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Staatsangehörigkeit; Einbürgerung; mangelnde Unterhaltsfähigkeit; Bezug von Sozialleistungen; Vertretenmüssen; eingeschränkte Arbeitsfähigkeit; ärztliche Gutachten; zumutbare Arbeitsbemühungen (keine); Berufungszulassung (keine); ernstliche Zweifel (keine)


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 5. Senat Entscheidungsdatum 05.03.2010
Aktenzeichen OVG 5 N 41.09 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 86 Abs 1 S 1 Nr 3 AuslG 1990

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13. Oktober 2009 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Das Verwaltungsgericht hat die auf Einbürgerung gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, dass einem Einbürgerungsanspruch des Klägers nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 AuslG in der bis zum 1. Januar 2000 geltenden Fassung der von ihm zu vertretende Bezug von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch entgegenstehe.

Dagegen wendet sich der Kläger mit dem auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung.

II. Der Antrag hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils liegt - soweit er den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO entsprechend darlegt ist - nicht vor. Der Kläger trägt keine schlüssigen Gegenargumente vor, die einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung in Frage stellen würden.

Das Verwaltungsgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass er derzeit als 59jähriger Ausländer mit unzureichenden deutschen Sprachkenntnissen, einem anerkannten Grad der Behinderung von 30 sowie einer vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit zuletzt am 1. Juni 2009 festgestellten vorübergehend eingeschränkten Arbeitsfähigkeit im Umfang von täglich weniger als drei Stunden nur sehr geringe Möglichkeiten habe, einen Arbeitsplatz zu finden; gleichwohl habe er nicht das ihm in diesem Rahmen Zumutbare unternommen, um die Inanspruchnahme staatlicher Hilfe zum Lebensunterhalt (mindestens teilweise) zu vermeiden. Denn er habe sich ausschließlich im September 2007, sonst aber in den zwei Jahren vorher und nachher überhaupt nicht um Arbeit bemüht. Dem hält der Kläger entgegen, dass es ihm aufgrund seiner festgestellten Erkrankungen und seiner Schwerbehinderung nicht zuzumuten sei, sich „weiter um Arbeit zu bemühen“; das Gericht habe verkannt, dass das Gutachten des Ärztlichen Dienstes vom 1. Juni 2009 gegenüber dem anderthalb Jahre zuvor erstellten Gutachten keine anderslautenden Feststellungen enthalte, es somit nicht zu erwarten sei, dass sich sein Gesundheitszustand in Zukunft bessern werde.

Abgesehen davon, dass er mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 nicht schwerbehindert, sondern allenfalls „gleichgestellt behindert“ ist (vgl. § 2 Abs. 2 und 3 SGB IX), zeigt der nach den insoweit nicht angegriffenen Rechtsausführungen der Vorinstanz darlegungs- und beweispflichtige Kläger auch im Zulassungsverfahren nicht auf, dass es auf dem Arbeitsmarkt für einen gelernten Bäcker unter den gegebenen Umständen keinerlei Arbeitsmöglichkeit, auch nicht als stundenweise Aushilfe, gäbe. Dass der Kläger dies selbst nicht anders sieht, folgt aus seiner Ankündigung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Oktober 2009, er habe ab 2. Januar 2010 bei dem Lebensmittelhandel „Bagdad“ am Mehringplatz eine Beschäftigung im Umfang von 5 mal 3 Stunden wöchentlich in Aussicht.

Zum anderen verkennt der Kläger - und nicht das Verwaltungsgericht - die Aussagen der Gutachten des Ärztlichen Dienstes zur erwarteten Dauer seiner gesundheitlichen Einschränkungen: Sowohl im Gutachten vom 19. Mai 2008, das der Kläger offenbar meint, wenn er von gleichlautenden Begutachtungen „innerhalb eines Zeitraumes von anderthalb Jahren“ spricht, als auch in dem Gutachten vom 1. Juni 2009 ist vermerkt, dass nach einer Reduktion des extremen Übergewichts und einer medikamentösen Behandlung mit einer deutlichen Besserung der Wirbelsäulenbeschwerden, der Bluthochdruckwerte und der Asthmabeschwerden zu rechnen sei. Hält es der Kläger indes offenbar nicht für notwendig, dem ärztlichen Rat zu folgen und damit das ihm Zumutbare zur Besserung seiner Arbeitsfähigkeit beizutragen, hat er schon aus diesem Grund die Inanspruchnahme von staatlichen Sozialleistungen zu vertreten.

Die vom Kläger angeregte Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweis seiner Leistungsunfähigkeit musste sich dem Gericht angesichts des erst rund vier Monate vor der Entscheidung erstellten Gutachtens des Ärztlichen Dienstes und der darin enthaltenen klaren Aussagen zum Gesundheitszustand des Klägers nicht aufdrängen.

Ein Ermessen, das der Kläger „auf Null reduziert“ sieht, steht der Einbürgerungsbehörde bei der Feststellung der Tatbestandsvoraussetzung des nicht zu vertretenden Sozialleistungsbezugs nicht zu. Für eine besondere Härte im Sinne des § 8 Abs. 2 StAG ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich; substantielle Einwände dagegen lassen sich der Antragsbegründung nicht entnehmen.

Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass nach Aktenlage derzeit eine Einbürgerung des Klägers schon daran scheitern dürfte, dass er über keine widerspruchsfreien Personenstandsurkunden verfügt und angesichts seiner zahlreichen auch in Deutschland u.a. im Einbürgerungsverfahren verwendeten Alias-Namen erhebliche Zweifel an seiner wahren Identität bestehen. Auch seine ggf. aufzugebende(n) Staatsangehörigkeit(en) ist (sind) nicht geklärt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).