlerhaftigkeit der Auslegung ergibt sich im Weiteren auch aus der Vorgeprägtheit der Begriffe „Erlass“ und „Erhöhung des Betriebsvermögens“. Aus dem Sanierungserlass wird deutlich, dass der Begriff des Erlasses vorrangig zivilrechtlich zu verstehen ist (vgl. Rn. 3 Satz 2 mit Verweisen auf § 397 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-). Die Aufzählung ist zwar nicht abschließend („insbesondere“); jedoch ist der Satz dahingehend zu verstehen, dass zumindest zivilrechtliche Erlasse auch als Erlass im Sinne des Sanierungserlasses gelten. Im Streitfall hat die Klägerin mit der Investitionsbank D… offensichtlich einen solchen Erlassvertrag nach § 397 Abs. 1 BGB geschlossen. Die Auslegung durch den Beklagten, wonach im Streitfall kein Erlass im Sinne des Sanierungserlasses vorliegt, ist deshalb nicht möglich. Ferner liegt auch eine Erhöhung des Betriebsvermögens vor. Der Begriff des Betriebsvermögens wird im Gesetz nicht definiert. Er muss daher im Wege der Auslegung - orientiert am Sinn und Zweck der steuerlichen Gewinnermittlung - inhaltlich bestimmt werden (vgl. Wied in Blümich, Einkommensteuergesetz, § 4 EStG Rn. 257). Das Betriebsvermögen setzt sich im Wesentlichen aus einzelnen positiven und negativen Wirtschaftsgütern zusammen. Bei der Darlehensschuld gegenüber der Investitionsbank D… handelte es sich um ein negatives Wirtschaftsgut (Verbindlichkeit). Durch den Erlassvertrag ist ein Teilbetrag dieser Verbindlichkeit entfallen, weshalb sich der Bestand des Betriebsvermögens erhöht hat. Somit stellt sich die Auslegung des Beklagten, wonach bei der Vereinbarung kein Schulderlass vorgelegen habe und der Ertrag nicht als Sanierungsgewinn, sondern als zinsähnlicher außerordentlicher Ertrag infolge der vorzeitigen Rückzahlung einer Schuld zu bewerten sei, als nicht möglich dar. Die Auslegung des Sanierungserlasses in diesem Punkt durch den Beklagten ist ermessensfehlerhaft.

Die Rechtsprechung hat sich ferner noch nicht mit der hier vorliegenden Konstellation befasst. Entschieden wurden vielmehr Konstellationen, in denen ein Gläubiger auf zukünftig entstehende Zinsansprüche verzichtet hatte (bspw. durch einvernehmliche Herabsetzung des Zinssatzes für die Zukunft). Zur Steuerbefreiung des § 11 Nr. 4 KStG a.F. hatte der Reichsfinanzhof u.a. entschieden, dass der Verzicht auf zukünftig entstehende Zinsen keine Vermögensvermehrung durch Erlass darstellen könne (RFH, Urteil vom 21. Dezember 1937, I 326/37, Amtliche Entscheidungssammlung des Reichsfinanzhofs -RFHE- 43, 47). Nur der Erlass bereits entstandener Zinsverbindlichkeiten könne begünstigt sein (BFH, Urteile vom 28. Februar 1989, VIII R 303/84, BStBl II 1989, 711, und vom 24. Februar 1994, IV R 71/92, BFH/NV 1995, 15). Im Streitfall beruht der ausgewiesene Ertrag nicht auf einem Verzicht der Investitionsbank D… auf zukünftige Zinsen. Ein solcher Verzicht der Investitionsbank D… auf zukünftige Zinsen lag zwar vor; dieser Verzicht hat sich aber gerade nicht ertragswirksam ausgewirkt, weil die Klägerin nur die ursprüngliche Verbindlichkeit gemindert um bisherige Tilgungsleistungen passiviert hatte. Die Klägerin hatte keine zukünftigen Zinsverbindlichkeiten passiviert, weshalb deren Wegfall auch nicht ertragswirksam ausgebucht werden konnte. Der bilanzielle Ertrag (bzw. die Betriebsvermögensmehrung) beruht somit allein auf dem Wegfall eines Teilbetrags der Hauptschuld.

Rein wirtschaftliche Erwägungen und Motive der Parteien des Erlassvertrages müssen nach Auffassung des Gerichts für die Qualifikation als Sanierungsgewinn - anders ggf. für die Bewertung der weiteren Punkte - unbeachtlich bleiben. Die Klägerin hat allein aus diesem Grund einen Anspruch auf Neubescheidung; denn der Mangel ist im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr heilbar, weil es für die Beurteilung von Ermessensentscheidungen gemäß § 102 FGO allein auf die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (erkennbar) gegebenen Umstände und die hierauf bezogenen Erwägungen der Finanzbehörde ankommt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH, Urteil vom 11. Juni 1997, X R 14/95, BStBl II 1997, 642, m.w.N.). Zwar lässt die isolierte Prüfung der Voraussetzungen der Rn. 3 des Sanierungserlasses offenbar keinerlei Ermessensspielraum für den Beklagten; es liegt jedoch insgesamt eine einheitliche Ermessensregelung der Rn. 1 bis 5 des Sanierungserlasses vor.

[3] Im Rahmen einer zu wiederholenden Ermessensentscheidung wird der Beklagte insbesondere noch zu prüfen haben, ob die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens der Klägerin gegeben war. Unschädlich sollte hier jedoch sein, dass die Klägerin einen Teil ihres Unternehmens durch Verkauf von Wohneinheiten eingestellt hat, da es insoweit nicht zu einer Einstellung des Unternehmens kam.

Von der Sanierungswürdigkeit des Unternehmens sollte auszugehen sein, da schon wegen des Wegfalls der Aufwendungszuschüsse kein Gewinn mehr zu erzielen war.

Unklar sind nach dem bisherigen Vortrag die Sanierungseignung des Schuldenerlasses sowie die Sanierungsabsicht der Investitionsbank D…. Bei der Prüfung der Sanierungseignung der Maßnahme wird durch den Beklagten zu prüfen sein, ob die vertragliche Vereinbarung der sofortigen Zahlung des Barwerts der zukünftigen Zahlungsströme wirklich geeignet war, eine Sanierung zu gewährleisten. Die Klägerin konnte die Vereinbarung nämlich nur erfüllen, indem sie von Gesellschaftern weitere Darlehensmittel erhielt und Wohneinheiten veräußerte.

Auch bei der Prüfung der Sanierungsabsicht der Investitionsbank D… wird der Beklagte weitere Tatsachenermittlungen vornehmen müssen. Nach der Rechtsprechung zur Vorgängerregelung in § 3 Nr. 66 EStG a.F. lag Sanierungsabsicht vor, wenn der Erlass nach den Vorstellungen des Gläubigers erfolgte, um den Zusammenbruch des notleidenden Unternehmens zu verhindern und um, auf Dauer gesehen, eine finanzielle Gesundung zu erreichen. An die Feststellung einer Sanierungsabsicht sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Die Sanierungsabsicht des Gläubigers erlaubt auch eigennützige Erwägungen des Gläubigers, wenn diese nicht derart überwiegen, dass sein eigenes bestmögliches Ergebnis derart im Vordergrund steht und ihm das weitere Schicksal des Unternehmens des Schuldners letztlich gleichgültig ist (vgl. BFH, Urteil vom 26. Februar 1988, III R 257/84, BFH/NV 1989, 436, m.w.N.).

Bei einer Überprüfung der Sanierungsabsicht der Investitionsbank D… kann der Beklagte die o.g. wirtschaftlichen Erwägungen einfließen lassen.

Zu den subjektiven Vorstellungen und Absichten der Investitionsbank D… liegen bisher keine Anhaltspunkte vor. Der Beklagte wird zu prüfen haben, welches Interesse die Investitionsbank D… an einer Sanierung der Klägerin hatte, dass über die reine Zurückführung des Barwerts der zukünftigen Zahlungsströme hinausging. An diesem Punkt besteht nach Auffassung des Gerichts auch die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Erwägungen zur Ermittlung und Bedeutung der Barwertermittlung einzubeziehen. Hier wird auch zu berücksichtigen sein, welche sonstigen Konditionen der Darlehensvertrag zwischen der Investitionsbank D… und der Klägerin beinhaltete und ggf. auf welche für sie vorteilhaften Regelungen die Investitionsbank D… verzichtete (bspw. ein Zinssatz, der 2008 über dem am Markt erzielbaren Zins lag).

2. Über den Hilfsantrag braucht das Gericht nicht zu entscheiden. Der echte Hilfsantrag ist für den Fall gestellt, dass der Hauptantrag abgewiesen wird. Der Hauptantrag wurde zwar zum Teil abgewiesen, jedoch nur mangels Spruchreife der Verpflichtungsklage. Insoweit war die Klägerin im Hauptantrag erfolgreich, und eine Entscheidung über den Hilfsantrag konnte unterbleiben.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Die Klägerin hat einen Verpflichtungsantrag gestellt, der jedoch teilweise unbegründet ist. Der Klageerfolg beruht vielmehr auf dem Ermessensfehler des Beklagten und der Notwendigkeit der weiteren Sachverhaltsermittlung. Die mangelnde Spruchreife hat aber auch der Beklagte mit zu vertreten, da er zu den anderen Voraussetzungen des Sanierungserlasses in seiner Ermessensentscheidung keine Ausführungen gemacht hat. Es ist somit gerechtfertigt, den Beteiligten die Kosten wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuerlegen (vgl. auch von Groll in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl. 2010, § 101 FGO Rn. 8, m.w.N.).

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren hat der Senat gemäß § 139 Abs. 3 FGO für notwendig erklärt. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten war notwendig, da die Rechtslage nicht so einfach war, dass sich die Klägerin selbst vertreten konnte (dazu oben unter III.).