Gericht | VG Potsdam 11. Kammer | Entscheidungsdatum | 19.11.2019 | |
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Aktenzeichen | 11 K 4526/16 | ECLI | ECLI:DE:VGPOTSD:2019:1119.11K4526.16.00 | |
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 1 AIO, Art 15 Abs 1 EUV 2016/679, Art 11 Verf BB 1992 |
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Der Kläger wendet sich im Wesentlichen gegen über ihn erstellte dienstliche Beurteilungen, begehrt Neubeurteilungen und darüber hinaus die Herausgabe von Aufzeichnungen des Beurteilers.
Der Kläger wurde anlässlich einer Bewerbung für eine Stelle als Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht zunächst durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts am 11. April 2016 für den Zeitraum 1. Juli 2010 bis 18. März 2016 dienstlich beurteilt. Zur Erstellung der Beurteilung führte der Präsident des Verwaltungsgerichts Gespräche mit den Vorsitzenden Richtern, deren Kammern der Kläger im Beurteilungszeitraum angehört hatte, und fertigte hierüber Aufzeichnungen an, die er zur Gedächtnisstütze nutzte und nicht zu den Akten nahm. Die Beurteilung wurde dem Kläger in der Gestalt der Überbeurteilung durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts am 7. Juni 2016 bekannt gegeben. Gegen diese Beurteilung legte der Kläger mit Schreiben vom 9. Juni 2016 Widerspruch ein und begehrte Einblick in sämtliche dem Beurteilungsverfahren zugrunde liegenden Unterlagen. Die Beurteilung sei unter anderem auf eine unzulässige Erkenntnisquelle gestützt, da Beurteilungsgespräche, hier mit den (früheren) Kammervorsitzenden des Klägers, nicht vorgesehen seien.
Dagegen, dass der Präsident des Verwaltungsgerichts, wie vom Kläger vorab gefordert, die Personalakte nicht vom Oberverwaltungsgericht beiziehe und ihm Einsicht in seine persönlichen Aufzeichnungen nicht gewähre, legte der Kläger mit Schreiben vom 14. Juni 2019 einen gesonderten Widerspruch ein. In der Ablehnung des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, seinem diesbezüglichen Begehr nachzukommen, komme eine „ablehnende Grundhaltung“ zum Ausdruck, „die zudem mit offenkundig neben der Sache liegenden Argumenten bzw. überhaupt nicht begründet“ sei. Nach der „Allgemeinen Verfügung der Ministerin der Justiz vom 20. Juni 2008 (2051-I.4)“ gelte, dass die Personalakten die Präsidenten der Verwaltungsgerichte führten und das Zeugnisheft Bestandteil der Personalakte sei. Im Übrigen folge aus Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Landesverfassung Brandenburg (LVerf) ein umfassendes Akteneinsichtsrecht. Vorsorglich beantragte der Kläger, die vom Präsidenten des Verwaltungsgerichts als „Gedächtnisstütze“ bezeichneten Schreiben zu seiner Personalakte zu nehmen. Weiterhin verwies der Kläger darauf, dass die vom Präsidenten des Verwaltungsgerichts befragten Kammervorsitzenden ebenfalls Schriftstücke gefertigt hätten, die jedenfalls beizuziehen seien.
Dem Widerspruch des Klägers vom 14. Juni 2016 wurde insoweit abgeholfen, als dass ihm seine Personalakte zur Einsichtnahme am Verwaltungsgericht vorgelegt wurde. Er wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2016 insoweit zurückgewiesen, wie der Kläger Einsicht in die schriftlichen Notizen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts über dessen Gespräche mit den Kammervorsitzenden des Klägers begehrte. Das Empfangsbekenntnis zu diesem Widerspruch sandte der Kläger nicht zurück.
Unter dem 6. Juli 2016 begründete der Kläger den Widerspruch gegen seine dienstliche Beurteilung vom 11. April 2016 in Gestalt der Überbeurteilung vom 31. Mai 2016 vorläufig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2016 wies der Präsident des Oberverwaltungsgerichts den Widerspruch des Klägers gegen seine Beurteilung zurück. Darin verwies er unter anderem darauf, dass seit 2010 eine ständige einheitliche Praxis der Präsidenten der Verwaltungsgerichte bestehe, keine schriftlichen Beurteilungsbeiträge einzuholen, sondern Beurteilungsgespräche zu führen. Eine Beiziehungspflicht für von den Kammervorsitzenden des Klägers gefertigte Schriftstücke habe für den Präsidenten des Verwaltungsgerichts nicht bestanden. Der Präsident des Verwaltungsgerichts habe die Kammervorsitzenden des Klägers nicht um schriftliche Beurteilungsbeiträge gebeten, sondern im Ermessenswege entschieden, mit diesen Gespräche zu führen, was nicht zu beanstanden sei.
Am 28. November 2016 hat der Kläger Klage erhoben. Der Kläger führt darin bezüglich der seiner Ansicht nach groben Fehlerhaftigkeit der Beurteilung aus.
Nachdem der Kläger aufgrund einer erneuten Bewerbung um eine Stelle als Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht eine weitere Anlassbeurteilung vom 28. Dezember 2017, in Gestalt der Überbeurteilung vom 16. Januar 2018 erhalten hatte, legte er auch hiergegen Widerspruch ein und beantragte Einsicht in die Aufzeichnungen des Gesprächs des Präsidenten des Verwaltungsgerichts mit dem Vorsitzenden der Kammer, der der Kläger im Beurteilungszeitraum angehörte sowie die Beiziehung von dessen Aufzeichnungen, was der Präsident des Verwaltungsgerichts unter dem 26. Februar 2018 ablehnte, wogegen der Kläger Widerspruch einlegte.
Die vorgenannten Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid vom 5. Ju-
ni 2018 zurückgewiesen. Die im Verwaltungsverfahren ausgetauschten Argumente waren im Wesentlichen dieselben wie bezüglich des vorherigen Beurteilungsverfahrens. Der Kläger wies lediglich ergänzend darauf hin, dass der Anspruch auf Übersendung der Niederschriften aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO folge. Der Kläger hat seine Klage am 13. Juli 2018 um diese Streitgegenstände erweitert.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 12. November 2019 mitgeteilt, die streitgegenständlichen Beurteilungen aufgehoben zu haben, da es an einem Beurteilungsanlass bereits wegen der fehlenden Erprobung gefehlt habe. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung über seine Beurteilungen bestritten. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Aufhebung daraufhin nochmals erklärt, wogegen der Kläger in der mündlichen Verhandlung einen Widerspruch erklärte.
Zuletzt beantragte der Kläger wörtlich,
den Beklagten unter Aufhebung der Widerspruchsbescheide vom 20. Oktober 2016 und 5. Juni 2018 zu verurteilen, die dienstlichen Beurteilungen vom 11. April 2016 und vom 28. Dezember 2017 in der Gestalt der Überbeurteilungen vom 31. Mai 2016 und vom 16. Januar 2018 aufzuheben und den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen, hilfsweise, festzustellen, dass die dienstlichen Beurteilungen vom 11. April 2016 und vom 28. Dezember 2017, die Überbeurteilungen vom 31. Mai 2016 und vom 16. Januar 2018 sowie die Widerspruchsbescheide vom 20. Oktober 2016 und vom 5. Juni 2018 rechtwidrig gewesen sind.
die Widerspruchsbescheide des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2016 und 5. Juni 2018 aufzuheben
den Beklagten unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide des Präsidenten des Verwaltungsgerichts vom 14. Juni 2016 bzw. 28. Februar 2018 und der Widerspruchsbescheide des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2016 bzw. 5. Juni 2018 zu verurteilen, ihm Akteneinsicht in die drei folgenden Schriftstücke zu gewähren: Niederschriften des Präsidenten des Verwaltungsgerichts über die beiden in 2016 jeweils zu seiner Person persönlich mit Herrn Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht sowie mit Herrn Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht geführten dienstlichen Beurteilungsgespräche sowie Niederschrift des Präsidenten des Verwaltungsgerichts über das 2017 zu seiner Person geführte persönlich mit Herrn Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht geführte dienstliche Beurteilungsgespräch
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führte unter dem 26. Juli 2018 aus, dass die Klage unbegründet sei und verwies auf die jeweils zu den Widersprüchen gegen die Beurteilungen ergangenen Widerspruchsbescheide. Bezüglich des geltend gemachten Anspruchs auf Akteneinsicht verwies der Beklagte ebenfalls auf die Ausführungen in seinen Widerspruchsbescheiden.
In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht dem Kläger die Beschlüsse zu zuvor gestellten Befangenheitsanträgen gegen zwei Kammermitglieder ausgehändigt. Der Kläger reichte in der mündlichen Verhandlung einen weiteren Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden zur Akte, den die Kammer als unzulässig verworfen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der mündlichen Verhandlung vom 19 November 2019 Bezug genommen.
Das weitere Ablehnungsgesuch des Klägers, welches er zu Beginn der mündlichen Verhandlung überreichte, war ohne Einholung einer weiteren dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters und unter dessen Mitwirkung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses zu verwerfen (vgl. BFH, Beschluss vom 2. Dezem-
ber 2008 - VII B 122/08 -, juris Rn. 4). Dieses Ablehnungsgesuch war rechtsmissbräuchlich. Rechtsmissbräuchlich ist eine Richterablehnung dann, wenn das Verfahren verschleppt oder die Ablehnung als taktisches Mittel für verfahrensfremde Ziele genutzt werden soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. November 2006 - 1 BvR 2719/06 -, juris Rn. 3; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 17. März 2014 - 3 W 15/14 -, juris Rn. 7 m. w. N.). Hierauf kann nicht nur aus dem Inhalt des Ablehnungsgesuchs selbst, sondern auch indiziell aus dem übrigen prozessualen Verhalten des Ablehnenden geschlossen werden. Der Kläger begründete sein drittes Ablehnungsgesuch im Kern damit, dass ihm weder die dienstliche Erklärung zu seinem ersten Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden noch ein Beschluss über das Ablehnungsgesuch zugegangen seien. Der Vorsitzende habe, da über das Befangenheitsgesuch nicht entschieden worden sei, die mündliche Verhandlung nicht aufrufen dürfen. Die dienstliche Stellungnahme zu dem am 12. November 2019 persönlich bei der Poststelle um 15 Uhr abgegebenen Befangenheitsantrag des Klägers gegen den Vorsitzenden ist mit derselben Post wie die dienstliche Stellungnahme eines ebenfalls abgelehnten weiteren Richters am 13. November 2019 versandt worden. Entsprechend des Rechtsgedankens des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ist damit von einem Zugang am Montag, 18. November 2019 beim Kläger auszugehen. Selbst wenn dem nicht so wäre, ist aus dem Verhalten des Klägers ersichtlich, dass das Ziel seines insgesamt dritten Befangenheitsantrages binnen einer Woche in diesem Verfahren offensichtlich die Prozessverschleppung ist. Bereits die vorherigen Befangenheitsanträge deuten auf ein solches Ziel hin. Den ersten Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden begründete der Kläger damit, dass ihm am 11. November 2019 bekannt geworden sei, dass der Vorsitzende im Fortbildungswege am „Justizmanagementprogamm“ teilnehme, ohne freilich mitzuteilen, woher er diese Information erhalten habe. Weiterhin sei die Befangenheit des Vorsitzenden dadurch zu besorgen, dass der Vorsitzende in verschiedene Verwaltungsbereiche des Justizministeriums abgeordnet worden sei. Jedenfalls der letztgenannte Punkt war dem Kläger bereits seit Monaten bekannt und er hat auch in vergleichbaren Fällen in anderen Verfahren unmittelbar nachdem die Abordnung beendet war ein Befangenheitsgesuch angebracht. Weshalb er hiermit nun bis zum 12. November 2019, 15:00 Uhr, dem Ende der Öffnungszeit des Gerichts, wartete, ist nur mit dem Ziel zu erklären, den nachfolgenden Befangenheitsantrag in geschehener Weise zu begründen. Auf dieses Ziel deutet auch der Befangenheitsantrag gegen ein weiteres Mitglied der Kammer hin, der damit begründet wurde, dass dieses in einem anderen Verfahren Schriftstücke wissentlich unzutreffend als „vertrauliche Personalsache“ versandt und damit eine übersteigerte Hinwendung zum Beklagten habe erkennen lassen. Auch diesbezüglich erfolgten Rügen in anderen Verfahren bereits weit vor dem 12. November 2019. Jedenfalls wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, sich telefonisch oder durch Vorsprache bei der Geschäftsstelle der Kammer nach der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden (und bei Bedarf auch der des weiteren abgelehnten Richters) zu erkundigen, die dort seit dem 13. November 2019 vorlag. Zumal der Kläger jedenfalls am 19. November 2019 ohnehin vormittags in der nur drei Türen von der Geschäftsstelle der 11. Kammer entfernten Gerichtsbibliothek anwesend war und ihm klar sein dürfte, dass dienstliche Erklärungen üblicherweise umgehend abgegeben werden, wenn sie veranlasst sind. Darauf ob sich eine Verschleppungsabsicht des Klägers auch darin zeigt, dass er sich weigerte, die Beschlüsse über seine Befangenheitsgesuche am 19. November 2019 um 10:20 Uhr in bzw. vor der Gerichtsbibliothek entgegen zu nehmen, oder dies lediglich dem akuten Bedürfnis eines Toilettengangs geschuldet war, worauf der Kläger beim Versuch der Übergabe der Beschlüsse verwies, kam es damit nicht mehr an. Denn in der Gesamtschau tritt auch so offensichtlich zu Tage, dass der Kläger nicht an der Bekanntgabe dienstlichen Erklärungen oder Beschlüssen zu seinem Ablehnungsgesuchen interessiert war, sondern daran, den Prozessverlauf zu behindern.
Das Verfahren war nicht nach § 94 VwGO auszusetzen. Danach kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen bereits nicht vor. Zum Zeitpunkt des Aussetzungsantrages war über die vom Kläger benannte Verfassungsbeschwerde, die unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1867/19 geführt wurde, bereits entschieden. In dem vom Kläger zitierten Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen 4 B 2/19 ist Gegenstand des Verfahrens, ob ein bereits beförderter Beamter nach einer anderen Beurteilungsvorschrift als der hier zugrunde liegenden auch nach erfolgter Beförderung noch eine Beurteilung erhalten kann, mithin ein anderer als über den hier zu entscheidenden.
Der Präsident des Oberverwaltungsgerichts ist richtiger Beklagtenvertreter. Nach § 5 der Verordnung über richter- und beamtenrechtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften im Land Brandenburg vom 11. August 2006 in der Fassung vom 11. Dezember 2006 ist die der obersten Dienstbehörde zustehende Befugnis zur Entscheidung über den Widerspruch eines Richters gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht (§ 26 des Deutschen Richtergesetztes) oder gegen die Ablehnung eines Anspruchs auf eine Leistung dem Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts übertragen, soweit er selbst oder ihm nachgeordnete Behörden die mit dem Widerspruch angefochtene Entscheidung erlassen haben. Gegen die Anwendbarkeit dieser Norm wendet der Kläger zwar ein, dass es sich bei der dienstlichen Beurteilung nicht um eine Maßnahme der Dienstaufsicht handle. Damit verkennt der Kläger aber, dass unter Maßnahme der Dienstaufsicht jede Maßnahme zu verstehen ist, die von der Dienstaufsichtsbehörde ausgeht, ohne Rücksicht darauf, ob mit ihr nach Art und Inhalt Aufsichtstätigkeit ausgeübt wird (BGH, Urteile vom 26. Juli 2017 - RiZ (R) 3/16 -, juris Rn. 15 und vom 16. März 2005 - RiZ (R) 2/04 -, juris Rn. 20; VG Potsdam, Urteil vom 22. November 2012 - 10 K 272/07 -; Schmidt-Räntsch, 6. Auflg. 2009, DRiG, § 26, Rn. 42; in diese Richtung auch BVerwG, Urteil vom 17. April 1986 - 2 C 28/83 -, juris Rn. 11: Aufgabe der Bestimmung des Dienstherrn wer die Aufgabe der dienstlichen Beurteilung wahrnimmt, steht im Zusammenhang der Beurteilung mit der Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht; dazu, dass dies für Regelbeurteilungen teilweise anders gesehen wird Schnellenbach/Bodanowitz, Dienstliche Beurteilung, 53. Aktualisierung, April 2016, C I, Rn. 494 ff. m. w. N.). Mithin ist der Präsident des Oberverwaltungsgerichts zuständiger Beklagtenvertreter. Daran ändert sich im vorliegenden Verfahren auch nichts durch die Klageerweiterung des Klägers vom 13. Juli 2018. Zwar war zu diesem Zeitpunkt bereits die Verordnung über richter- und beamtenrechtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und den Staatsanwaltschaften im Land Brandenburg vom 9. Mai 2018 (RuBZV 2018) in Kraft, wonach die Zuständigkeit für die oben beschriebenen Fälle für Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf den Präsidenten des Oberlandesgerichts überging. Nach § 6 dieser Verordnung gilt hinsichtlich der Zuständigkeit für die Vertretung in zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Verfahren, dass es bei der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestehenden Zuständigkeiten verbleibt. Ob eine Klageerweiterung nach § 91 VwGO als neue Klage im Sinne der RuBZV 2018 zu würdigen ist oder als Erweiterung der bisherigen, dient entsprechend des offenkundigen Sinns und Zwecks von § 6 RuBZV 2018, der Verfahrensvereinfachung. Jedenfalls wenn bei einer Klageerweiterung die geänderte Klage der endgültigen Ausräumung des Streitstoffes zwischen den Parteien im laufenden Verfahren zu dienen geeignet ist und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe im Sinne eines die Parteibeziehungen beeinträchtigenden Komplexes von Meinungsverschiedenheiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist (vgl. zu § 91 VwGO Schoch/Schneider/Bier-Ortloff/Riese, VwGO Kommentar, 36. EL 2019, § 91 Rn. 61), entspricht es diesem Zweck, dass der Beteiligtenvertreter derselbe bleibt. Vorliegend sind die zwischen den Parteien zu klärenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen weitestgehend identisch. In beiden Fällen ist über die Modalitäten der Beurteilung des Klägers zu entscheiden und dessen darüber hinaus damit im Zusammenhang stehenden geltend gemachten Ansprüche (siehe dazu im Folgenden). In dieser Funktion konnte der Präsident des Oberverwaltungsgerichts für den Beklagten auch über den Streitgegenstand verfügen und die Beurteilungen des Klägers aufheben.
Soweit der Kläger die Aufhebung der Beurteilungen begehrt, ist die Klage als Leistungsklage statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 13/14 -, juris Rn. 12), aber unzulässig. Auch wenn dem Kläger nicht nur die dienstlichen Erklärungen der abgelehnten Richter, sondern auch die Aufhebungsentscheidung des Beklagten nicht zugegangen sein sollte, so ist ihm jedenfalls die Aufhebungsentscheidung in der mündlichen Verhandlung bekannt gegeben worden. Sein Widerspruch in der mündlichen Verhandlung konnte bereits deshalb nicht zur aufschiebenden Wirkung der Aufhebungsentscheidung führen, weil dieser nicht formordnungsgemäß erklärt worden ist. Nach § 70 VwGO ist der Widerspruch schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Dies ist durch die Erklärung gegenüber dem Gericht nicht erfolgt. Unabhängig davon dürfte es rechtsmissbräuchlich sein, die Aufhebung einer Beurteilung zu begehren und zugleich der begehrten Aufhebungsentscheidung zu widersprechen.
Nach erfolgter Aufhebung der Beurteilungen ist mithin die Feststellungsklage statthafte Klageart für das hilfsweise angebrachte Feststellungsbegehr des Klägers. Bei Erledigung der Maßnahme setzt deren Zulässigkeit eine Wiederholungsgefahr, die Sachdienlichkeit zur Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses oder ein Rehabilitierungsbedürfnis nach erfolgter Diskriminierung voraus (Schoch/Schneider/Bier-Pietzcker, VwGO Kommentar, 36. EL Februar 2019, § 43 Rn. 35 und § 113 Rn. 102). Nichts davon liegt jedoch vor. Soweit der Kläger eine Wiederholungsgefahr geltend macht, liegt diese schon deshalb nicht vor, weil eine Anlassbeurteilung für das angestrebte Amt mangels Erfüllung des konstitutiven Anforderungsprofils nicht veranlasst ist (siehe dazu im Folgenden). Aus diesem Grund scheidet auch die Fruchtbarmachung für die Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruches aus, der offensichtlich erfolglos wäre. Ein Rehabilitierungsinteresse scheidet wegen fehlender diskriminierender Wirkung aus. Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14/12 -, juris Rn. 25; NdsOVG, Urteil vom 7. Februar 2001 - 2 L 1373/97 -, juris Rn. 36). Eine solche Stigmatisierung wird vom Kläger weder geltend gemacht, noch ist diese sonst ersichtlich.
Soweit der Kläger sich gegen die Nichtherausgabe der handschriftlichen Notizen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts bezüglich der Anlassbeurteilung vom 11. April 2016 in der Gestalt der Überbeurteilung vom 31. Mai 2016 wendet, ist die Klage im Ergebnis zulässig, insbesondere nicht verfristet. Zwar hat der Kläger erst über einen Monat nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 Klage erhoben. Der Tag der Zustellung des Widerspruchsbescheides ist jedoch nicht ermittelbar, nachdem der Kläger das Empfangsbekenntnis nicht zurück gereicht hat. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger jedenfalls am 25. August 2016 den Widerspruch empfangen hat. Zwar hat er einer Mitarbeiterin des Oberverwaltungsgerichts gegenüber ausweislich eines Aktenvermerks im Zusammenhang mit den vorliegenden Verfahren an diesem Tag erklärt, dass er „die Empfangsbekenntnisse“ nicht zurück reichen werde, da es sich nicht um die „richtigen“ handele. Es ist jedoch nicht feststellbar, ob auch das Empfangsbekenntnis zum Erhalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2016 von dieser Erklärung erfasst ist. Der oben genannte Vermerk über das Gespräch enthält zwar Aktenzeichen des Beklagten, darunter aber nicht das Aktenzeichen, unter dem das Widerspruchsverfahren zur verwehrten Herausgabe der handschriftlichen Notizen geführt wird.
Soweit die Klage (auch im Übrigen) zulässig ist, ist sie jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstellung einer Anlassbeurteilung für die Bewerbung um eine Stelle als Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht. Eine rechtliche Grundlage dafür, den Kläger nach dem erfolgten Abschluss der Stellenbesetzungsverfahren erneut zu beurteilen, besteht nicht. Der Beklagte ist weder berechtigt, eine solche Beurteilung nach dem Fortfall des einzig in Betracht kommenden Beurteilungsanlasses noch zu erstellen, noch steht dem Kläger ein dahingehender Anspruch zu. Die Beurteilungsanlässe sind mit den erfolgten Stellenbesetzungen fortgefallen (so auch VG Potsdam, Urteile vom 3. Dezember 2018 - 2 K 810/18 -, juris Rn. 13 ff. m. w. N. und vom 10. Oktober 2018 - VG 2 K 834/16 -, Rn. 24 ff.; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand: Juli 2019, Rn. 462 und 447, Fn. 65; anders für den Fall, dass eine Beurteilung ursprünglich hätte ergehen müssen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. November 2018 - OVG 4 N 54.16 -, e.A. Seite 3f.). Darüber hinaus war und ist ein Anlass für eine Beurteilung im Hinblick auf ein Beförderungsamt nicht gegeben, wie sich aus dem Fehlen der notwendigen Anforderungen für Beförderungsämter nach Ziffer III AnforderungsAV i. V. m. A. Ziffer 1 ErprobungsAV ergibt (vgl. zur Maßgeblichkeit der in Verwaltungsvorschriften aufgestellten Anforderungsprofile BVerfG, Beschluss vom 12. November 2019 - 2 BvR 1867/19 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2019 - OVG 4 S 53.19 -; VG Potsdam, Beschluss vom 30. Juli 2019 - 11 L 504/19 -). Es wäre eine pure Förmelei und würde unnötigen Aufwand bedeuten, wenn ein Bewerber auf eine Beurteilung für einen Zweck bestehen könnte, der nicht verwirklicht werden kann. Zwar sieht die BeurtAV in § 2 Abs. 4 a) vor, dass Richter bei der Bewerbung um ein anderes Amt zu beurteilen sind. Verständigerweise kann diese Pflicht zur Beurteilung jedoch nur dann vorliegen, wenn die Voraussetzungen für den Beurteilungsanlass nicht offensichtlich nicht vorliegen. Der Kläger ist weder erprobt noch ersatzerprobt und kann auch keine Tätigkeit vorweisen, die als Ersatzerprobung im Nachgang anerkannt werden könnte.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Herausgabe der Notizen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts . Ein solcher folgt nicht aus Art. 11 Abs. 1 Satz 1 LVerf. Das dort konstituierte Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen, auf Auskunft über die Speicherung seiner persönlichen Daten und auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen, soweit sie ihn betreffen und Rechte Dritter nicht entgegenstehen, soll dem Einzelnen ermöglichen, sich seine Privatsphäre zu erhalten und verhindern, dass er in immer größerem Maß in Abhängigkeit von öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen gerät, weil diese durch eine Sammlung seiner Daten immer mehr über ihn wissen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 20. Juni 1996 - 3/96 -, juris Rn. 30; Lieber/Iwers/Ernst, Kommentar zur Verfassung des Landes Brandenburg, 2012, Art. 11 Rn. 2). Vorliegend ist eine Speicherung von Daten jedoch gerade nicht vorgesehen. Insbesondere sind Aufzeichnungen der vorliegenden Art nicht Teil der Personalakten (vgl. Führung der Personalakten, Brandenburgisches Justizministerialblatt vom 20. Juni 2008, Nr. 7, Seite 75). Es besteht weder eine Verpflichtung noch ein Anspruch der Aufnahme von persönlichen Notizen zur Personalakte (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 31. März 2017 - 26 L 339/16 -, juris Rn. 35; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, Rn. 338, 301f.). Vielmehr handelt es sich bei den Aufzeichnungen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts, wenn diese überhaupt noch existieren sollten, um Gedächtnisstützen, die unter Umständen mittelbar in Verwaltungsvorgänge Eingang finden aber ebenso verworfen werden können. Würde jeder irgendwie spontan manifestierte Gedankengang eines Amtsträgers während der Dienstzeit zu fixieren und zu einem Verwaltungsvorgang zu nehmen sein, liefe dies auf eine Beschneidung der Möglichkeit hinaus, dass auch diese sich durchaus auch sogleich zu verwerfende Gedanken machen dürften. Dies würde jedoch einem durchdachten und letztlich auch rechtmäßigen Verwaltungshandeln, wie es ein Gebot des Rechtsstaatsprinzips aus Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 2 Abs. 1 LVerf ist, abträglich sein.
Auch ein entsprechender Herausgabeanspruch aus einfachgesetzlichen Vorschriften ist nicht ersichtlich. Soweit an einen Anspruch aus § 1 Akteneinsichts- und Informationsgesetz (AIG) zu denken ist, wonach jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten hat, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten, fehlt es bereits am Vorliegen von Akten. Nach § 3 AIG sind Akten alle schriftlich, elektronisch, optisch, akustisch oder auf andere Weise aufgezeichneten Unterlagen, soweit diese ausschließlich amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienen. Nicht hierunter fallen Vorentwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil des Vorgangs sind und spätestens nach dessen Abschluss vernichtet werden (vgl. auch § 2 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes). Mithin sind die hier gemachten Notizen keine Akten im Sinne des AIG, da es sich lediglich um Notizen handelt, die der gedanklichen Strukturierung dienen.
Auch ein Anspruch auf Herausgabe nach Art. 15 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), dessen der Kläger sich berühmt, besteht nicht. Nach dieser Vorschrift kann die betroffene Person von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen. Unabhängig davon, ob sich aus dieser Vorschrift ein Herausgabeanspruch von Informationen ergibt, findet die DSGVO auf die Notizen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts keine Anwendung. Die DSGVO gilt nach Art. 2 Abs. 1 nur für ganz oder teilweise automatisierte Daten. Dieser Begriff ist in Art. 4 DSGVO nicht definiert. In Anlehnung an § 3 Abs. 2 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes ist unter automatisierter Datenerhebung die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen zu verstehen. Vorliegend enthalten die Notizen zwar personenbezogene Daten des Klägers. Sie sind jedoch handschriftlicher Art und werden weder unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen erhoben, verarbeitet oder genutzt. Damit kommt es auch nicht darauf an, ob die Notizen zur Erinnerungsstütze vorliegend personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. DSGVO sind, was voraussetzt, dass die Daten sich auf eine identifizierte oder identifzierbare Person beziehen und nicht lediglich anonym gehaltene, gesondert von Bezugsakten aufgehobene Unterlagen sind.
Letztlich folgt ein Anspruch des Klägers auf Herausgabe auch nicht aus Fürsorgegesichtspunkten, weil dieser der Herausgabe der Notizen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts zur Rechtswahrnehmung bedürfte. Zwar sind schriftliche Beurteilungsbeiträge im Fall der Beanstandung der Beurteilung herauszugeben, da deren Kenntnis zur effektiven Rechtsverfolgung unabdingbar ist (BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10/17 -, juris, Rn. 33). Dieser Zweck kann hier nicht mehr erfüllt werden, da die Beurteilungen aufgehoben worden sind. Zudem handelt es sich bei den Notizen des Präsidenten des Verwaltungsgerichts nicht um einen schriftlichen Beurteilungsbeitrag, sondern lediglich Gesprächsaufzeichnungen zur Gedächtnisstütze. Erst wenn der Beurteiler sich auf bestimmte Äußerungen von Dritten beziehen würde, wären diese gegebenenfalls Gegenstand der Beurteilung und deren Inhalt müsste gegebenenfalls im Wege des Freibeweises ermittelt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
BESCHLUSS
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 10.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 auf 10.000 EUR festgesetzt.