Gericht | OLG Brandenburg 4. Senat für Familiensachen | Entscheidungsdatum | 12.04.2012 | |
---|---|---|---|---|
Aktenzeichen | 13 WF 56/12 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Vorlagebeschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Familiengericht - Nauen vom 06.02.2012 - 23 FH 13/11 - wird aufgehoben.
Das Verfahren wird zur Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Nauen zurückverwiesen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 3.325,00 € festgesetzt.
I.
Durch den angefochtenen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vom 10.11.2011 - 23 FH 13/11 -, dem Antragsgegner zugestellt am 12.11.2011, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Nauen gegen den Antragsgegner an den Antragsteller zu zahlenden Unterhalt für das minderjährige Kind H… F…, geb. am ….07.2007, für die Zeit ab dem 01.10.2011 auf 100 % des Mindestunterhaltes der ersten Altersstufe und für die Zeit ab dem 01.07.2013 auf 100 % des Mindestunterhaltes der zweiten Altersstufe festgesetzt. Ferner hat es den rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 01.09.2010 bis zum 30.09.2011 auf 1.729,00 € festgesetzt.
Dagegen richtet sich der am 23.11.2011 als Widerspruch bezeichnete Rechtsbehelf des Antragstellers, mit dem er auf seine fehlende Leistungsfähigkeit verweist. Das Amtsgericht - Familiengericht - Nauen hat dem als Beschwerde behandelnden Rechtsbehelf durch Beschluss der Rechtspflegerin vom 06.02.2012 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist statthaft, §§ 256, 58 ff. FamFG, 11 Abs. 1 RPflG und auch innerhalb der Beschwerdefrist gemäß § 63 Abs. 1 FamFG bei Gericht eingegangen.
Im Übrigen ist sie unzulässig. Im Einzelnen:
1.
Allerdings ist die Beschwerde nicht schon deshalb unzulässig, weil der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Der Anwaltszwang gemäß § 114 Abs. 1 FamFG, wonach sich die Beteiligten vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht in selbständigen Familienstreitsachen, zu denen gemäß § 112 Nr. 1 FamFG Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG rechnen, durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, gilt nach Ansicht des Senats nicht für die Beschwerde gegen eine Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren (dazu Senat, Beschluss vom 22.03.2012 - 13 WF 44/12 - ).
Von dem in § 114 Abs. 1 FamFG vorgesehenen Anwaltszwang sieht § 257 FamFG für das vereinfachte Verfahren eine Ausnahme dahingehend vor, dass Anträge und Erklärungen vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden können. Ob die Ausnahme vom generellen Anwaltszwang in Familienstreitsachen auch im Beschwerdeverfahren gilt, ist umstritten. So bezieht sich eine Ansicht auf § 64 Abs. 2 S. 2 FamFG, wonach die Einlegung der Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle ausgeschlossen ist, und bejaht damit einen Anwaltszwang für die Beschwerde im vereinfachten Unterhaltsverfahren (s. Johannsen/ Henrich-Maier, Familienrecht, 5. Aufl., § 257 Rn. 3 mN). Nach anderer Ansicht soll § 257 FamFG auch für das Beschwerdeverfahren im vereinfachten Unterhaltsverfahren eine Ausnahme vom Anwaltszwang beinhalten (etwa Bumiller/Harders, FamFG, 9.Aufl., § 257, Rn. 1; Musielak-Borth. FamFG, § 257 Rn. 1; Horndasch/Viefhues-Reißmann, FamFG, 2. Aufl., § 257 Rn. 2; Keidel-Giers, FamFG, 17. Aufl., § 257 Rn. 1).
Da § 257 FamFG dem bisherigen § 657 ZPO entspricht (Schulte-Bunert/Weinreich-Klein, FamFG, 3. Aufl., § 257 Rn. 1) und im Beschwerdeverfahren nach altem Recht kein Anwaltszwang gegolten hat (Zöller-Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 657 Rn. 1), spricht nichts dafür, dass nach neuem Recht hinsichtlich des Anwaltszwangs für die Beschwerde im vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahren eine abweichende Regelung gewollt war. Dies gilt umso mehr, als § 257 FamFG in Bezug auf die anwaltliche Vertretung der Beteiligten im vereinfachten Unterhaltsverfahren eine gegenüber § 114 Abs. 1 FamFG vorrangige Sonderregelung beinhaltet, insofern also entsprechend dem bisherigen Rechtszustand Anträge und Erklärungen gegenüber dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden können. Dass mit der für Familienstreitsachen i.S.d. § 113 Abs. 1 FamFG geltenden Regelung in § 64 Abs. 2 S. 2 FamFG wiederum eine gegenüber § 257 FamFG vorrangige Sonderregelung für die Beschwerde im vereinfachten Unterhaltsverfahren geschaffen werden sollte, liegt nicht nahe.
2.
Gemäß § 256 FamFG können mit der Beschwerde allerdings grundsätzlich nur die in § 252 Abs. 1 FamFG bezeichneten Einwendungen geltend gemacht werden. Die fehlende Leistungsfähigkeit, die unter die Einwendungen gemäß § 252 Abs. 2 FamFG fällt, kann mit der Beschwerde nur dann geltend gemacht werden, wenn sie vor Verfügung des Festsetzungsbeschlusses geltend gemacht war, indem der Pflichtige unter Verwendung des eingeführten Formulars (dazu OLG Koblenz, FamRZ 2001, 1079) Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erteilt und über seine Einkünfte Belege vorgelegt hat.
Daran fehlt es hier. Der Antragsgegner hat zwar einige Belege eingereicht (s. Blatt 13, 14 d.A.), jedoch weder das eingeführte Formular ausgefüllt noch Angaben dazu gemacht, ob und ggf. in welchem Umfang er zu Unterhaltsleistungen in der Lage ist.
Im Fall nicht statthafter oder unzulässiger Beschwerde ist § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG anwendbar. Danach ist bei Entscheidungen des Rechtspflegers, gegen die ein Rechtsmittel nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften nicht gegeben ist, die Erinnerung statthaft. Ein Rechtsmittel im Sine des § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn es entweder nicht statthaft oder - wie hier - zwar statthaft, aber unzulässig ist (BGH Beschluss vom 28.05.2008, XII ZB 104/06; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 01.09.2011, 3 UF 217/11, BeckRS 2011, 27025; Keidel, FamFG, § 256 Rn. 13).
Über die Beschwerde des Antragsgegners, der die Rechtspflegerin des Familiengerichts mit Beschluss vom 06.02.2012 nicht abgeholfen hat, hat ausgehend davon nicht das Brandenburgische Oberlandesgericht, sondern der Familienrichter des Amtsgerichts - Familiengericht - Nauen zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG.