Gericht | VG Frankfurt (Oder) 5. Kammer | Entscheidungsdatum | 29.09.2011 | |
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Aktenzeichen | 5 K 398/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2008 und der Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2008 werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Forderung abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem Beitrag für die Herstellung der öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage.
Sie sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Gemarkung XXX, Flur XX, Flurstück XX mit einer Fläche von XXX qm in der Gemeinde XXX, die in ihrem Gebiet die Aufgabe der Abwasserentsorgung seit dem 01. Januar 2007 durch den von der Beklagten geleiteten Eigenbetrieb wahrnimmt. Zuvor war diese Aufgabe dem Abwasserzweckverband Panketal übertragen, dem bis zum 26. Oktober 2003 die Gemeinden Schwanebeck, Zepernick und Schönow angehörten. Der Abwasserzweckverband Panketal erhob aufgrund der „Satzung über die Erhebung von Beiträgen sowie Festsetzung von Kostenerstattungen für Abwasseranlagen im Zweckverband Panketal” vom 28. Januar 1993 (BS 1993) „Kanalbaubeiträge“ nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab, wobei nach § 4 Abs. 2 Buchst. a BS 1993 generell nur die Fläche bis maximal 50 Meter Grundstückstiefe veranlagt werden sollte. Neben dem Kanalbaubeitrag in Höhe von 5,60 DM/qm war die Erhebung von „Kostenerstattungen für Kanalanschlussleitungen“ in Höhe von pauschal 2.500,00 DM bis 7,50 m Anschlusslänge zuzüglich Mehrlängenaufschlags vorgesehen.
Am 30. Januar 2001 beschloss die Verbandsversammlung die „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes Panketal – Beitragssatzung” (BS 2001), die sich Rückwirkung bis zum 01. Januar 1997 beilegte und „gleichzeitig“ die BS 1993 außer Kraft setzte. Diese Beitragssatzung sah die Erhebung eines einheitlichen Beitrages zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Verbandes vor, zu der gemäß § 2 Abs. 3 Buchst. a) der (ebenfalls am 30. Januar 2001 neu beschlossenen) Entwässerungssatzung nunmehr auch die Grundstücksanschlüsse gehören sollten. Der Beitragssatz sollte 3,78 Euro je Quadratmeter „anrechenbarer Grundstücksfläche“ betragen (§ 5 Abs. 1 BS 2001 i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 29. April 2002). Die Satzung sah einen nutzungsbezogenen Flächenmaßstab vor, der aber keine Tiefenbegrenzung mehr enthielt.
Nach betriebsfertiger Herstellung von Abwasserkanal und Hausanschluss für das Grundstück der Kläger am 06. August 2003 setzte die Verbandsvorsteherin des Abwasserzweckverbandes Panketal aufgrund der BS 2001 mit Bescheid vom 19. August 2003 einen „Beitrag zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes zur Herstellung der öffentlichen Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung“ in Höhe von 3.980,34 Euro fest. Diesen Beitragsbescheid fochten die Kläger an.
Im Jahre 2003 fand die Gemeindegebietsreform statt, aufgrund der die Gemeinden Schwanebeck und Zepernick zur Gemeinde Panketal verschmolzen und die Gemeinde Schönow in die Stadt Bernau eingegliedert wurde. Aufgrund eines entsprechenden Verlangens der Stadt Bernau stellte die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde mit Bescheid vom 13. Juni 2006 fest, dass die Stadt Bernau (bezogen auf ihren Ortsteil Schönow) zum 31. Dezember 2006, 24.00 Uhr aus dem Abwasserzweckverband Panketal ausscheidet. In der Auseinandersetzungsregelung ordnete die Kommunalaufsichtsbehörde an, dass die Geltendmachung von abgabenrechtlichen Ansprüchen aus der Abwasserbeseitigung in Schönow dem Zweckverband bzw. dem zukünftigen Aufgabenträger in Panketal vorbehalten sein sollte.
Am 20. November 2006 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Panketal die „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung des Eigenbetriebes „Kommunalservice Panketal“ (Eigenbetrieb) – Beitragssatzung -“ (BS 2006), die gem. ihrem § 15 am 01. Januar 2007 in Kraft trat. Diese Beitragssatzung sah die Erhebung eines einheitlichen Beitrages zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung der öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungsanlage des Eigenbetriebes „Kommunalservice Panketal“ vor, zu der gemäß § 2 Abs. 3 Buchst. a) der (ebenfalls am 20. November 2006 beschlossenen) Entwässerungssatzung des Eigenbetriebes „Kommunalservice Panketal“ auch die Grundstücksanschlüsse gehören sollten. Der Beitragssatz betrug (wie zuvor) 3,78 Euro je Quadratmeter „anrechenbarer modifizierter Grundstücksfläche“ (§ 5 Abs. 1 BS 2006). Auch diese Satzung sah einen nutzungsbezogenen Flächenmaßstab vor.
Den Beitragsbescheid vom 19. August 2003 hob das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) mit Urteil vom 23. April 2007 (5 K 2672/03) mit der Begründung auf, die BS 2001 sei mangels wirksamer Regelung des Maßstabs für die Erhebung des Beitrages insgesamt unwirksam, weil sie keine erforderliche Maßstabsregelung für Grundstücke enthalte, die mit einer (bebauten) Teilfläche im unbeplanten Innenbereich und mit der anderen (unbebauten) Teilfläche im Außenbereich liegen würden. Die von dem damaligen Abwasserzweckverband Panketal erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung hatte keinen Erfolg (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - OVG 9 N 59.07).
Am 27. August 2007 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Panketal die „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung der Gemeinde Panketal als Rechtsnachfolgerin des Abwasserzweckverbandes Panketal für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 31.12.2006 – Beitragssatzung“ (BS 1997-2006). Diese Satzung misst sich in ihrem § 15 Rückwirkung zum 01. Januar 1997 und Geltung bis zum 31. Dezember 2006 zu. Gleichfalls am 27. August 2007 beschloss die Gemeindevertretung der Gemeinde Panketal die „Satzung über die Erhebung von Beiträgen für die öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung des Eigenbetriebes ´Kommunalservice Panketal` (Eigenbetrieb) – Beitragssatzung -“ (BS 2007), die nach ihrem § 15 am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft tritt. Die BS 2007 wurde – ebenso wie die BS 1997-2006 – im Amtsblatt für die Gemeinde Panketal vom 28. September 2007 öffentlich bekannt gemacht. In § 2 BS 1996-2006 heißt es: „Die Gemeinde Panketal als Rechtsnachfolgerin des Abwasserzweckverbandes Panketal erhebt nach Maßgabe dieser Beitragssatzung Beiträge zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung ihrer öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage.“ § 2 BS 2007 lautet: „Der Eigenbetrieb erhebt nach Maßgabe dieser Beitragssatzung Beiträge zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung seiner öffentlichen zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage.“ Beide Satzungen, deren Inhalte nahezu identisch sind, sehen in ihrem § 4 Abs. 1 einen nutzungsbezogenen Maßstab vor, bei dessen Berechnung die Grundstücksfläche entsprechend der Ausnutzbarkeit des Grundstücks mit einem Vomhundertsatz vervielfältigt wird, der nach der Anzahl der Vollgeschosse gestaffelt ist. Als maßgebliche Grundstücksfläche gilt gemäß dem jeweiligen § 4 Abs. 5 der BS 1997-2006 und der BS 2007 im Einzelnen:
a) bei Grundstücken, die im Bereich eines Bebauungsplans liegen, die gesamte Fläche, wenn im Bebauungsplan bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist,
b) bei Grundstücken, die im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB liegen, die gesamte Grundstücksfläche,
c) bei Grundstücken, die über die Grenzen eines Bebauungsplanes hinausreichen, die Fläche im Bereich des Bebauungsplanes, für die die bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist,
d) bei Grundstücken, die im Bereich einer gem. § 34 Abs. 4 BauGB von der Gemeinde erlassenen Satzung liegen, und bei Grundstücken, die über die Grenzen einer solchen Satzung hinausreichen, die Fläche im Satzungsbereich,
e) bei Grundstücken, die mit einer Teilfläche im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB und einer weiteren Teilfläche im Außenbereich gem. § 35 BauGB liegen, die Teilfläche im Innenbereich,
f) bei Grundstücken, die über die sich nach Buchst. a) bis e) ergebenden Grenzen hinaus bebaut oder gewerblich genutzt sind, die Fläche zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer Parallele hierzu, die in dem gleichmäßigen Abstand verläuft, der der übergreifenden baulichen oder gewerblichen Nutzung entspricht,
g) bei Grundstücken, für die der Bebauungsplan Friedhofsnutzung festgesetzt hat oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden, sowie bei Grundstücken, für die durch Bebauungsplan oder Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB die Nutzung als landwirtschaftliche Fläche festgesetzt ist, die Grundfläche der an die zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossenen Gebäude, geteilt durch die Grundflächenzahl von 0,2. Die so ermittelte Fläche wird den Gebäuden dergestalt zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen, wobei bei einer Überschreitung der Grundstücksgrenze durch diese Zuordnung eine gleichmäßige Flächenergänzung auf dem Grundstück erfolgt. Sollte die so ermittelte Fläche im Einzelfall dem wirtschaftlichen Vorteil nicht entsprechen, ist die bevorteilte Grundstücksfläche vor Ort nach den tatsächlichen Gegebenheiten zu ermitteln.
h) bei bebauten Grundstücken im Außenbereich (§ 35 BauGB) die Grundfläche der an die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossenen oder anzuschließenden Gebäude geteilt durch die Grundflächenzahl von 0,2. Die so ermittelte Fläche wird den Gebäuden dergestalt zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen, wobei bei einer Überschreitung der Grundstücksgrenze durch diese Zuordnung eine gleichmäßige Flächenergänzung auf dem Grundstück erfolgt. Sollte die so ermittelte Fläche im Einzelfall dem wirtschaftlichen Vorteil nicht entsprechen, ist die bevorteilte Grundstücksfläche vor Ort nach den tatsächlichen Gegebenheiten zu ermitteln.
i) bei Grundstücken, die im Außenbereich liegen und für die durch Planfeststellung, bergrechtlichen Betriebsplan oder diesen ähnliche Verwaltungsakte eine der baulichen Nutzung vergleichbare Nutzung zugelassen ist (z.B. Abfalldeponien etc.), die Fläche des Grundstücks, auf die sich die Planfeststellung, der Betriebsplan oder der diesen ähnliche Verwaltungsakt bezieht.
Aufgrund der BS 1997-2006 setzte die Beklagte für das Grundstück der Kläger mit Bescheid vom 23. Januar 2008 einen „Beitrag zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes zur Herstellung der öffentlichen Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung“ in Höhe von 3.981,85 Euro fest. Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger am 31. Januar 2008 Widerspruch, zu dessen Begründung sie sich im Wesentlichen auf die Verjährung der Abgabenerhebung beriefen. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Kläger haben am 07. März 2008 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Der angefochtene Beitragsbescheid sei mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. Er stütze sich auf die im Zeitpunkt der Beitragserhebung nicht mehr gültige BS 1997-2006. Zudem genügten die (beiden) Beitragssatzungen vom 27. August 2007 nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG), weil sie keine wirksame Regelung des Maßstabes enthielten. Die in dem jeweiligen § 4 Abs. 5 dieser Beitragssatzungen niedergelegte Regelung des Flächenmaßstabes verstoße gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit. Wegen der in § 4 Abs. 5 Buchstabe f) BS 1997-2006 und BS 2007 verwendeten Formulierung „zwischen der Straßengrenze“ könne die maßgebliche Fläche bei bebauten oder gewerblich genutzten Grundstücken, die sich außerhalb der Gebiete nach den Buchstaben a) bis e) des § 4 Abs. 5 BS 2007 befänden, nicht hinreichend konkret eingegrenzt werden. Auch dem Wortlaut der Regelung in § 4 Abs. 5 Buchstabe h) S. 3 BS 1997-2006 und BS 2007 könne nicht entnommen werden, welche Grundstücksfläche von Außenbereichsgrundstücken einbezogen werden soll. § 4 Abs. 5 Buchstabe h) Satz 3 BS 1997-2006 und BS 2007 verstoße zudem gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil nach dieser Regelung willkürlich Grundstücksteile in die anzusetzende Grundstücksfläche einbezogen werden könnten. Diese Verstöße führten zur Nichtigkeit der gesamten Maßstabsregelung und damit zur Nichtigkeit der BS 1997-2006 und der BS 2007. Darüber hinaus verstoße die Regelung in § 5 Abs. 1 BS 1997-2006 und BS 2007 gegen das Kostenüberschreitungsverbot des KAG. Wie der dort festgeschriebene Beitragssatz in Höhe von 3,78 EUR je qm ermittelt worden sei, sei unklar. Die Globalkalkulation für die Schmutzwasserbeseitigung vom 28. Dezember 2000 stelle jedenfalls keine taugliche Grundlage für die Ermittlung des Beitragssatzes dar, weil in ihr die nicht umlagefähigen Kosten für die Straßenentwässerung in den Herstellungsaufwand für die Entwässerungsanlage einbezogen worden seien. Auch die Grundstückserfassung im Rahmen der Globalkalkulation sei unvollständig. So sei u. a. das Grundstück Gluckstraße 20 in Zepernick mit 1.823 qm nicht in die Berechnung der Beitragsflächen einbezogen worden. Damit bestünden weitere Zweifel an der Richtigkeit des Beitragssatzes von 3,78 EUR. Zudem werde der Einwand der Festsetzungsverjährung geltend gemacht, da seit der Fertigstellung der Anlage im Jahre 2003 mehr als vier Jahre ohne Beitragserhebung vergangen seien.
Die Kläger beantragen,
den Beitragsbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid sei die BS 1997-2006. Diese Beitragssatzung sei ordnungsgemäß bekannt gemacht und der vom Verwaltungsgericht in dem gerichtlichen Verfahren 5 K 2063/03 angemahnte Satzungsfehler sei geheilt worden. Die BS 1997-2006 enthalte nunmehr einen vollständigen Maßstab. Die Kalkulation des Beitragssatzes unterliege keinen Bedenken. Aufwendungen für die Straßenentwässerung seien nicht Bestandteil der Aufwendungen für die öffentliche Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung. Die von den Klägern zudem gerügte Verwechselung eines Straßengrundstücks mit einem Wohngrundstück bei der Ermittlung der beitragsfähigen Flächen ergebe eine so geringe Differenz unberücksichtigter Fläche und damit eine so geringe Abweichung, dass sich diese erst an dritter Stelle hinter dem Komma bemerkbar mache. Die Beitragserhebung sei auch nicht verjährt. Der Ablauf der Frist zur Festsetzung des Beitrages sei durch das Verwaltungsgerichtsverfahren 5 K 2063/03, durch die daran erfolgte Satzungsänderung und den auf dieser Grundlage ergangenen Abgabenbescheid gehemmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge (4 Hefter), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der angefochtene Beitragsbescheid vom 23. Januar 2008 und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2008 sind aufzuheben, denn sie sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –).
Der angefochtene Beitragsbescheid ist rechtswidrig, weil dem darin festgesetzten Beitrag zur Deckung des durchschnittlichen Aufwandes zur Herstellung der öffentlichen Anlage zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung die erforderliche Grundlage in Gestalt einer wirksamen Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg – KAG –) fehlt. Der angefochtene Beitragsbescheid vom 23. Januar 2008 bedarf für seine Rechtmäßigkeit einer Abgabensatzung die spätestens für den Zeitpunkt seines Wirksamwerdens bzw. den Erlass des Widerspruchbescheides Geltung hat (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09. September 2009 – 9 B 60.08 -, juris Rdnr. 13 und Urteil vom 16. Dezember 2009 – 9 B 65.08). Die BS 1997-2006, auf die die Beklagte den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides gestützt hat, kommt hierfür nicht nur deswegen nicht in Betracht, weil sich diese Satzung gem. ihrem § 15 Geltung (nur) bis zum 31. Dezember 2006 beimisst, sondern weil sie insgesamt nichtig ist. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Maßstabsregelungen der BS 1997-2006 sehen nicht den nach dem wirtschaftlichen Vorteilsbegriff des § 8 Abs. 2 Satz 2 KAG nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg zum damaligen Recht (vgl. nunmehr § 8 Abs. 6 Satz 3 KAG in der seit dem 1. Februar 2004 geltenden Fassung) erforderlichen Artzuschlag für gewerbliche und industrielle Nutzung vor, der zwar nicht mehr zum Zeitpunkt ihres Erlasses am 27. August 2007, wohl aber zum Zeitpunkt ihres in § 15 rückwirkend zum 1. Januar 1997 angeordneten Inkrafttretens erforderlich war (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 03. Dezember 2003 - 2 A 417/01 -, S. 18 f., S. 31 des EA). Dieser Verstoß führt auch zur Nichtigkeit der gesamten BS 1997-2006. Eine in entsprechender Anwendung des § 139 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB anzunehmende Teilnichtigkeit der Anordnung in § 15 BS 1997-2006, wonach die Satzung zum 1. Januar 1997 in Kraft tritt, mit der Folge, dass die BS 1997-2006 – mit Ausnahme der nichtigen Inkrafttretensregelung in § 15 - gemäß § 5 Abs. 5 der Gemeindeordnung für das Land Brandenburg (nunmehr § 3 Abs. 5 der Kommunalverfassung des Landes Brandenburg) am Tag nach ihrer Bekanntmachung, die am 28. September 2007 erfolgte, am 29. September 2007 in Kraft getreten ist, kommt hier nicht in Betracht. Denn ohne die rückwirkende Anordnung des Inkrafttretens zum 01. Januar 1997 ist die Begrenzung der zeitlichen Geltung der Satzung bis zum 31. Dezember 2006 sinnlos. Insofern ist davon auszugehen, dass der Satzungsgeber die BS 1997-2006 ohne die angeordnete Rückwirkung und Begrenzung ihrer zeitlichen Geltung am 27. August 2007 nicht erlassen hätte, zumal er am selben Tag die (nahezu) inhaltsgleiche BS 2007 beschlossen hat, die am 29. September 2007 in Kraft getreten ist. Gem. §15 BS 2007 tritt die Satzung am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Die Bekanntmachung der BS 2007 erfolgte im Amtsblatt für die Gemeinde Panketal vom 28. September 2007.
Aber auch die BS 2007 stellt keine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid dar, weil sie unwirksam ist. Die BS 2007 genügt nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG. Sie enthält keine wirksame Regelung des Maßstabs für die Erhebung der Abgabe. Die in § 4 Abs. 5 BS 2007 niedergelegte Regelung des Flächenmaßstabs verstößt gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit (zu diesem vgl. OVG Greifswald, KStZ 1996, 114-119; OVG Lüneburg, KStZ 1992, 55, 56; VGH Mannheim, Urteil 2 S 2581/92 vom 18. August 1994 und z. B. Urteil der Kammer vom 23. April 2007 - 5 K 2672/03). Danach muss der Ortsgesetzgeber den Verteilungsmaßstab für alle im Gemeindegebiet in Betracht kommenden Beitragsfälle hinreichend klar und berechenbar regeln (Birk, in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2011, § 8 Rdnr. 666). Dies kann zum einen damit begründet werden, dass ohne Maßstab eine Beitragsberechnung nicht möglich sei und ein unwirksamer Maßstab zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führe. Zum anderen ergeben sich dieselben Anforderungen aus dem Gleichheitsgrundsatz und dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, damit die Beitragsbemessung für einzelne Fälle nicht der Entscheidung der Verwaltung überlassen bleibt. Fehlt es an einer erforderlichen Verteilungsregelung, so ist die Maßstabsregelung der Satzung wegen Verstoßes gegen den Vollständigkeitsgrundsatz insgesamt nichtig (OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2002 - D 29/98.NE; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 K 34/02; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. September 2004 – 2 B 31/04 -, S. 5 EA, Driehaus/Birk, aaO., § 8, Rdnr. 653).
Die BS 2007 enthält keine hinreichend konkrete Maßstabsregelung für bebaute Grundstücke im Außenbereich im Sinne von § 4 Abs. 5 Buchstabe h BS 2007. Die Regelung in § 4 Abs. 5 Buchstabe h Satz 1 BS 2007 bestimmt, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich als Grundstücksfläche die Grundfläche der an die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossenen oder anzuschließenden Gebäude geteilt durch die Grundflächenzahl von 0,2 – also multipliziert mit dem Faktor 5 - gilt. Diese Sonderregelung für den Außenbereich trägt dem Umstand Rechnung, dass Grundstücke im Außenbereich kein Bauland sind, so dass der durch die Anschlussmöglichkeit vermittelte Vorteil nicht dem gesamten Buchgrundstück zugeführt wird, sondern sich auf den Teil des Grundstücks beschränkt, der den Baulichkeiten zuzuordnen ist (Niedersächsisches OVG, Urt. v. 24. Mai 1989 -- 9 L 1/89 --, NdsRpfl 1990, 15, 16; OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2000, 2 D 29/98.NE, juris Rdnr. 74). Zwar ist nach Auffassung der Kammer der von der BS 2007 angesetzte Faktor für die Berechnung der Grundstücksfläche für Außenbereichsgrundstücke (Grundfläche der angeschlossenen oder anzuschließenden Gebäude geteilt durch 0,2) rechtlich nicht zu beanstanden (so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 15. März 1995 - 4 K 22/94, juris Rdnr, 114, 118; Klausing, in: Driehaus, a.a.O., Rn. 1033 zu § 8 KAG, offen gelassen vom OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 08. Juni 2000, 2 D 29/98.NE, juris Rdnr. 74 und Urteil vom 26. September 2002 – 2 D 9/02.NE, juris, Rdnr. 48). § 4 Abs. 5 Buchst h BS 2007 ist jedoch deswegen rechtswidrig, weil die Regelung kein (bestimmbares) Korrektiv für die Fälle bebauter Grundstücke im Außenbereich enthält, bei denen die Grundfläche der an die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage angeschlossenen oder anzuschließenden Gebäude (§ 4 Abs. 5 Buchstabe h Satz 1) mehr als 20% der Grundstücksfläche beträgt, die nach § 4 Abs. 1 BS 2007 anzusetzende Grundstücksfläche also größer wäre als die tatsächliche (Gesamt-)Fläche des zu veranlagenden (Buch-)Grundstücks. Dass sich in diesen Fällen - unter Berücksichtigung des den beitragsrechtlichen Vorschriften des KAG zugrundeliegenden wirtschaftlichen Grundstücksbegriffs (vgl. OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 26. September 2002 – 2 D 9/02.NE, juris, Rdnr. 46) - die Vorteilsfläche (höchstens) auf die Gesamtfläche des Buchgrundstücks zu beschränken hat, weil die bevorteilte Fläche mit der Fläche des Buchgrundstücks identisch ist, bringt die Satzungsregelung in § 4 Abs. 5 Buchstabe h gerade nicht zum Ausdruck. Vielmehr ordnet die BS 2007 in § 4 Abs. 5 Buchstabe h Satz 3 für den Fall an, dass „die so ermittelte Fläche im Einzelfall dem wirtschaftlichen Vorteil nicht entsprechen (sollte), ...die bevorteilte Grundstücksfläche vor Ort nach den tatsächlichen Gegebenheiten zu ermitteln“ (ist). Die Bestimmung der bevorteilten Grundstücksfläche ist in den Fällen der Identität von bevorteilter Fläche und Gesamtfläche des (Buch-)Grundstücks aber keine Sache der Ermittlung vor Ort nach den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern anhand der konkreten Vorgaben zum Umfang der Grundstücksfläche im Grundbuch vorzunehmen. Anderenfalls bliebe die Beitragsbemessung für einzelne Fälle unzulässigerweise dem Belieben der Verwaltung überlassen, weil im Falle der in der BS 2007 vorgenommenen pauschalierenden Vorteilsbetrachtung (Grundfläche der angeschlossenen oder anzuschließenden Gebäude geteilt durch 0,2) bestimmbare bauplanungsrechtliche Maßstäbe zur Bestimmung der bevorteilten Grundstücksfläche keine Anwendung finden.
Die vorangegangenen Erwägungen gelten ebenso für die Regelung (§ 4 Abs. 5 Buchstabe g Satz 1 BS 2007, die die Kammer gleichfalls als unvollständig ansieht.
Die Kammer sieht auch keinen Raum für eine in entsprechender Anwendung des § 139 BGB anzunehmende Teilnichtigkeit des jeweiligen Satzes 3 in den Regelungen des § 4 Abs. 5 Buchstaben g) und h), weil durch ihren Wegfall weiterhin Unklarheit über die anzurechnenden Grundstücksflächen bei (bebauten) Grundstücken im Außenbereich bestünde.
Darüber hinaus enthält die BS 2007 keine hinreichende Maßstabsbestimmung für Grundstücke, die über die sich nach § 4 Abs. 5 Buchst. a) bis e) BS 2007 ergebenden Grenzen hinaus bebaut oder gewerblich genutzt sind. Abgesehen davon, dass die gewählte Formulierung in § 4 Abs. 5 Buchst. f) „zwischen der jeweiligen Straßengrenze und einer Parallele hierzu, die in dem gleichen Abstand verläuft, der der übergreifenden baulichen oder gewerblichen Nutzung entspricht“ die jeweils bevorteilte Fläche nicht hinreichend konkret eingrenzt (so schon Urteil der Kammer vom 23. April 2007 – 5 K 862/03, S. 11 des EA), enthält § 4 Abs. 5 Buchst. f) keine Regelung für Grundstücke, die keine gemeinsame Grenze mit der Straße (dem Straßengrundstück) haben oder als solche lediglich über einen Weg mit der Straße verbunden sind. Dies führt zu einer Unvereinbarkeit mit dem im Beitragsrecht nach dem KAG herrschenden wirtschaftlichen Grundstücksbegriff, weil nach der Regelung des § 4 Abs. 5 Buchst. f) in den Fällen, in denen Eigentümerverschiedenheit bezogen auf das Anlieger- und Hinterliegergrundstück gegeben ist, Flächen als wirtschaftliche Einheit und damit als beitragspflichtig behandelt werden, die nach dem wirtschaftlichen Grundstücksbegriff mangels Eigentümeridentität keine wirtschaftliche Einheit bilden (können).
Diese Unvollständigkeit des Maßstabes führt zur Nichtigkeit der BS 2007.
Ob von den dargelegten unbestimmten Maßstabsregelungen Grundstücke im Gemeindegebiet betroffen sind und ggf., welchen „zahlenmäßigen Einfluss“ die Berücksichtigung solcher Grundstücke auf die Berechnung des Beitragssatzes hätte, ist rechtlich nicht entscheidend (vgl. OVG Lüneburg, NVwZ-RR 1992, 503 f. und Urteil der Kammer vom 23. April 2007 - 5 K 2672/03). Denn der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit betrifft den Maßstab und nicht den Abgabensatz und dessen Kalkulation. Er verlangt nach dem oben gesagten auch und gerade bezogen auf jeden einzelnen Anwendungsfall, dass die Beitragsbemessung nicht aufgrund des Fehlens einer passenden Maßstabsregelung in der Satzung der alleinigen Entscheidung der Verwaltung überlassen bleiben darf (vgl. auch OVG Greifswald, KStZ 1996, 114-119 und Urteil der Kammer vom 23. April 2007 - 5 K 2672/03).
Die BS 2006, die gem. ihrem § 15 am 01. Januar 2007 in Kraft trat, stellt ebenso wenig wie die BS 2001, die sich Rückwirkung bis zum 01. Januar 1997 beilegte, eine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid dar. Die BS 2006 und die BS 2001 sind wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit der Maßstabsregelung unwirksam, weil sie (jeweils) keine Maßstabsregelung für Grundstücke enthalten, die mit einer (bebauten) Teilfläche im unbeplanten Innenbereich und mit der anderen (unbebauten) Teilfläche im Außenbereich liegen (vgl. z.B. Urteil der Kammer vom 23. April – 5 K 2672/03); auch die BS 1993 stellt keine Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid dar, weil sie wegen einer unzulässigen pauschalen Tiefenbegrenzung unwirksam ist (Urteil der Kammer vom 23. April 2007 – 5 K 2672/03).
Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen kommt es auf die von den Klägern geltend gemachten Einwendungen gegen die Globalkalkulation, die dem in § 5 BS 2007 bestimmten Beitragssatz zugrunde liegt, ebenso wenig an, wie auf die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger zu 2. aufgeworfene Frage, ob die (rechtliche) Einbeziehung der Grundstücksanschlüsse in die öffentliche zentrale Schmutzwasserbeseitigungsanlage (§ 2 Abs. 4 der Entwässerungssatzung vom 20. November 2006) und die daran anknüpfende Erhebung von Beiträgen zur Deckung (auch) der Herstellungskosten der Grundstücksanschlüsse zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung von Eigentümern größerer Grundstücke (Grundstücksfläche größer als 950 qm, so die Auffassung der Kläger) führt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe, die Berufung gemäß §§ 124, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.