Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 7. Kammer | Entscheidungsdatum | 17.12.2013 | |
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Aktenzeichen | 7 Sa 913/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 25 HGB, § 195 BGB, § 199 BGB, § 203 BGB |
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 03. April 2013 - 27 Ca 16723/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf der Grundlage von § 25 HGB auf Erstattung von Insolvenzgeld in Anspruch, das sie an verschiedene Arbeitnehmer der H. GmbH für den Zeitraum bis 30.09.2007 gezahlt hat.
Die H. GmbH, deren Geschäftsführerin die Mutter der Geschäftsführerin der Beklagten ist, führte unter Nutzung eines patentierten Reinigungssystems Reinigungsarbeiten an Jalousien, Rollos und Gardinen durch und beschäftigte einschließlich der jetzigen Geschäftsführerin der Beklagten 10 Arbeitnehmer, gegenüber denen sie im Sommer 2007 die Lohnzahlung einstellte. Mit Antrag vom 14.09.2007 beantragte sie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 09.06.2008 (Bl. 5 – 6 d. A.) eröffnete das Amtsgericht Schwerin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH mit Sitz in Z.. Dieses wurde am 08.03.2011 mangels Masse eingestellt.
Am 30.10.2007 wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten, der H. D. GmbH abgeschlossen, das Gewerbe bereits am 11.10.2007 zum 02.10.2007 angemeldet und die Beklagte am 16.01.2008 in das Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg mit dem Geschäftszweck „Reinigung und Vertrieb von Sonnenschutzanlagen, diverse Sonderreinigung und Vertrieb von Reinigungsmaschinen“ eingetragen. Bereits zuvor, nämlich im September 2007 stellte die Beklagte, damals noch in Gründung, zwei Aufträge, die noch die Insolvenzschuldnerin eingeworben hatte, den jeweiligen Auftraggebern in Rechnung. Die Rechnungsbeträge wurden an die Beklagte bezahlt. Dies führte dazu, dass das Amtsgericht Schwerin mit Strafbefehl vom 16.09.2009 die Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilte.
Noch im Jahr 2007 stellten die bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer bei der Klägerin Anträge auf Insolvenzgeld. Diese leistete auf das zu zahlende Insolvenzgeld an sieben Arbeitnehmer im Jahr 2007 und an zwei Arbeitnehmer im Jahr 2008 Vorschüsse, später nach Erteilung der Insolvenzgeldbescheinigungen durch den Insolvenzverwalter im Juli bzw. August 2008 Insolvenzgeld, wobei die Höhe zwischen den Parteien streitig ist. Für die den einzelnen Arbeitnehmern zugeordneten Beträge wird auf die Aufstellung der Klägerin in der Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl. 7 d. A.) Bezug genommen. Am 14.01.2009 meldete die Klägerin ihre Forderung gegenüber der Insolvenzschuldnerin zur Tabelle an.
Mit Schreiben vom 26.09.2011 (Bl. 137 – 139 d. A.) nahm die Klägerin die Beklagte auf Erstattung von Insolvenzgeld in Höhe von 25.433,05 EUR in Anspruch, mit der Begründung, diese habe einen Betrieb bzw. Betriebsteil der Insolvenzschuldnerin übernommen bzw. hafte nach § 25 Abs. 1 S. 1 HGB. Mit Schreiben vom 15.12.2011 (Bl. 157 d. A.) berief sich die Beklagte, anwaltlich vertreten, darauf, dass die Forderung so nicht nachvollziehbar sei und man nach weiterem Vortrag auf die Sache zurückkommen werde. In Erwiderung dieses Schreibens bot die Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2011 (Bl. 142 d. A.) ein persönliches Vergleichsgespräch an unter Ankündigung einer Klage für Ende Januar 2012 für den Fall, dass kein Interesse bestünde bzw. keine Rückäußerung erfolge. Daraufhin bestritt die Beklagte mit Schreiben vom 03.01.2012 das Vorliegen eines Betriebsübergangs und ihre Haftung für Lohnausfälle. Mit einem letzten Schreiben vom 27.01.2012 bat die Klägerin den damaligen Anwalt der Beklagten um Mitteilung, ob er auch die Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin vertrete. Für die Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 146 d. A. Bezug genommen. Eine Reaktion darauf erfolgte seitens der Beklagten nicht.
Mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Berlin am 05.11.2012 eingegangenen und der Beklagten am 09.11.2012 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung von 25.433,05 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit mit der Begründung, sie habe in dieser Höhe Insolvenzgeld an die Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin geleistet, für das die Beklagte nach § 25 HGB einzustehen habe, weil sie nach Erwerb des Handelsgeschäftes dieses unter der bisherigen Firma fortführe. Die Beklagte bestreitet das Vorliegen des Tatbestandes des § 25 HGB und hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 03.04.2013 ein klageabweisendes Versäumnisurteil vom 20.02.2013 aufrechterhalten und die weiteren Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte hafte nicht nach § 25 HGB, da die Klägerin nicht hinreichend dargelegt habe, dass sie das Handelsgeschäft der Insolvenzschuldnerin erworben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses der Klägerin am 16. Mai 2013 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 21. Mai 2013 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 6. Juni 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin und Berufungsklägerin behauptet auch in der Berufungsinstanz unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, die Beklagte habe das Handelsgeschäft der Insolvenzschuldnerin i.S.v. § 25 HGB erworben und führe es unter der bisherigen Firma fort. Dafür spreche der im Handelsregister eingetragene Gegenstand des Unternehmens, der Internetauftritt der Beklagten, und die Beibehaltung des Firmennamens mit seinem prägenden Bestandteil „H. “ sowie die Rechnungsstellung für bereits von der Insolvenzschuldnerin akquirierte Aufträge an die Beklagte, die sich damals noch in Gründung befunden habe. Ansprüche seien nicht verjährt. Die Verjährungsfrist habe frühestens mit Eintragung der Beklagten in das Handelsregister im Jahr 2008 bzw. mit Erteilung der Insolvenzgeldbescheinigungen durch den Insolvenzverwalter beginnen können, da sie erst dann ausreichende Kenntnis von dem Schuldner und der Höhe des auf sie übergegangenen Anspruchs erhalten habe. Auch sei die Verjährung vor Ablauf 2011 durch das Verhandeln der Parteien unterbrochen worden.
Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin, Aktenzeichen 27 Ca 16723/12, vom 03.04.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 25.433,05 EUR nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2012 zu zahlen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und behauptet in der Berufungsinstanz, nicht die damalige Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin habe das Gewerbe der Beklagten angemeldet, sondern die jetzige Geschäftsführerin, die auch den Gesellschaftsvertrag und die Handelsregisteranmeldung als Gesellschaftergeschäftsführer mit dem Notar vorbereitet habe. Diese sei als einzige Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Beklagten eingetragen worden. Sie habe das Gewerbe nicht durch Rechtsgeschäft erworben und auch nicht etwa die Firma beibehalten. Der Begriff H. verweise nur auf ein Patent. § 25 HGB finde neben § 613 a BGB keine Anwendung. Im Übrigen seien Ansprüche der Klägerin verjährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in den mündlichen Verhandlungsterminen Bezug genommen.
1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG).
Die Berufung der Klägerin ist daher zulässig.
2. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte nach § 25 HGB überhaupt für etwaige Forderungen der Klägerin gegenüber der Insolvenzschuldnerin haftet. Etwaige Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten auf Erstattung des an Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin gezahlten Insolvenzgeldes sind nämlich verjährt. Der Beklagten ist es auch nicht gem. § 242 BGB verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.
2.1 Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Sie ist Inhaberin der Forderung, die die Vergütungsansprüche der 10 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer im Zeitraum vom 16.06.2007 bis zum 30.09.2007 betreffen. Diese hatten gegenüber der Insolvenzschuldnerin Forderungen auf Arbeitsentgelt aus ihrem Arbeitsvertrag für die von der Klägerin in der Anlage K 3 aufgelisteten Zeiträume (vgl. im Einzelnen Bl. 7 d. A.). Mit dem Antrag auf Insolvenzgeld sind die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Arbeitsentgelt gemäß § 187 SGB III idF bis zum 31. März 2012 (jetzt § 169 SGB III) auf die Beklagte übergegangen, soweit sie einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen. Das Insolvenzgeld wird für rückständige Ansprüche auf Arbeitsentgelt gezahlt, die im Insolvenzgeldzeitraum – die letzten drei dem Insolvenzereignis vorausgehenden Monate des Arbeitsverhältnisses – entstanden sind. Der Übergang erfasst die Bruttoforderung (vgl. BAG vom 22.08.2012 – 5 AZR 526/11 – NZA 2013, 376 ff. Rd.-Z. 11 mwN.) Ausweislich der Aufstellung der Klägerin (Bl. 135 d. A.) erfolgte die Antragstellung der Arbeitnehmer zwischen dem 17.09.-10.12.2007. Für die Daten im Einzelnen wird auf Bl. 135 d. A. Bezug genommen.
2.2 Die Ansprüche der Klägerin sind indes verjährt. Die Verjährungsfrist wurde nicht rechtzeitig durch die beim Arbeitsgericht am 5. November 2011 eingegangene Klage unterbrochen.
2.2.1 Die Ansprüche der Arbeitnehmer auf Zahlung von Arbeitsentgelt unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB). Gemäß § 199 Abs. 1 BGB begann die Verjährungsfrist für diese Ansprüche mit dem Schluss des Jahres 2007. Denn in diesem Jahr war der Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt entstanden. Die Arbeitnehmer als Gläubiger der Forderung hatten von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis, nämlich vom Arbeitsvertrag, der Höhe des vereinbarten Arbeitsentgelts, der erbrachten Arbeitsleistung und der Person des Schuldners, ihrer Arbeitgeberin.
Der in §187 bzw. jetzt 169 SGB III angeordnete Anspruchsübergang beeinflusst den Beginn der Verjährung nicht. Bei einem Forderungsübergang läuft die einmal begonnene Verjährungsfrist gegenüber dem neuen Gläubiger unbeeinflusst von dem Gläubigerwechsel weiter (§§ 404, 412 BGB). Der neue Gläubiger muss sich die Kenntnis des alten Gläubigers von Anspruchsgrund und Gläubiger zurechnen lassen (vgl. Münch-Komm zum BGB § 195 BGB Rd.-Z. 44). Auch wird mit dem gesetzlichen Anspruchsübergang nach § 169 SGB III (früher § 187 SGB III) nicht ein neuer Anspruch der Klägerin begründet. Nach dieser Regelung geht der nämliche Arbeitsentgeltanspruch, also der ursprüngliche Anspruch des Arbeitnehmers, soweit er einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründet, auf die Bundesagentur für Arbeit über. Bei einem gleichbleibenden Anspruch setzt die Verjährung, die für den Anspruch zu laufen begonnen hat, trotz der Rechtsnachfolge ihren Lauf fort (vgl. BGH vom 23.02.1973 – V ZR 109/71 – NJW 1973, 703 ff.; Münch-Komm zum BGB 6. Aufl. 2012 § 195 BGB Rd.-Z. 44 mwN).
Eine Haftung der Beklagten nach § 25 HGB unterstellt, wird der Beginn der Verjährung gegenüber der Beklagten auch durch den gesetzlich angeordneten Schuldbeitritt (vgl. Baumbach/Hopt HGB 35. Aufl. 2012 Rd.-Z. 10) nicht aufgeschoben. Die Beklagte haftet für diese Schuld mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Beitritts hatte, d.h. auch mit der bereits begonnenen Verjährungsfrist (BGH, Urteil vom 6. 4. 1977 - IV ZR 124/76 (Oldenburg) – NJW 1977, 1879; Staudinger, BGB – 2012 - § 425 BGB Rz. 58). Die fehlende Kenntnis der Klägerin von der Beklagten und den Umständen ihrer Haftung hindert den Fortlauf der Verjährungsfrist nicht. Hat die Verjährungsfrist einmal begonnen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 199 Abs. 1 vorlagen, kann die einmal in Gang gesetzte Verjährung durch entschuldigte Unkenntnis nicht wieder gehemmt werden (vgl. Staudinger BGB § 199 Rd.-Z. 51). Ein entsprechender Hemmungstatbestand ist in §§ 203 ff. BGB nicht vorgesehen. Aus diesen Gründen wurde der Beginn der Verjährung auch nicht dadurch aufgeschoben, dass die Beklagte erst im Jahr 2008 in das Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen wurde. Denn hat die Beklagte erst damit das Handelsgeschäft der Insolvenzschuldnerin iSv. § 25 HGB fortgeführt, konnte erst zu diesem Zeitpunkt der Schuldbeitritt stattfinden. Auf die bis dahin eingetretenen Einwendungen, d. h. auch auf den Beginn der Verjährungsfrist kann sich nach den obigen Ausführungen die beitretende Schuldnerin berufen. Umstände für einen Schuldbeitritt vor Beginn der Verjährungsfrist hat die Klägerin nicht dargetan.
2.2.2 Bei einem Beginn der Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres 2007 endete die Verjährungsfrist am 31.12.2010 um 24 Uhr und damit weit vor Klageerhebung.
Der Eintritt der Verjährung wurde nicht gemäß § 204 Ziffer 10 BGB durch Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle gehemmt. Diese wirkt nur gegenüber der Insolvenzschuldnerin (§ 425 BGB). Gegenüber der Beklagten konnte die Anmeldung zur Tabelle keine Wirkung entfalten, da sie – das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 HGB unterstellt - erst nach dem Schuldbeitritt am 14.01.2009 erfolgte, die Beklagte das Handelsgeschäft aber spätestens mit der Eintragung der Firma in das Handelsregister fortführte. In diesem Fall gilt § 425 Abs. 2 BGB, der vorsieht, dass die Hemmung der Verjährung nur gegenüber dem jeweiligen Gesamtschuldner eintritt, gegenüber dem der Hemmungstatbestand vorliegt.
2.2.3 Aber auch zugunsten der Klägerin unterstellt, sie habe erst mit Eintragung der Beklagten im Handelsregister von dem Schuldner ausreichend Kenntnis erlangt bzw. erst mit Erteilung der Insolvenzgeldbescheinigungen ihre Forderungen beziffern können, so dass der Beginn der Verjährungsfrist auf den Ablauf des Jahres 2008 hinausgeschoben wäre, wäre die Forderung der Klägerin verjährt. Der Lauf der Verjährungsfrist war nur für den Zeitraum vom 27.09.-31.03.2012 und damit nicht ausreichend lang gehemmt.
2.2.3.1 Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist gem. § 203 S. 1 BGB die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Nach § 203 S. 2 BGB tritt die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Begriff „Verhandlungen“ iSv. § 203 S. 1 BGB weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner dies nicht sofort und erkennbar ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei Vergleichsbereitschaft oder Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird oder das Erfolgsaussicht besteht (vgl. BGH Urteil vom 14.07.2009 – IX ZR 18/08 – NJW-RR 2010, 975, 976 Rd.-Z. 16). Von Verhandlungen iSd. § 203 S. 1 BGB ist auch dann auszugehen, wenn der Schuldner einen späteren Bescheid auf eine einigermaßen substantiierte Anfrage in Aussicht stellt (vgl. Grothe in Münchener Kommentar zum BGB 6. Aufl. 2012 § 203 Rd.-Z. 5).
2.2.3.2 Unter Beachtung dieser Grundsätze war auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Parteien mit den zwischen ihnen gewechselten Schreiben zunächst in Verhandlungen getreten waren, wodurch die Verjährung gehemmt wurde. Die Klägerin hat ihre Forderung vor Ablauf der Verjährung mit Schreiben vom 26.09.2011 geltend gemacht. Die Beklagte hat, vertreten durch ihre damaligen Rechtsanwälte, auf dieses Schreiben der Klägerin – ebenfalls vor Ablauf der Verjährungsfrist - reagiert und mit Schreiben vom 15.12.2011 eine Prüfung für den Fall in Aussicht gestellt, dass die Klägerin substantiierter ihre Ansprüche darstellen würde. Sie hat sich damit im Sinne der oben genannten Grundsätze in einen ernsten Meinungsaustausch über den Anspruch und seine tatsächlichen Grundlagen begeben und insbesondere nicht sofort und erkennbar sämtliche Ansprüche der Klägerin abgelehnt. Die Klägerin hat dann mit Schreiben vom 22.12.2011, also noch vor Ablauf der Verjährung Vergleichsgespräche angeboten.
2.2.3.3 Diese zwischen den Parteien schwebenden Verhandlungen haben die Verjährung mit dem 26.09.2011 unterbrochen. Die Hemmung der Verjährung nach § 203 Nr. 10 BGB wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, in dem der Gläubiger seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend gemacht hat, also bei schriftlicher Geltendmachung ab dem Zugang des entsprechenden Schreibens beim Schuldner.
2.2.3.4 Die Hemmung der Verjährung endete indes spätestens mit Ablauf des 31.03.2012, da die Verhandlungen zwischen den Parteien eingeschlafen sind. Damit verjährte die Forderung mit Ablauf des 4. Juli 2012.
2.2.3.4.1 Wird die Verjährung durch Verhandlungen nach § 203 BGB gehemmt, endet die Hemmung, wenn die Fortsetzung weiterer Verhandlungen entweder ausdrücklich oder durch eindeutiges Verhalten dem Verhandlungspartner gegenüber verweigert wird. Die Hemmung der Verjährung kann aber auch dann beendet werden, wenn die Verhandlungen einschlafen oder verschleppt werden. In diesem Fall entfällt die Hemmung, wenn aus Sicht des Gläubigers nach Treu und Glauben ein nächster Schritt zu erwarten gewesen wäre, der jedoch nicht erfolgt ist (vgl. Münch-Komm zum BGB § 203 Rd.-Nr. 8; BGH Urteil vom 06.11.2008 – IX ZR 158/07 – NJW 2009, 1806). Für den Regelfall wird man hier nach einmonatiger Untätigkeit gleichgültig von welcher Seite, von einem Ende der Verhandlungen ausgehen können, so dass dann die verbleibende Verjährungsfrist weiterläuft (vgl. Grothe in Münch-Komm zum BGB aaO. Rd.-Z. 8).
2.2.3.4.2 Auch wenn dem Schreiben der Beklagten vom 03.01.2012 (Bl. 144 – 145 d.A.) mit dem Bestreiten der Berechtigung des Anspruchs noch nicht ein endgültiges doppeltes Nein zum Anspruch und den Verhandlungen beizumessen war, sind die Verhandlungen zwischen den Parteien in der Folgezeit eingeschlafen. Die Klägerin hat zwar mit Schreiben vom 27.01.2012 noch weitere Ausführungen angekündigt, dazu zunächst aber um Mitteilung gebeten, ob die dortigen Anwälte auch die Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin vertreten. Auf dieses Schreiben ist eine Antwort der Beklagten nicht erfolgt. Auch eine weitere Reaktion der Klägerin ist ausgeblieben, obwohl im Hinblick auf die für Ende Januar 2012 angedrohte Klage mit Schreiben vom 22.12.2011 (Bl. 142 d. A.) und der drohenden Verjährung der Forderung eine zeitnahe Klageerhebung zu erwarten gewesen wäre. Spätestens nach Ablauf eines Monats musste die Klägerin davon ausgehen, dass auf ihr Schreiben vom 27.01.2011 keine weitere Antwort der Beklagten erfolgen würde und sie zur Geltendmachung auf die Klage angewiesen sein würde. Unter Einräumung eines weiteren Monats für die Klageerhebung ging die Kammer davon aus, dass die Hemmung der Verjährung spätestens zum 31.03.2012 geendet hat.
2.2.3.4.2 War die Hemmung mit dem 31.03.2012 beendet, lief ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist, die bei Eintritt der Hemmung noch nicht abgelaufen war, weiter (§ 209 BGB). Die seit Beginn der Verhandlungen noch offene Frist für die Verjährung betrug, gerechnet ab dem 27.09.2011 drei Monate und vier Tage. Damit verjährte die Forderung mit Ablauf des 4. Juli 2012. Die erst am 5. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage war damit verspätet, die Forderung zu diesem Zeitpunkt verjährt.
3. Es ist der Beklagten nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen. Anders als in dem Fall, der der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes zugrunde lag (BAG vom 22.08.2012 – 5 AZR 526/11 – NZA 2013, 376 ff.), regelt § 25 HGB nicht den gesetzlichen Übergang von Arbeitsverhältnissen auf den Erwerber, aus dem sich besondere Pflichten unter den Vertragspartnern ergeben könnten. Insbesondere fehlt es aber an einer mit § 613 a Abs. 5 BGB vergleichbaren Unterrichtungspflicht. Einer solchen bedarf es auch nicht, da der Rechtsverkehr im Rahmen der Haftungsregelung des § 25 HGB durch die an die Fortführung der Firma anknüpfende Offenkundigkeit geschützt wird. Einen Betriebsübergang nach § 613 a BGB macht die Klägerin gerade nicht geltend.
4. Waren aber die Ansprüche der Klägerin auf Erstattung des Insolvenzgeldes verjährt, kam es nicht weiter auf die Frage an, ob der Tatbestand des § 25 HGB überhaupt vorlag. Die Berufung der Klägerin war zurückzuweisen mit der Folge, dass sie gem. § 97 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.
5. Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen. Unabhängig von der von der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob es bei Erstattungsansprüchen von Insolvenzgeld für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Erteilung der Insolvenzgeldbescheinigung ankommt, weil ansonsten die übergegangene Forderung nicht ohne weiteres berechnet werden kann, war die Forderung deshalb verjährt, weil die Klägerin nach Ende der Hemmung nicht rechtzeitig Klage erhoben hat. Für die Frage der Hemmung und der Beendigung der Hemmung waren vorliegend aber keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden.