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Entscheidung 1 (Z) Sa 53/13


Metadaten

Gericht OLG Brandenburg 1. Zivilsenat Entscheidungsdatum 19.09.2013
Aktenzeichen 1 (Z) Sa 53/13 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Zuständig ist das Landgericht Berlin.

Gründe

I.

Der Antragsteller macht gegen die Antragsgegner Ansprüche wegen vermeintlich falscher Anlageberatung bzw. wegen Fehlern in dem dieser Beratung zu Grunde liegenden Emissionsprospekt geltend.

Im Frühjahr 2009 suchte der in P… wohnende Antragsteller eine Möglichkeit, Geld zu seiner Alterssicherung gewinnbringend anzulegen. Beraten durch den in B… lebenden Zeugen H… investierte er 15.750,00 € in die „T… GmbH & Co. KG …“. Der erwartete wirtschaftliche Erfolg dieser Anlage blieb jedoch aus. Die beiden Antragsgegnerinnen sollen nach dem Vortrag des Antragstellers die Gründungsgesellschafter der T… sein und ihm, dem Antragsteller, nach seinen Vorstellungen für den durch das genannte Geldgeschäft entstandenen Verlust haften.

Der Antragsteller hat die Klage am 20. Dezember 2012 am Landgericht Potsdam erhoben. Der frühere Geschäftssitz der Antragsgegnerin zu 1.) befand sich ursprünglich in Z…, was im Gerichtsbezirk dieses Landgerichts liegt. Die Antragsgegnerin zu 1.) hatte jedoch am 1. Oktober 2012 ihre Sitzverlegung nach T… beschlossen, welche am 19. Februar 2013 im Handelsregister eingetragen wurde. Der Antragsgegnerin zu 1.) konnte die Klage am 25. März 2013 über ihre Prozessbevollmächtigten zugestellt werden.

Hinsichtlich des unterschiedlichen allgemeinen Gerichtsstandes hatte der Antragsteller bereits in der Klageschrift „hilfsweise“ beantragt, den Gerichtsstand gemäß § 36 Abs. 1 ZPO durch das Oberlandesgericht bestimmen zu lassen. Nachdem die Zivilkammer am Landgericht Potsdam - nach einer Zuständigkeitsrüge der Antragsgegnerin zu 1.) - auf Bedenken gegen ihre örtliche Zuständigkeit hingewiesen und der Antragsteller unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des erkennenden Senates in einer Parallelsache die Verweisung an das Landgericht Berlin beantragt hatte, hat die Einzelrichterin des Landgerichts Potsdam die Sache mit Beschluss vom 28. August 2013 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II.

1. Über das zuständige Gericht hat gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 ZPO das Brandenburgische Oberlandesgericht zu entscheiden, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der in Betracht kommenden Gerichte - Landgericht Berlin und Landgericht Trier - der Bundesgerichtshof ist und das zu seinem Bezirk gehörende Landgericht Potsdam mit der Rechtssache zuerst befasst gewesen ist.

Die durch die ursprüngliche Inanspruchnahme des Landgerichts Potsdam begründete Zuständigkeit des Brandenburgischen Oberlandesgerichts entfällt nicht nachträglich deswegen, weil die Antragsgegnerin zu 1.) ihren Geschäftssitz bereits am 1. Oktober 2012 nach T… verlegt hatte. Das im Bestimmungsverfahren zuerst angerufene Oberlandesgericht bleibt zuständig, auch wenn bei Klagezustellung keine der Beklagten ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk dieses Oberlandesgerichts hat (BGH NJW 2008, 3789 m. w. N.; OLG Düsseldorf MDR, 2012 1119). Sinn des § 36 ZPO ist es, jedem langwierigen Streit der Gerichte untereinander über die Grenzen ihrer Zuständigkeit ein Ende zu bereiten und eine Ausweitung solcher Streitigkeiten tunlichst zu vermeiden. Dies gilt erst recht für das Bestimmungsverfahren selbst. Diesem Sinn der Vorschrift entspricht es am ehesten, dass die Bestimmung durch das Oberlandesgericht erfolgt, in dessen Gerichtsbezirk sich das Gericht befindet, welches mit dem Bestimmungsverfahren zuerst befasst worden ist.

Ausgehend von dem geschilderten Sinn der Regelung, eine Ausweitung von Zuständigkeitsstreitigkeiten zu vermeiden und möglichst rasch ein Ergebnis zu erzielen, kommt es für die Zuständigkeit im Rahmen des § 36 Abs. 2 ZPO ausschließlich auf den Eingang des Gesuchs an, so dass die erst später bekannt gewordene Sitzverlegung der Antragsgegnerin zu 1.) an der Zuständigkeit des Brandenburgischen Oberlandesgerichts nichts mehr ändert. Würde stattdessen eine solche später bekannt gewordene Sitzverlegung die Zuständigkeit eines anderen Oberlandesgerichts begründen, so wäre dies mit einer erheblichen Verzögerung bei der Gerichtsstandsbestimmung verbunden, weil das Verfahren dann - auf entsprechenden Antrag des Antragstellers, der ggfs. erst nach einem Hinweis erfolgt, und nach Anhörung der Antragsgegner - an das andere Oberlandesgericht verwiesen werden müsste. Das widerspräche aber nicht nur dem geschilderten Sinn der Vorschrift, sondern auch dem in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zum Ausdruck kommenden, allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der perpetuatio fori, der im öffentlichen Interesse vermeiden soll, dass sich mehrere Gerichte mit dem gleichen Rechtsstreit befassen (BGH, NJW, a. a. O.; OLG Düsseldorf, a. a. O.). Dieser Grundsatz beansprucht erst recht Geltung im Verfahren nach § 36 ZPO, das gerade dazu bestimmt ist, die alsbaldige Beschäftigung des zuständigen Gerichts mit der Sache selbst zu ermöglichen.

2. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen - wie der Senat in der Parallelsache 1 (Z) Sa 47/13 bereits ausgesprochen hat - vor.

a) Die Antragsgegnerinnen sollen in einem gemeinsamen Prozess in Anspruch genommen und folglich als einfache Streitgenossen verklagt werden (§§ 59, 60 ZPO). Sie sind jedenfalls Streitgenossen im Sinne von § 60 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 08.08.2012, Az. 1 (Z) Sa 6/12).

b) Für die Antragsgegnerinnen bestehen unterschiedliche allgemeine Gerichtsstände. Die Antragsgegnerin zu 1.) hat ihren allgemeinen Gerichtsstand jetzt im Bezirk des Landgerichts Trier. Die Antragsgegnerin zu 2.) hat ihren allgemeinen Gerichtsstand im Land Berlin.

3. Ein gemeinsamer besonderer oder ausschließlicher Gerichtsstand lässt sich für den Rechtsstreit nicht feststellen.

Die Anwendung des besonderen Gerichtstands bei falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen gemäß § 32 b Abs. 1 ZPO scheidet aus den insoweit vom Amtsgericht Potsdam in dem Beschluss vom 28. August 2013 gemachten Erwägungen aus. Nach dem maßgeblichen Klagevorbringen sind beide Antragsgegner weder Emittent noch Emissionsbegleiter oder persönlich verantwortliche Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans sondern Gesellschafter der Anlagegesellschaft.

Auch der besondere Gerichtsstand für Haustürgeschäfte gemäß § 29 c ZPO scheidet aus den dazu gemachten Ausführungen des Landgerichts in der genannten Entscheidung aus, weil sich die Ursächlichkeit einer Haustürsituation für den Anlagevertrag aus dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen lässt.

3. Unter dem maßgebenden Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit (Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 36 Rdnr. 18) ist das Landgericht Berlin als zuständiges Gericht zu bestimmen. Die Antragsgegnerin zu 2.) hat im Bezirk dieses Landgerichts ihren allgemeinen Gerichtsstand. Der Antragsteller hatte jedenfalls im Zeitpunkt der maßgeblichen Beitrittserklärung seinen Gerichtsstand ebenfalls in Berlin. Auch das dem Rechtsstreit zu Grunde liegende Rechtgeschäft, die Anlage in den Umweltfonds nach Beratung durch den ebenfalls in B… tätigen Zeugen H…, wurde in B… angebahnt und abgeschlossen, so dass der Rechtsstreit die engste Verbindung zum Bezirk des Landgerichts Berlin aufweist. Die Antragsgegnerin zu 2.) hat auch nach dem die örtliche Zuständigkeit betreffenden Hinweis der Kammer und dem entsprechenden Verweisungsantrages des Antragstellers keine Bedenken gegen die Zuständigkeit des Landgerichts Berlin geltend gemacht. Zwar hat die Antragsgegnerin zu 1.) mit Schriftsatz vom 25. Juli 2013 einer Verweisung an das Landgericht Berlin widersprochen, allerdings stellt sich die Sitzverlegung gerade dieser Antraggegnerin für die anderen Prozessbeteiligten als rein zufällig dar, so dass einer Zuständigkeit des Landgerichts Berlin der Vorzug zu geben ist.