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Ist die Wirksamkeit einer Rechtsverordnung nach § 7 AentG verwaltungsgerichtlich angegriffen, ist deswegen nicht der arbeitsgerichtliche Rechtsstreit auszusetzen


Metadaten

Gericht LArbG Berlin-Brandenburg 15. Kammer Entscheidungsdatum 23.05.2014
Aktenzeichen 15 Sa 376/14 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen

Tenor

Der Antrag der Beklagten vom 23.4.2014 auf Aussetzung des hiesigen Verfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Entgeltansprüche auf Basis der „Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Sozialgesetzbuch“ vom 17.7.2012 (1. Mindestlohnverordnung) und der „Zweiten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Sozialgesetzbuch“ vom 26.6.2013 (2. Mindestlohnverordnung).

Die beklagte Arbeitgeberin hat zusammen mit etlichen weiteren Arbeitgebern aus dem Weiterbildungsbereich unter dem 24.7.2012 eine Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland beim Verwaltungsgericht Berlin anhängig gemacht (VG 4 K 252.12). Dort soll festgestellt werden, dass die 1. Mindestlohnverordnung rechtswidrig war und die Klägerinnen in ihren Rechten verletzt hat.

Die Beklagte hat beantragt, den hiesigen Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens VG 4 K 252.12 auszusetzen. Sie ist der Ansicht, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren vorgreiflich sei.

II.

Der Antrag ist zurückzuweisen, denn ein Aussetzungsgrund nach § 148 ZPO ist nicht gegeben.

„Nach § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits auszusetzen sei. Die Regelung stellt dabei nicht auf sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Verfahren ab, sondern verlangt eine Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtsstreit zu treffenden Entscheidung im Sinne einer - zumindest teilweisen - präjudiziellen Bedeutung. Allein die tatsächliche Möglichkeit eines Einflusses genügt demgegenüber nicht. Eine andere Ansicht würde das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Prozessparteien auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in seinem Kern beeinträchtigen (BGH 30. März 2005 - X ZB 20/04 - zu II 2 a der Gründe). Maßgeblich für die Aussetzung ist deshalb nicht allein, ob das im anderen Rechtsstreit zur Entscheidung stehende streitbefangene „Rechtsverhältnis“ präjudiziell ist, sondern auch, ob eine zumindest teilweise rechtliche Präjudizialität des anderen Verfahrens gegeben ist.“ (BAG 26.10.2009 – 3 AZB 24/09 – Rn 7).

Bezogen auf die Postmindestlohnverordnung und das anhängige Verwaltungsverfahren hat das BAG eine Aussetzung verneint. Die Gültigkeit der Rechtsverordnung hänge nicht vom Entscheidungsausspruch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ab, sondern sei als Vorfrage in jedem weiteren gerichtlichen Verfahren zu überprüfen (BAG 26.10.2009 – 3 AZB 24/09 – Rn 14). Es liege keinerlei rechtliche Wirkung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf die arbeitsgerichtliche Entgeltklage vor (Rn 16).

Insofern ist nicht entscheidend, ob die vor dem Arbeitsgericht verklagte Arbeitgeberin sich selbst am verwaltungsgerichtlichen Verfahren beteiligt.

An anderer Stelle hat das BAG ausgeführt (18.4.2012 – 5 AZR 630/10):

„Zudem hängt die Rechtswirksamkeit der PostmindestlohnVO nicht von einem entsprechenden Entscheidungsausspruch in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ab. Sie ist als Vorfrage in jedem arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem es entscheidungserheblich darauf ankommt, zu prüfen (vgl. BAG 26. Oktober 2009 - 3 AZB 24/09 - AP ZPO § 148 Nr. 9 = EzA ZPO 2002 § 148 Nr. 1).“

Daher ist bei einem verwaltungsgerichtlichen Streit über die Wirksamkeit einer Rechtsverordnung nach § 7 AentG das arbeitsgerichtliche Verfahren nicht auszusetzen (Kloppenburg jurisPR-ArbR 11/2011 Anm. 5). Die Wirksamkeit der hier streitigen Mindestlohnverordnungen ist vielmehr inzident als Vorfrage im Entgeltprozess zu prüfen.