Gericht | SG Neuruppin 19. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.04.2011 | |
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Aktenzeichen | S 19 U 159/08 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Stützrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 v. H. aufgrund der Folgen aus dem Arbeitsunfall vom 09.10.2000 neben einer weiteren MdE von 10 v. H. aufgrund der Folgen aus dem Arbeitsunfall vom 27.06.2006.
Der 1979 geborene Kläger erlitt ausweislich des H-Arzt-Berichtes von Dr. W am 09.10.2000 einen Arbeitsunfall, als er bei Dacharbeiten über einen kleinen Absatz auf die Rüstung sprang und sich dabei das rechte Kniegelenk verdrehte. Unter der Verdachtsdiagnose einer Zerreißung des vorderen Kreuzbands des rechten Kniegelenks veranlasste Dr. W die Einweisung ins W Krankenhaus in G zur Gelenkspiegelung. Am 23.10.2000 wurde bei dem Kläger eine Spiegelung des rechten Kniegelenks vorgenommen. Dabei fand sich eine vollständige Zerreißung des vorderen Kreuzbands und Entzündung und Verdickung der Gelenkinnenhaut. Der Untersuchungsbefund des entnommenen Gewebes vom 25.10.2000 beschreibt eine frische gewaltsame Zusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbands ohne vorbestehende Gewebeschäden.
Im Entlassungsbericht des Krankenhauses wurde mitgeteilt, dass die stationäre Aufnahme nach einem Sporttrauma, bei dem sich der Kläger das rechte Kniegelenk verletzte, erfolgte, wobei sich der Kläger nach einem erneuten 2. Trauma in ambulante Behandlung begab. Die Beklagte stellte daraufhin weitere Ermittlungen an und befragte den Kläger und seinen Fußballtrainer. Der Kläger gab an, er habe am Wochenende vor dem in Rede stehenden Arbeitsunfall in seinem Sportverein die erste Halbzeit Fußball gespielt, sich dann aber auswechseln lassen, da er Beschwerden im rechten Knie bekommen habe. Er habe eine Einschränkung der Beweglichkeit festgestellt, das Knie sei aber nicht angeschwollen. Am Montag sei er normal zur Arbeit gegangen. Der Trainer des Sportvereins bestätigte, dass der Kläger leichte Schmerzen im Knie angegeben habe, für die sich keine Ursache erkennen ließ. Es sei weder ein Zweikampf, ein Sturz oder eine sonstige Gewalteinwirkung vorausgegangen.
Bei dem Kläger wurde am 04.12.2000 das gerissene vordere Kreuzband am rechten Kniegelenk mit einer Ersatzplastik aus der gleichseitigen Kniescheibensehne versorgt. Es schloss sich eine ambulante Rehabilitationsbehandlung an. Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 26.03.2001, wobei der Kläger bereits zum 17.11.2000 von seinem Arbeitgeber fristgemäß gekündigt worden war. Im Zwischenbericht vom 26.03.2001 schätzte der behandelnde Arzt Dr. W die Höhe der unfallbedingten MdE auf sechs Monate befristet auf 20 v. H.
Am 28.03.2002 erlitt der Kläger einen privaten Unfall, indem er beim Fußballspielen auf einen Stock getreten, mit dem rechten Knie umgeknickt und dabei die Kreuzbandplastik gerissen ist. Der Krankenhausentlassungsbericht und der Operationsbericht vom April 2002 beschreiben eine frische vollständige Zusammenhangstrennung der vorderen Kreuzbandersatzplastik des rechten Kniegelenks mit entsprechender Ergussbildung im Innern des Gelenks und ohne weitere Knieinnenschäden. Es wurde am 29.05.2002 eine erneute vordere Kreuzbandersatzplastik vorgenommen.
Am 27.06.2006 erlitt der Kläger einen weiteren Unfall. Ausweislich des H-Arzt-Berichtes vom 27.06.2006 des Dipl.-Med. B, A Klinik B, löste sich beim Beladen von Paletten von einem Lkw eine Palette, stieß gegen das rechte Kniegelenk, woraufhin der Kläger vom Lkw stürzte und sich das rechte Knie verletzte. Danach war der Kläger nicht mehr gehfähig. Es wurde u. a. eine Zerreißung des rechten Kniescheibenbands diagnostiziert. Im U Krankenhaus B fand noch am gleichen Tag die operative Versorgung statt. Zum feingeweblichen Untersuchungsbefund wurde mitgeteilt, es hätten Zeichen einer frischen Zusammenhangstrennung des Sehnengewebes vorgelegen. Am 13.07.2006 wurde der Kläger arbeitsunfähig aus dem Krankenhaus entlassen. Es schlossen sich eine umfangreiche ambulante Physiotherapie, stationäre Aufnahmen sowie weitere ambulante Rehabilitationsmaßnahmen an.
Nachdem durch eine nervenärztliche Untersuchung am 08.06.2007 keine psychischen Unfallfolgen festgestellt und eine Wiederaufnahme des Berufs des Dachdeckers aus nervenärztlicher Sicht für zumutbar eingeschätzt worden war, wurde im Ergebnis einer Untersuchung am 14.06.2007 auch aus unfallchirurgischer Sicht der Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit im bisherigen Beruf als Dachdecker ab 15.06.2007 bestätigt und das Heilverfahren abgeschlossen.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.06.2007 und auf Widerspruch vom 13.07.2007, mit dem zugleich die Zahlung einer Rente beantragt worden ist, mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 die Zahlung des Verletztengeldes über den 14.06.2007 hinaus ab und führte zur Begründung aus, dass Verletztengeld gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nur für die Zeit erbracht werde, in der durch den Versicherungsfall am 27.06.2006 verursachte Arbeitsunfähigkeit bestehe. Dagegen erhob der Kläger am 11.10.2007 Klage zum Sozialgericht Neuruppin zum Aktenzeichen S 19 U 99/08 (vormals S 8 U 88/07).
Weiter lehnte die Beklagte in Auswertung der medizinischen Befunde mit Bescheid vom 26.07.2007 einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 ab. Dagegen erhob der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 27.08.2007 Widerspruch mit der Begründung, dass eine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v. H. über die 26. Woche hinaus bestehe. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Rente aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 gestellt.
Daraufhin veranlasste die Beklagte zur Feststellung und Bewertung der verbliebenen Folgen der Arbeitsunfälle vom 09.10.2000 und 27.06.2006 eine Erste Rentenbegutachtung. Aufgrund einer ärztlichen Untersuchung des Klägers am 19.12.2007 erstellte Herr Dr. H jeweils ein Erstes Rentengutachten vom 20.12.2007 über die Folgen des Unfallereignisses vom 09.10.2000 und 27.06.2006.
Dr. H fand am 19.12.2007 an pathologischen Veränderungen im Bereich des rechten Beines nach Kreuzbandplastik im Jahr 2000, erneuter Kreuzbandplastik im Jahr 2002 sowie Refixation des Ligamentum patellae im Jahr 2006:
- eine Muskelminderung des rechten Beines,
- eine Umfangsvermehrung des rechten Kniegelenkes,
- eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes,
- Narbenbildung und
- radiologische Veränderungen.
Er führt dazu hinsichtlich des Unfalls vom 09.10.2000 aus:
„Die jetzt festzustellenden … Gesundheitsschäden sind ursächlich ausschließlich als Folge des Ereignisses vom 27.06.2006 anzusehen. Nach dem Unfall am 27.06.2006 bestand somit nach vorderer Kreuzbandersatzplastik ein bandstabiles, frei bewegliches Kniegelenk mit guter Muskelbemantelung.
Ich schätze die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Grund der Folgen des Unfalls vom 09.10.2000 nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 27.03.2001 auf Grund der Muskelminderung befristet auf 6 Monate auf 10 %. Nach Ablauf dieser 6 Monate, gegenwärtig und voraussichtlich auf Dauer schätze ich die Minderung der Erwerbsfähigkeit … auf unter 10 %, damit wirtschaftlich nicht messbar.
Es erwächst somit … kein Stützrententatbestand.“
und weiter hinsichtlich des Unfalls vom 27.06.2006:
„Es ist somit festzustellen, dass das Ereignis am 09.10.2000 ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen im Bereich des rechten Beines ausgeheilt ist. Auch das erneute private Unfallereignis vom Jahr 2002 führte nach Angaben des Versicherten zu keinen Funktionseinschränkungen. Die … Gesundheitsstörungen sind somit ausschließlich als Folge des versicherten Ereignisses vom 27.06.2006 einzuordnen.“
Dr. H schätzte die MdE auf Grund der Folgen des Unfalls vom 27.06.2006 nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 15.06.2007, gegenwärtig und zunächst befristet bis zum Ende des 3. Unfalljahres auf 10 % und geht davon aus, dass die MdE darüber hinausgehend voraussichtlich auf Dauer auf 10 % zu schätzen ist.
Die Beklagte erließ daraufhin den Bescheid vom 24.01.2008, mit dem sie einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 ablehnte. Sie führte zur Begründung aus, dass die verbliebenen Folgen eine MdE von unter 10 v. H. bedingen. Dagegen erhob der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 25.02.2008 Widerspruch mit der Begründung, dass er eine MdE von mindestens 10 v. H. erlitten habe.
Am 28.03.2008 erließ die Beklagte zum einen den Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.01.2008 – den Arbeitsunfall vom 09.10.2000 betreffend – und zum anderen den Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.07.2007 – den Arbeitsunfall vom 27.06.2006 betreffend – zurückgewiesen wurde. Sie verwies auf die Feststellungen des Herrn Dr. H und führte weiter aus, dass auch ein Stützrententatbestand wegen des am 09.10.2000 erlittenen Arbeitsunfalls nicht bestehe.
Dagegen hat der Kläger am 30.04.2008 die zu den Aktenzeichen S 19 U 158/08 (vormals S 8 U 37/08) und S 19 U 159/08 (vormals S 8 U 38/08) geführten Klagen zum Sozialgericht Neuruppin erhoben und verfolgt sein Unfallrenteninteresse weiter.
Das Sozialgericht hat die Klagen zu den Aktenzeichen S 19 U 158/08 und S 19 U 99/08 zum Unfall vom 27.06.2006 unter dem letztgenannten führenden Aktenzeichen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
Das Sozialgericht hat weiter bildgebende Unterlagen vom Kläger und den R Kliniken eingeholt sowie Beweis erhoben jeweils durch Einholung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Fachgutachtens vom Sachverständigen Herrn Dr. S vom 22.02.2010.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. W vom 18.06.2010 ein, in dessen Folge im Rahmen des Verfahrens zum Aktenzeichen S 19 U 99/08 ein Vergleich zur Beendigung des Rechtsstreites dahingehend angeboten wurde, dass aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 eine Rente ab dem 01.01.2008 bis auf Weiteres in Höhe von 20 v. H. gewährt wird. Dieses Angebot nahm der Kläger mit Schreiben vom 19.08.2010 an.
Hinsichtlich der zum Arbeitsunfall vom 09.10.2000 in der beratungsärztlichen Stellungnahme vorgetragenen Einwände holte das Gericht eine ergänzende Stellungnahme des Herrn Dr. S vom 11.11.2010 ein.
In Auseinandersetzung mit den gutachterlichen Feststellungen des Herrn Dr. S und den im Verfahren zum Aktenzeichen S 19 U 99/08 inzwischen geschlossenen Vergleich beantragt der Kläger zuletzt:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 dem Kläger eine Rente wegen des Arbeitsunfalles vom 09.10.2000 (Stützrente) für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig und führt zur Begründung aus, dass sich eine messbare MdE wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 nicht feststellen lasse.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die in den Gerichtsakten befindlichen Gutachten von Dr. S vom 22.02.2010 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 11.11.2010 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Aktenzeichen S 19 U 99/08, S 19 U 158/08 und S 19 U 159/08 sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) damit einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Darüber hinaus ist auch der Bescheid vom 27.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 dahingehend rechtmäßig, dass dem Kläger für die Zeit vor dem 01.01.2008 keine Verletztenrente gewährt wurde. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Verletztenrente als so genannte Stützrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 nach einer MdE von 10 v. H. neben einer weiteren MdE von 10 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 für die Zeit vor dem 01.01.2008 und insbesondere vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007.
Mit Bescheid vom 24.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 hatte die Beklagte entschieden, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 eine MdE von weniger als 10 v. H. bedingen, eine messbare MdE nicht vorliegt und somit die Gewährung einer Rente abgelehnt. Darüber hinaus lehnte die Beklagte auch mit Bescheid vom 26.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 einen Anspruch auf Rente ab und führte aus, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 eine MdE von maximal 10 v. H. bedingen und auch ein Stützrententatbestand wegen des am 09.10.2000 erlittenen Arbeitsunfalls nicht besteht. Die letztgenannte Entscheidung der Beklagten ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens geworden (BSG, Urteil vom 20.03.2007 – B 2 U 21/06 R – in SozR 4-1300 § 48 Nr. 11; SozR 2200 § 581 Nr. 20) – dieses zwischenzeitlich allerdings wegen des zum Aktenzeichen S 19 U 99/08 geschlossenen Vergleiches nur insoweit als die Zeit vor dem 01.01.2008 betroffen ist. Gegenstand des genannten Vergleiches ist die Gewährung einer Rente aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 ab dem 01.01.2008 bis auf Weiteres nach einer MdE in Höhe von 20 v. H., sodass der Vergleich bereits in Abänderung des Bescheides vom 26.07.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 zustande gekommen ist.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern.
Die Verletztenrente dient als Ausgleich für die durch die unfallbedingten Gesundheitsstörungen erlittene Einbuße an Erwerbstätigkeit. Es wird dabei nicht auf einen tatsächlichen Entgeltschaden und seine Höhe abgestellt, sondern auf den abstrakt bemessenen Verlust an Erwerbsmöglichkeiten, die so genannte „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ (MdE).
Die MdE richtet sich zum einen nach dem Umfang der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens des Verletzten durch die Unfallfolgen und zum anderen dem Umfang der dadurch verschlossenen Erwerbsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII, vgl. Urteil des BSG vom 22.06.2004 – B 2 U 14/03 R – und Urteil des BSG vom 05.09.2006 – B 2 U 25/05 R und SozR 3-2200 § 581 Nr. 8).
Die Bemessung des Grades der MdE wird vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. Urteil des BSG vom 02.05.2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S. 36 m. w. N.). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (u. a. Urteil des BSG vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).
Zur Überzeugung der Kammer liegt zwar eine auf den Arbeitsunfall vom 27.06.2006 zurückzuführende MdE von 10 v. H. bei dem Kläger in der Zeit vom 15.06.2007 bis 31.12.2007 vor. Hinsichtlich des weiteren Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 kann jedoch eine MdE von 10 v. H. nach dem April 2002 nicht angenommen werden. Damit können sich die Versicherungsfälle vom 09.10.2000 und 27.06.2006 nicht gegenseitig stützen und dem Kläger ist auch für beide Versicherungsfälle gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII keine Verletztenrente zu gewähren.
Zu beachten war, dass Gegenstand eines Streits über die Gewährung von Stützrenten aus zwei Arbeitsunfällen jeweils mit einer MdE unter 20 v. H. nicht jeweils die Gewährung einer Teilrente allein sein kann, sondern den Gegenstand des Streits bilden letztlich beide Stützrenten, da beide Renten hinsichtlich der Feststellung der MdE untrennbar miteinander verbunden sind. So ist bei der Prüfung, ob die Folgen des in Betracht kommenden anderen Arbeitsunfalls die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern, nicht der Vomhundertsatz einer früheren Feststellung, sondern der zur Zeit des Beginns der Verletztenrente noch bestehende Grad der MdE zugrunde zu legen (BSG in SozR Nr. 5 zu § 581 RVO; BSG in SozR 2200 § 581 Nr. 15). Dadurch ist gewährleistet, dass für die Gewährung der kleinen Renten die MdE für beide Arbeitsunfälle in einer Entscheidung festgestellt wird. Die Einheitlichkeit der Entscheidung über die MdE aus beiden für die Gewährung kleiner Renten in Betracht kommenden Arbeitsunfällen zeigt sich auch darin, dass diese Rente wegen der Folgen aus einem der beiden Arbeitsunfälle auch mit der Begründung abgelehnt werden darf, es könne dahin stehen, ob die durch sie bedingte MdE wenigstens 10 v. H. betrage, da jedenfalls die aus dem anderen Arbeitsunfall diesen Grad nicht erreiche.
Die Verurteilung zur Gewährung der Verletztenrente nach einer MdE von 10 v. H. für die Folgen des einen Arbeitsunfalls darf deshalb nur zusammen mit der Entscheidung ergehen, dass zu diesem Zeitpunkt die MdE aus dem anderen Arbeitsunfall ebenfalls mindestens 10 v. H. beträgt. Es handelt sich bei der jeweils zugleich zu treffenden Feststellung der MdE aus dem anderen Arbeitsunfall nicht nur um eine materiell-rechtliche Vorfrage, die in einem späteren anderen Verfahren abweichend entschieden werden könnte. Die Entscheidung, dass die MdE wegen der Folgen der beiden Arbeitsunfälle jeweils 10 v. H. beträgt und deshalb Rente zur Entschädigung des Arbeitsunfalls zu gewähren ist, gehört vielmehr zu dem sich aus den festgestellten Tatsachen und der angewandten Rechtsnorm ergebenden Subsumtionsschluss als Ganzes (so BSG, Urteil vom 28.02.1986 – 2 RU 23/84 – m. w. N.; zu alldem LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.07.2008 – L 3 U 308/07).
Im Ergebnis der Begutachtung am 10.08.2009 stellt der Sachverständige Herr Dr. S als bestehende Gesundheitsschäden fest: eine Bewegungseinschränkung mit endgradiger Streck- und Beugehemmung, eine Lockerung des vorderen Kreuzbandes, Narbenbildungen und ein rückfälliger Reizzustand (Synovialits) des rechten Kniegelenks, ein Hochstand der rechten Kniescheibe, röntgenologische Zeichen einer beginnenden knöchernen Verschließumformung des rechten Kniescheibengelenks (retropatellare Arthrose) und Verkalkungen im Ansatzbereich der gemeinsamen Oberschenkelstrecksehne (Quadrizepssehne) sowie eine Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel nach zweimaliger vorderer Kreuzbandersatzplastik mit körpereigenem Sehnentransplantat aus der gleichseitigen Kniescheibensehne nach Zerreißung des vorderen Kreuzbands sowie einer Refixation der Kniescheibensehne über Metallanker nach Abriss von der Kniescheibe.
Dr. S führt allerdings weiter aus, dass aufgrund der Mehrfachschädigung des rechten Kniegelenks durch insgesamt drei Ereignisse (09.10.2000, April 2002, 27.06.2006) und der spärlichen bis fehlenden Verlaufsdokumentation in der Zeit von April 2001 an bis Juni 2006 eine einfache Zuordnung der jetzt bestehenden Gesundheitsstörungen nicht möglich ist. Zwischen den an sich eigenständigen Ereignissen bestünden hinsichtlich der Auswirkungen auf das rechte Kniegelenk des Klägers Wechselwirkungen. Die Narbenbildung an der Vorderseite des Kniegelenks, die leichte Lockerung des vorderen Kreuzbands und die Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel müssten zumindest anteilig auf das Unfallereignis vom 09.10.2000 zurückgeführt werden, wobei sich der Anteil im Einzelnen nicht bemessen lasse. Aufgrund der Art der seinerzeit eingetretenen Schädigung würden die Folgen des Unfallereignisses vom 27.06.2006 weitgehend die der vorangegangenen, so auch die des hier in Rede stehenden Ereignisses vom 09.10.2000, überlagern. Eine Einschätzung der Höhe der allein auf das Ereignis vom 09.10.2000 zurückzuführenden MdE sei weder ab dem 01.03.2003 noch zum Zeitpunkt der jetzigen Untersuchung bzw. für die Zeit dazwischen möglich. Die Höhe der MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 09.10.2000 könne nur für die Zeit vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 27.03.2001 bis zum April 2002 eingeschätzt werden. Dabei ergäbe sich folgende Staffelung: Vom 27.03.2001 bis 31.12.2001 – MdE 20 v. H., vom 01.01.2002 bis April 2002 – MdE 10 v. H. Auch ohne das Ereignis vom April 2002 sei ein Fortbestehen der Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel mit der Folge einer messbaren MdE als wahrscheinlich anzunehmen, aber nicht zu belegen.
Auf die Einwände der Beklagten hin, die eine beratungsärztliche Stellungnahme des Prof. Dr. W vom 18.06.2010 vorlegte, führt Dr. S in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.11.2010 dazu weiter aus: „Insoweit bleibe ich bei meiner Wertung, dass für die Dauer eines Jahres nach vorderer Kreuzbandersatzplastik, im Falle des Klägers also bis Dezember 2001, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von zwanzig vom Hundert anzunehmen ist. Danach ist bei fortbestehender wesentlicher Muskelminderung von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 10 vom Hundert, bei guter muskulärer Erholung, Bandstabilität und freier Beweglichkeit des Kniegelenks von einer nicht messbaren Minderung der Erwerbsfähigkeit auszugehen.“.
Die Kammer folgt jedenfalls für die Zeit ab April 2002 der Beurteilung durch den Sachverständigen Dr. S und schließt sich seinen Ausführungen an. Diesbezüglich ist das Gutachten in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar begründet. Es beruht auf einer eingehenden ambulanten Untersuchung des Klägers und einer umfangreichen Auswertung des Akteninhaltes. Auch stehen diese Feststellungen (im Übrigen auch nach dem formulierten Klageantrag für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 relevant) im Wesentlichen in Übereinstimmung mit den Ausführungen von Prof. Dr. W in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18.06.2010, die im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird. Zwar erhebt Prof. Dr. W insbesondere für die Zeit vom 27.03.2001 bis 31.12.2001 Einwände gegen die Annahme des Dr. S einer MdE von 20 v. H., jedoch erkennt er, dass Dr. S „jeweils ausführlich darauf eingeht, dass keine weiteren Befunde zeitnah und nach dem Februar 2001 erhoben wurden und dass alles im Zeitraum zwischen der letzten Berichterstattung von Herrn Dr. W und der neuerlichen Befunderhebung im Rahmen des nächsten Unfalles Spekulation sei“. Nichts anderes kommt in dem Gutachten und der ergänzenden Stellungnahme des Dr. S für die Zeit ab April 2002 zum Ausdruck. So ist dem Gutachten des Dr. S auf Seite 14 zwar zunächst Folgendes zu entnehmen: „Übertragen auf den Kläger ist auch ohne weitere Untersuchungsbefunde, allein anhand des dokumentierten Verlaufs und des am 26.3.2001 erhobenen Befunds zu schließen, dass die Erwerbsfähigkeit wegen Folgen des Unfalls vom 9.10.2000 vom 27.3.2001 bis 31.12.2001 um 20 vom Hundert und vom 1.1.2002 an um 10 vom Hundert gemindert war.“. Jedoch schließen sich daran wegen der eigenständigen Ereignisse im April 2002 und am 27.06.2006 weitere Überlegungen an: „Damit ist eine Feststellung der Folgen des Ereignisses vom 9.10.2000 einschließlich deren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab April 2002 objektiv nicht mehr möglich.“. Dadurch hat Dr. S den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Beweisgrundsätzen vollumfänglich entsprochen. Die Kammer konnte deswegen die diesbezüglichen Einwände in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18.06.2010 nicht nachvollziehen. Der Hinweis des Dr. S in seiner ergänzenden Stellungnahme („Danach ist bei fortbestehender wesentlicher Muskelminderung von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 10 vom Hundert, bei guter muskulärer Erholung, Bandstabilität und freier Beweglichkeit des Kniegelenks von einer nicht messbaren Minderung der Erwerbsfähigkeit auszugehen.“) ist vielmehr als Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten zu verstehen, ohne dass damit eine sichere, belegbare Aussage den Kläger betreffend verbunden war.
Beweisrechtlich war zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen aber die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.; siehe zu alldem LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2009 – L 1 U 3612/08).
Darüber hinaus stellte Dr. S im Ergebnis der Begutachtung am 10.08.2009 hinsichtlich des Ereignisses vom 27.06.2006 fest, dass es zu einem Abriss der Kniescheibensehne von der rechten Kniescheibe geführt habe. Nach operativer Fixation seien ein Hochstand der rechten Kniescheibe, röntgenologische Zeichen einer beginnenden knöchernen Verschleißumformung des rechten Kniescheibengelenks (retropatellare Arthrose) und Verkalkungen im Ansatzbereich der gemeinsamen Oberschenkelstrecksehne (Quadrizepssehne) am rechten Kniegelenk verblieben. Der rückfällige Reizzustand (Synovialitis) des rechten Kniegelenks und die Bewegungseinschränkung mit endgradiger Streck- und Beugehemmung seien ebenfalls allein ursächlich auf das Ereignis vom 27.06.2006 zurückzuführen. Die Muskelverschmächtigung am rechten Oberschenkel und die Narbenbildungen seien zum überwiegenden Anteil durch das Ereignis vom 27.06.2006 bedingt. Für die geringe Lockerung des vorderen Kreuzbands sei eine Mitwirkung der Folgen des Unfallereignisses vom 27.06.2006 als wahrscheinlich anzunehmen. Bei den genannten Gesundheitsschäden würden die Folgen des angeschuldigten Ereignisses vom 27.06.2006, nicht Vorschäden oder Schadensanlagen überwiegen. Zwar endete die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit am 14.06.2007, jedoch sei im weiteren Verlauf eine Verschlechterung eingetreten. Daher schätzt Dr. S die Höhe der MdE vom 15.06.2007 bis 31.12.2007 auf 10 v. H., vom 01.01.2008 bis 09.08.2009 auf 20 v. H. und ab 10.08.2009 auf Dauer auf 20 v. H.
Auch hinsichtlich der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 schließt sich die Kammer der Beurteilung des Herrn Dr. S in seinem Gutachten an. Die Kammer hat keinen Anlass gesehen, an der Richtigkeit der Feststellungen von Dr. S zu zweifeln. Denn diese stehen in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Prof. Dr. W in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18.06.2010. Ihm erscheint die Begutachtung von Herrn Dr. S zum Unfall am 27.06.2006 nachvollziehbar und entsprechend der Erfahrungswerte, auch die Abstufung erscheint ihm angemessen. „Die massive Muskelminderung, das deutliche Streckdefizit, die Kapselschwellung und die klinisch nachweisbare Instabilität rechtfertigen im vorliegenden Fall einen MdE-Wert von 20 v. H.“ Die vom 15.06.2007 bis zum 31.12.2007 angenommene MdE von 10 v. H. kommentiert Prof. Dr. W zwar nicht, aber hierzu schätzte Dr. H in seinem Gutachten vom 20.12.2007 die MdE auf Grund der Folgen des Unfalls vom 27.06.2006 nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 15.06.2007, gegenwärtig und zunächst befristet bis zum Ende des 3. Unfalljahres auf 10 v. H.
Lediglich ergänzend weist die Kammer mit Blick auf den Klageantrag zum Beginn der begehrten, aber aus o. g. Gründen dem Kläger nicht zustehenden stützenden Rente aus dem früheren Versicherungsfall darauf hin, dass diese mit dem Tag des späteren Stützrentenfalls begonnen hätte, falls dieser eine MdE von wenigstens 10 v. H. über die 26. Woche hinaus bedingt. Die in der Regel zunächst gegebene Arbeitsunfähigkeit infolge des späteren Stützrentenfalls steht dabei einer MdE gleich (BSG in SozR Nr. 11 zu § 581 RVO; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.07.2008 – L 3 U 308/07). Das hätte vorliegend bedeutet, dass auf den späteren Arbeitsunfall vom 27.06.2006 abzustellen gewesen wäre. Danach käme es auf die Antragstellung durch ein Anwaltschreiben nicht an, wobei ein solches wohl noch nicht aus Juni 2007, sondern erst vom 13.07.2007 (Widerspruch gegen den Bescheid vom 14.06.2007 und Antrag auf Rente) stammt.
Hinsichtlich der Einschätzung des Dr. S für die Zeit vom 27.03.2001 bis 31.12.2001 mit einer MdE aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 in Höhe von 20 v. H. konnte eine eingehende Auseinandersetzung mit den Einwänden der Beklagten gemäß der beratungsärztlichen Stellungnahme des Prof. Dr. W vom 18.06.2010 unterbleiben, da jedenfalls entsprechend der Verjährungsvorschrift des § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) der Kläger einen Rentenanspruch für diese Zeit nicht mehr mit Erfolg geltend machen kann. Auf die Vorschrift hat die Beklagte wiederholt hingewiesen und insofern die Einrede der Verjährung erhoben. Dem hat der Kläger durch den zuletzt gestellten Klageantrag auf Gewährung einer Stützrente (für die Zeit vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007) auch Rechnung getragen. Gemäß § 45 Abs. 1 SGB I verjähren Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie entstanden sind, wobei nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB I die Verjährung auch durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt wird. Vorliegend hat der Kläger erst mit anwaltlichem Schreiben vom 27.08.2007 (zugleich Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.07.2007) einen Antrag auf Rente aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 09.10.2000 gestellt. Damit konnte der Kläger die Verjährung nicht mehr hemmen.
Der Bewertung des Dr. S für die Zeit ab 01.01.2008 mit einer MdE aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.2006 in Höhe von 20 v. H. haben die Beteiligten übereinstimmend Rechnung getragen, indem sie im Verfahren zum Aktenzeichen S 19 U 99/08 den oben beschriebenen Vergleich schlossen. Nähere Ausführungen der Kammer für die Zeit ab 01.01.2008 erübrigen sich damit.
Die dem Ergebnis in der Hauptsache folgende Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.sgBAUSTEIN/RM_ZIN1.RTFBelehrung: Zulässige Berufung Inland 1.Instanz.