Gericht | LG Potsdam 2. Zivilkammer | Entscheidungsdatum | 14.05.2020 | |
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Aktenzeichen | 2 O 26/18 | ECLI | ECLI:DE:LGPOTSD:2020:0514.2O26.18.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Beklagten zu 2. und 3. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.272,43 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2017 zu zahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers haben der Kläger 75% und die Beklagten zu 2. und 3. als Gesamtschuldner 25% zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger, die außergerichtlichen Kosten der Beklagte zu 2. und 3. hat der Kläger zu 63% zu tragen. Im übrigen tragen die Parteien ihre Kosten selbst.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht in der jeweilige Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
5. Der Streitwert wird auf 5.544,86 € festgesetzt.
Der Kläger begehrt Schadensersatz nach einem Auffahrunfall.
Der Kläger war im Unfallzeitpunkt am 12. Juni 2017 Eigentümer und Fahrer des Personenkraftwagens Volvo V70 mit dem amtlichen Kennzeichen B-…. Der Beklagte zu 2. war Halter des Personenkraftwagens Renault Laguna mit dem amtlichen Kennzeichen B-…, welcher bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversichert war. Bezüglich der Beklagten zu 1. trägt der Kläger in der Klageschrift vor, sie sei im Unfallzeitpunkt Fahrerin des Beklagtenfahrzeuges gewesen, in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 30. April 2020 hat er vorgetragen, die Beklagte zu 1. habe das gegenständliche Fahrzeug nicht gefahren.
Am Unfalltag verfolgte der Kläger mit seinem vorstehend genannten Fahrzeug über einen Zeitraum von etwa eineinhalb Stunden den Zeugen G., der mit seinem Personenkraftwagen unterwegs war. Er tat dies bewußt, um den Zeugen G. zu stören. Zwischen dem Kläger und dem Zeugen G. bestehen oder bestanden Mißhelligkeiten. Diese beruhen unter anderem auf einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Potsdam zum Az. 4 O 362/15, in welchem der Kläger die P. GmbH wegen einer behaupteten fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit einer Berufsunfähigkeitabsicherung verklagt hatte. Geschäftsführer der P. GmbH war der Beklagte zu 2.; die Falschberatung sollte nach dem Vortrag des Klägers durch den Zeugen G. erfolgt sein. Das Landgericht Potsdam wies die Klage ab, nachdem die Kammer beachtliche Zweifel daran hatte, daß der Kläger die Beratungssituation im Rahmen seiner Anhörung wahrheitsgemäß dargestellt habe.
Der Zeuge G. informierte am Unfalltag vor dem gegenständlichen Auffahrunfall den Beklagten zu 2., daß ihn der Kläger schon über einen längeren Zeitraum verfolge. Der Zeuge G. und der Beklagte zu 2. kamen überein, sich in der Amundsenstraße in Potsdam zu treffen. Als der Zeuge G., verfolgt vom Kläger, gegen 21:00 Uhr in der Amundsenstraße ankam, hielt er am rechten Fahrbahnrand, der Kläger einige Meter hinter ihm. Sodann bemerkte der Kläger das sich annähernde Beklagtenfahrzeug im Rückspiegel. Ferner bemerkte er, daß der Zeuge G. mit seinem Fahrzeug rückwärts auf ihn zufuhr. Der Kläger befürchtete, nun von beiden Fahrzeugen in die Zange genommen zu werden und entschloß sich zur Flucht. Zu diesem Zwecke scherte er nach links aus und fuhr stark beschleunigend in Richtung Golfplatz. Das Beklagtenfahrzeug folgte ihm. Im unmittelbaren Anschluß fuhr das Beklagtenfahrzeug mit einer Differenzgeschwindigkeit von etwa zwanzig Kilometer pro Stunde auf das klägerische Fahrzeug auf.
Das klägerische Fahrzeug hatte im Unfallzeitpunkt einen Wiederbeschaffungswert (netto) in Höhe von 4.200,- € sowie nach dem Unfall einen Restwert von 1.060,- €. Für ein Sachverständigengutachten wendete der Kläger 597,90 EUR und für den erforderlichen Rettungseinsatz 356,96 € auf.
Der Kläger behauptet, er habe unmittelbar vor dem Auffahren des Beklagtenfahrzeuges seine Geschwindigkeit lediglich durch Gaswegnehmen von einer überhöhten Geschwindigkeit auf die zulässigen fünfzig Kilometer pro Stunde reduziert. Das Beklagtenfahrzeug sei offensichtlich wegen eines zu geringen Sicherheitsabstandes aufgefahren. Durch den Unfall habe er ein HWS-Schleudertrauma und eine Stauchung der linken Hand des linken Armes erlitten. Ferner habe er einen Verdienstausfall in Höhe von insgesamt 420,- € hinnehmen müssen, da er seiner Tätigkeit als Fitneßtrainer unfallbedingt nicht mehr habe nachgehen können.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe Schmerzensgeld in Höhe von jedenfalls 1.000,- € sowie eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 30,- € zu.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.544,86 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem über den Basiszinssatz seit dem 1. September 2017 zu zahlen;
2. die Beklagten weiterhin als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagten ferner als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, unfallursächlich sei gewesen, daß der Kläger ohne Vorwarnung und ohne jeden Anlaß eine Vollbremsung eingeleitet und so den Auffahrunfall verursacht habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Marco G., zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Februar 2019 (Bl. 176) verwiesen. Ferner ist die Strafakte des Amtsgerichts Potsdam zum Aktenzeichen 89 Ls 23/17 zu Beweiszwecken beigezogen und mit Beschluß vom 30. April 2020 die Verwertung des im Strafverfahren eingeholten Gutachtens des Diplom-Ingenieurs Carsten Wegner vom 14. September 2017 angeordnet worden. Auf das Gutachten in der Strafakte Bl. 194 wird verwiesen. In der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2020 ist der Sachverständige persönlich angehört worden. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Die Klage ist im tenoriertem Umfange begründet, im übrigen nicht begründet.
Gegen die Beklagte zu 1. ist die Klage nicht begründet. Ein Anspruch ergibt sich weder aus § 18 Abs. 1 StVG noch aus § 823 Abs. 1, 2 BGB oder einem sonstigen Rechtsgrund. Der Kläger hat in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2020 angegeben, die Beklagte zu 1. habe das Beklagtenfahrzeug nicht geführt. Ein Anspruch gegen sie ist vor diesem Hintergrund aus keinem Rechtsgrund ersichtlich.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 2. ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG sowie gegen die Beklagte zu 3. aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG dem Grunde nach zu. Der Beklagte zu 2. und die Beklagte zu 3. haften als Gesamtschuldner (§ 115 Abs. 1 S. 4 VVG). Das Fahrzeug des Klägers wurde beim Betrieb des Beklagtenfahrzeuges beschädigt und der Kläger verletzt. Das Gericht ist davon überzeugt, daß der Kläger ein HWS-Schleudertrauma sowie eine Stauchung der linken Hand und des linken Arms durch den Unfall erlitten hat. Diese Verletzung sind typische Folgen eines Auffahrunfalls und wurden in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zum Unfallereignis ärztlich dokumentiert.
Dem Grunde nach ersatzfähig sind der Wiederbeschaffungsaufwand am klägerischen Fahrzeug, die Kosten für das Sachverständigengutachten und den Rettungseinsatz. Ferner ist eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 25,- € angemessen. Nicht ersatzfähig ist hingegen der behauptete Verdienstausfall, für den der Kläger keinen Beweis angetreten hat.
Darüber hinaus besteht dem Grunde nach ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 400,- €. Dieses Schmerzensgeld erscheint in Anbetracht der vorgetragenen Verletzungsfolgen angemessen und vermag die erlittene Beeinträchtigung auszugleichen. Das grundsätzlich in Ansatz zu bringende Genugtuungsinteresse tritt indes vorliegend in Gänze zurück. Der Kläger hat die Eskalation des Geschehens verursacht, indem er den Zeugen G. über einen eineinhalbstündigen Zeitraum verfolgt hat, allein um dem Zeugen auf die Nerven zu gehen. Die Tatsache, daß der Kläger durch diese Pervertierung des öffentlichen Straßenverkehrs für seine Machtspielchen die gesuchte Eskalation letztendlich in Form des Unfalls gefunden hat, schafft auf seiner Seite kein berücksichtigungsfähiges Genugtuungsbedürfnis, das ein höheres Schmerzensgeld zu rechtfertigen vermöchte.
Dem Kläger steht jedoch nur ein Anspruch in Höhe von 50 % des dem Grunde nach entstandenen Schadens und Schmerzensgeldes zu. Dem Kläger ist nicht gelungen, einen über die Betriebsgefahr hinausgehenden Verursachungsbeitrag des Beklagtenfahrzeuges zu beweisen. Insbesondere streitet für den Kläger nicht der Beweis des ersten Anscheins dahingehend, daß der Fahrer des auffahrenden Fahrzeuges den Auffahrunfall verschuldet habe.
Voraussetzung der Anwendung des Beweises ersten Anscheins ist ein sogenannter typischer Geschehensablauf, also ein sich aus der Lebenserfahrung bestätigender gleichförmiger Vorgang, durch dessen Typizität es sich erübrigt, die tatsächlichen Einzelumstände eines bestimmten historischen Geschehens nachzuweisen (MüKoZPO/Prütting, 5. Aufl. 2016, ZPO § 286 Rn. 48). Bei einem typischen Auffahrunfall, spricht der Anscheinsbeweis dafür, daß der Auffahrende entweder durch einen ungenügenden Sicherheitsabstand, durch unangepaßte Geschwindigkeit und/oder durch allgemeine Unaufmerksamkeit den Unfall schuldhaft verursacht hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. September 2005 – I-10 U 203/04 –, juris). Der Gegenbeweis wird regelmäßig dadurch geführt, daß der Beweisgegner konkrete Tatsachen behauptet und zur Überzeugung des Gerichts nachweist - oder sie wie vorliegend unstreitig sind -, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs im konkreten Fall ergibt. Dann ist der Schluß aus dem typischen Geschehensablauf, auf dem der Anscheinsbeweis beruht, außer Kraft gesetzt und durch die Möglichkeit ersetzt, daß ausnahmsweise ein atypischer Sachverhalt vorliegt (MüKoZPO/Prütting, 5. Aufl. 2016, ZPO § 286 Rn. 65).
Vorliegend liegt ein solcher atypischer Sachverhalt und damit gerade kein typischer Auffahrunfall vor. Ein alternativer Geschehensablauf zum typischen Auffahrunfall kommt ernsthaft in Betracht. Beim gegenständlichen Unfall handelt es sich gerade nicht um einen typischen Verkehrsvorgang, in welchem ein Verkehrsteilnehmer auf das Fahrzeug eines beliebigen anderen Verkehrsteilnehmers auffährt. Vielmehr standen die Fahrzeuge und die Fahrzeugführer sowohl durch das unmittelbare Vorgeschehen als auch durch die Beziehungen der Fahrzeugführer beziehungsweise Fahrzeughalter in einem Verhältnis zueinander, welches die ernsthafte Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs nahelegt. Der Kläger nutzte den Straßenverkehr gerade nicht primär zur Fortbewegung, sondern um seiner - zumindest auch - auf dem verlorenen Prozeß beruhenden Abneigung gegen den Zeugen G. freien Lauf zu lassen, diesem das Leben schwer zu machen und ihn zu tyrannisieren. Der Beklagte zu 2. war der Geschäftsführer der seinerzeitigen Prozeßgegnerin des Klägers, so daß die Abneigung des Klägers naheliegenderweise auch den Beklagten zu 2. umfaßt. Der Kläger mißbrauchte den Straßenverkehr jedenfalls am Unfalltag zum Ausleben von Machtspielchen und Animositäten. Das legt jedenfalls die Möglichkeit eines atypischen Hergangs des Auffahrunfalls nahe. Gerade das Ausbremsen eines Fahrzeuges gehört zum typischen Repertoire von Personen, die den Straßenverkehr für Machtspielchen nutzen. Hierzu gehört auch die in besonderem Maße gefährliche Form des Ausbremsens, die nicht durch Betätigung der Fußbremse, sondern durch abruptes Einlegen eines deutlich niedrigeren Ganges sowie Anziehen der Handbremse erfolgt. Hierbei leuchten die Bremslichter nicht auf, so daß dem nachfolgenden Verkehr kein Warnsignal und Reaktionsbefehl für den Bremsvorgang gegeben wird. Aus Sicht des Ausbremsenden hat dies darüber hinaus den „Vorteil“, daß sich der Bremsvorgang nicht durch eine verformte Glühendwendel in den Bremslichtern nachweisen ließe.
Ob der Kläger so verfahren hat, vermag dahinzustehen. Es erscheint aus Sicht des Gerichts jedoch im konkreten Fall eine nicht fernliegende, vielmehr sogar naheliegende Geschehensvariante. Der Sachverständige hat in seiner persönlichen Anhörung ausgeführt, daß auf diese Weise eine hinreichende Bremsverzögerung erreicht werden könnte, die plausibel zu einem Auffahrunfall führen kann. Die Entstehung einer Bremsspur sei in diesem Fall nicht zwingend zu erwarten, im übrigen fehlten belastbare Feststellungen zu Bremsspuren ohnehin. Ferner ist das Gericht davon überzeugt, daß dem Kläger die vorstehend dargestellte Möglichkeit bekannt ist. Der Kläger war Polizeibeamter und hatte daher bereits in seiner Ausbildung Fahrtrainings absolviert. Entsprechende Kenntnisse sind bei ihm jedoch nicht nur berufsbedingt vorauszusetzen. Er stellte sich vielmehr in der mündlichen Verhandlung am 30. April 2020 als Fachmann für Verkehrsunfälle dar. Auffällig war jedoch, daß der Kläger es entgegen seiner Fachkunde als „kaum machbar“ bezeichnete, gleichzeitig herunterzuschalten und die Handbremse zu ziehen. Hierbei gestikulierte er mit der rechten Hand, um zu demonstrieren, daß diese nicht beide Handlungen gleichzeitig bewerkstelligen könnte. Dabei ist dem Kläger selbstredend hinlänglich bewußt, daß er nur zunächst bei durchgetretener Kupplung einen niedrigen Gang einlegen müßte, um sodann gleichzeitig die Handbremse mit der dann freien rechten Hand zu ziehen und die Kupplung mit dem Fuß schnell kommen zu lassen. Zudem versuchte der Kläger merklich den Finger in die „vermeintliche Wunde“ der nicht verformten Glühwendel zu legen. Auch war er erstaunlich informiert über die Bewegungsabläufe eines Fahrzeuges im Falle einer Abbremsung durch die Handbremse, obzwar er mit einer Erörterung dieser Frage nicht hatte rechnen können. Er war auffallend und ungewöhnlich kundig über die fahrdynamischen und unfallmechanischen Vorgänge im Falle einer Abbremsung eines Fahrzeuges durch Ziehen der Handbremse war. So fragte er den Sachverständigen mit bemerkenswertem Detailwissen nach dem zu erwartenden Höhenversatz bei einer Abbremsung der Hinterachse mittels der Handbremse, wobei er jedoch - mit seinen Kenntnissen nicht kompatibel - gänzlich ignorierte, daß durch das Einlegen eines niedrigen Ganges auch die Vorderräder abgebremst würden. Zudem erscheint ein solches Fahrmanöver und -verhalten im Speziellen dem Kläger nach dem Gesamteindruck ebenso wenig wesensfremd zu sein, wie das ungehemmte Ausleben von Abneigungen im öffentlichen Straßenverkehr im Allgemeinen. Dafür daß diese Geschehensvariante des provozierten Auffahrunfalls nicht fernliegend ist, spricht darüber hinaus, daß ein „typischer“ Auffahrunfall wenig plausibel erscheint. Der Fahrer oder die Fahrerin des Beklagtenfahrzeuges verfolgte das Klägerfahrzeug erst seit wenigen Augenblicken und hatte daher die volle Aufmerksamkeit auf dieses Fahrzeug gerichtet. Ein Auffahren auf dieses Fahrzeug, wenn es lediglich durch Gaswegnehmen verzögert worden wäre, erscheint nachgerade fernliegend.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die geltend gemachte Forderung des Klägers war wesentlich überhöht und richtete sich im übrigen auch gegen eine Person, gegen die ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Läßt die Anmahnung der überhöhten Forderung nicht erkennen, in welcher Höhe eine fällige Forderung besteht, so liegt eine genügend bestimmte Mahnung nicht vor. Der Gläubiger kann aus einer solchen Mahnung keine Rechte herleiten, da der Schuldner den wirklich geschuldeten Leistungsumfang nicht zuverlässig ermitteln kann. Es ist nicht Sache des Schuldners, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, was der Gläubiger von ihm will (OLG Brandenburg, Az. 11 U 110/15, Beschluß vom 16.10.2015 [nicht veröffentlicht]; Unberath in Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Stand 1. März 2011, § 286 BGB Rn. 27, beck-online; Löwisch/Feldmann in Staudinger, BGB, 2014, § 286 BGB Rn. 37 –, juris).
Die Entscheidung zu Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und der Anwendung der Baumbach´schen Kostenformel. Bei der Beurteilung des Verhältnisses des wechselseitigen Unterliegens und Obsiegens war im Rahmen der Kostenentscheidung auch das Unterliegen mit der Nebenforderung zu berücksichtigen (Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 92 Rn. 11).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO, soweit der Kläger aus dem Urteil vollstrecken kann, im übrigen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.