Gericht | VG Cottbus 1. Kammer | Entscheidungsdatum | 18.06.2020 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 1 K 2531/17 | ECLI | ECLI:DE:VGCOTTB:2020:0618.1K2531.17.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 Abs 6 VermG, § 48 VwVfG, § 133 BGB, § 4 VermG, § 157 BGB, § 5 VermG |
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf deren Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (nachfolgend vereinfachend: Bundesamt), mit dem im Wesentlichen die Rücknahme von Verwaltungsakten und die Rückübertragung der am „N...“ bzw. „D...“ in S... gelegenen Flurstücke 151/6 (646 m²), 151/17 (551 m²) und 151/20 (1.431 m²) der Flur 25 – heute eingetragen auf Blatt 6246 des Grundbuchs von S... – an die Beigeladenen verfügt wurde. Die Beigeladenen sind Mitglieder der Erbengemeinschaft nach F... (nachfolgenden: der Alteigentümer); der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger seines Vaters F... (nachfolgend: der Rechtsvorgänger), weitere Erbin ist die Schwester des Klägers C... (geb. K...). Der Alteigentümer – ein Fabrikant aus S... jüdischer Glaubenszugehörigkeit – war unter anderem Eigentümer der ehemals im Grundbuch von S..., Band 24, Blatt 890, verzeichneten Parzellen 179 (Ackerfläche - 4.900 m²), 180 (Ackerfläche und Hofraum - 2.810 m²) und 181 (Ackerfläche - 1.480 m²) des Kartenblatts 4, aus denen die streitgegenständlichen Grundstücke hervorgingen.
Am 25. April 1934 erhielt der Rechtsvorgänger eine Genehmigung nach dem Ansiedlungsgesetz vom 10. August 1904, auf den Parzellen 179 und 180 ein Wohnhaus errichten zu dürfen; seinem Bauantrag vom 18. Mai 1934 wurde am 08. Juni 1934 entsprochen. Am 27. Mai 1935 wurde die Herstellung einer Behelfswohnung im Stallgebäude genehmigt, unter dem 07. Juli 1936 hob der Landrat die Gültigkeit des Bauscheins vom 08. Juni 1934 auf, weil eine Verlängerung seiner Gültigkeit nicht beantragt und mit dem Bau des Wohnhauses noch nicht begonnen worden sei.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 30. Dezember 1938 (Urkundenrolle-Nr. 4... des Notars W..., S...) verkaufte der im Ausland lebende und durch einen Unterbevollmächtigten vertretene Alteigentümer von dem im Grundbuch S... Band 24, Blatt 890, verzeichneten Grundbesitz die Parzellen Kartenblatt IV der Gemarkung S... Nr. 179-181 an den Rechtsvorgänger. Der Kaufpreis, 1.202,50 Reichsmark (RM), sei bereits 1935 bis 1937 in Raten an den Veräußerer gezahlt worden, eine Übergabe der Parzellen habe stattgefunden. Am 06. Februar 1939 nahm der Landrat des Kreises S... gegenüber dem Regierungspräsidenten in Zusammenhang mit der Genehmigung des Vertrages nach den Bestimmungen der „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“ Stellung, am 27. April 1939 genehmigte der Oberpräsident der Provinz Brandenburg den Kaufvertrag. Das verkaufte Grundeigentum wurde auf das Grundbuch S... Band 47, Blatt 1558, übertragen und der Rechtsvorgänger am 02. März 1940 als Bucheigentümer eingetragen. Am 10. Juli 1958 wurde das Bestandsverzeichnis dieses Grundbuchblatts auf das Einheitskataster zurückgeführt und unter dem Bestandsblatt 2293 fortgeführt. Die Parzellen 179-181 wurden 1955 zum Flurstück 151 der Flur 25 der Gemarkung S... in einer Gesamtgröße von 9.190 m² verschmolzen, dieses wiederum 1982 in die Flurstücke 151/1 (8.478 m²) und 151/2 (712 m²) zerlegt.
Der Alteigentümer verstarb am 29. Dezember 1954.
Er wurde ausweislich des – vom Bundesamt im Anschluss an eine mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2020 nachgereichten und in einer 3. (Original-)Ausfertigung vorliegenden – Erbscheines des Amtsgerichts Hildesheim vom 15. Oktober 1950 – der einem Vermerk des Amtsgerichts vom 07. Juli 1994 nach auch für das Eigentum an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR gilt – (10 VI 1/60) von seiner Ehefrau P... zu 9/10 und seinem Sohn, dem Beigeladenen zu 1., zu 1/10 beerbt.
P... verstarb am 06. Februar 1979; sie wurde ausweislich des ebenfalls in einer Ausfertigung nachgereichten Erbscheins des Amtsgerichts Hameln vom 27. August 1996 (19 VI 83/95), soweit vorliegend von Bedeutung, von den Beigeladenen zu 1/10 bzw. jeweils zu 4,5/10 beerbt.
Im Oktober 1990 meldete unter anderem die Beigeladene zu 3. vermögensrechtliche Ansprüche, so auch an den streitgegenständlichen Grundstücken, an.
Die Untere Bauaufsichtsbehörde des Landratsamtes S... erteilte dem Kläger aufgrund seines Bauantrages vom 03. Oktober 1990 eine Baugenehmigung (Nr. B...) für das Bauvorhaben „Um- und Anbau“ Wohnhaus N... in S.... Die Herstellungskosten werden in dem Bauantrag mit 200.000,00 DM, die Rohbaukosten mit 131.348,36 DM angegeben. Der Baubeschreibung nach war das Baugrundstück mit einem Wohnhaus – dieses bestehend aus Keller, Erdgeschoss und Dachgeschoss –, mit einem Wirtschaftsgebäude als Anbau an das Wohnhaus mit Abstell-, Wasch- und Bügelraum und mit einer Garage bebaut; zu den Dachaufbauten heißt es dort: „Anpassung an vorhandenes Dach in Farbe und Dachhaut, Neigung 48°“; zu der äußeren „Gestaltung des Gebäudes“ wird angegeben: „Übernahme der vorh. äußeren Gestaltung der Gebäude“.
Unter dem 21. Juli 1992 genehmigte die Untere Bauaufsichtsbehörde den Neubau einer Doppelgarage auf den Flurstücken 151/1 und 151/2 der Flur 25 in S.... In dem Teillageplan vom 30. April 1992, der dem Bauantrag vom 30. April 1992 beilag, wird die „Erweiterung des Wohnhauses“ als mit „z. Zt. im Bau“ angegeben.
Am 15. März 1994 wurden der Kläger und seine Schwester als Eigentümer der vorbezeichneten Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Das Bauvorhaben „An- und Umbau Wohnhaus“ nahm die Untere Bauaufsichtsbehörde am 08. Dezember 1994 ab.
Das Flurstück 151/2 wurde 1996 in die Flurstücke 151/3 und 151/4, das Flurstück 151/1 in die Flurstücke 151/5 und weitere sechzehn Flurstücke zerlegt; weitere Teilungen erfolgten 1998. Hintergrund ist eine Teilungsgenehmigung, die der Landrat des Landkreises S...dem Kläger unter dem 07. März 1996 „zum Zwecke der Bebauung“ erteilte.
Nach Anhörung der Beigeladenen – welche keine Einwände erhoben – erteilte der Landrat des Landkreises S... dem Kläger am 30. Mai 1996 einen Investitionsvorrangbescheid. Die investive Verwendung der Flurstücke 151/1 und 151/2 der Flur 25 in S... erfolge zu dem investiven Zweck, § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über den Vorrang von Investitionen bei Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz (Investitionsvorranggesetz – InVorG), der „Schaffung von zehn Eigenheimen (über den geförderten Wohnungsbau)“.
Von den geteilten Flurstücken wurden neun Flurstücke (151/7-151/15) zwischen 1996 und 2001 veräußert, die restlichen Flurstücke (so unter anderem auch die streitgegenständlichen Flurstücke 151/6, 151/17 und 151/20) wurden am 18. April 2006 im Anschluss an eine notarielle Erbteilsübertragung vom 31. August 2005 auf Blatt 6246 des Grundbuchs von S... als Alleineigentum des Klägers eingetragen.
Mit Bescheid vom 03. April 2008 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Rückübertragung des Eigentums an den ehemals im Grundbuch von S... Band 24, Blatt 890, eingetragenen Grundstücken ab (Ziffer 1.), stellte fest, dass die Erbengemeinschaft nach dem Alteigentümer gegenüber der Erbengemeinschaft nach dem Rechtsvorgänger einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung der beantragten Grundstücke entsprechend dem Investitionsvorrangbescheid vom 30. Mai 1996 habe, oder – sofern kein Erlös erzielt worden sei oder dieser den Verkehrswert im Zeitpunkt der Vollziehung des Investitionsvorrangbescheides unterschreite – der Erbengemeinschaft die Zahlung des Verkehrswertes zustehe (Ziffer 3.), befand, dass ein Ablösebetrag nicht zu hinterlegen sei (Ziffer 4.), ein Wertausgleich nicht geschuldet werde (Ziffer 5.) und dass die Erbengemeinschaft an die Verfügungsberechtigten eine Gegenleistung in Höhe von 30,74 € zu zahlen habe (Ziffer 6.).
Der Restitutionsantrag sei nach § 3 Abs. 1, Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 6 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) begründet. Der Alteigentümer habe die streitgegenständlichen Grundstücke durch einen Zwangsverkauf verloren, weil das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen Inhalt nach nicht ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus abgeschlossen worden wäre. Dieses Ergebnis werde durch die Umstände, dass der Bauantrag 1934 mit Zustimmung des Alteigentümers gestellt worden sei und dass zwischen ihm und dem Rechtsvorgänger eine freundschaftliche Beziehung bestanden habe, nicht in Frage gestellt. Eine Rückübertragung scheide jedoch wegen des Investitionsvorrangbescheids aus, denn der Kläger habe die auf den Seiten 4/5 bezeichneten (insgesamt neunzehn) Flurstücke „nach Abschluß des investiven Vorhabens an die o. g. Erwerber (veräußert)“. Es bestehe daher ein Anspruch auf Erlösauskehr oder auf „Erstattung des Verkehrswertes“ nach § 16 Abs. 1 S. 1 und 3 InVorG, weil zum hier relevanten Zeitpunkt keine Ausschlussgründe nach dem Vermögensgesetz vorgelegen hätten.
Der Kläger erhob am 29. April 2008 Klage gegen Ziffer 3. des Bescheides vom 03. April 2008 (1 K 392/08). Das Gericht hob den Bescheid mit einem nach Rücknahme der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rechtskräftigen Urteil vom 30. März 2012 auf, soweit das Bundesamt einen Erlösauskehr- und Verkehrswerterstattungsanspruch auch hinsichtlich der neun – so auch der vorliegend streitgegenständlichen – Grundstücke festgestellt hatte, die nicht veräußert wurden; im Übrigen wies es die Klage ab.
Das Bundesamt kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 03. April 2012 eine teilweise Rücknahme des Bescheides vom 03. April 2008 an; ebenfalls im April beantragten die Beigeladenen sinngemäß, Ziffer 1. dieses Bescheides zurückzunehmen.
Mit Teil-Bescheid vom 09. Februar 2015 übertrug das Bundesamt sechs – hier nicht streitgegenständliche – Flurstücke an die Beigeladenen zurück (Ziffer 1.) und kündigte an, über die hier streitgegenständlichen Grundstücke gesondert zu entscheiden (Ziffer 2.); die Klage (VG 1 K 327/15, sodann VG 1 K 318/16) nahm der Kläger am 25. Februar 2016 zurück.
Unter dem 16. August 2016 hörte das Bundesamt die Beteiligten zu der beabsichtigten Rückübertragung der hier streitgegenständlichen Grundstücke an. Der Kläger nahm unter dem 19. September 2016 Stellung und bat um Fristverlängerung; am 01. Dezember 2016 nahm er zu baulichen Maßnahmen auf den Grundstücken Stellung, unter dem 07. April 2017 wies er das Bundesamt auf die Bestandskraft der (versagten) Rückübertragungsentscheidung hin. Das Bundesamt hörte die Beteiligten daraufhin zu einer teilweisen Rücknahme von Ziffer 1. und 3. des Bescheids vom 03. April 2008 an. Der Kläger bat unter dem 08. Juni 2017 um Gewährung der Akteneinsicht und nahm am 20. Juli 2017 in der Sache Stellung.
Mit einem dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29. August 2017 zugestellten Bescheid vom 23. August 2017 hob das Bundesamt Ziffer 1. des Bescheides vom 03. April 2008 insoweit auf, als diese Regelung in Bezug auf die streitgegenständlichen Grundstücke eine Rückübertragung versagt hatte (Ziffer 1.), hob Ziffer 3. des Bescheides vom 03. April 2008 insoweit auf, als der Bescheid hinsichtlich der streitgegenständlichen Grundstücke einen Anspruch auf Auskehr des Erlöses aus der Veräußerung oder Zahlung des Verkehrswertes festgestellt hatte (Ziffer 2.) und übertrug die streitgegenständlichen Flurstücke an die Beigeladenen in Erbengemeinschaft zurück (Ziffer 3.).
Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Der Ausgangsbescheid sei schon im Zeitpunkt seines Erlasses in Ziffer 1. im Sinne von § 48 Abs. 1 S. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) teilweise rechtswidrig gewesen, weil sich die streitgegenständlichen Grundstücke noch im Eigentum des verfügungsberechtigten Klägers befunden hätten. Die Rücknahme erfolge aufgrund einer Ermessensentscheidung. Zwar komme dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit gegenüber dem Grundsatz der Rechtssicherheit prinzipiell kein größeres Gewicht zu; die teilweise Rücknahme sei jedoch geboten, weil das Verwaltungsgericht den Erlösauskehranspruch der Beigeladenen im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke ersatzlos aufgehoben habe, weil der ablehnende Restitutionsbescheid insoweit rechtswidrig die gesetzlich vorgesehene Wiedergutmachung versagt habe und weil besondere Vertrauensgesichtspunkte nach Aktenlage nicht erkennbar seien. Der Kläger habe das Wohngebäude 1991-1994 auf der Grundlage eines bestandskräftig beschiedenen Bauantrages um- und ausgebaut und im Vertrauen auf das 1995 erteilte Negativtestat investiert. Der Investitionsvorrangbescheid habe nicht diese Investitionen, sondern den Verkauf der Grundstücke und die Errichtung von zehn Eigenheimen gedeckt. Aus dessen Begründung ergebe sich zweifelsfrei, dass die Veräußerung der „Brachflächen“ der Errichtung von zehn Eigenheimen im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus gedient habe. Der investive Zweck bestimme sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 InVorG mit der Folge, dass die § 3 und 5 VermG insoweit nicht anzuwenden seien. Auch sei die gütliche Einigung zwischen den Verfahrensbeteiligten über diese Grundstücke jahrelang nicht zustande gekommen. Dass die streitgegenständlichen Grundstücke einer schädigenden Maßnahme nach § 1 Abs. 6 VermG unterlegen hätten, ergebe sich aus dem Ausgangsbescheid und aus dem verwaltungsgerichtlichen Urteil; Anhaltspunkte für Ausschlusstatbestände nach § 5 Abs. 1 oder § 4 Abs. 2 S. 1 VermG lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 27. September 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen vorträgt:
Das Haus sei 1934 lediglich mit einer Grundfläche von 34 Quadratmetern errichtet worden. Es habe auch eine den Anforderungen nicht mehr entsprechenden Ausstattung gehabt und es sei daher auf Grund des Bauantrages vom 03. Oktober 1990 durch einen „Neubau ersetzt“ worden. Die alte Bausubstanz sei abgetragen und durch eine zeitgemäße Bausubstanz ersetzt worden. Der Bauantrag sei lediglich als „An- und Umbau des Wohnhauses“ bezeichnet worden, weil sich das Haus im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches befunden habe. Der Restitutionsantrag der Beigeladenen sei ihm seinerzeit unbekannt gewesen.
Das „Wohnhaus und 10. Eigenheim“ sei daher von dem Investitionsvorrangbescheid erfasst. Hiermit sei nicht nur ein Verkauf von Grundeigentum ermöglicht worden, sondern es seien auch bauliche Veränderungen an dem betroffenen Vermögenswert zugelassen worden, die ansonsten nach § 3 Abs. 3 VermG hätten unterbleiben müssen; die „getätigten“ und „beabsichtigten weiteren“ investiven Maßnahmen hätten abgesichert werden sollen. Seinerzeit sei er allerdings der Auffassung gewesen, „dass der Grundstückserwerb durch seinen Rechtsvorgänger im Hinblick auf die unter Nachweis gestellten konkreten Umstände nicht einem verfolgungsbedingtem Zwang unterfallen war“. Ein Investitionsvorrangbescheid könne nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 InVorG verschiedene investive Maßnahmen zulassen. Das Bundesamt habe verkannt, dass mit der von der Behörde bemühten Formulierung nur das angestrebte Ziel, nicht aber die konkreten Investitionen in Vollzug des Bescheides beschrieben würden; gegebenenfalls sei der Bescheid „widersprüchlich“. Es sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch unerheblich, ob die konkreten Investitionen nach Erlass des Bescheides durchgeführt worden seien. Die Zurückweisung des Anspruchs auf Rückübertragung des Wohngrundstücks erweise sich folglich als rechtmäßig.
Bei Erlass des Bescheides vom 03. April 2008 sei zudem bekannt gewesen, dass sich das Grundstück in seinem Eigentum befinde, er habe nie behauptet, es veräußert zu haben. Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 30. März 2012 sei die Verpflichtung auf Erlösauskehr für alle in dieser Sache restitutionsbelasteten Grundstücke entfallen.
Jedenfalls sei die Rücknahme des Bescheides vom 03. April 2008 – ein ihn begünstigender Verwaltungsakt – nicht binnen der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG erfolgt.
Die von Seiten der Beklagten nachgereichten Erbscheine seien nicht geeignet, die Berechtigung der Beigeladenen zu belegen. Zum einen seien die Erbscheine im Original oder in Ausfertigung vorzulegen, zum anderen beziehe sich die Formulierung des Erbscheines, wonach dieser auch „für Eigentum an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR“ gelte, nicht auf den vorliegenden Rückübertragungsanspruch. Entsprechendes gelte für den Erbschein vom 27. August 1996.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen vom 23. August 2017 in Ziffer 1. und Ziffer 3. aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt im Wesentlichen vor: Eine schädigende Maßnahme sei unstrittig und Ausschlussgründe lägen nicht vor. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG laufe erst nach Abschluss eines Anhörungsverfahrens nach § 32 Abs. 1 S. 1 VermG. Die Rückübertragung entfalle nach § 11 Abs. 2 S. 1 InVorG nur in dem Umfang der Veräußerung, vorliegend seien die streitgegenständlichen Grundstücke allerdings im Eigentum des Klägers verblieben, so dass der Investitionsvorrangbescheid keine restitutionsausschließende Wirkung entfalten könne.
Die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie treten der Klage im Wesentlichen wie folgt entgegen: Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Voraussetzungen der schädigende Maßnahme lägen vor, der Rückübertragung stünden Ausschlussgründe nicht entgegen und der Anspruch werde auch durch die vorgelegten Ausfertigungen der Erbscheine belegt.
Der Investitionsvorrangbescheid könne die Rückübertragung nur für solche Flurstücke ausschließen, die der Kläger tatsächlich veräußert habe; das sei den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nach bei den streitgegenständlichen Flurstücke nicht der Fall gewesen. Folge man der Ansicht des Klägers, dass der Investitionsvorrangbescheid auch Maßnahmen an dem Eigenheim umfasse, obwohl dieses nicht veräußert worden sei, hätte ihnen ein Erlösauskehr bzw. Verkehrswertanspruch für die streitgegenständlichen Flurstücke zugestanden. Hierzu habe das Verwaltungsgericht aber bereits rechtskräftig entschieden, dass die Feststellung eines Erlösauskehr- und Verkehrswertanspruches rechtswidrig sei, soweit sie sich auf die streitgegenständlichen Grundstücke beziehe. Die Teilrücknahme sei auch nach § 48 VwVfG rechtmäßig, insbesondere sei die Jahresfrist, die nicht vor Erlass der beabsichtigten Entscheidung vom 02. Mai 2017 zu laufen begonnen habe, gewahrt.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 19. September 2019 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen, wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der beendeten Klageverfahren, die Verwaltungsvorgänge (6 Ordner) sowie die weiteren Beiakten (5 Hefte) Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.
I. Die mit dem in der mündlichen Verhandlung formulierten Anfechtungsantrag zulässige Klage ist unbegründet. Ziffer 1. und Ziffer 3. des Bescheides der Beklagten vom 23. August 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger demgemäß nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
1. Die Rücknahme der Ziffer 1. des Bescheides des Bundesamtes vom 03. April 2008 findet in § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG ihre Rechtsgrundlage. Nach dieser Bestimmung kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
a) Der Ausgangsbescheid verstieß in dem maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses (hierzu etwa: BVerwG, Urt. v. 09. Mai 2012 – BVerwG 6 C 3.11 –, juris Rn. 43 m. w. N.; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 48 VwVfG Rn. 57) insoweit gegen die Rechtsordnung, als er eine Rückübertragung der streitgegenständlichen Grundstücke an die Mitglieder der Erbengemeinschaft nach F... versagt hatte. Diesen stand – und steht auch weiterhin – ein Anspruch auf Rückübertragung der Grundstücke, Flurstücke 151/6, 151/17 und 151/20 der Flur 25 in S... nach § 3 Abs. 1 S. 1 VermG zu.
aa) Die Grundstücke waren von einer schädigenden Maßnahme nach § 1 Abs. 6 VermG betroffen und Ausschlussgründe lagen nicht vor.
Das Bundesamt ist in dem Bescheid vom 03. April 2008 zutreffend davon ausgegangen, dass der – als Bürger jüdischer Glaubenszugehörigkeit kollektiv verfolgte – Alteigentümer die streitgegenständlichen Grundstücke am 30. Dezember 1938 durch einen Zwangsverkauf i.S.v. § 1 Abs. 6 S. 1 VermG verloren hat und dass die Vermutung eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes, § 1 Abs. 6 S. 2 VermG und Art. 3 Abs. 1 lit. b) der Anordnung BK/O (49) 180 der Alliierten Kommandantur Berlin vom 26. Juli 1949 (Rückerstattungsanordnung – REAO), angesichts des Umstandes, dass das Rechtsgeschäft nach dem 15. September 1935 abgeschlossen wurde, nicht widerlegt war, weil nicht bewiesen wurde, dass die Vermögenswerte auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus im Wesentlichen zu entsprechenden Bedingungen veräußert worden wären. Jedenfalls eine Mitursächlichkeit des Nationalsozialismus kann schon wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Emigration des Alteigentümers im Oktober 1938 nicht verneint werden. Auf die Begründung des Verwaltungsgerichts in dem Urteil vom 30. März 2012 (1 K 392/08), die sich das Gericht vollumfänglich zu eigen macht, wird Bezug genommen (Urteilsausfertigung [UA] S. 13 ff., insb. S. 17 ff.).
bb) Das Gericht folgt weiter der Auffassung dieses Urteils, Ausschlussgründe im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 und § 5 VermG seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich (UA S. 20).
Der Rückübertragung der vorliegenden streitgegenständlichen Grundstücke standen am 03. April 2008 aber auch Vorschriften des Investitionsvorranggesetzes nicht entgegen.
Nach § 1 InVorG in der Fassung der Bekanntmachung vom 04. August 1997 (BGBl. I S. 1996) dürfen Grundstücke, Gebäude und Unternehmen, die Gegenstand von Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz sind oder sein können, nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften dieses Gesetzes ganz oder teilweise für besondere Investitionszwecke verwendet werden. Der Berechtigte erhält in diesen Fällen einen Ausgleich nach Maßgabe des Investitionsvorranggesetzes.
aaa) Nach § 11 Abs. 2 S. 1 InVorG entfällt die Rückübertragung des Vermögenswerts nach Abschnitt II des Vermögensgesetzes in dem Umfang der Veräußerung auf Grund des Investitionsvorrangbescheids. In diesem Fall greift § 16 Abs. 1 S. 1 InVorG ein, wonach jeder Berechtigte nach Feststellung oder Nachweis seiner Berechtigung von dem Verfügungsberechtigten die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe aller auf den von ihm zu beanspruchenden Vermögenswert entfallenden Geldleistungen aus dem Vertrag verlangen kann, wenn dem Verfügungsberechtigten infolge seiner Veräußerung die Rückübertragung des Vermögenswertes nicht möglich ist.
Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen lagen nicht vor, weil der Kläger die hier streitgegenständlichen Grundstücke, Flurstücke 151/6, 151/17 und 151/20 der Flur 25 in S..., nicht veräußert hatte. Auf die zutreffenden – und im Übrigen bindenden, § 121 VwGO sowie § 173 S. 1 VwGO i. V. m. § 318 der Zivilprozessordnung (ZPO) – Feststellungen des rechtskräftigen Urteils der Kammer vom 30. März 2012 (UA S. 10 und 11) und auf die dort zitierte – und für den Fall einer Veräußerung des Vermögensgegenstandes einschlägige – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird ebenfalls Bezug genommen.
bbb) Der Rückübertragung der streitgegenständlichen Grundstücke stand am 03. April 2008 aber auch § 11 Abs. 5 InVorG in der Fassung vom 04. August 1997 nicht entgegen.
Nach § 11 Abs. 5 S. 1 InVorG entfällt ein Anspruch auf Rückübertragung (auch) insoweit, als das Grundstück oder Gebäude für die investive Maßnahme nach dem Inhalt des Vorhabens in Anspruch genommen wurde, wenn der Verfügungsberechtigte die bescheinigten investiven Maßnahmen nach § 2 InVorG innerhalb der festgesetzten Frist selbst durchführt und wenn er die nach § 8 Abs. 2 S. 1 lit. d) InVorG bestimmte Sicherheit geleistet hat; nach § 11 Abs. 5 S. 2 InVorG – wie die zuvor zuletzt genannte Voraussetzung ebenfalls eingefügt durch Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Absicherung der Wohnraummodernisierung und einiger Fälle der Restitution (Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz) vom 17. Juli 1997 (BGBl. I S. 1823) – ist das Rückübertragungsverfahren nach dem Vermögensgesetz bis zum Ablauf der Frist zur Durchführung der zugesagten Maßnahmen auszusetzen. Liegen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 5 InVorG vor, gilt § 16 Abs. 1 S. 3 InVorG. Nach dieser durch Art. 4 des Gesetzes zur Abwicklung der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS-Abwicklungsgesetz) vom 28. Oktober 2003 (BGBl. I S. 2081) neu gefassten Bestimmung kann der Berechtigte innerhalb eines Jahres (Ausschlussfrist) Zahlung des Verkehrswertes gerichtlich geltend machen u. a. dann, wenn der Verfügungsberechtigte selbst investive Maßnahmen durchgeführt hat. Für Streitigkeiten aus § 16 InVorG ist, soweit nicht durch Bescheid entschieden wird, der ordentliche Rechtsweg, im Übrigen der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
Eine investive Maßnahme kann auch darin liegen, dass der Verfügungsberechtigte auf einem Grundstück ein Bauwerk oder Gebäude errichtet, ausbaut, modernisiert, instand setzt oder wiederherstellt, wenn durch einen Investitionsvorrangbescheid festgestellt wird, dass dies einem der hierfür bestimmten besonderen Investitionszwecke dient, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 letzter Hs. InVorG. Ein besonderer Investitionszweck konnte auch angenommen werden bei der Schaffung neuen Wohnraums oder der Wiederherstellung nicht bewohnten und nicht bewohnbaren oder vom Abgang bedrohten Wohnraums; die Errichtung, Wiederherstellung oder Modernisierung einzelner Ein- und Zweifamilienhäuser jedoch nur im Rahmen einer städtebaulichen Maßnahme, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InVorG in der am 30. Mai 1996 geltenden Fassung des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes (2. VermRÄndG) vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257).
Diese Voraussetzungen lagen jedoch ebenfalls nicht vor.
In einem Investitionsvorrangbescheid werden die zugesagten Maßnahmen (vgl. §§ 2, 3 Abs. 1 und 2, § 8 Abs. 2 lit. a), § 9 Abs. 2 lit. a InVorG) und deren Träger näher erläutert und damit der Rahmen für die Investition bzw. die zugesagten Maßnahmen abgesteckt. Das gilt auch für besondere Investitionszwecke, die in dem Bescheid festgelegt sind (BVerwG, Urt. v. 23. März 2011 – BVerwG 8 C 6.10 –, juris Rn. 26 [für das Durchführungsfeststellungsverfahren]). Soll der festgelegte besondere Investitionszweck in einem wesentlichen Punkt geändert werden, reicht hierfür nicht eine Änderung des investiven Vertrages, vgl. § 8 Abs. 2 S. 2 InVorG, aus, vielmehr muss der Investitionsvorrangbescheid selbst entsprechend geändert werden. Hintergrund dieser Überlegung ist, dass die Ansprüche des Anmelders auf Rückübertragung nur dann durch den Investitionsschutz verdrängt werden können, wenn die betreffenden Investitionen ihrerseits Gegenstand der Überprüfung in einem gegen den Bescheid eingeleiteten einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzverfahren sein konnten, § 12 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 InVorG (BVerwG, Urt. v. 26. Mai 1999 – BVerwG 8 C 8.98 –, juris Rn. 25).
Die Auslegung eines Investitionsvorrangbescheids beurteilt sich wie bei der Auslegung jeden Verwaltungsakts nach den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Maßgebend sind danach nicht die subjektiven Vorstellungen des Adressaten oder der Behörde, vielmehr ist der wirkliche Wille einer Erklärung zu erforschen, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (etwa: BVerwG, Urt. v. 21. August 2018 – BVerwG 1 C 21.17 –, juris Rn. 25 m. w. N.).
Hiervon ausgehend ist der Investitionsvorrangbescheid des Landrates des Landkreises S... vom 30. Mai 1996 nicht unklar oder „missverständlich“; vielmehr versucht der Kläger, dem Bescheid einen Erklärungsinhalt zu geben, der ihm bei objektiver Würdigung nicht zukommt. Vielmehr genehmigte der Bescheid seinem objektiven Erklärungsinhalt nach die investive Verwendung der Grundstücke, seinerzeitige Flurstücke 151/1 und 151/2 der Flur 25 in S..., nicht für Eigeninvestitionen in ein nicht zum Verkauf vorgesehenes Grundeigentum: So wird als „investiver Zweck“ die „Schaffung von 10 Eigenheimen“ angegeben, es wird festgestellt, dass § 3 Abs. 3 bis 5 VermG nach § 2 Abs. 1 InVorG „auf die Veräußerung“ nicht anzuwenden sei und dass der Bescheid berechtige, „den vorgenannten Verkauf vorzunehmen“, der nach § 55 der Bauplanungszulassungsverordnung „getätigt“ werde. Schließlich wird entsprechend § 8 Abs. 2 S. 2 InVorG bestimmt, welche Klausel in den „Veräußerungsvertrag“ aufzunehmen sei und es wird eine Vertragsstrafe bei Nichtdurchführung des Vorhabens oder bei Durchführung des Vorhabens unter wesentlicher Abweichung vom Vorhabenplan benannt. Entsprechend wird in der Begründung des Bescheides darauf hingewiesen, dass „auf den zu veräußernden Flächen (…) 10 Eigenheime über den geförderten Wohnungsbau (entstehen).“
Schon mit der Formulierung „Schaffung von 10 Eigenheimen“ hat die Behörde seinerzeit ausschließlich den möglichen besonderen Investitionszweck nach § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Alt. InVorG der „Schaffung neuen Wohnraums“ in Bezug genommen, und hiermit übereinstimmend geht aus den weiteren vorstehend zitierten Begründungselementen des Bescheides unzweifelhaft hervor, dass die bereits Jahre zuvor getätigten Eigeninvestitionen des Klägers im Rahmen des Um- und Ausbaus des Einfamilienhauses nicht gemeint sein sollten.
Es kommt hinzu, dass der Kläger ein Vorhaben im Sinne der in dem Investitionsvorrangbescheid der Sache nach bezeichneten „Neuerrichtung“ einer Baulichkeit nicht durchgeführt hat. Vielmehr hat der Kläger das bestehende Wohnhaus seinerzeit nicht „ersetzt“, sondern lediglich mit einem – wenn auch umfangreichen und investitionsträchtigen – Um- und Anbau versehen. Dieser Schluss ergibt sich nicht nur aus der Baugenehmigung selbst, sondern schon aus der im Tatbestand bezeichneten Baubeschreibung; die dortigen Formulierungen „Anpassung an vorhandenes Dach in Farbe und Dachhaut“ und „Übernahme der vorh. äußeren Gestaltung der Gebäude“ lassen nur den Schluss zu, dass die vorhandene, den Ansprüchen nicht mehr genügende Baulichkeit in den Erweiterungs- und Modernisierungsbau integriert worden ist. Entsprechendes ergibt sich auch aus der Baugenehmigung vom 21. Juli 1992 in Verbindung mit dem Teillageplan vom 30. April 1992, und die Einschätzung des Gerichts findet vor allem ihre Bestätigung in dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2020: Der rechtsanwaltlich vertretene Kläger hat sich weder mit der Wertung des Gerichts auseinander gesetzt noch hat er – obwohl ihm das ein Leichtes hätte sein müssen – aus eigenem Bestand Unterlagen vorgelegt, die seine Behauptung, die ursprüngliche Bebauung sei durch einen Neubau ersetzt worden, stützen.
Der Investitionsvorrangbescheid lässt nicht ansatzweise erkennen, dass die Behörde mehrere unterschiedliche investive Maßnahmen – auf der einen Seite die Veräußerung mit Errichtung von Eigenheimen im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus, auf der anderen Seite den Um- und Ausbau eines bestehenden Gebäudes – mit unterschiedlichen besonderen Investitionszwecken – auf der einen Seite die ausdrücklich benannte „Schaffung von 10 Eigenheimen“ im Sinne der „Schaffung neuen Wohnraums“ mit der Frist zur Durchführung des Vorhabens „bis Ende Dezember 1998“, auf der anderen Seite die – unterstellte – „Wiederherstellung nicht bewohnten und nicht bewohnbaren oder vom Abgang bedrohten Wohnraums“ –, diese Maßnahmen zudem jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten und zudem teilweise rückwirkend, genehmigen wollte.
Für den letztgenannten besonderen Investitionszweck im Sinne von § 3 InVorG a. F. wäre schließlich auch weder etwas ersichtlich noch vorgetragen und die „Errichtung oder Wiederherstellung einzelner Ein- und Zweifamilienhäuser“ wäre nur im Rahmen einer – hier ebenfalls für die Zeit ab Oktober 1990 nicht ersichtlichen – „städtebaulichen Maßnahme“ genehmigungsfähig gewesen, § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InVorG a. F. Es kann jedoch kaum angenommen werden, dass die Behörde seinerzeit einen rechtswidrigen Verwaltungsakt hätte erlassen wollen.
Mit der Wertung des Gerichts stimmen im Übrigen auch die Ausführungen des Klägers nach informatorischer Befragung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2012 überein:
„Der Kläger erklärt auf Nachfrage des Gerichts, dass im Jahr 2005 seine Schwester eine Verzichtserklärung über den gesamten Nachlass nach ihren Eltern abgegeben habe. Er sei jetzt Alleineigentümer der Grundstücke. Das mit dem Investitionsvorrangbescheid vom 31. Mai 1996 gemeinte Vorhaben habe er privat durchgeführt und sein Sohn als Bauträger fortgeführt. Sie hätten die Grundstücke erschlossen, die Straße gebaut und alle Medien bezahlt. Die Grundstücke seien dann unbebaut angeboten worden. Die Fläche sei nach der Wende reines Ackerland gewesen. Er habe das dann zu Bauland gemacht. Es sei ein Vorhaben- und Erschließungsplan mit der Gemeinde erarbeitet worden. Er sei insoweit der Vorhabenträger gewesen. Der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens sei mäßig gewesen. Der Kläger weist darauf hin, dass die Grundstücke ohne sein Zutun nach wie vor Ackerland gewesen wären.“
Aus diesem Vortrag wird deutlich, dass die vorliegend streitgegenständlichen Grundstücke, insbesondere aber das Wohngrundgrundstück, nach dem – seinerzeitigen – eigenen Verständnis des Klägers von dem Investitionsvorrangbescheid nicht umfasst sein sollten.
Dem Vorstehenden nach kann das Gericht die Rechtsfrage im Ergebnis offen lassen, ob ein Investitionsvorrangbescheid einen Rückübertragungsanspruch nach § 11 Abs. 5 InVorG entfallen lassen kann, wenn die – hier unterstellt – investive Maßnahme vor Erlass dieses Bescheids – vorliegend gar vor Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens nach dem Investitionsvorranggesetz – bereits abschließend durchgeführt war. Dieser Schluss würde schon dem Wortlaut dieser Bestimmung nach als zweifelhaft erscheinen (in diesem Sinne auch VG Gera, Urt. v. 27. August 2003 – 2 K 284/97.GE –, juris Rn. 35; vgl. aber BVerwG, Urt. v. 29. September 1993 – BVerwG 7 C 39.92 –, juris Rn. 10 ff. und BVerwG, Beschl. v. 18. März 1994 – BVerwG 7 B 37.94 –, juris [zu einem investiven Verkauf]). Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 1999 (V ZR 129/98 –, juris Rn. 13) führt jedenfalls nicht weiter, weil der dortige Sachverhalt in mehrfacher Hinsicht mit dem hier Vorliegenden nicht vergleichbar ist, insbesondere genehmigt der „Investitionsvorrangbescheid (…) die in der Vergangenheit getroffenen Maßnahmen“ hier nicht und es stehen – vor allem – vorliegend auch nicht Maßnahmen inmitten, „die im Vorgriff auf eine positive Investitionsentscheidung“ – die dem dortigen Sachverhalt nach bereits beantragt war – „gemacht worden sind“.
ccc) Nach § 12 Abs. 3 S. 4 InVorG bestehen u. a. Ansprüche auf Rückübertragung nicht, wenn der Anmelder nicht innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Investitionsvorrangbescheids einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gestellt hat oder ein innerhalb der in Buchstabe a) genannten Frist gestellter Antrag rechtskräftig abgelehnt wird und mit der tatsächlichen Durchführung der zugesagten Investition nachhaltig begonnen worden ist.
Diese Norm, die auf eine Veräußerung des Objekts an einen Investor zugeschnitten ist (ausf.: BVerwG, Urt. v. 02. Mai 1996 – BVerwG 7 C 16.95 –, juris Rn. 15 ff.), ist bei den vorliegend inmitten stehenden Eigeninvestitionen weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
b) Auch im Übrigen unterliegt Ziffer 1. des Bescheides vom 23. August 2017 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, insbesondere sind Ermessensfehler nicht ersichtlich, § 114 S. 1 VwGO, und die Voraussetzungen für eine Rücknahmeentscheidung lagen vor.
aa) Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts steht nach 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG im Ermessen der Behörde. Handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, darf dieser nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden, § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG. Ob eine begünstigende Regelung vorliegt, beurteilt sich bei mehrpoligen Rechtsverhältnissen allein aus der Sicht des Adressaten (BVerwG, Urt. v. 09. Mai 2012 – BVerwG 6 C 3.11 –, juris Rn. 46; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 48 VwVfG Rn. 71), hier des Klägers.
Maßgebend ist im vorliegenden Fall allein § 48 Abs. 3 und 4 VwVfG, weil die Ablehnung der Rückübertragung für den Kläger weder eine Geldleistung noch eine teilbare Sachleistung im Sinne von § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG war. Wird ein nicht unter § 48 Abs. 2 VwVfG fallender Verwaltungsakt zurückgenommen, hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist, § 48 Abs. 3 S. 1 VwVfG. Auch in diesen Fällen bedarf es aber unter Umständen für die Entscheidung über die Rücknahme des Verwaltungsaktes einer Klärung der Frage, ob der Begünstigte in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und ob ihm dadurch Vermögensnachteile entstanden sind, weil dies im Rahmen der von der Behörde zu treffenden Ermessensentscheidung wegen der Rechtsfolgen des § 48 Abs. 3 S. 1 VwVfG für die Frage von Bedeutung sein kann, ob die Behörde von der Möglichkeit der Rücknahme Gebrauch machen will (BVerwG, Beschl. v. 07. November 2000 – BVerwG 8 B 137.00 –, juris Rn. 5; BVerwG, Urt. v. 07. März 2012 – BVerwG 8 C 1.11 –, juris). Schutzwürdiges Vertrauen des Betroffenen schließt nach § 48 Abs. 3 VwVfG allerdings eine Rücknahme nicht aus, soweit der Vertrauensschaden nach dieser Vorschrift finanziell auszugleichen ist (BVerwG, Urt. v. 28. Januar 2010 – BVerwG 3 C 17.09 –, BVerwGE 136, 43 Rn. 25 = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 128).
In die bei der Ausübung des Rücknahmeermessens vorzunehmende Abwägung sind vorrangig die Gesichtspunkte der materiellen Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit einzustellen.
Für den Fortbestand des Verwaltungsaktes streitet das Prinzip der Rechtssicherheit, das in seiner objektiv-rechtlichen Gestalt das öffentliche Interesse an der Dauerhaftigkeit und Stetigkeit behördlicher Regelungen zur Geltung bringt. In seiner subjektiven Ausprägung beinhaltet es das Prinzip des Vertrauensschutzes, durch welches der Erwartung des Bürgers in die Beständigkeit von Maßnahmen der Verwaltung entsprochen werden soll (BVerwG, Urt. v. 22. August 2007 – BVerwG 8 C 6.06 –, juris Rn. 14).
Demgegenüber besteht das Anliegen der materiellen Gerechtigkeit in der Wahrung der Recht- und Gesetzmäßigkeit behördlichen Handelns, die somit für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes spricht (BVerwG, Urt. v. 22. August 2007 – BVerwG 8 C 6.06 –, juris Rn. 14). Das gilt insbesondere im Bereich des Restitutionsrechts – dort ergeben sich Vorgaben für eine Entscheidung nach § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG aus dem Zweck des Rückübertragungsrechts, das von dem Gedanken der Wiedergutmachung erlittenen Unrechts gegenüber dem Betroffenen und ihren Rechtsnachfolgern durch die Wiederherstellung früherer Eigentumsrechte bestimmt wird. Mit dem Gesichtspunkt der Wiedergutmachung erlittenen Unrechts aber ist es – so die Kammer bereits in ihrer bisherigen Rechtsprechung (zuletzt: Urt. v. 13. Juni 2013 – VG 1 K 801/09) – unvereinbar, einen Nicht-Berechtigten unter Umgehung des wahren Rechtsinhabers im Rahmen einer rechtswidrigen Restitutionsentscheidung zu begünstigen. Zwar dürfte dieser Gesichtspunkt für sich genommen keine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge bewirken, dass im Bereich des Rechts der offenen Vermögensfragen ein rechtswidriger begünstigender – und gar bestandskräftiger – Verwaltungsakt zwingend zurückzunehmen ist, wenn durch ihn der wahre Anspruchsinhaber um seine Rechte gebracht worden ist (Urt. der Kammer v. 26. Februar 2008 – 1 K 332/07 –, UA S. 23; so aber Urt. der Kammer v. 20. September 2000 – 1 K 641/97 –, UA S. 8/9). Dieser Gesichtspunkt ist jedoch als ein im Rahmen der Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts maßgeblicher Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dessen Bedeutung im Rahmen des Rücknahmeermessens nur dann zu Gunsten der Rechtssicherheit zurücktreten kann, wenn dem mindestens gleichwertige Gesichtspunkte gegenüberstehen.
Der Bescheid des Beklagten vom 23. August 2017 genügt den Anforderungen, die § 114 S. 1 VwGO an eine fehlerfreie Ermessensausübung stellt. Der Bescheid lässt – wie schon die Begründung auf Seite 6, unten, belegt – erkennen, dass sich die Behörde bewusst war, den Bescheid vom 03. April 2008 nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG auf Grund einer Ermessensentscheidung teilweise zurücknehmen zu können. Auch ansonsten sind Ermessensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich, insbesondere liegt auch ein Ermessensfehlgebrauch nicht vor.
Das Bundesamt dürfte allerdings bei der Prüfung, ob der teilweisen Rücknahme des Bescheides vom 03. April 2008 „besondere Vertrauensgesichtspunkte“ auf Seiten des Klägers entgegen stehen, zu Gunsten dieses Beteiligten Gesichtspunkte in die Gewichtung eingestellt haben, die unerheblich sind (Bescheid, S. 6, unten, S. 7). Der Bescheid vom 03. April 2008 ist in Ziffer 1. nach Ablauf der einmonatigen Klagefrist gegenüber dem Kläger und gegenüber den Beigeladenen unanfechtbar geworden und es ist allein maßgeblich, ob der Kläger sein Vertrauen in die Rechtsbeständigkeit dieser Entscheidung anschließend betätigt hat und welches Gewicht dieser Vertrauensbetätigung zukommt. Ob der Umbau oder der Ausbau des Wohngebäudes des Klägers in den Jahren 1991-1994 „im Vertrauen auf das von den zuständigen Behörden 1995 erteilte Negativtest“ erfolgte und welche Bedeutung dem Investitionsvorrangbescheid des Landrates des Landkreises S... vom 30. Mai 1996 zukam, dürfte in diesem Zusammenhang unerheblich sein.
bb) Die Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG war entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls gewahrt. Nach dieser Bestimmung ist die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, zu dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme rechtfertigen. Die Frist beginnt zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und wenn ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. BVerwG, Beschl. des Großen Senats v. 19. Dezember 1984 – BVerwG Gr. Sen. 1 u. 2.84 –, BVerwGE 70, 356, 362; Beschl. v. 05. August 1998 – BVerwG 7 B 58.98 –, juris Rn. 18; Urt. v. 20. Dezember 1999 – BVerwG 7 C 42.98 –, BVerwGE 110, 226, 233). Hiervon ausgehend kommt es für den Fristbeginn auf die positive Kenntnis der Behörde und damit des innerbehördlich zuständigen Amtswalters von den die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen an und zu diesen Tatsachen gehören – wie auch vorliegend – ohne Weiteres auch alle Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, ob der Begünstigte in schutzwürdiger Weise auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat, § 48 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 VwVfG (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07. November 2000 – BVerwG 8 B 137.00 –, juris Rn. 5). Im Recht der offenen Vermögensfragen ist zudem von Bedeutung, dass § 32 Abs. 1 VermG eine spezielle Ausprägung des in § 28 VwVfG für die Beteiligten allgemein vorgesehenen Anhörungsrechts ist und wie dieses der Wahrung des in einem rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren gebotenen rechtlichen Gehörs dient. Zur Herstellung der Entscheidungsreife gehört daher regelmäßig das Anhörungsverfahren nach § 32 Abs. 1 VermG, und zwar unabhängig von dessen Ergebnis; denn die Einwände des Anzuhörenden können nur dann ernstlich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, wenn sich die Behörde ihre Entscheidung bis zum Abschluss des Anhörungsverfahrens offen hält (BVerwG, Urt. v. 20. September 2001 – BVerwG 7 C 6.01 –, juris Rn. 13; Beschl. v. 15. Dezember 2004 – BVerwG 7 B 80.04 –, juris Rn. 4; Beschl. v. 09. Januar 2007 – BVerwG 8 B 36.06 –, juris Rn. 5).
Hiervon ausgehend war die Jahresfrist gewahrt.
Zwar war dem Bundesamt spätestens nach Zustellung des Urteils der Kammer vom 30. März 2012 (VG 1 K 392/08) bekannt, dass der Ausgangsbescheid vom 03. April 2008 in Ziffer 1. teilweise rechtswidrig war. Dessen ungeachtet begann die Frist für die Rücknahme dieses Bescheides frühestens nach Eingang der Stellungnahme des Klägers vom 01. Dezember 2016 zu laufen und sie war damit im Zeitpunkt der Entscheidung vom 23. August 2017 noch nicht abgelaufen.
2. Die Rückübertragung der streitgegenständlichen Grundstücke ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Hinsichtlich des Vorliegens einer schädigenden Maßnahme und des Fehlens von Restitutionsausschlussgründen wird auf das Vorstehende sowie die zutreffenden Ausführungen des Einzelrichters der Kammer in dem Urteil vom 30. März 2012 Bezug genommen; eine Änderzung dieses Sachverhalts ist auch im Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung weder ersichtlich noch von Seiten des Klägers vorgetragen.
Die Beigeladenen sind auch Rechtsnachfolger nach dem Alteigentümer.
Die Rechtsnachfolge kann in einem vermögensrechtlichen Restitutionsverfahren nur durch einen Erbschein im Original (Urschrift oder Ausfertigung) nachgewiesen werden, weil allein diesem Dokument – nicht jedoch einer Abschrift oder Ablichtung – die Vermutung zukommt, dass demjenigen, der in ihm als Erbe bezeichnet wird, das Erbrecht auch tatsächlich zusteht und dass er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt ist, solange der Erbschein nicht eingezogen oder für kraftlos erklärt worden ist, § 2361 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BVerwG, Beschl. v. 28. Juni 2007 – BVerwG 8 B 21.07 –, Bh 428 § 2 VermG Nr. 87 unter Verweis auf BVerwG, Beschl. v. 15. Oktober 2002 – BVerwG 7 B 94.02 –, juris; BVerwG, Beschl. v. 13. März 2001 – BVerwG 8 B 261.00 –, juris; Urteile der Kammer vom 01. Juni 2005 – 1 K 2030/00 –, juris Rn. 37; v. 05. November 2008 – 1 K 1334/06 –, juris Rn. 59 u. v. 10. November 2010 – 1 K 2193/03 –, juris Rn. 228).
Diesen Anforderungen wurde im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung entsprochen, denn das Bundesamt hat die Ausfertigungen der Erbscheine entsprechend der Bitte des Gerichts im Original mit Schriftsatz vom 04. Februar 2020 nachgereicht.
Die Erbscheine belegen auch die Rechtsnachfolge der Beigeladenen nach F...hinsichtlich des vorliegend streitgegenständlichen Vermögenswertes.
Der Erbschein des Amtsgerichts Hameln vom 27. August 1996 bezieht sich ausdrücklich auf das im Gebiet der früheren DDR belegene unbewegliche Vermögen und differenziert zwischen dem in S... und dem in E... belegenen „Grundeigentum“; entsprechend formuliert der Erbschein vom 07. Juli 1994, er gelte auch für „Eigentum an Grundstücken und Gebäuden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR“. Mit den vorstehenden Formulierungen ist aus der maßgeblichen Sicht eines Empfängers, §§ 133 und 157 BGB, nicht nur das Eigentum gemeint, das dem jeweiligen Erblasser im Zeitpunkt der Erteilung des Erbscheins bereits rechtswirksam zustand, sondern ebenfalls Rückübertragungsansprüche, die erst zu einer Realisierung des Eigentums zu Gunsten der Erben führen. Die von Seiten des Klägers präferierte Auslegung hat nichts für sich.
Auch die Praxis des Amtsgerichts Hildesheim, auf dem alten West-Erbschein vom 15. Oktober 1950 nachträglich einen Geltungsvermerk („Gilt auch für den Grundbesitz in …“) anzubringen, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (Zimmermann in: Zimmermann, Erbschein - Erbscheinsverfahren - Europäisches Nachlasszeugnis, 3. Aufl. 2016, K. Die Einziehung und Kraftloserklärung des Erbscheins, Rn. 484).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Nach § 162 Abs. 3 VwGO sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Im Grundsatz entspricht es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen der unterlegenen Partei aufzuerlegen, wenn der Beigeladene einen Sachantrag gestellt – und damit wegen § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist –, oder wenn er das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 01. August 2011 – 2 C 11.1470 –, juris Rn. 2; Hamburgisches OVG, Beschl. v. 11. Juli 2017 – 2 Bs 114/17 –, juris Rn. 22 m. w. N.; so auch st. Rspr. d. Kammer, etwa Urt. v. 21. Juni 2006 – 1 K 837/00 –, Urteilsabdruck S. 16; Olbertz in: Schoch/Schneider/Bier/Olbertz, VwGO, 33. Aufl. 2017, § 162 Rn. 92-93, zit. nach https://beck-online.beck.de; Schmidt in: Eyermann, VwGO 14. A. 2014, § 162 Rn. 17, zit. nach https://beck-online.beck.de; Michael Just in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, VwGO § 162 Rn. 41-47, zit. nach https://beck-online.beck.de; Wysk in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 162 Rn. 67-69, zit. nach https://beck-online.beck.de; a. A.: BeckOK VwGO/Kunze VwGO § 162 Rn. 95-97, zit. nach https://beck-online.beck.de, nur wenn beide Voraussetzungen kumulativ vorliegen).
Vorliegend entspricht es nicht der Billigkeit, den Kläger auch mit den außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu belasten. Zwar haben diese in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2020 – nunmehr – ebenfalls die Klageabweisung beantragt. Mit Blick auf die vorherige umfängliche Erörterung der Sach- und Rechtslage in den mündlichen Verhandlungen vom 30. Januar und 18. Juni 2020, war ihr Kostenrisiko zu diesem Zeitpunkt lediglich theoretisch; das nur theoretische Unterliegen rechtfertigt einen Kostenerstattungsanspruch jedoch nicht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11, § 709 S. 1 und 2 und § 711 S. 1 und 2 ZPO.
Die Nichtzulassung der Revision ergibt sich aus §§ 135, 132 Abs. 2 VwGO.